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Ihr naht euch wieder, schwankende Gestalten,
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Die frueh sich einst dem trueben Blick gezeigt.
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Versuch ich wohl, euch diesmal festzuhalten?
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Fuehl ich mein Herz noch jenem Wahn geneigt?
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Ihr draengt euch zu! nun gut, so moegt ihr walten,
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Wie ihr aus Dunst und Nebel um mich steigt;
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Mein Busen fuehlt sich jugendlich erschuettert
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Vom Zauberhauch, der euren Zug umwittert.
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Ihr bringt mit euch die Bilder froher Tage,
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Und manche liebe Schatten steigen auf;
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Gleich einer alten, halbverklungnen Sage
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Kommt erste Lieb und Freundschaft mit herauf;
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Der Schmerz wird neu, es wiederholt die Klage
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Des Lebens labyrinthisch irren Lauf,
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Und nennt die Guten, die, um schoene Stunden
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Vom Glueck getaeuscht, vor mir hinweggeschwunden.
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Sie hoeren nicht die folgenden Gesaenge,
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Die Seelen, denen ich die ersten sang;
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Zerstoben ist das freundliche Gedraenge,
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Verklungen, ach! der erste Widerklang.
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Mein Lied ertoent der unbekannten Menge,
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Ihr Beifall selbst macht meinem Herzen bang,
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Und was sich sonst an meinem Lied erfreuet,
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Wenn es noch lebt, irrt in der Welt zerstreuet.
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Und mich ergreift ein laengst entwoehntes Sehnen
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Nach jenem stillen, ernsten Geisterreich,
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Es schwebet nun in unbestimmten Toenen
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Mein lispelnd Lied, der AEolsharfe gleich,
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Ein Schauer fasst mich, Traene folgt den Traenen,
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Das strenge Herz, es fuehlt sich mild und weich;
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Was ich besitze, seh ich wie im Weiten,
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Und was verschwand, wird mir zu Wirklichkeiten.
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Vorspiel auf dem Theater
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Direktor. Theatherdichter. Lustige Person:
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Ihr beiden, die ihr mir so oft,
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In Not und Truebsal, beigestanden,
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Sagt, was ihr wohl in deutschen Landen
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Von unsrer Unternehmung hofft?
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Ich wuenschte sehr der Menge zu behagen,
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Besonders weil sie lebt und leben laesst.
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Die Pfosten sind, die Bretter aufgeschlagen,
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Und jedermann erwartet sich ein Fest.
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Sie sitzen schon mit hohen Augenbraunen
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Gelassen da und moechten gern erstaunen.
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Ich weiss, wie man den Geist des Volks versoehnt;
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Doch so verlegen bin ich nie gewesen:
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Zwar sind sie an das Beste nicht gewoehnt,
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Allein sie haben schrecklich viel gelesen.
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Wie machen wir's, dass alles frisch und neu
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Und mit Bedeutung auch gefaellig sei?
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Denn freilich mag ich gern die Menge sehen,
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Wenn sich der Strom nach unsrer Bude draengt,
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Und mit gewaltig wiederholten Wehen
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Sich durch die enge Gnadenpforte zwaengt;
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Bei hellem Tage, schon vor vieren,
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Mit Stoessen sich bis an die Kasse ficht
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Und, wie in Hungersnot um Brot an Baeckertueren,
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Um ein Billet sich fast die Haelse bricht.
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Dies Wunder wirkt auf so verschiedne Leute
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Der Dichter nur; mein Freund, o tu es heute!
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O sprich mir nicht von jener bunten Menge,
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Bei deren Anblick uns der Geist entflieht.
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Verhuelle mir das wogende Gedraenge,
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Das wider Willen uns zum Strudel zieht.
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Nein, fuehre mich zur stillen Himmelsenge,
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Wo nur dem Dichter reine Freude blueht;
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Wo Lieb und Freundschaft unsres Herzens Segen
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Mit Goetterhand erschaffen und erpflegen.
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Ach! was in tiefer Brust uns da entsprungen,
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Was sich die Lippe schuechtern vorgelallt,
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Missraten jetzt und jetzt vielleicht gelungen,
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Verschlingt des wilden Augenblicks Gewalt.
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Oft, wenn es erst durch Jahre durchgedrungen,
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Erscheint es in vollendeter Gestalt.
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Was glaenzt, ist fuer den Augenblick geboren,
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Das Echte bleibt der Nachwelt unverloren.
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Wenn ich nur nichts von Nachwelt hoeren sollte.
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Gesetzt, dass ich von Nachwelt reden wollte,
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Wer machte denn der Mitwelt Spass?
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Den will sie doch und soll ihn haben.
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Die Gegenwart von einem braven Knaben
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Ist, daecht ich, immer auch schon was.
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Wer sich behaglich mitzuteilen weiss,
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Den wird des Volkes Laune nicht erbittern;
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Er wuenscht sich einen grossen Kreis,
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Um ihn gewisser zu erschuettern.
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Drum seid nur brav und zeigt euch musterhaft,
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Lasst Phantasie, mit allen ihren Choeren,
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Vernunft, Verstand, Empfindung, Leidenschaft,
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Doch, merkt euch wohl! nicht ohne Narrheit hoeren.
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Besonders aber lasst genug geschehn!
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Man kommt zu schaun, man will am liebsten sehn.
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Wird vieles vor den Augen abgesponnen,
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So dass die Menge staunend gaffen kann,
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Da habt Ihr in der Breite gleich gewonnen,
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Ihr seid ein vielgeliebter Mann.
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Die Masse koennt Ihr nur durch Masse zwingen,
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Ein jeder sucht sich endlich selbst was aus.
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Wer vieles bringt, wird manchem etwas bringen;
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Und jeder geht zufrieden aus dem Haus.
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Gebt Ihr ein Stueck, so gebt es gleich in Stuecken!
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Solch ein Ragout, es muss Euch gluecken;
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Leicht ist es vorgelegt, so leicht als ausgedacht.
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Was hilft's, wenn Ihr ein Ganzes dargebracht?
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Das Publikum wird es Euch doch zerpfluecken.
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Ihr fuehlet nicht, wie schlecht ein solches Handwerk sei!
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Wie wenig das dem echten Kuenstler zieme!
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Der saubern Herren Pfuscherei
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Ist. merk ich. schon bei Euch Maxime.
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Ein solcher Vorwurf laesst mich ungekraenkt:
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Ein Mann, der recht zu wirken denkt,
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Muss auf das beste Werkzeug halten.
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Bedenkt, Ihr habet weiches Holz zu spalten,
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Und seht nur hin, fuer wen Ihr schreibt!
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Wenn diesen Langeweile treibt,
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Kommt jener satt vom uebertischten Mahle,
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Und, was das Allerschlimmste bleibt,
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Gar mancher kommt vom Lesen der Journale.
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Man eilt zerstreut zu uns, wie zu den Maskenfesten,
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Und Neugier nur befluegelt jeden Schritt;
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Die Damen geben sich und ihren Putz zum besten
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Und spielen ohne Gage mit.
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Was traeumet Ihr auf Eurer Dichterhoehe?
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Was macht ein volles Haus Euch froh?
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Beseht die Goenner in der Naehe!
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Halb sind sie kalt, halb sind sie roh.
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Der, nach dem Schauspiel, hofft ein Kartenspiel,
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Der eine wilde Nacht an einer Dirne Busen.
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Was plagt ihr armen Toren viel,
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Zu solchem Zweck, die holden Musen?
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Ich sag Euch, gebt nur mehr und immer, immer mehr,
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So koennt Ihr Euch vom Ziele nie verirren
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Sucht nur die Menschen zu verwirren,
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Sie zu befriedigen, ist schwer--
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Was faellt Euch an? Entzueckung oder Schmerzen?
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Geh hin und such dir einen andern Knecht!
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Der Dichter sollte wohl das hoechste Recht,
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Das Menschenrecht, das ihm Natur vergoennt,
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Um deinetwillen freventlich verscherzen!
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Wodurch bewegt er alle Herzen?
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Wodurch besiegt er jedes Element?
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Ist es der Einklang nicht, der aus dem Busen dringt,
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Und in sein Herz die Welt zuruecke schlingt?
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Wenn die Natur des Fadens ew'ge Laenge,
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Gleichgueltig drehend, auf die Spindel zwingt,
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Wenn aller Wesen unharmon'sche Menge
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Verdriesslich durcheinander klingt-
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Wer teilt die fliessend immer gleiche Reihe
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Belebend ab, dass sie sich rhythmisch regt?
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Wer ruft das Einzelne zur allgemeinen Weihe,
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Wo es in herrlichen Akkorden schlaegt?
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Wer laesst den Sturm zu Leidenschaften wueten?
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Das Abendrot im ernsten Sinne gluehn?
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Wer schuettet alle schoenen Fruehlingsblueten
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Auf der Geliebten Pfade hin?
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Wer flicht die unbedeutend gruenen Blaetter
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Zum Ehrenkranz Verdiensten jeder Art?
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Wer sichert den Olymp? vereinet Goetter?
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Des Menschen Kraft, im Dichter offenbart.
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So braucht sie denn, die schoenen Kraefte
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Und treibt die dichtrischen Geschaefte
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Wie man ein Liebesabenteuer treibt.
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Zufaellig naht man sich, man fuehlt, man bleibt
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Und nach und nach wird man verflochten;
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Es waechst das Glueck, dann wird es angefochten
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Man ist entzueckt, nun kommt der Schmerz heran,
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Und eh man sich's versieht, ist's eben ein Roman.
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Lasst uns auch so ein Schauspiel geben!
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Greift nur hinein ins volle Menschenleben!
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Ein jeder lebt's, nicht vielen ist's bekannt,
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Und wo ihr's packt, da ist's interessant.
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In bunten Bildern wenig Klarheit,
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Viel Irrtum und ein Fuenkchen Wahrheit,
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So wird der beste Trank gebraut,
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Der alle Welt erquickt und auferbaut.
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Dann sammelt sich der Jugend schoenste Bluete
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Vor eurem Spiel und lauscht der Offenbarung,
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Dann sauget jedes zaertliche Gemuete
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Aus eurem Werk sich melanchol'sche Nahrung,
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Dann wird bald dies, bald jenes aufgeregt
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Ein jeder sieht, was er im Herzen traegt.
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Noch sind sie gleich bereit, zu weinen und zu lachen,
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Sie ehren noch den Schwung, erfreuen sich am Schein;
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Wer fertig ist, dem ist nichts recht zu machen;
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Ein Werdender wird immer dankbar sein.
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So gib mir auch die Zeiten wieder,
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Da ich noch selbst im Werden war,
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Da sich ein Quell gedraengter Lieder
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Ununterbrochen neu gebar,
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Da Nebel mir die Welt verhuellten,
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Die Knospe Wunder noch versprach,
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Da ich die tausend Blumen brach,
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Die alle Taeler reichlich fuellten.
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Ich hatte nichts und doch genug:
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Den Drang nach Wahrheit und die Lust am Trug.
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Gib ungebaendigt jene Triebe,
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Das tiefe, schmerzenvolle Glueck,
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Des Hasses Kraft, die Macht der Liebe,
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Gib meine Jugend mir zurueck!
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Der Jugend, guter Freund, bedarfst du allenfalls,
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Wenn dich in Schlachten Feinde draengen,
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Wenn mit Gewalt an deinen Hals
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Sich allerliebste Maedchen haengen,
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Wenn fern des schnellen Laufes Kranz
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Vom schwer erreichten Ziele winket,
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Wenn nach dem heft'gen Wirbeltanz
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Die Naechte schmausend man vertrinket.
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Doch ins bekannte Saitenspiel
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Mit Mut und Anmut einzugreifen,
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Nach einem selbstgesteckten Ziel
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Mit holdem Irren hinzuschweifen,
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Das, alte Herrn, ist eure Pflicht,
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Und wir verehren euch darum nicht minder.
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Das Alter macht nicht kindisch, wie man spricht,
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Es findet uns nur noch als wahre Kinder.
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Der Worte sind genug gewechselt,
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Lasst mich auch endlich Taten sehn!
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Indes ihr Komplimente drechselt,
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Kann etwas Nuetzliches geschehn.
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Was hilft es, viel von Stimmung reden?
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Dem Zaudernden erscheint sie nie.
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Gebt ihr euch einmal fuer Poeten,
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So kommandiert die Poesie.
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Euch ist bekannt, was wir beduerfen,
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Wir wollen stark Getraenke schluerfen;
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Nun braut mir unverzueglich dran!
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Was heute nicht geschieht, ist morgen nicht getan,
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Und keinen Tag soll man verpassen,
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Das Moegliche soll der Entschluss
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Beherzt sogleich beim Schopfe fassen,
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Er will es dann nicht fahren lassen
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Und wirket weiter, weil er muss.
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Ihr wisst, auf unsern deutschen Buehnen
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Probiert ein jeder, was er mag;
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Drum schonet mir an diesem Tag
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Prospekte nicht und nicht Maschinen.
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Gebraucht das gross, und kleine Himmelslicht,
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Die Sterne duerfet ihr verschwenden;
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An Wasser, Feuer, Felsenwaenden,
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An Tier und Voegeln fehlt es nicht.
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So schreitet in dem engen Bretterhaus
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Den ganzen Kreis der Schoepfung aus,
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Und wandelt mit bedaecht'ger Schnelle
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Vom Himmel durch die Welt zur Hoelle.
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Prolog im Himmel.
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Der Herr. Die himmlischen Heerscharen. Nachher Mephistopheles.
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Die drei Erzengel treten vor.
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Die Sonne toent, nach alter Weise,
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In Brudersphaeren Wettgesang,
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Und ihre vorgeschriebne Reise
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Vollendet sie mit Donnergang.
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Ihr Anblick gibt den Engeln Staerke,
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Wenn keiner Sie ergruenden mag;
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die unbegreiflich hohen Werke
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Sind herrlich wie am ersten Tag.
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Und schnell und unbegreiflich schnelle
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Dreht sich umher der Erde Pracht;
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Es wechselt Paradieseshelle
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Mit tiefer, schauervoller Nacht.
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Es schaeumt das Meer in breiten Fluessen
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Am tiefen Grund der Felsen auf,
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Und Fels und Meer wird fortgerissen
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Im ewig schnellem Sphaerenlauf.
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Und Stuerme brausen um die Wette
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Vom Meer aufs Land, vom Land aufs Meer,
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und bilden wuetend eine Kette
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Der tiefsten Wirkung rings umher.
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Da flammt ein blitzendes Verheeren
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Dem Pfade vor des Donnerschlags.
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Doch deine Boten, Herr, verehren
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Das sanfte Wandeln deines Tags.
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Der Anblick gibt den Engeln Staerke,
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Da keiner dich ergruenden mag,
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Und alle deine hohen Werke
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Sind herrlich wie am ersten Tag.
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Da du, o Herr, dich einmal wieder nahst
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Und fragst, wie alles sich bei uns befinde,
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Und du mich sonst gewoehnlich gerne sahst,
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So siehst du mich auch unter dem Gesinde.
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Verzeih, ich kann nicht hohe Worte machen,
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Und wenn mich auch der ganze Kreis verhoehnt;
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Mein Pathos braechte dich gewiss zum Lachen,
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Haettst du dir nicht das Lachen abgewoehnt.
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Von Sonn' und Welten weiss ich nichts zu sagen,
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Ich sehe nur, wie sich die Menschen plagen.
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Der kleine Gott der Welt bleibt stets von gleichem Schlag,
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Und ist so wunderlich als wie am ersten Tag.
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Ein wenig besser wuerd er leben,
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Haettst du ihm nicht den Schein des Himmelslichts gegeben;
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Er nennt's Vernunft und braucht's allein,
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Nur tierischer als jedes Tier zu sein.
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Er scheint mir, mit Verlaub von euer Gnaden,
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Wie eine der langbeinigen Zikaden,
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Die immer fliegt und fliegend springt
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Und gleich im Gras ihr altes Liedchen singt;
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Und laeg er nur noch immer in dem Grase!
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In jeden Quark begraebt er seine Nase.
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Hast du mir weiter nichts zu sagen?
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Kommst du nur immer anzuklagen?
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Ist auf der Erde ewig dir nichts recht?
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Nein Herr! ich find es dort, wie immer, herzlich schlecht.
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Die Menschen dauern mich in ihren Jammertagen,
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Ich mag sogar die armen selbst nicht plagen.
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Kennst du den Faust?
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Den Doktor?
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Meinen Knecht!
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Fuerwahr! er dient Euch auf besondre Weise.
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Nicht irdisch ist des Toren Trank noch Speise.
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Ihn treibt die Gaerung in die Ferne,
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Er ist sich seiner Tollheit halb bewusst;
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Vom Himmel fordert er die schoensten Sterne
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Und von der Erde jede hoechste Lust,
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Und alle Naeh und alle Ferne
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Befriedigt nicht die tiefbewegte Brust.
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Wenn er mir auch nur verworren dient,
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So werd ich ihn bald in die Klarheit fuehren.
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Weiss doch der Gaertner, wenn das Baeumchen gruent,
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Das Bluet und Frucht die kuenft'gen Jahre zieren.
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Was wettet Ihr? den sollt Ihr noch verlieren!
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Wenn Ihr mir die Erlaubnis gebt,
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Ihn meine Strasse sacht zu fuehren.
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Solang er auf der Erde lebt,
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So lange sei dir's nicht verboten,
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Es irrt der Mensch so lang er strebt.
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Da dank ich Euch; denn mit den Toten
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Hab ich mich niemals gern befangen.
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Am meisten lieb ich mir die vollen, frischen Wangen.
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Fuer einem Leichnam bin ich nicht zu Haus;
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Mir geht es wie der Katze mit der Maus.
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Nun gut, es sei dir ueberlassen!
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Zieh diesen Geist von seinem Urquell ab,
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Und fuehr ihn, kannst du ihn erfassen,
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Auf deinem Wege mit herab,
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Und steh beschaemt, wenn du bekennen musst:
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Ein guter Mensch, in seinem dunklen Drange,
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Ist sich des rechten Weges wohl bewusst.
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Schon gut! nur dauert es nicht lange.
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Mir ist fuer meine Wette gar nicht bange.
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Wenn ich zu meinem Zweck gelange,
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Erlaubt Ihr mir Triumph aus voller Brust.
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Staub soll er fressen, und mit Lust,
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Wie meine Muhme, die beruehmte Schlange.
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Du darfst auch da nur frei erscheinen;
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Ich habe deinesgleichen nie gehasst.
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|
Von allen Geistern, die verneinen,
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ist mir der Schalk am wenigsten zur Last.
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|
Des Menschen Taetigkeit kann allzu leicht erschlaffen,
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er liebt sich bald die unbedingte Ruh;
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Drum geb ich gern ihm den Gesellen zu,
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|
Der reizt und wirkt und muss als Teufel schaffen.
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Doch ihr, die echten Goettersoehne,
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Erfreut euch der lebendig reichen Schoene!
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Das Werdende, das ewig wirkt und lebt,
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Umfass euch mit der Liebe holden Schranken,
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Und was in schwankender Erscheinung schwebt,
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Befestigt mit dauernden Gedanken!
|
|
(Der Himmel schliesst, die Erzengel verteilen sich.)
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MEPHISTOPHELES (allein):
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|
Von Zeit zu Zeit seh ich den Alten gern,
|
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Und huete mich, mit ihm zu brechen.
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|
Es ist gar huebsch von einem grossen Herrn,
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|
So menschlich mit dem Teufel selbst zu sprechen.
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Der Tragoedie erster Teil
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Nacht.
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In einem hochgewoelbten, engen gotischen Zimmer Faust,
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unruhig auf seinem Sessel am Pulte.
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Habe nun, ach! Philosophie,
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|
Juristerei und Medizin,
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Und leider auch Theologie
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Durchaus studiert, mit heissem Bemuehn.
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|
Da steh ich nun, ich armer Tor!
|
|
Und bin so klug als wie zuvor;
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|
Heisse Magister, heisse Doktor gar
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|
Und ziehe schon an die zehen Jahr
|
|
Herauf, herab und quer und krumm
|
|
Meine Schueler an der Nase herum-
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Und sehe, dass wir nichts wissen koennen!
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|
Das will mir schier das Herz verbrennen.
|
|
Zwar bin ich gescheiter als all die Laffen,
|
|
Doktoren, Magister, Schreiber und Pfaffen;
|
|
Mich plagen keine Skrupel noch Zweifel,
|
|
Fuerchte mich weder vor Hoelle noch Teufel-
|
|
Dafuer ist mir auch alle Freud entrissen,
|
|
Bilde mir nicht ein, was Rechts zu wissen,
|
|
Bilde mir nicht ein, ich koennte was lehren,
|
|
Die Menschen zu bessern und zu bekehren.
|
|
Auch hab ich weder Gut noch Geld,
|
|
Noch Ehr und Herrlichkeit der Welt;
|
|
Es moechte kein Hund so laenger leben!
|
|
Drum hab ich mich der Magie ergeben,
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|
Ob mir durch Geistes Kraft und Mund
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Nicht manch Geheimnis wuerde kund;
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|
Dass ich nicht mehr mit saurem Schweiss
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Zu sagen brauche, was ich nicht weiss;
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Dass ich erkenne, was die Welt
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Im Innersten zusammenhaelt,
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Schau alle Wirkenskraft und Samen,
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Und tu nicht mehr in Worten kramen.
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O saehst du, voller Mondenschein,
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Zum letztenmal auf meine Pein,
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Den ich so manche Mitternacht
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An diesem Pult herangewacht:
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Dann ueber Buechern und Papier,
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|
Truebsel'ger Freund, erschienst du mir!
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Ach! koennt ich doch auf Bergeshoehn
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In deinem lieben Lichte gehn,
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Um Bergeshoehle mit Geistern schweben,
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|
Auf Wiesen in deinem Daemmer weben,
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|
Von allem Wissensqualm entladen,
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In deinem Tau gesund mich baden!
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Weh! steck ich in dem Kerker noch?
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Verfluchtes dumpfes Mauerloch,
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Wo selbst das liebe Himmelslicht
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Trueb durch gemalte Scheiben bricht!
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|
Beschraenkt mit diesem Buecherhauf,
|
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den Wuerme nagen, Staub bedeckt,
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Den bis ans hohe Gewoelb hinauf
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Ein angeraucht Papier umsteckt;
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Mit Glaesern, Buechsen rings umstellt,
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Mit Instrumenten vollgepfropft,
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Urvaeter Hausrat drein gestopft-
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Das ist deine Welt! das heisst eine Welt!
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Und fragst du noch, warum dein Herz
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Sich bang in deinem Busen klemmt?
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Warum ein unerklaerter Schmerz
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Dir alle Lebensregung hemmt?
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Statt der lebendigen Natur,
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Da Gott die Menschen schuf hinein,
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Umgibt in Rauch und Moder nur
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Dich Tiergeripp und Totenbein.
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Flieh! auf! hinaus ins weite Land!
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Und dies geheimnisvolle Buch,
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Von Nostradamus' eigner Hand,
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Ist dir es nicht Geleit genug?
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Erkennest dann der Sterne Lauf,
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Und wenn Natur dich Unterweist,
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Dann geht die Seelenkraft dir auf,
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Wie spricht ein Geist zum andren Geist.
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Umsonst, dass trocknes Sinnen hier
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Die heil'gen Zeichen dir erklaert:
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Ihr schwebt, ihr Geister, neben mir;
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Antwortet mir, wenn ihr mich hoert!
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(Er schlaegt das Buch auf und erblickt das Zeichen des Makrokosmus.)
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Ha! welche Wonne fliesst in diesem Blick
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Auf einmal mir durch alle meine Sinnen!
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Ich fuehle junges, heil'ges Lebensglueck
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Neugluehend mir durch Nerv' und Adern rinnen.
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War es ein Gott, der diese Zeichen schrieb,
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Die mir das innre Toben stillen,
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Das arme Herz mit Freude fuellen,
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Und mit geheimnisvollem Trieb
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Die Kraefte der Natur rings um mich her enthuellen?
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Bin ich ein Gott? Mir wird so licht!
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Ich schau in diesen reinen Zuegen
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Die wirkende Natur vor meiner Seele liegen.
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Jetzt erst erkenn ich, was der Weise spricht:
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"Die Geisterwelt ist nicht verschlossen;
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Dein Sinn ist zu, dein Herz ist tot!
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Auf, bade, Schueler, unverdrossen
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Die ird'sche Brust im Morgenrot!"
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(er beschaut das Zeichen.)
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Wie alles sich zum Ganzen webt,
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Eins in dem andern wirkt und lebt!
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Wie Himmelskraefte auf und nieder steigen
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Und sich die goldnen Eimer reichen!
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Mit segenduftenden Schwingen
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Vom Himmel durch die Erde dringen,
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Harmonisch all das All durchklingen!
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Welch Schauspiel! Aber ach! ein Schauspiel nur!
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Wo fass ich dich, unendliche Natur?
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Euch Brueste, wo? Ihr Quellen alles Lebens,
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An denen Himmel und Erde haengt,
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Dahin die welke Brust sich draengt-
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Ihr quellt, ihr traenkt, und schmacht ich so vergebens?
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(er schlaegt unwillig das Buch um und erblickt das Zeichen des Erdgeistes.)
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Wie anders wirkt dies Zeichen auf mich ein!
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Du, Geist der Erde, bist mir naeher;
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Schon fuehl ich meine Kraefte hoeher,
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Schon glueh ich wie von neuem Wein.
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Ich fuehle Mut, mich in die Welt zu wagen,
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Der Erde Weh, der Erde Glueck zu tragen,
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Mit Stuermen mich herumzuschlagen
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Und in des Schiffbruchs Knirschen nicht zu zagen.
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Es woelkt sich ueber mir-
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Der Mond verbirgt sein Licht-
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Die Lampe schwindet!
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Es dampft! Es zucken rote Strahlen
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Mir um das Haupt- Es weht
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Ein Schauer vom Gewoelb herab
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Und fasst mich an!
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Ich fuehl's, du schwebst um mich, erflehter Geist
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Enthuelle dich!
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Ha! wie's in meinem Herzen reisst!
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Zu neuen Gefuehlen
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All meine Sinnen sich erwuehlen!
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Ich fuehle ganz mein Herz dir hingegeben!
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Du musst! du musst! und kostet es mein Leben!
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(Er fasst das Buch und spricht das Zeichen des Geistes geheimnisvoll aus.
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Es zuckt eine roetliche Flamme, der Geist erscheint in der Flamme.)
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Wer ruft mir?
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FAUST (abgewendet):
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Schreckliches Gesicht!
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Du hast mich maechtig angezogen,
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An meiner Sphaere lang gesogen,
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Und nun-
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Weh! ich ertrag dich nicht!
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Du flehst, eratmend mich zu schauen,
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Meine Stimme zu hoeren, mein Antlitz zu sehn;
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Mich neigt dein maechtig Seelenflehn,
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Da bin ich!- Welch erbaermlich Grauen
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Fasst UEbermenschen dich! Wo ist der Seele Ruf?
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Wo ist die Brust, die eine Welt in sich erschuf
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Und trug und hegte, die mit Freudebeben
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Erschwoll, sich uns, den Geistern, gleich zu heben?
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Wo bist du, Faust, des Stimme mir erklang,
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Der sich an mich mit allen Kraeften drang?
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Bist du es, der, von meinem Hauch umwittert,
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In allen Lebenslagen zittert,
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Ein furchtsam weggekruemmter Wurm?
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Soll ich dir, Flammenbildung, weichen?
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Ich bin's, bin Faust, bin deinesgleichen!
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In Lebensfluten, im Tatensturm
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Wall ich auf und ab,
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Wehe hin und her!
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Geburt und Grab,
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Ein ewiges Meer,
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Ein wechselndes Wehen,
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Ein gluehend Leben,
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So schaff ich am laufenden Webstuhl der Zeit
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Und wirke der Gottheit lebendiges Kleid.
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Der du die weite Welt umschweifst,
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Geschaeftiger Geist, wie nah fuehl ich mich dir!
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Du gleichst dem Geist, den du begreifst,
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Nicht mir!
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(verschwindet)
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FAUST (zusammenstuerzend):
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Nicht dir?
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Wem denn?
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Ich Ebenbild der Gottheit!
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Und nicht einmal dir!
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(es klopft)
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O Tod! ich kenn's- das ist mein Famulus-
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Es wird mein schoenstes Glueck zunichte!
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Dass diese Fuelle der Gesichte
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Der trockne Schleicher stoeren muss!
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(Wagner im Schlafrock und der Nachtmuetze, eine Lampe in der Hand.
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Faust wendet sich unwillig.)
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Verzeiht! ich hoer euch deklamieren;
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Ihr last gewiss ein griechisch Trauerspiel?
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In dieser Kunst moecht ich was profitieren,
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Denn heutzutage wirkt das viel.
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Ich hab es oefters ruehmen hoeren,
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Ein Komoediant koennt einen Pfarrer lehren.
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Ja, wenn der Pfarrer ein Komoediant ist;
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Wie das denn wohl zuzeiten kommen mag.
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Ach! wenn man so in sein Museum gebannt ist,
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Und sieht die Welt kaum einen Feiertag,
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Kaum durch ein Fernglas, nur von weitem,
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Wie soll man sie durch UEberredung leiten?
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Wenn ihr's nicht fuehlt, ihr werdet's nicht erjagen,
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Wenn es nicht aus der Seele dringt
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Und mit urkraeftigem Behagen
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Die Herzen aller Hoerer zwingt.
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Sitzt ihr nur immer! leimt zusammen,
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Braut ein Ragout von andrer Schmaus
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Und blast die kuemmerlichen Flammen
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Aus eurem Aschenhaeufchen 'raus!
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Bewundrung von Kindern und Affen,
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Wenn euch darnach der Gaumen steht-
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Doch werdet ihr nie Herz zu Herzen schaffen,
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Wenn es euch nicht von Herzen geht.
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Allein der Vortrag macht des Redners Glueck;
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Ich fuehl es wohl, noch bin ich weit zurueck.
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Such Er den redlichen Gewinn!
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Sei Er kein schellenlauter Tor!
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Es traegt Verstand und rechter Sinn
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Mit wenig Kunst sich selber vor!
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Und wenn's euch Ernst ist, was zu sagen,
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Ist's noetig, Worten nachzujagen?
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Ja, eure Reden, die so blinkend sind,
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In denen ihr der Menschheit Schnitzel kraeuselt,
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Sind unerquicklich wie der Nebelwind,
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Der herbstlich durch die duerren Blaetter saeuselt!
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Ach Gott! die Kunst ist lang;
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Und kurz ist unser Leben.
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Mir wird, bei meinem kritischen Bestreben,
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Doch oft um Kopf und Busen bang.
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Wie schwer sind nicht die Mittel zu erwerben,
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Durch die man zu den Quellen steigt!
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Und eh man nur den halben Weg erreicht,
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Muss wohl ein armer Teufel sterben.
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Das Pergament, ist das der heil'ge Bronnen,
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Woraus ein Trunk den Durst auf ewig stillt?
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Erquickung hast du nicht gewonnen,
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Wenn sie dir nicht aus eigner Seele quillt.
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Verzeiht! es ist ein gross Ergetzen,
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Sich in den Geist der Zeiten zu versetzen;
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Zu schauen, wie vor uns ein weiser Mann gedacht,
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Und wie wir's dann zuletzt so herrlich weit gebracht.
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O ja, bis an die Sterne weit!
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Mein Freund, die Zeiten der Vergangenheit
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Sind uns ein Buch mit sieben Siegeln.
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Was ihr den Geist der Zeiten heisst,
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Das ist im Grund der Herren eigner Geist,
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In dem die Zeiten sich bespiegeln.
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Da ist's denn wahrlich oft ein Jammer!
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Man laeuft euch bei dem ersten Blick davon.
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Ein Kehrichtfass und eine Rumpelkammer
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Und hoechstens eine Haupt- und Staatsaktion
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Mit trefflichen pragmatischen Maximen,
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Wie sie den Puppen wohl im Munde ziemen!
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Allein die Welt! des Menschen Herz und Geist!
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Moecht jeglicher doch was davon erkennen.
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Ja, was man so erkennen heisst!
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Wer darf das Kind beim Namen nennen?
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Die wenigen, die was davon erkannt,
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Die toericht g'nug ihr volles Herz nicht wahrten,
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Dem Poebel ihr Gefuehl, ihr Schauen offenbarten,
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Hat man von je gekreuzigt und verbrannt.
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Ich bitt Euch, Freund, es ist tief in der Nacht,
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Wir muessen's diesmal unterbrechen.
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Ich haette gern nur immer fortgewacht,
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Um so gelehrt mit Euch mich zu besprechen.
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Doch morgen, als am ersten Ostertage,
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Erlaubt mir ein' und andre Frage.
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Mit Eifer hab' ich mich der Studien beflissen;
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Zwar weiss ich viel, doch moecht' ich alles wissen.
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(Ab.)
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FAUST (allein):
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Wie nur dem Kopf nicht alle Hoffnung schwindet,
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Der immerfort an schalem Zeuge klebt,
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Mit gier'ger Hand nach Schaetzen graebt,
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Und froh ist, wenn er Regenwuermer findet!
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Darf eine solche Menschenstimme hier,
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Wo Geisterfuelle mich umgab, ertoenen?
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Doch ach! fuer diesmal dank ich dir,
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Dem aermlichsten von allen Erdensoehnen.
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Du rissest mich von der Verzweiflung los,
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Die mir die Sinne schon zerstoeren wollte.
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Ach! die Erscheinung war so riesengross,
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Dass ich mich recht als Zwerg empfinden sollte.
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Ich, Ebenbild der Gottheit, das sich schon
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Ganz nah geduenkt dem Spiegel ew'ger Wahrheit,
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Sein selbst genoss in Himmelsglanz und Klarheit,
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Und abgestreift den Erdensohn;
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Ich, mehr als Cherub, dessen freie Kraft
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Schon durch die Adern der Natur zu fliessen
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Und, schaffend, Goetterleben zu geniessen
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Sich ahnungsvoll vermass, wie muss ich's buessen!
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Ein Donnerwort hat mich hinweggerafft.
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Nicht darf ich dir zu gleichen mich vermessen;
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Hab ich die Kraft dich anzuziehn besessen,
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So hatt ich dich zu halten keine Kraft.
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In jenem sel'gen Augenblicke
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Ich fuehlte mich so klein, so gross;
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Du stiessest grausam mich zuruecke,
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Ins ungewisse Menschenlos.
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Wer lehret mich? was soll ich meiden?
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Soll ich gehorchen jenem Drang?
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Ach! unsre Taten selbst, so gut als unsre Leiden,
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Sie hemmen unsres Lebens Gang.
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Dem Herrlichsten, was auch der Geist empfangen,
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Draengt immer fremd und fremder Stoff sich an;
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Wenn wir zum Guten dieser Welt gelangen,
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Dann heisst das Bessre Trug und Wahn.
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Die uns das Leben gaben, herrliche Gefuehle
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Erstarren in dem irdischen Gewuehle.
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Wenn Phantasie sich sonst mit kuehnem Flug
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Und hoffnungsvoll zum Ewigen erweitert,
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So ist ein kleiner Raum ihr nun genug,
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Wenn Glueck auf Glueck im Zeitenstrudel scheitert.
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Die Sorge nistet gleich im tiefen Herzen,
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Dort wirket sie geheime Schmerzen,
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Unruhig wiegt sie sich und stoeret Lust und Ruh;
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Sie deckt sich stets mit neuen Masken zu,
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Sie mag als Haus und Hof, als Weib und Kind erscheinen,
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Als Feuer, Wasser, Dolch und Gift;
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Du bebst vor allem, was nicht trifft,
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Und was du nie verlierst, das musst du stets beweinen.
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Den Goettern gleich ich nicht! zu tief ist es gefuehlt;
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Dem Wurme gleich ich, der den Staub durchwuehlt,
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Den, wie er sich im Staube naehrend lebt,
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Des Wandrers Tritt vernichtet und begraebt.
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Ist es nicht Staub, was diese hohe Wand
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Aus hundert Faechern mit verenget?
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Der Troedel, der mit tausendfachem Tand
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In dieser Mottenwelt mich draenget?
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Hier soll ich finden, was mir fehlt?
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Soll ich vielleicht in tausend Buechern lesen,
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Dass ueberall die Menschen sich gequaelt,
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Dass hie und da ein Gluecklicher gewesen?-
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Was grinsest du mir, hohler Schaedel, her?
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Als dass dein Hirn, wie meines, einst verwirret
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Den leichten Tag gesucht und in der Daemmrung schwer,
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Mit Lust nach Wahrheit, jaemmerlich geirret.
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Ihr Instrumente freilich spottet mein,
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Mit Rad und Kaemmen, Walz und Buegel:
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Ich stand am Tor, ihr solltet Schluessel sein;
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Zwar euer Bart ist kraus, doch hebt ihr nicht die Riegel.
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Geheimnisvoll am lichten Tag
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Laesst sich Natur des Schleiers nicht berauben,
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Und was sie deinem Geist nicht offenbaren mag,
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Das zwingst du ihr nicht ab mit Hebeln und mit Schrauben.
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Du alt Geraete, das ich nicht gebraucht,
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Du stehst nur hier, weil dich mein Vater brauchte.
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Du alte Rolle, du wirst angeraucht,
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Solang an diesem Pult die truebe Lampe schmauchte.
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Weit besser haett ich doch mein Weniges verprasst,
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Als mit dem Wenigen belastet hier zu schwitzen!
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Was du ererbt von deinen Vaetern hast,
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Erwirb es, um es zu besitzen.
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Was man nicht nuetzt, ist eine schwere Last,
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Nur was der Augenblick erschafft, das kann er nuetzen.
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Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle?
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Ist jenes Flaeschchen dort den Augen ein Magnet?
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Warum wird mir auf einmal lieblich helle,
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Als wenn im naecht'gen Wald uns Mondenglanz umweht?
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Ich gruesse dich, du einzige Phiole,
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Die ich mit Andacht nun herunterhole!
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In dir verehr ich Menschenwitz und Kunst.
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Du Inbegriff der holden Schlummersaefte,
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Du Auszug aller toedlich feinen Kraefte,
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Erweise deinem Meister deine Gunst!
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Ich sehe dich, es wird der Schmerz gelindert,
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Ich fasse dich, das Streben wird gemindert,
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Des Geistes Flutstrom ebbet nach und nach.
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Ins hohe Meer werd ich hinausgewiesen,
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Die Spiegelflut erglaenzt zu meinen Fuessen,
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Zu neuen Ufern lockt ein neuer Tag.
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Ein Feuerwagen schwebt, auf leichten Schwingen,
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An mich heran! Ich fuehle mich bereit,
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Auf neuer Bahn den AEther zu durchdringen,
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Zu neuen Sphaeren reiner Taetigkeit.
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Dies hohe Leben, diese Goetterwonne!
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Du, erst noch Wurm, und die verdienest du?
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Ja, kehre nur der holden Erdensonne
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Entschlossen deinen Ruecken zu!
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Vermesse dich, die Pforten aufzureissen,
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Vor denen jeder gern vorueberschleicht!
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Hier ist es Zeit, durch Taten zu beweisen,
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Das Manneswuerde nicht der Goetterhoehe weicht,
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Vor jener dunkeln Hoehle nicht zu beben,
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In der sich Phantasie zu eigner Qual verdammt,
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Nach jenem Durchgang hinzustreben,
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Um dessen engen Mund die ganze Hoelle flammt;
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Zu diesem Schritt sich heiter zu entschliessen,
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Und waer es mit Gefahr, ins Nichts dahin zu fliessen.
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Nun komm herab, kristallne reine Schale!
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Hervor aus deinem alten Futterale,
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An die ich viele Jahre nicht gedacht!
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Du glaenzetst bei der Vaeter Freudenfeste,
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Erheitertest die ernsten Gaeste,
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Wenn einer dich dem andern zugebracht.
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Der vielen Bilder kuenstlich reiche Pracht,
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Des Trinkers Pflicht, sie reimweis zu erklaeren,
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Auf einen Zug die Hoehlung auszuleeren,
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Erinnert mich an manche Jugendnacht.
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Ich werde jetzt dich keinem Nachbar reichen,
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Ich werde meinen Witz an deiner Kunst nicht zeigen.
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Hier ist ein Saft, der eilig trunken macht;
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Mit brauner Flut erfuellt er deine Hoehle.
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Den ich bereit, den ich waehle,
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"Der letzte Trunk sei nun, mit ganzer Seele,
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Als festlich hoher Gruss, dem Morgen zugebracht!
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(Er setzt die Schale an den Mund.)
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Glockenklang und Chorgesang.
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Christ ist erstanden!
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Freude dem Sterblichen,
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Den die verderblichen,
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Schleichenden, erblichen
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Maengel unwanden.
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Welch tiefes Summen, welch heller Ton
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Zieht mit Gewalt das Glas von meinem Munde?
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Verkuendigt ihr dumpfen Glocken schon
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Des Osterfestes erste Feierstunde?
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Ihr Choere, singt ihr schon den troestlichen Gesang,
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Der einst, um Grabes Nacht, von Engelslippen klang,
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Gewissheit einem neuen Bunde?
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Mit Spezereien
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Hatten wir ihn gepflegt,
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Wir seine Treuen
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Hatten ihn hingelegt;
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Tuecher und Binden
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Reinlich unwanden wir,
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Ach! und wir finden
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Christ nicht mehr hier.
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Christ ist erstanden!
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Selig der Liebende,
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Der die betruebende,
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Heilsam und uebende
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Pruefung bestanden.
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Was sucht ihr, maechtig und gelind,
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Ihr Himmelstoene, mich am Staube?
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Klingt dort umher, wo weiche Menschen sind.
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Die Botschaft hoer ich wohl, allein mir fehlt der Glaube;
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Das Wunder ist des Glaubens liebstes Kind.
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Zu jenen Sphaeren wag ich nicht zu streben,
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Woher die holde Nachricht toent;
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Und doch, an diesen Klang von Jugend auf gewoehnt,
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Ruft er auch jetzt zurueck mich in das Leben.
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Sonst stuerzte sich der Himmelsliebe Kuss
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Auf mich herab in ernster Sabbatstille;
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Da klang so ahnungsvoll des Glockentones Fuelle,
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Und ein Gebet war bruenstiger Genuss;
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Ein unbegreiflich holdes Sehnen
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Trieb mich, durch Wald und Wiesen hinzugehn,
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Und unter tausend heissen Traenen
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Fuehlt ich mir eine Welt entstehn.
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Dies Lied verkuendete der Jugend muntre Spiele,
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Der Fruehlingsfeier freies Glueck;
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Erinnrung haelt mich nun, mit kindlichem Gefuehle,
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Vom letzten, ernsten Schritt zurueck.
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O toenet fort, ihr suessen Himmelslieder!
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Die Traene quillt, die Erde hat mich wieder!
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Hat der Begrabene
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Schon sich nach oben,
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Lebend Erhabene,
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Herrlich erhoben;
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Ist er in Werdeluft
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Schaffender Freude nah:
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Ach! an der Erde Brust
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Sind wir zum Leide da.
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Liess er die Seinen
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Schmachtend uns hier zurueck;
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Ach! wir beweinen,
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Meister, dein Glueck!
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Christ ist erstanden,
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Aus der Verwesung Schoss.
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Reisset von Banden
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Freudig euch los!
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Taetig ihn preisenden,
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Liebe beweisenden,
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Bruederlich speisenden,
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Predigend reisenden,
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Wonne verheissenden
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Euch ist der Meister nah,
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Euch ist er da!
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Vor dem Tor
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Spaziergaenger aller Art ziehen hinaus.
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Warum denn dort hinaus?
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Wir gehn hinaus aufs Jaegerhaus.
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Wir aber wollen nach der Muehle wandern.
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Ich rat euch, nach dem Wasserhof zu gehn.
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Der Weg dahin ist gar nicht schoen.
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Was tust denn du?
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Ich gehe mit den andern.
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Nach Burgdorf kommt herauf, gewiss dort findet ihr
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Die schoensten Maedchen und das beste Bier,
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Und Haendel von der ersten Sorte.
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Du ueberlustiger Gesell,
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Juckt dich zum drittenmal das Fell?
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Ich mag nicht hin, mir graut es vor dem Orte.
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Nein, nein! ich gehe nach der Stadt zurueck.
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Wir finden ihn gewiss bei jenen Pappeln stehen.
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Das ist fuer mich kein grosses Glueck;
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Er wird an deiner Seite gehen,
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Mit dir nur tanzt er auf dem Plan.
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Was gehn mich deine Freuden an!
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Heut ist er sicher nicht allein,
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Der Krauskopf, sagt er, wuerde bei ihm sein.
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Blitz, wie die wackern Dirnen schreiten!
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Herr Bruder, komm! wir muessen sie begleiten.
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Ein starkes Bier, ein beizender Toback,
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Und eine Magd im Putz, das ist nun mein Geschmack.
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Da sieh mir nur die schoenen Knaben!
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Es ist wahrhaftig eine Schmach:
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Gesellschaft koennten sie die allerbeste haben,
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Und laufen diesen Maegden nach!
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ZWEITER SCHUELER (zum ersten):
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Nicht so geschwind! dort hinten kommen zwei,
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Sie sind gar niedlich angezogen,
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's ist meine Nachbarin dabei;
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Ich bin dem Maedchen sehr gewogen.
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Sie gehen ihren stillen Schritt
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Und nehmen uns doch auch am Ende mit.
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Herr Bruder, nein! Ich bin nicht gern geniert.
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Geschwind! dass wir das Wildbret nicht verlieren.
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Die Hand, die samstags ihren Besen fuehrt
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Wird sonntags dich am besten karessieren.
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Nein, er gefaellt mir nicht, der neue Burgemeister!
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Nun, da er's ist, wird er nur taeglich dreister.
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Und fuer die Stadt was tut denn er?
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Wird es nicht alle Tage schlimmer?
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Gehorchen soll man mehr als immer,
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Und zahlen mehr als je vorher.
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BETTLER (singt):
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Ihr guten Herrn, ihr schoenen Frauen,
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So wohlgeputzt und backenrot,
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Belieb es euch, mich anzuschauen,
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Und seht und mildert meine Not!
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Lasst hier mich nicht vergebens leiern!
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Nur der ist froh, der geben mag.
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Ein Tag, den alle Menschen feiern,
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Er sei fuer mich ein Erntetag.
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Nichts Bessers weiss ich mir an Sonn- und Feiertagen
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Als ein Gespraech von Krieg und Kriegsgeschrei,
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Wenn hinten, weit, in der Tuerkei,
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Die Voelker aufeinander schlagen.
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Man steht am Fenster, trinkt sein Glaeschen aus
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Und sieht den Fluss hinab die bunten Schiffe gleiten;
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Dann kehrt man abends froh nach Haus,
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Und segnet Fried und Friedenszeiten.
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Herr Nachbar, ja! so lass ich's auch geschehn:
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Sie moegen sich die Koepfe spalten,
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Mag alles durcheinander gehn;
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Doch nur zu Hause bleib's beim alten.
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ALTE (zu den Buergermaedchen):
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Ei! wie geputzt! das schoene junge Blut!
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Wer soll sich nicht in euch vergaffen?-
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Nur nicht so stolz! es ist schon gut!
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Und was ihr wuenscht, das wuesst ich wohl zu schaffen.
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Agathe, fort! ich nehme mich in acht,
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Mit solchen Hexen oeffentlich zu gehen;
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Sie liess mich zwar in Sankt Andreas' Nacht
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Den kuenft'gen Liebsten leiblich sehen-
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Mir zeigte sie ihn im Kristall,
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Soldatenhaft, mit mehreren Verwegnen;
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Ich seh mich um, ich such ihn ueberall,
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Allein mir will er nicht begegnen.
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Burgen mit hohen
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Mauern und Zinnen,
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Maedchen mit stolzen
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Hoehnenden Sinnen
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Moecht ich gewinnen!
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Kuehn ist das Muehen,
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Herrlich der Lohn!
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Und die Trompete
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Lassen wir werben,
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Wie zu der Freude,
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So zum Verderben.
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Das ist ein Stuermen!
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Das ist ein Leben!
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Maedchen und Burgen
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Muessen sich geben.
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Kuehn ist das Muehen,
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Herrlich der Lohn!
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Und die Soldaten
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Ziehen davon.
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Faust und Wagner.
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Vom Eise befreit sind Strom und Baeche
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Durch des Fruehlings holden, belebenden Blick;
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Im Tale gruenet Hoffnungsglueck;
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Der alte Winter, in seiner Schwaeche,
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Zog sich in rauhe Berge zurueck.
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Von dorther sendet er, fliehend, nur
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Ohnmaechtige Schauer kornigen Eises
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In Streifen ueber die gruenende Flur;
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Aber die Sonne duldet kein Weisses,
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UEberall regt sich Bildung und Streben,
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Alles will sie mit Farben beleben;
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Doch an Blumen fehlt's im Revier
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Sie nimmt geputzte Menschen dafuer.
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Kehre dich um, von diesen Hoehen
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Nach der Stadt zurueckzusehen.
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Aus dem hohlen finstern Tor
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Dringt ein buntes Gewimmel hervor.
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Jeder sonnt sich heute so gern.
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Sie feiern die Auferstehung des Herrn,
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Denn sie sind selber auferstanden,
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Aus niedriger Haeuser dumpfen Gemaechern,
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Aus Handwerks- und Gewerbesbanden,
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Aus dem Druck von Giebeln und Daechern,
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Aus der Strassen quetschender Enge,
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Aus der Kirchen ehrwuerdiger Nacht
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Sind sie alle ans Licht gebracht.
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Sieh nur, sieh! wie behend sich die Menge
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Durch die Gaerten und Felder zerschlaegt,
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Wie der Fluss, in Breit und Laenge
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So manchen lustigen Nachen bewegt,
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Und bis zum Sinken ueberladen
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Entfernt sich dieser letzte Kahn.
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Selbst von des Berges fernen Pfaden
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Blinken uns farbige Kleider an.
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Ich hoere schon des Dorfs Getuemmel,
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Hier ist des Volkes wahrer Himmel,
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Zufrieden jauchzet gross und klein:
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Hier bin ich Mensch, hier darf ich's sein!
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Mit Euch, Herr Doktor, zu spazieren
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Ist ehrenvoll und ist Gewinn;
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Doch wuerd ich nicht allein mich her verlieren,
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Weil ich ein Feind von allem Rohen bin.
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Das Fiedeln, Schreien, Kegelschieben
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Ist mir ein gar verhasster Klang;
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Sie toben wie vom boesen Geist getrieben
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Und nennen's Freude. nennen's Gesang.
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Bauern unter der Linde. Tanz und Gesang.
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Der Schaefer putzte sich zum Tanz,
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Mit bunter Jacke, Band und Kranz,
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Schmuck war er angezogen.
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Schon um die Linde war es voll,
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Und alles tanzte schon wie toll.
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Juchhe! Juchhe!
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Juchheisa! Heisa! He!
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So ging der Fiedelbogen.
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Er drueckte hastig sich heran,
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Da stiess er an ein Maedchen an
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Mit seinem Ellenbogen;
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Die frische Dirne kehrt, sich um
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Und sagte: Nun, das find ich dumm!
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Juchhe! Juchhe!
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Juchheisa! Heisa! He!
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Seid nicht so ungezogen!
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Doch hurtig in dem Kreise ging's,
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Sie tanzten rechts, sie tanzten links,
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Und alle Roecke flogen.
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Sie wurden rot, sie wurden warm
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Und ruhten atmend Arm in Arm,
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Juchhe! Juchhe!
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Juchheisa! Heisa! He!
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Und Hueft an Ellenbogen.
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Und tu mir doch nicht so vertraut!
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Wie mancher hat nicht seine Braut
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Belogen und betrogen!
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Er schmeichelte sie doch bei Seit,
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Und von der Linde scholl es weit:
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Juchhe! Juchhe!
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Juchheisa! Heisa! He!
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Geschrei und Fiedelbogen.
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Herr Doktor, das ist schoen von Euch,
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Dass Ihr uns heute nicht verschmaeht,
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Und unter dieses Volksgedraeng,
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Als ein so Hochgelahrter, geht.
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So nehmet auch den schoensten Krug,
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Den wir mit frischem Trunk gefuellt,
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Ich bring ihn zu und wuensche laut,
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Dass er nicht nur den Durst Euch stillt:
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Die Zahl der Tropfen, die er hegt,
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Sei Euren Tagen zugelegt.
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Ich nehme den Erquickungstrank
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Erwidr' euch allen Heil und Dank.
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(Das Volk sammelt sich im Kreis umher.)
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Fuerwahr, es ist sehr wohl getan,
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Dass Ihr am frohen Tag erscheint;
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Habt Ihr es vormals doch mit uns
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An boesen Tagen gut gemeint!
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Gar mancher steht lebendig hier
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Den Euer Vater noch zuletzt
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Der heissen Fieberwut entriss,
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Als er der Seuche Ziel gesetzt.
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Auch damals Ihr, ein junger Mann,
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Ihr gingt in jedes Krankenhaus,
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Gar manche Leiche trug man fort,
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Ihr aber kamt gesund heraus,
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Bestandet manche harte Proben;
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Dem Helfer half der Helfer droben.
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Gesundheit dem bewaehrten Mann,
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Dass er noch lange helfen kann!
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Vor jenem droben steht gebueckt,
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Der helfen lehrt und Huelfe schickt.
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(Er geht mit Wagnern weiter.)
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Welch ein Gefuehl musst du, o grosser Mann,
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Bei der Verehrung dieser Menge haben!
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O gluecklich, wer von seinen Gaben
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Solch einen Vorteil ziehen kann!
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Der Vater zeigt dich seinem Knaben,
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Ein jeder fragt und draengt und eilt,
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Die Fiedel stockt, der Taenzer weilt.
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Du gehst, in Reihen stehen sie,
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Die Muetzen fliegen in die Hoeh;
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Und wenig fehlt, so beugten sich die Knie,
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Als kaem das Venerabile.
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Nur wenig Schritte noch hinauf zu jenem Stein,
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Hier wollen wir von unsrer Wandrung rasten.
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Hier sass ich oft gedankenvoll allein
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Und quaelte mich mit Beten und mit Fasten.
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An Hoffnung reich, im Glauben fest,
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Mit Traenen, Seufzen, Haenderingen
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Dacht ich das Ende jener Pest
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Vom Herrn des Himmels zu erzwingen.
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Der Menge Beifall toent mir nun wie Hohn.
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O koenntest du in meinem Innern lesen,
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Wie wenig Vater und Sohn
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Solch eines Ruhmes wert gewesen!
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Mein Vater war ein dunkler Ehrenmann,
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Der ueber die Natur und ihre heil'gen Kreise
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In Redlichkeit, jedoch auf seine Weise,
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Mit grillenhafter Muehe sann;
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Der, in Gesellschaft von Adepten,
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Sich in die schwarze Kueche schloss,
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Und, nach unendlichen Rezepten,
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Das Widrige zusammengoss.
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Da ward ein roter Leu, ein kuehner Freier,
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Im lauen Bad der Lilie vermaehlt,
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Und beide dann mit offnem Flammenfeuer
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Aus einem Brautgemach ins andere gequaelt.
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Erschien darauf mit bunten Farben
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Die junge Koenigin im Glas,
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Hier war die Arzenei, die Patienten starben,
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Und niemand fragte: wer genas?
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So haben wir mit hoellischen Latwergen
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In diesen Taelern, diesen Bergen
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Weit schlimmer als die Pest getobt.
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Ich habe selbst den Gift an Tausende gegeben:
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Sie welkten hin, ich muss erleben,
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Dass man die frechen Moerder lobt.
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Wie koennt Ihr Euch darum betrueben!
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Tut nicht ein braver Mann genug,
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Die Kunst, die man ihm uebertrug,
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Gewissenhaft und puenktlich auszuueben?
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Wenn du als Juengling deinen Vater ehrst,
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So wirst du gern von ihm empfangen;
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Wenn du als Mann die Wissenschaft vermehrst,
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So kann dein Sohn zu hoehrem Ziel gelangen.
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O gluecklich, wer noch hoffen kann,
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Aus diesem Meer des Irrtums aufzutauchen!
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Was man nicht weiss, das eben brauchte man,
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Und was man weiss, kann man nicht brauchen.
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Doch lass uns dieser Stunde schoenes Gut
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Durch solchen Truebsinn nicht verkuemmern!
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Betrachte, wie in Abendsonne-Glut
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Die gruenumgebnen Huetten schimmern.
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Sie rueckt und weicht, der Tag ist ueberlebt,
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Dort eilt sie hin und foerdert neues Leben.
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O dass kein Fluegel mich vom Boden hebt
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Ihr nach und immer nach zu streben!
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Ich saeh im ewigen Abendstrahl
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Die stille Welt zu meinen Fuessen,
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Entzuendet alle Hoehn beruhigt jedes Tal,
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Den Silberbach in goldne Stroeme fliessen.
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Nicht hemmte dann den goettergleichen Lauf
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Der wilde Berg mit allen seinen Schluchten;
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Schon tut das Meer sich mit erwaermten Buchten
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Vor den erstaunten Augen auf.
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Doch scheint die Goettin endlich wegzusinken;
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Allein der neue Trieb erwacht,
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Ich eile fort, ihr ew'ges Licht zu trinken,
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Vor mir den Tag und hinter mir die Nacht,
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Den Himmel ueber mir und unter mir die Wellen.
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Ein schoener Traum, indessen sie entweicht.
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Ach! zu des Geistes Fluegeln wird so leicht
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Kein koerperlicher Fluegel sich gesellen.
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Doch ist es jedem eingeboren
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Dass sein Gefuehl hinauf und vorwaerts dringt,
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Wenn ueber uns, im blauen Raum verloren,
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Ihr schmetternd Lied die Lerche singt;
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Wenn ueber schroffen Fichtenhoehen
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Der Adler ausgebreitet schwebt,
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Und ueber Flaechen, ueber Seen
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Der Kranich nach der Heimat strebt.
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Ich hatte selbst oft grillenhafte Stunden,
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Doch solchen Trieb hab ich noch nie empfunden.
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Man sieht sich leicht an Wald und Feldern satt;
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Des Vogels Fittich werd ich nie beneiden.
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Wie anders tragen uns die Geistesfreuden
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Von Buch zu Buch, von Blatt zu Blatt!
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Da werden Winternaechte hold und schoen
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Ein selig Leben waermet alle Glieder,
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Und ach! entrollst du gar ein wuerdig Pergamen,
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So steigt der ganze Himmel zu dir nieder.
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Du bist dir nur des einen Triebs bewusst,
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O lerne nie den andern kennen!
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Zwei Seelen wohnen, ach! in meiner Brust,
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Die eine will sich von der andern trennen;
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Die eine haelt, in derber Liebeslust,
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Sich an die Welt mit klammernden Organen;
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Die andre hebt gewaltsam sich vom Dust
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Zu den Gefilden hoher Ahnen.
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O gibt es Geister in der Luft,
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Die zwischen Erd und Himmel herrschend weben
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So steiget nieder aus dem goldnen Duft
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Und fuehrt mich weg zu neuem, buntem Leben!
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Ja, waere nur ein Zaubermantel mein,
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Und trueg er mich in fremde Laender!
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Mir sollt er um die koestlichsten Gewaender,
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Nicht feil um einen Koenigsmantel sein.
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Berufe nicht die wohlbekannte Schar,
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Die stroemend sich im Dunstkreis ueberbreitet,
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Dem Menschen tausendfaeltige Gefahr,
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Von allen Enden her, bereitet.
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Von Norden dringt der scharfe Geisterzahn
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Auf dich herbei, mit pfeilgespitzten Zungen;
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Von Morgen ziehn, vertrocknend, sie heran,
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Und naehren sich von deinen Lungen;
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Wenn sie der Mittag aus der Wueste schickt,
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Die Glut auf Glut um deinen Scheitel haeufen
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So bringt der West den Schwarm, der erst erquickt,
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Um dich und Feld und Aue zu ersaeufen.
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Sie hoeren gern, zum Schaden froh gewandt,
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Gehorchen gern, weil sie uns gern betruegen;
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Sie stellen wie vom Himmel sich gesandt,
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Und lispeln englisch, wenn sie luegen.
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Doch gehen wir! Ergraut ist schon die Welt,
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Die Luft gekuehlt, der Nebel faellt!
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Am Abend schaetzt man erst das Haus.-
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Was stehst du so und blickst erstaunt hinaus?
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Was kann dich in der Daemmrung so ergreifen?
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Siehst du den schwarzen Hund durch Saat und Stoppel streifen?
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Ich sah ihn lange schon, nicht wichtig schien er mir.
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Betracht ihn recht! fuer was haeltst du das Tier?
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Fuer einen Pudel, der auf seine Weise
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Sich auf der Spur des Herren plagt.
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Bemerkst du, wie in weitem Schneckenkreise
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Er um uns her und immer naeher jagt?
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Und irr ich nicht, so zieht ein Feuerstrudel
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Auf seinen Pfaden hinterdrein.
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Ich sehe nichts als einen schwarzen Pudel;
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Es mag bei Euch wohl Augentaeuschung sein.
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Mir scheint es, dass er magisch leise Schlingen
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Zu kuenft'gem Band um unsre Fuesse zieht.
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Ich seh ihn ungewiss und furchtsam uns umspringen,
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Weil er, statt seines Herrn, zwei Unbekannte sieht.
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Der Kreis wird eng, schon ist er nah!
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Du siehst! ein Hund, und kein Gespenst ist da.
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Er knurrt und zweifelt, legt sich auf den Bauch,
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Er wedelt. Alles Hundebrauch.
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Geselle dich zu uns! Komm hier!
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Es ist ein pudelnaerrisch Tier.
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Du stehest still, er wartet auf;
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Du sprichst ihn an, er strebt an dir hinauf;
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Verliere was, er wird es bringen,
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Nach deinem Stock ins Wasser springen.
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Du hast wohl recht; ich finde nicht die Spur
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Von einem Geist, und alles ist Dressur.
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Dem Hunde, wenn er gut gezogen,
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Wird selbst ein weiser Mann gewogen.
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Ja, deine Gunst verdient er ganz und gar,
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Er, der Studenten trefflicher Skolar.
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(Sie gehen in das Stadttor.)
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Studierzimmer
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Faust mit dem Pudel hereintretend.
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Verlassen hab ich Feld und Auen,
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Die eine tiefe Nacht bedeckt,
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Mit ahnungsvollem, heil'gem Grauen
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In uns die bessre Seele weckt.
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Entschlafen sind nun wilde Triebe
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Mit jedem ungestuemen Tun;
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Es reget sich die Menschenliebe,
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Die Liebe Gottes regt sich nun. Sei ruhig, Pudel! renne nicht hin und
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wider!
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An der Schwelle was schnoperst du hier?
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Lege dich hinter den Ofen nieder,
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Mein bestes Kissen geb ich dir.
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Wie du draussen auf dem bergigen Wege
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Durch Rennen und Springen ergetzt uns hast,
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So nimm nun auch von mir die Pflege,
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Als ein willkommner stiller Gast. Ach wenn in unsrer engen Zelle
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Die Lampe freundlich wieder brennt,
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Dann wird's in unserm Busen helle,
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Im Herzen, das sich selber kennt.
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Vernunft faengt wieder an zu sprechen,
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Und Hoffnung wieder an zu bluehn,
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Man sehnt sich nach des Lebens Baechen,
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Ach! nach des Lebens Quelle hin. Knurre nicht, Pudel! Zu den heiligen
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Toenen,
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Die jetzt meine ganze Seel umfassen,
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Will der tierische Laut nicht passen.
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Wir sind gewohnt, dass die Menschen verhoehnen,
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Was sie nicht verstehn,
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Dass sie vor dem Guten und Schoenen,
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Das ihnen oft beschwerlich ist, murren;
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Will es der Hund, wie sie, beknurren?
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Aber ach! schon fuehl ich, bei dem besten Willen,
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Befriedigung nicht mehr aus dem Busen quillen.
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Aber warum muss der Strom so bald versiegen,
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Und wir wieder im Durste liegen?
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Davon hab ich so viel Erfahrung.
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Doch dieser Mangel laesst sich ersetzen,
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Wir lernen das UEberirdische schaetzen,
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Wir sehnen uns nach Offenbarung,
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Die nirgends wuerd'ger und schoener brennt
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Als in dem Neuen Testament.
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Mich draengt's, den Grundtext aufzuschlagen,
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Mit redlichem Gefuehl einmal
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Das heilige Original
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In mein geliebtes Deutsch zu uebertragen,
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(Er schlaegt ein Volum auf und schickt sich an.)
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Geschrieben steht: "Im Anfang war das Wort!"
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Hier stock ich schon! Wer hilft mir weiter fort?
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Ich kann das Wort so hoch unmoeglich schaetzen,
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Ich muss es anders uebersetzen,
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Wenn ich vom Geiste recht erleuchtet bin.
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Geschrieben steht: Im Anfang war der Sinn.
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Bedenke wohl die erste Zeile,
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Dass deine Feder sich nicht uebereile!
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Ist es der Sinn, der alles wirkt und schafft?
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Es sollte stehn: Im Anfang war die Kraft!
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Doch, auch indem ich dieses niederschreibe,
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Schon warnt mich was, dass ich dabei nicht bleibe.
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Mir hilft der Geist! Auf einmal seh ich Rat
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Und schreibe getrost: Im Anfang war die Tat!
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Soll ich mit dir das Zimmer teilen,
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Pudel, so lass das Heulen,
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So lass das Bellen!
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Solch einen stoerenden Gesellen
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Mag ich nicht in der Naehe leiden.
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Einer von uns beiden
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Muss die Zelle meiden.
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Ungern heb ich das Gastrecht auf,
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Die Tuer ist offen, hast freien Lauf.
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Aber was muss ich sehen!
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Kann das natuerlich geschehen?
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Ist es Schatten? ist's Wirklichkeit?
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Wie wird mein Pudel lang und breit!
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Er hebt sich mit Gewalt,
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Das ist nicht eines Hundes Gestalt!
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Welch ein Gespenst bracht ich ins Haus!
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Schon sieht er wie ein Nilpferd aus,
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Mit feurigen Augen, schrecklichem Gebiss.
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Oh! du bist mir gewiss!
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Fuer solche halbe Hoellenbrut
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Ist Salomonis Schluessel gut.
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GEISTER (auf dem Gange):
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Drinnen gefangen ist einer!
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Bleibet haussen, folg ihm keiner!
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Wie im Eisen der Fuchs,
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Zagt ein alter Hoellenluchs.
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Aber gebt acht!
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Schwebet hin, schwebet wider,
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Auf und nieder,
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Und er hat sich losgemacht.
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Koennt ihr ihm nuetzen,
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Lasst ihn nicht sitzen!
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Denn er tat uns allen
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Schon viel zu Gefallen.
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Erst zu begegnen dem Tiere,
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Brauch ich den Spruch der Viere: Salamander soll gluehen,
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Undene sich winden,
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Sylphe verschwinden,
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Kobold sich muehen. Wer sie nicht kennte
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Die Elemente,
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Ihre Kraft
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Und Eigenschaft,
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Waere kein Meister
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UEber die Geister. Verschwind in Flammen,
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Salamander!
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Rauschend fliesse zusammen,
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Undene!
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Leucht in Meteoren-Schoene,
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Sylphe!
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Bring haeusliche Huelfe,
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Incubus! Incubus!
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Tritt hervor und mache den Schluss! Keines der Viere
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Steckt in dem Tiere.
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Es liegt ganz ruhig und grinst mich an;
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Ich hab ihm noch nicht weh getan.
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Du sollst mich hoeren
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Staerker beschwoeren. Bist du, Geselle
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Ein Fluechtling der Hoelle?
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So sieh dies Zeichen
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Dem sie sich beugen,
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Die schwarzen Scharen! Schon schwillt es auf mit borstigen Haaren.
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Verworfnes Wesen!
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Kannst du ihn lesen?
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Den nie Entsprossnen,
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Unausgesprochnen,
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Durch alle Himmel Gegossnen,
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Freventlich Durchstochnen? Hinter den Ofen gebannt,
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Schwillt es wie ein Elefant
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Den ganzen Raum fuellt es an,
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Es will zum Nebel zerfliessen.
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Steige nicht zur Decke hinan!
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Lege dich zu des Meisters Fuessen!
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Du siehst, dass ich nicht vergebens drohe.
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Ich versenge dich mit heiliger Lohe!
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Erwarte nicht
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Das dreimal gluehende Licht!
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Erwarte nicht
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Die staerkste von meinen Kuensten!
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(Mephistopheles tritt, indem der Nebel faellt, gekleidet wie ein
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fahrender Scholastikus, hinter dem Ofen hervor.)
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Wozu der Laerm? was steht dem Herrn zu Diensten?
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Das also war des Pudels Kern!
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Ein fahrender Skolast? Der Kasus macht mich lachen.
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Ich salutiere den gelehrten Herrn!
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Ihr habt mich weidlich schwitzen machen.
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Wie nennst du dich?
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Die Frage scheint mir klein Fuer einen, der das Wort so sehr verachtet,
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Der, weit entfernt von allem Schein,
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Nur in der Wesen Tiefe trachtet.
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Bei euch, ihr Herrn, kann man das Wesen
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Gewoehnlich aus dem Namen lesen,
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Wo es sich allzu deutlich weist,
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Wenn man euch Fliegengott, Verderber, Luegner heisst.
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Nun gut, wer bist du denn?
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Ein Teil von jener Kraft, Die stets das Boese will und stets das Gute
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schafft.
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Was ist mit diesem Raetselwort gemeint?
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Ich bin der Geist, der stets verneint!
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Und das mit Recht; denn alles, was entsteht,
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Ist wert, dass es zugrunde geht;
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Drum besser waer's, dass nichts entstuende.
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So ist denn alles, was ihr Suende,
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Zerstoerung, kurz, das Boese nennt,
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Mein eigentliches Element.
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Du nennst dich einen Teil, und stehst doch ganz vor mir?
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Bescheidne Wahrheit sprech ich dir.
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Wenn sich der Mensch, die kleine Narrenwelt
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Gewoehnlich fuer ein Ganzes haelt-
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Ich bin ein Teil des Teils, der anfangs alles war
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Ein Teil der Finsternis, die sich das Licht gebar
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Das stolze Licht, das nun der Mutter Nacht
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Den alten Rang, den Raum ihr streitig macht,
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Und doch gelingt's ihm nicht, da es, so viel es strebt,
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Verhaftet an den Koerpern klebt.
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Von Koerpern stroemt's, die Koerper macht es schoen,
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Ein Koerper hemmt's auf seinem Gange;
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So, hoff ich, dauert es nicht lange,
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Und mit den Koerpern wird's zugrunde gehn.
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Nun kenn ich deine wuerd'gen Pflichten!
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Du kannst im Grossen nichts vernichten
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Und faengst es nun im Kleinen an.
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Und freilich ist nicht viel damit getan.
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Was sich dem Nichts entgegenstellt,
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Das Etwas, diese plumpe Welt
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So viel als ich schon unternommen
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Ich wusste nicht ihr beizukommen
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Mit Wellen, Stuermen, Schuetteln, Brand-
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Geruhig bleibt am Ende Meer und Land!
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Und dem verdammten Zeug, der Tier- und Menschenbrut,
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Dem ist nun gar nichts anzuhaben:
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Wie viele hab ich schon begraben!
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Und immer zirkuliert ein neues, frisches Blut.
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So geht es fort, man moechte rasend werden!
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Der Luft, dem Wasser wie der Erden
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Entwinden tausend Keime sich,
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Im Trocknen, Feuchten, Warmen, Kalten!
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Haett ich mir nicht die Flamme vorbehalten,
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Ich haette nichts Aparts fuer mich.
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So setzest du der ewig regen,
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Der heilsam schaffenden Gewalt
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Die kalte Teufelsfaust entgegen,
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Die sich vergebens tueckisch ballt!
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Was anders suche zu beginnen
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Des Chaos wunderlicher Sohn!
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Wir wollen wirklich uns besinnen,
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Die naechsten Male mehr davon!
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Duerft ich wohl diesmal mich entfernen?
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Ich sehe nicht, warum du fragst.
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Ich habe jetzt dich kennen lernen
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Besuche nun mich, wie du magst.
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Hier ist das Fenster, hier die Tuere,
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Ein Rauchfang ist dir auch gewiss.
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Gesteh ich's nur! dass ich hinausspaziere,
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Verbietet mir ein kleines Hindernis,
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Der Drudenfuss auf Eurer Schwelle-
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Das Pentagramma macht dir Pein?
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Ei sage mir, du Sohn der Hoelle,
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Wenn das dich bannt, wie kamst du denn herein?
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Wie ward ein solcher Geist betrogen?
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Beschaut es recht! es ist nicht gut gezogen:
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Der eine Winkel, der nach aussen zu,
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Ist, wie du siehst, ein wenig offen.
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Das hat der Zufall gut getroffen!
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Und mein Gefangner waerst denn du?
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Das ist von ungefaehr gelungen!
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Der Pudel merkte nichts, als er hereingesprungen,
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Die Sache sieht jetzt anders aus:
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Der Teufel kann nicht aus dem Haus.
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Doch warum gehst du nicht durchs Fenster?
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's ist ein Gesetz der Teufel und Gespenster:
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Wo sie hereingeschluepft, da muessen sie hinaus.
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Das erste steht uns frei, beim zweiten sind wir Knechte.
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Die Hoelle selbst hat ihre Rechte?
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Das find ich gut, da liesse sich ein Pakt,
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Und sicher wohl, mit euch, ihr Herren, schliessen?
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Was man verspricht, das sollst du rein geniessen,
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Dir wird davon nichts abgezwackt.
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Doch das ist nicht so kurz zu fassen,
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Und wir besprechen das zunaechst
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Doch jetzo bitt ich, hoch und hoechst,
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Fuer dieses Mal mich zu entlassen.
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So bleibe doch noch einen Augenblick,
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Um mir erst gute Maer zu sagen.
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Jetzt lass mich los! ich komme bald zurueck;
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Dann magst du nach Belieben fragen.
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Ich habe dir nicht nachgestellt,
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Bist du doch selbst ins Garn gegangen.
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Den Teufel halte, wer ihn haelt!
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Er wird ihn nicht so bald zum zweiten Male fangen.
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Wenn dir's beliebt, so bin ich auch bereit,
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Dir zur Gesellschaft hier zu bleiben;
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Doch mit Bedingnis, dir die Zeit
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Durch meine Kuenste wuerdig zu vertreiben.
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Ich seh es gern, das steht dir frei;
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Nur dass die Kunst gefaellig sei!
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Du wirst, mein Freund, fuer deine Sinnen
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In dieser Stunde mehr gewinnen
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Als in des Jahres Einerlei.
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Was dir die zarten Geister singen,
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Die schoenen Bilder, die sie bringen,
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Sind nicht ein leeres Zauberspiel.
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Auch dein Geruch wird sich ergetzen,
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Dann wirst du deinen Gaumen letzen,
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Und dann entzueckt sich dein Gefuehl.
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Bereitung braucht es nicht voran,
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Beisammen sind wir, fanget an!
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Schwindet, ihr dunkeln
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Woelbungen droben!
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Reizender schaue
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Freundlich der blaue
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AEther herein!
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Waeren die dunkeln
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Wolken zerronnen!
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Sternelein funkeln,
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Mildere Sonnen
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Scheinen darein.
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Himmlischer Soehne
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Geistige Schoene,
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Schwankende Beugung
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Schwebet vorueber.
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Sehnende Neigung
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Folget hinueber;
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Und der Gewaender
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Flatternde Baender
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Decken die Laender,
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Decken die Laube,
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Wo sich fuers Leben,
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Tief in Gedanken,
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Liebende geben.
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Laube bei Laube!
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Sprossende Ranken!
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Lastende Traube
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Stuerzt ins Behaelter
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Draengender Kelter,
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Stuerzen in Baechen
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Schaeumende Weine,
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Rieseln durch reine,
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Edle Gesteine,
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Lassen die Hoehen
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Hinter sich liegen,
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Breiten zu Seen
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Sich ums Genuege
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Gruenender Huegel.
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Und das Gefluegel
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Schluerfet sich Wonne,
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Flieget der Sonne,
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Flieget den hellen
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Inseln entgegen,
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Die sich auf Wellen
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Gauklend bewegen;
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Wo wir in Choeren
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Jauchzende hoeren,
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UEber den Auen
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Tanzende schauen,
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Die sich im Freien
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Alle zerstreuen.
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Einige klimmen
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UEber die Hoehen,
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Andere schwimmen
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UEber die Seen,
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Andere schweben;
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Alle zum Leben,
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Alle zur Ferne
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Liebender Sterne,
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Seliger Huld.
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Er schlaeft! So recht, ihr luft'gen zarten Jungen!
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Ihr habt ihn treulich eingesungen!
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Fuer dies Konzert bin ich in eurer Schuld.
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Du bist noch nicht der Mann, den Teufel festzuhalten!
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Umgaukelt ihn mit suessen Traumgestalten,
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Versenkt ihn in ein Meer des Wahns;
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Doch dieser Schwelle Zauber zu zerspalten,
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Bedarf ich eines Rattenzahns.
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Nicht lange brauch ich zu beschwoeren,
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Schon raschelt eine hier und wird sogleich mich hoeren.
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Der Herr der Ratten und der Maeuse,
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Der Fliegen, Froesche, Wanzen, Laeuse
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Befiehlt dir, dich hervor zu wagen
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Und diese Schwelle zu benagen,
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So wie er sie mit OEl betupft-
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Da kommst du schon hervorgehupft!
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Nur frisch ans Werk! Die Spitze, die mich bannte,
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Sie sitzt ganz vornen an der Kante.
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Noch einen Biss, so ist's geschehn.-
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Nun, Fauste, traeume fort, bis wir uns wiedersehn.
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FAUST (erwachend):
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Bin ich denn abermals betrogen?
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Verschwindet so der geisterreiche Drang
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Dass mir ein Traum den Teufel vorgelogen,
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Und dass ein Pudel mir entsprang?
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Studierzimmer
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Faust. Mephistopheles.
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Es klopft? Herein! Wer will mich wieder plagen?
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Ich bin's.
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Herein!
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Du musst es dreimal sagen.
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Herein denn!
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So gefaellst du mir. Wir werden, hoff ich, uns vertragen;
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Denn dir die Grillen zu verjagen,
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Bin ich als edler Junker hier,
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In rotem, goldverbraemtem Kleide,
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Das Maentelchen von starrer Seide,
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Die Hahnenfeder auf dem Hut,
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Mit einem langen, spitzen Degen,
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Und rate nun dir, kurz und gut,
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Dergleichen gleichfalls anzulegen;
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Damit du, losgebunden, frei,
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Erfahrest, was das Leben sei.
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In jedem Kleide werd ich wohl die Pein
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Des engen Erdelebens fuehlen.
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Ich bin zu alt, um nur zu spielen,
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Zu jung, um ohne Wunsch zu sein.
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Was kann die Welt mir wohl gewaehren?
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Entbehren sollst du! sollst entbehren!
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Das ist der ewige Gesang,
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Der jedem an die Ohren klingt,
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Den, unser ganzes Leben lang,
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Uns heiser jede Stunde singt.
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Nur mit Entsetzen wach ich morgens auf,
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Ich moechte bittre Traenen weinen,
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Den Tag zu sehn, der mir in seinem Lauf
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Nicht einen Wunsch erfuellen wird, nicht einen,
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Der selbst die Ahnung jeder Lust
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Mit eigensinnigem Krittel mindert,
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Die Schoepfung meiner regen Brust
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Mit tausend Lebensfratzen hindert.
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Auch muss ich, wenn die Nacht sich niedersenkt,
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Mich aengstlich auf das Lager strecken;
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Auch da wird keine Rast geschenkt,
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Mich werden wilde Traeume schrecken.
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Der Gott, der mir im Busen wohnt,
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Kann tief mein Innerstes erregen;
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Der ueber allen meinen Kraeften thront,
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Er kann nach aussen nichts bewegen;
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Und so ist mir das Dasein eine Last,
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Der Tod erwuenscht, das Leben mir verhasst.
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Und doch ist nie der Tod ein ganz willkommner Gast.
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O selig der, dem er im Siegesglanze
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Die blut'gen Lorbeern um die Schlaefe windet,
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Den er, nach rasch durchrastem Tanze,
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In eines Maedchens Armen findet!
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O waer ich vor des hohen Geistes Kraft
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Entzueckt, entseelt dahin gesunken!
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Und doch hat jemand einen braunen Saft,
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In jener Nacht, nicht ausgetrunken.
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Das Spionieren, scheint's, ist deine Lust.
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Allwissend bin ich nicht; doch viel ist mir bewusst.
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Wenn aus dem schrecklichen Gewuehle
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Ein suess bekannter Ton mich zog,
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Den Rest von kindlichem Gefuehle
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Mit Anklang froher Zeit betrog,
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So fluch ich allem, was die Seele
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Mit Lock- und Gaukelwerk umspannt,
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Und sie in diese Trauerhoehle
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Mit Blend- und Schmeichelkraeften bannt!
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Verflucht voraus die hohe Meinung
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Womit der Geist sich selbst umfaengt!
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Verflucht das Blenden der Erscheinung,
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Die sich an unsre Sinne draengt!
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Verflucht, was uns in Traeumen heuchelt
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Des Ruhms, der Namensdauer Trug!
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Verflucht, was als Besitz uns schmeichelt,
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Als Weib und Kind, als Knecht und Pflug!
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Verflucht sei Mammon, wenn mit Schaetzen
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Er uns zu kuehnen Taten regt,
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Wenn er zu muessigem Ergetzen
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Die Polster uns zurechte legt!
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Fluch sei dem Balsamsaft der Trauben!
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Fluch jener hoechsten Liebeshuld!
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Fluch sei der Hoffnung! Fluch dem Glauben,
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Und Fluch vor allen der Geduld!
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GEISTERCHOR (unsichtbar):
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Weh! weh!
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Du hast sie zerstoert
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Die schoene Welt,
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Mit maechtiger Faust;
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Sie stuerzt, sie zerfaellt!
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Ein Halbgott hat sie zerschlagen!
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Wir tragen
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Die Truemmern ins Nichts hinueber,
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Und klagen
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UEber die verlorne Schoene.
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Maechtiger
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Der Erdensoehne,
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Praechtiger
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Baue sie wieder,
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In deinem Busen baue sie auf!
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Neuen Lebenslauf
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Beginne,
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Mit hellem Sinne,
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Und neue Lieder
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Toenen darauf!
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Dies sind die Kleinen
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Von den Meinen.
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Hoere, wie zu Lust und Taten
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Altklug sie raten!
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In die Welt weit,
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Aus der Einsamkeit
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Wo Sinnen und Saefte stocken,
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Wollen sie dich locken. Hoer auf, mit deinem Gram zu spielen,
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Der, wie ein Geier, dir am Leben frisst;
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Die schlechteste Gesellschaft laesst dich fuehlen,
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Dass du ein Mensch mit Menschen bist.
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Doch so ist's nicht gemeint
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Dich unter das Pack zu stossen.
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Ich bin keiner von den Grossen;
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Doch willst du, mit mir vereint,
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Deine Schritte durchs Leben nehmen,
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So will ich mich gern bequemen,
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Dein zu sein, auf der Stelle.
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Ich bin dein Geselle,
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Und mach ich dir's recht,
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Bin ich dein Diener, bin dein Knecht!
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Und was soll ich dagegen dir erfuellen?
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Dazu hast du noch eine lange Frist.
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Nein, nein! der Teufel ist ein Egoist
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Und tut nicht leicht um Gottes willen,
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Was einem andern nuetzlich ist.
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Sprich die Bedingung deutlich aus;
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Ein solcher Diener bringt Gefahr ins Haus.
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Ich will mich hier zu deinem Dienst verbinden,
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Auf deinen Wink nicht rasten und nicht ruhn;
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Wenn wir uns drueben wiederfinden,
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So sollst du mir das gleiche tun.
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Das Drueben kann mich wenig kuemmern;
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Schlaegst du erst diese Welt zu Truemmern,
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Die andre mag darnach entstehn.
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Aus dieser Erde quillen meine Freuden,
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Und diese Sonne scheinet meinen Leiden;
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Kann ich mich erst von ihnen scheiden,
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Dann mag, was will und kann, geschehn.
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Davon will ich nichts weiter hoeren,
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Ob man auch kuenftig hasst und liebt,
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Und ob es auch in jenen Sphaeren
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Ein Oben oder Unten gibt.
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In diesem Sinne kannst du's wagen.
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Verbinde dich; du sollst, in diesen Tagen,
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Mit Freuden meine Kuenste sehn,
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Ich gebe dir, was noch kein Mensch gesehn.
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Was willst du armer Teufel geben?
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Ward eines Menschen Geist, in seinem hohen Streben,
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Von deinesgleichen je gefasst?
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Doch hast du Speise, die nicht saettigt, hast
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Du rotes Gold, das ohne Rast,
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Quecksilber gleich, dir in der Hand zerrinnt,
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Ein Spiel, bei dem man nie gewinnt,
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Ein Maedchen, das an meiner Brust
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Mit AEugeln schon dem Nachbar sich verbindet,
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Der Ehre schoene Goetterlust,
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Die, wie ein Meteor, verschwindet?
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Zeig mir die Frucht, die fault, eh man sie bricht,
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Und Baeume, die sich taeglich neu begruenen!
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Ein solcher Auftrag schreckt mich nicht,
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Mit solchen Schaetzen kann ich dienen.
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Doch, guter Freund, die Zeit kommt auch heran,
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Wo wir was Guts in Ruhe schmausen moegen.
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Werd ich beruhigt je mich auf ein Faulbett legen,
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So sei es gleich um mich getan!
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Kannst du mich schmeichelnd je beluegen,
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Dass ich mir selbst gefallen mag,
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Kannst du mich mit Genuss betruegen-
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Das sei fuer mich der letzte Tag!
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Die Wette biet ich!
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Topp!
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Und Schlag auf Schlag! Werd ich zum Augenblicke sagen:
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Verweile doch! du bist so schoen!
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Dann magst du mich in Fesseln schlagen,
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Dann will ich gern zugrunde gehn!
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Dann mag die Totenglocke schallen,
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Dann bist du deines Dienstes frei,
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Die Uhr mag stehn, der Zeiger fallen,
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Es sei die Zeit fuer mich vorbei!
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Bedenk es wohl, wir werden's nicht vergessen.
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Dazu hast du ein volles Recht;
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Ich habe mich nicht freventlich vermessen.
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Wie ich beharre, bin ich Knecht,
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Ob dein, was frag ich, oder wessen.
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Ich werde heute gleich, beim Doktorschmaus,
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Als Diener meine Pflicht erfuellen.
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Nur eins!- Um Lebens oder Sterbens willen
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Bitt ich mir ein paar Zeilen aus.
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Auch was Geschriebnes forderst du Pedant?
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Hast du noch keinen Mann, nicht Manneswort gekannt?
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Ist's nicht genug, dass mein gesprochnes Wort
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Auf ewig soll mit meinen Tagen schalten?
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Rast nicht die Welt in allen Stroemen fort,
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Und mich soll ein Versprechen halten?
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Doch dieser Wahn ist uns ins Herz gelegt,
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Wer mag sich gern davon befreien?
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Beglueckt, wer Treue rein im Busen traegt,
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Kein Opfer wird ihn je gereuen!
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Allein ein Pergament, beschrieben und bepraegt,
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Ist ein Gespenst, vor dem sich alle scheuen.
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Das Wort erstirbt schon in der Feder,
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Die Herrschaft fuehren Wachs und Leder.
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Was willst du boeser Geist von mir?
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Erz, Marmor, Pergament, Papier?
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Soll ich mit Griffel, Meissel, Feder schreiben?
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Ich gebe jede Wahl dir frei.
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Wie magst du deine Rednerei
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Nur gleich so hitzig uebertreiben?
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Ist doch ein jedes Blaettchen gut.
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Du unterzeichnest dich mit einem Troepfchen Blut.
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Wenn dies dir voellig Gnuege tut,
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So mag es bei der Fratze bleiben.
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Blut ist ein ganz besondrer Saft.
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Nur keine Furcht, dass ich dies Buendnis breche!
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Das Streben meiner ganzen Kraft
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Ist grade das, was ich verspreche.
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Ich habe mich zu hoch geblaeht,
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In deinen Rang gehoer ich nur.
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Der grosse Geist hat mich verschmaeht,
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Vor mir verschliesst sich die Natur
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|
Des Denkens Faden ist zerrissen
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Mir ekelt lange vor allem Wissen.
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Lass in den Tiefen der Sinnlichkeit
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Uns gluehende Leidenschaften stillen!
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In undurchdrungnen Zauberhuellen
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Sei jedes Wunder gleich bereit!
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Stuerzen wir uns in das Rauschen der Zeit,
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Ins Rollen der Begebenheit!
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Da mag denn Schmerz und Genuss,
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Gelingen und Verdruss
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Miteinander wechseln, wie es kann;
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Nur rastlos betaetigt sich der Mann.
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Euch ist kein Mass und Ziel gesetzt.
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Beliebt's Euch, ueberall zu naschen,
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Im Fliehen etwas zu erhaschen,
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Bekomm Euch wohl, was Euch ergetzt.
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Nur greift mir zu und seid nicht bloede!
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Du hoerest ja, von Freud' ist nicht die Rede.
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Dem Taumel weih ich mich, dem schmerzlichsten Genuss,
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Verliebtem Hass, erquickendem Verdruss.
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Mein Busen, der vom Wissensdrang geheilt ist,
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Soll keinen Schmerzen kuenftig sich verschliessen,
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Und was der ganzen Menschheit zugeteilt ist,
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Will ich in meinem innern Selbst geniessen,
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Mit meinem Geist das Hoechst' und Tiefste greifen,
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Ihr Wohl und Weh auf meinen Busen haeufen,
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Und so mein eigen Selbst zu ihrem Selbst erweitern,
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Und, wie sie selbst, am End auch ich zerscheitern.
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O glaube mir, der manche tausend Jahre
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An dieser harten Speise kaut
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Dass von der Wiege bis zur Bahre
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Kein Mensch den alten Sauerteig verdaut!
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Glaub unsereinem, dieses Ganze
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Ist nur fuer einen Gott gemacht!
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Er findet sich in einem ew'gen Glanze
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Uns hat er in die Finsternis gebracht,
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Und euch taugt einzig Tag und Nacht.
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Allein ich will!
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Das laesst sich hoeren! Doch nur vor einem ist mir bang:
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Die Zeit ist kurz, die Kunst ist lang.
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Ich daecht, ihr liesset Euch belehren.
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Assoziiert Euch mit einem Poeten,
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Lasst den Herrn in Gedanken schweifen,
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Und alle edlen Qualitaeten
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Auf Euren Ehrenscheitel haeufen,
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Des Loewen Mut,
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Des Hirsches Schnelligkeit,
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Des Italieners feurig Blut,
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Des Nordens Dau'rbarkeit.
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Lasst ihn Euch das Geheimnis finden,
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Grossmut und Arglist zu verbinden,
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Und Euch, mit warmen Jugendtrieben,
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Nach einem Plane zu verlieben.
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Moechte selbst solch einen Herren kennen,
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Wuerd ihn Herrn Mikrokosmus nennen.
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Was bin ich denn, wenn es nicht moeglich ist,
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Der Menschheit Krone zu erringen,
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Nach der sich alle Sinne dringen?
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Du bist am Ende- was du bist.
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Setz dir Peruecken auf von Millionen Locken,
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Setz deinen Fuss auf ellenhohe Socken,
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Du bleibst doch immer, was du bist.
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Ich fuehl's, vergebens hab ich alle Schaetze
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Des Menschengeists auf mich herbeigerafft,
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Und wenn ich mich am Ende niedersetze,
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Quillt innerlich doch keine neue Kraft;
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Ich bin nicht um ein Haar breit hoeher,
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Bin dem Unendlichen nicht naeher.
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Mein guter Herr, Ihr seht die Sachen,
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Wie man die Sachen eben sieht;
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Wir muessen das gescheiter machen,
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Eh uns des Lebens Freude flieht.
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Was Henker! freilich Haend und Fuesse
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Und Kopf und Hintern, die sind dein;
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Doch alles, was ich frisch geniesse,
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Ist das drum weniger mein?
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Wenn ich sechs Hengste zahlen kann,
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Sind ihre Kraefte nicht die meine?
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Ich renne zu und bin ein rechter Mann,
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Als haett ich vierundzwanzig Beine.
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Drum frisch! Lass alles Sinnen sein,
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Und grad mit in die Welt hinein!
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Ich sag es dir: ein Kerl, der spekuliert,
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Ist wie ein Tier, auf duerrer Heide
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Von einem boesen Geist im Kreis herum gefuehrt,
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Und rings umher liegt schoene gruene Weide.
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Wie fangen wir das an?
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Wir gehen eben fort. Was ist das fuer ein Marterort?
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Was heisst das fuer ein Leben fuehren,
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Sich und die Jungens ennuyieren?
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Lass du das dem Herrn Nachbar Wanst!
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Was willst du dich das Stroh zu dreschen plagen?
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Das Beste, was du wissen kannst,
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Darfst du den Buben doch nicht sagen.
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Gleich hoer ich einen auf dem Gange!
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Mir ist's nicht moeglich, ihn zu sehn.
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Der arme Knabe wartet lange,
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Der darf nicht ungetroestet gehn.
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Komm, gib mir deinen Rock und Muetze;
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Die Maske muss mir koestlich stehn. (Er kleidet sich um.)
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Nun ueberlass es meinem Witze!
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Ich brauche nur ein Viertelstuendchen Zeit;
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Indessen mache dich zur schoenen Fahrt bereit!
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(Faust ab.)
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MEPHISTOPHELES (in Fausts langem Kleide):
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Verachte nur Vernunft und Wissenschaft,
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Des Menschen allerhoechste Kraft,
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Lass nur in Blend- und Zauberwerken
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Dich von dem Luegengeist bestaerken,
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So hab ich dich schon unbedingt-
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Ihm hat das Schicksal einen Geist gegeben,
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Der ungebaendigt immer vorwaerts dringt,
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Und dessen uebereiltes Streben
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Der Erde Freuden ueberspringt.
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Den schlepp ich durch das wilde Leben,
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Durch flache Unbedeutenheit,
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Er soll mir zappeln, starren, kleben,
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Und seiner Unersaettlichkeit
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Soll Speis und Trank vor gier'gen Lippen schweben;
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Er wird Erquickung sich umsonst erflehn,
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Und haett er sich auch nicht dem Teufel uebergeben,
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Er muesste doch zugrunde gehn!
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(Ein SCHUELER tritt auf.)
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Ich bin allhier erst kurze Zeit,
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Und komme voll Ergebenheit,
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Einen Mann zu sprechen und zu kennen,
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Den alle mir mit Ehrfucht nennen.
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Eure Hoeflichkeit erfreut mich sehr!
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Ihr seht einen Mann wie andre mehr.
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Habt Ihr Euch sonst schon umgetan?
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Ich bitt Euch, nehmt Euch meiner an!
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Ich komme mit allem guten Mut,
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Leidlichem Geld und frischem Blut;
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Meine Mutter wollte mich kaum entfernen;
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Moechte gern was Rechts hieraussen lernen.
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Da seid Ihr eben recht am Ort.
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Aufrichtig, moechte schon wieder fort:
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In diesen Mauern, diesen Hallen
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Will es mir keineswegs gefallen.
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Es ist ein gar beschraenkter Raum,
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Man sieht nichts Gruenes, keinen Baum,
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Und in den Saelen, auf den Baenken,
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Vergeht mir Hoeren, Sehn und Denken.
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Das kommt nur auf Gewohnheit an.
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So nimmt ein Kind der Mutter Brust
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Nicht gleich im Anfang willig an,
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Doch bald ernaehrt es sich mit Lust.
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So wird's Euch an der Weisheit Bruesten
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Mit jedem Tage mehr geluesten.
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An ihrem Hals will ich mit Freuden hangen;
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Doch sagt mir nur, wie kann ich hingelangen?
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Erklaert Euch, eh Ihr weiter geht,
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Was waehlt Ihr fuer eine Fakultaet?
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Ich wuenschte recht gelehrt zu werden,
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Und moechte gern, was auf der Erden
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Und in dem Himmel ist, erfassen,
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Die Wissenschaft und die Natur.
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Da seid Ihr auf der rechten Spur;
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Doch muesst Ihr Euch nicht zerstreuen lassen.
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Ich bin dabei mit Seel und Leib;
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Doch freilich wuerde mir behagen
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Ein wenig Freiheit und Zeitvertreib
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An schoenen Sommerfeiertagen.
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Gebraucht der Zeit, sie geht so schnell von hinnen,
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Doch Ordnung lehrt Euch Zeit gewinnen.
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Mein teurer Freund, ich rat Euch drum
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Zuerst Collegium Logicum.
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Da wird der Geist Euch wohl dressiert,
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In spanische Stiefeln eingeschnuert,
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Dass er bedaechtiger so fortan
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Hinschleiche die Gedankenbahn,
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Und nicht etwa, die Kreuz und Quer,
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Irrlichteliere hin und her.
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Dann lehret man Euch manchen Tag,
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Dass, was Ihr sonst auf einen Schlag
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Getrieben, wie Essen und Trinken frei,
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Eins! Zwei! Drei! dazu noetig sei.
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Zwar ist's mit der Gedankenfabrik
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Wie mit einem Weber-Meisterstueck,
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Wo ein Tritt tausend Faeden regt,
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Die Schifflein herueber hinueber schiessen,
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Die Faeden ungesehen fliessen,
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Ein Schlag tausend Verbindungen schlaegt.
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Der Philosoph, der tritt herein
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Und beweist Euch, es muesst so sein:
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Das Erst waer so, das Zweite so,
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Und drum das Dritt und Vierte so;
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Und wenn das Erst und Zweit nicht waer,
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Das Dritt und Viert waer nimmermehr.
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Das preisen die Schueler allerorten,
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Sind aber keine Weber geworden.
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Wer will was Lebendigs erkennen und beschreiben,
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Sucht erst den Geist heraus zu treiben,
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Dann hat er die Teile in seiner Hand,
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Fehlt, leider! nur das geistige Band.
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Encheiresin naturae nennt's die Chemie,
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Spottet ihrer selbst und weiss nicht wie.
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Kann Euch nicht eben ganz verstehen.
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Das wird naechstens schon besser gehen,
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Wenn Ihr lernt alles reduzieren
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Und gehoerig klassifizieren.
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Mir wird von alledem so dumm,
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Als ging, mir ein Muehlrad im Kopf herum.
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Nachher, vor allen andern Sachen,
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Muesst Ihr Euch an die Metaphysik machen!
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Da seht, dass Ihr tiefsinnig fasst,
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Was in des Menschen Hirn nicht passt;
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Fuer was drein geht und nicht drein geht,
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Ein praechtig Wort zu Diensten steht.
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Doch vorerst dieses halbe Jahr
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Nehmt ja der besten Ordnung wahr.
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Fuenf Stunden habt Ihr jeden Tag;
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Seid drinnen mit dem Glockenschlag!
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Habt Euch vorher wohl praepariert,
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Paragraphos wohl einstudiert,
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Damit Ihr nachher besser seht,
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Dass er nichts sagt, als was im Buche steht;
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Doch Euch des Schreibens ja befleisst,
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Als diktiert, Euch der Heilig Geist!
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Das sollt Ihr mir nicht zweimal sagen!
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Ich denke mir, wie viel es nuetzt
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Denn, was man schwarz auf weiss besitzt,
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Kann man getrost nach Hause tragen.
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Doch waehlt mir eine Fakultaet!
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Zur Rechtsgelehrsamkeit kann ich mich nicht bequemen.
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Ich kann es Euch so sehr nicht uebel nehmen,
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Ich weiss, wie es um diese Lehre steht.
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Es erben sich Gesetz' und Rechte
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Wie eine ew'ge Krankheit fort;
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Sie schleppen von Geschlecht sich zum Geschlechte,
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Und ruecken sacht von Ort zu Ort.
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Vernunft wird Unsinn, Wohltat Plage;
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Weh dir, dass du ein Enkel bist!
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Vom Rechte, das mit uns geboren ist,
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Von dem ist, leider! nie die Frage.
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Mein Abscheu wird durch Euch vermehrt.
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O gluecklich der, den Ihr belehrt!
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Fast moecht ich nun Theologie studieren.
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Ich wuenschte nicht, Euch irre zu fuehren.
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Was diese Wissenschaft betrifft,
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Es ist so schwer, den falschen Weg zu meiden,
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Es liegt in ihr so viel verborgnes Gift,
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Und von der Arzenei ist's kaum zu unterscheiden.
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Am besten ist's auch hier, wenn Ihr nur einen hoert,
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Und auf des Meisters Worte schwoert.
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Im ganzen- haltet Euch an Worte!
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Dann geht Ihr durch die sichre Pforte
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Zum Tempel der Gewissheit ein.
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Doch ein Begriff muss bei dem Worte sein.
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Schon gut! Nur muss man sich nicht allzu aengstlich quaelen
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Denn eben wo Begriffe fehlen,
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Da stellt ein Wort zur rechten Zeit sich ein.
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Mit Worten laesst sich trefflich streiten,
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Mit Worten ein System bereiten,
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An Worte laesst sich trefflich glauben,
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Von einem Wort laesst sich kein Jota rauben.
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Verzeiht, ich halt Euch auf mit vielen Fragen,
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Allem ich muss Euch noch bemuehn.
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Wollt Ihr mir von der Medizin
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Nicht auch ein kraeftig Woertchen sagen?
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Drei Jahr ist eine kurze Zeit,
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Und, Gott! das Feld ist gar zu weit.
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Wenn man einen Fingerzeig nur hat,
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Laesst sich's schon eher weiter fuehlen.
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MEPHISTOPHELES (fuer sich):
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Ich bin des trocknen Tons nun satt,
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Muss wieder recht den Teufel spielen.
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(Laut.) Der Geist der Medizin ist leicht zu fassen;
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Ihr durchstudiert die gross, und kleine Welt,
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Um es am Ende gehn zu lassen,
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Wie's Gott gefaellt.
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Vergebens, dass Ihr ringsum wissenschaftlich schweift,
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Ein jeder lernt nur, was er lernen kann;
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Doch der den Augenblick ergreift,
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Das ist der rechte Mann.
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Ihr seid noch ziemlich wohl gebaut,
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An Kuehnheit wird's Euch auch nicht fehlen,
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Und wenn Ihr Euch nur selbst vertraut,
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Vertrauen Euch die andern Seelen.
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Besonders lernt die Weiber fuehren;
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Es ist ihr ewig Weh und Ach
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So tausendfach
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Aus einem Punkte zu kurieren,
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Und wenn Ihr halbweg ehrbar tut,
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Dann habt Ihr sie all unterm Hut.
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Ein Titel muss sie erst vertraulich machen,
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Dass Eure Kunst viel Kuenste uebersteigt;
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Zum Willkomm tappt Ihr dann nach allen Siebensachen,
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Um die ein andrer viele Jahre streicht,
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Versteht das Puelslein wohl zu druecken,
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Und fasset sie, mit feurig schlauen Blicken,
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Wohl um die schlanke Huefte frei,
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Zu sehn, wie fest geschnuert sie sei.
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Das sieht schon besser aus! Man sieht doch, wo und wie.
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Grau, teurer Freund, ist alle Theorie,
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Und gruen des Lebens goldner Baum.
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Ich schwoer Euch zu, mir ist's als wie ein Traum.
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Duerft ich Euch wohl ein andermal beschweren,
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Von Eurer Weisheit auf den Grund zu hoeren?
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Was ich vermag, soll gern geschehn.
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Ich kann unmoeglich wieder gehn,
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Ich muss Euch noch mein Stammbuch ueberreichen,
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Goenn Eure Gunst mir dieses Zeichen!
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Sehr wohl.
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(Er schreibt und gibt's.)
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SCHUELER (liest):
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Eritis sicut Deus, scientes bonum et malum.
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(Macht's ehrerbietig zu und empfiehlt sich.)
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Folg nur dem alten Spruch und meiner Muhme, der Schlange,
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Dir wird gewiss einmal bei deiner Gottaehnlichkeit bange!
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(Faust tritt auf.)
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Wohin soll es nun gehn?
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Wohin es dir gefaellt.
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Wir sehn die kleine, dann die grosse Welt.
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Mit welcher Freude, welchem Nutzen
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Wirst du den Cursum durchschmarutzen!
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Allein bei meinem langen Bart
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Fehlt mir die leichte Lebensart.
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Es wird mir der Versuch nicht gluecken;
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Ich wusste nie mich in die Welt zu schicken.
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Vor andern fuehl ich mich so klein;
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Ich werde stets verlegen sein.
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Mein guter Freund, das wird sich alles geben;
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Sobald du dir vertraust, sobald weisst du zu leben.
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Wie kommen wir denn aus dem Haus?
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Wo hast du Pferde, Knecht und Wagen?
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Wir breiten nur den Mantel aus,
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Der soll uns durch die Luefte tragen.
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Du nimmst bei diesem kuehnen Schritt
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Nur keinen grossen Buendel mit.
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Ein bisschen Feuerluft, die ich bereiten werde,
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Hebt uns behend von dieser Erde.
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Und sind wir leicht, so geht es schnell hinauf;
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Ich gratuliere dir zum neuen Lebenslauf!
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Auerbachs Keller in Leipzig
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Zeche lustiger Gesellen.
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Will keiner trinken? keiner lachen?
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Ich will euch lehren Gesichter machen!
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Ihr seid ja heut wie nasses Stroh,
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Und brennt sonst immer lichterloh.
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Das liegt an dir; du bringst ja nichts herbei,
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Nicht eine Dummheit, keine Sauerei.
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FROSCH (giesst ihm ein Glas Wein ueber den Kopf):
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Da hast du beides!
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Doppelt Schwein!
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Ihr wollt es ja, man soll es sein!
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Zur Tuer hinaus, er sich entzweit!
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Mit offner Brust singt Runda, sauft und schreit!
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Auf! Holla! Ho!
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Weh mir, ich bin verloren! Baumwolle her! der Kerl sprengt mir die Ohren.
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Wenn das Gewoelbe widerschallt,
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Fuehlt man erst recht des Basses Grundgewalt.
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So recht, hinaus mit dem, der etwas uebel nimmt!
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A! tara lara da!
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A! tara lara da!
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Die Kehlen sind gestimmt.
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(Singt.)
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Das liebe Heil'ge Roem'sche Reich,
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Wie haelt's nur noch zusammen?
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Ein garstig Lied! Pfui! ein politisch Lied
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Ein leidig Lied! Dankt Gott mit jedem Morgen,
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Dass ihr nicht braucht fuers Roem'sche Reich zu sorgen!
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Ich halt es wenigstens fuer reichlichen Gewinn,
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Dass ich nicht Kaiser oder Kanzler bin.
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Doch muss auch uns ein Oberhaupt nicht fehlen;
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Wir wollen einen Papst erwaehlen.
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Ihr wisst, welch eine Qualitaet
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Den Ausschlag gibt, den Mann erhoeht.
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FROSCH (singt):
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Schwing dich auf, Frau Nachtigall,
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Gruess mir mein Liebchen zehentausendmal.
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Dem Liebchen keinen Gruss! ich will davon nichts hoeren!
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Dem Liebchen Gruss und Kuss! du wirst mir's nicht verwehren!
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(Singt.)
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Riegel auf! in stiller Nacht.
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Riegel auf! der Liebste wacht.
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Riegel zu! des Morgens frueh.
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Ja, singe, singe nur und lob und ruehme sie!
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Ich will zu meiner Zeit schon lachen.
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Sie hat mich angefuehrt, dir wird sie's auch so machen.
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Zum Liebsten sei ein Kobold ihr beschert!
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Der mag mit ihr auf einem Kreuzweg schaekern;
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Ein alter Bock, wenn er vom Blocksberg kehrt,
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Mag im Galopp noch gute Nacht ihr meckern!
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Ein braver Kerl von echtem Fleisch und Blut
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Ist fuer die Dirne viel zu gut.
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Ich will von keinem Grusse wissen,
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Als ihr die Fenster eingeschmissen
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BRANDER (auf den Tisch schlagend):
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Passt auf! passt auf! Gehorchet mir!
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Ihr Herrn, gesteht, ich weiss zu leben
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Verliebte Leute sitzen hier,
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Und diesen muss, nach Standsgebuehr,
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Zur guten Nacht ich was zum besten geben.
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Gebt acht! Ein Lied vom neusten Schnitt!
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Und singt den Rundreim kraeftig mit!
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(Er singt.)
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Es war eine Ratt im Kellernest,
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Lebte nur von Fett und Butter,
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Hatte sich ein Raenzlein angemaest't,
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Als wie der Doktor Luther.
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Die Koechin hatt ihr Gift gestellt;
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Da ward's so eng ihr in der Welt,
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Als haette sie Lieb im Leibe.
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CHORUS (jauchzend):
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Als haette sie Lieb im Leibe.
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Sie fuhr herum, sie fuhr heraus,
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Und soff aus allen Pfuetzen,
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Zernagt', zerkratzt, das ganze Haus,
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Wollte nichts ihr Wueten nuetzen;
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Sie taet gar manchen AEngstesprung,
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Bald hatte das arme Tier genung,
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Als haett es Lieb im Leibe.
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Als haett es Lieb im Leibe.
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Sie kam vor Angst am hellen Tag
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Der Kueche zugelaufen,
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Fiel an den Herd und zuckt, und lag,
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Und taet erbaermlich schnaufen.
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Da lachte die Vergifterin noch:
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Ha! sie pfeift auf dem letzten Loch,
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Als haette sie Lieb im Leibe.
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Als haette sie Lieb im Leibe.
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Wie sich die platten Bursche freuen!
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Es ist mir eine rechte Kunst,
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Den armen Ratten Gift zu streuen!
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Sie stehn wohl sehr in deiner Gunst?
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Der Schmerbauch mit der kahlen Platte!
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Das Unglueck macht ihn zahm und mild;
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Er sieht in der geschwollnen Ratte
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Sein ganz natuerlich Ebenbild
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(Faust und Mephistopheles treten auf.)
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Ich muss dich nun vor allen Dingen
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In lustige Gesellschaft bringen,
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Damit du siehst, wie leicht sich's leben laesst.
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Dem Volke hier wird jeder Tag ein Fest.
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Mit wenig Witz und viel Behagen
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Dreht jeder sich im engen Zirkeltanz,
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Wie junge Katzen mit dem Schwanz.
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Wenn sie nicht ueber Kopfweh klagen,
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So lang der Wirt nur weiter borgt,
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Sind sie vergnuegt und unbesorgt.
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Die kommen eben von der Reise,
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Man sieht's an ihrer wunderlichen Weise;
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Sie sind nicht eine Stunde hier.
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Wahrhaftig, du hast recht! Mein Leipzig lob ich mir!
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Es ist ein klein Paris, und bildet seine Leute.
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Fuer was siehst du die Fremden an?
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Lass mich nur gehn! Bei einem vollen Glase
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Zieh ich, wie einen Kinderzahn,
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Den Burschen leicht die Wuermer aus der Nase.
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Sie scheinen mir aus einem edlen Haus,
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Sie sehen stolz und unzufrieden aus.
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Marktschreier sind's gewiss, ich wette!
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Vielleicht.
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Gib acht, ich schraube sie!
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MEPHISTOPHELES (zu Faust):
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Den Teufel spuert das Voelkchen nie,
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Und wenn er sie beim Kragen haette.
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Seid uns gegruesst, ihr Herrn!
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Viel Dank zum Gegengruss.
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(Leise, Mephistopheles von der Seite ansehend.)
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Was hinkt der Kerl auf einem Fuss?
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Ist es erlaubt, uns auch zu euch zu setzen?
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Statt eines guten Trunks, den man nicht haben kann
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Soll die Gesellschaft uns ergetzen.
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Ihr scheint ein sehr verwoehnter Mann.
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Ihr seid wohl spaet von Rippach aufgebrochen?
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Habt ihr mit Herren Hans noch erst zu Nacht gespeist?
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Heut sind wir ihn vorbeigereist!
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Wir haben ihn das letztemal gesprochen.
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Von seinen Vettern wusst er viel zu sagen,
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Viel Gruesse hat er uns an jeden aufgetragen.
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(Er neigt sich gegen Frosch.)
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ALTMAYER (leise):
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Da hast du's! der versteht's!
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Ein pfiffiger Patron!
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Nun, warte nur, ich krieg ihn schon!
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Wenn ich nicht irrte, hoerten wir
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Geuebte Stimmen Chorus singen?
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Gewiss, Gesang muss trefflich hier
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Von dieser Woelbung widerklingen!
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Seid Ihr wohrgar ein Virtuos?
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O nein! die Kraft ist schwach, allein die Lust ist gross.
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Gebt uns ein Lied!
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Wenn ihr begehrt, die Menge.
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Nur auch ein nagelneues Stueck!
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Wir kommen erst aus Spanien zurueck,
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Dem schoenen Land des Weins und der Gesaenge.
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(Singt).
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Es war einmal ein Koenig,
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Der hatt einen grossen Floh-
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Horcht! Einen Froh! Habt ihr das wohl gefasst?
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Ein Floh ist mir ein saubrer Gast.
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MEPHISTOPHELES (singt):
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Es war einmal ein Koenig
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|
Der hatt einen grossen Floh,
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Den liebt, er gar nicht wenig,
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Als wie seinen eignen Sohn.
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Da rief er seinen Schneider,
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Der Schneider kam heran:
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Da, miss dem Junker Kleider
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Und miss ihm Hosen an!
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Vergesst nur nicht, dem Schneider einzuschaerfen,
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Dass er mir aufs genauste misst,
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Und dass, so lieb sein Kopf ihm ist,
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Die Hosen keine Falten werfen!
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In Sammet und in Seide
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War er nun angetan
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Hatte Baender auf dem Kleide,
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Hatt auch ein Kreuz daran
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Und war sogleich Minister,
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Und hatt einen grossen Stern.
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Da wurden seine Geschwister
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Bei Hof auch grosse Herrn.
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Und Herrn und Fraun am Hofe,
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Die waren sehr geplagt,
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Die Koenigin und die Zofe
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Gestochen und genagt,
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Und durften sie nicht knicken,
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Und weg sie jucken nicht.
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Wir knicken und ersticken
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|
Doch gleich, wenn einer sticht.
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CHORUS (jauchzend):
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|
Wir knicken und ersticken
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|
Doch gleich, wenn einer sticht.
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Bravo! Bravo! Das war schoen!
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So soll es jedem Floh ergehn!
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Spitzt die Finger und packt sie fein!
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Es lebe die Freiheit! Es lebe der Wein!
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Ich traenke gern ein Glas, die Freiheit hoch zu ehren,
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Wenn eure Weine nur ein bisschen besser waeren.
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Wir moegen das nicht wieder hoeren!
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Ich fuerchte nur, der Wirt beschweret sich;
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Sonst gaeb ich diesen werten Gaesten
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Aus unserm Keller was zum besten.
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Nur immer her! ich nehm's auf mich.
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Schafft Ihr ein gutes Glas, so wollen wir Euch loben.
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Nur gebt nicht gar zu kleine Proben
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Denn wenn ich judizieren soll,
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Verlang ich auch das Maul recht voll.
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ALTMAYER (leise):
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Sie sind vom Rheine, wie ich spuere.
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Schafft einen Bohrer an!
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Was soll mit dem geschehn? Ihr habt doch nicht die Faesser vor der Tuere?
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Dahinten hat der Wirt ein Koerbchen Werkzeug stehn.
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MEPHISTOPHELES (nimmt den Bohrer. Zu Frosch):
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Nun sagt, was wuenschet Ihr zu schmecken?
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Wie meint Ihr das? Habt Ihr so mancherlei?
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Ich stell es einem jeden frei.
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ALTMAYER (zu Frosch):
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Aha! du faengst schon an, die Lippen abzulecken.
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Gut! wenn ich waehlen soll, so will ich Rheinwein haben.
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|
Das Vaterland verleiht die allerbesten Gaben.
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MEPHISTOPHELES (indem er an dem Platz, wo Frosch sitzt, ein Loch in den
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Tischrand bohrt):
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Verschafft ein wenig Wachs, die Pfropfen gleich zu machen!
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Ach, das sind Taschenspielersachen.
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MEPHISTOPHELES (zu Brander):
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Und Ihr?
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Ich will Champagner Wein Und recht moussierend soll er sein!
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(Mephistopheles bohrt; einer hat indessen die Wachspfropfen gemacht
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und verstopft.)
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Man kann nicht stets das Fremde meiden
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Das Gute liegt uns oft so fern.
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Ein echter deutscher Mann mag keinen Franzen leiden,
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Doch ihre Weine trinkt er gern.
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SIEBEL (indem sich Mephistopheles seinem Platze naehert):
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Ich muss gestehn, den sauern mag ich nicht,
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|
Gebt mir ein Glas vom echten suessen!
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MEPHISTOPHELES (bohrt):
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Euch soll sogleich Tokayer fliessen.
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Nein, Herren, seht mir ins Gesicht!
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Ich seh es ein, ihr habt uns nur zum besten.
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Ei! Ei! Mit solchen edlen Gaesten
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Waer es ein bisschen viel gewagt.
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Geschwind! Nur grad heraus gesagt!
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Mit welchem Weine kann ich dienen?
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Mit jedem! Nur nicht lang gefragt.
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(Nachdem die Loecher alle gebohrt und verstopft sind.)
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MEPHISTOPHELES (mit seltsamen Gebaerden):
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Trauben traegt der Weinstock!
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Hoerner der Ziegenbock;
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Der Wein ist saftig, Holz die Reben,
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Der hoelzerne Tisch kann Wein auch geben.
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Ein tiefer Blick in die Natur!
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Hier ist ein Wunder, glaubet nur! Nun zieht die Pfropfen und geniesst!
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ALLE (indem sie die Pfropfen ziehen und jedem der verlangte Wein ins Glas
|
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laeuft):
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O schoener Brunnen, der uns fliesst!
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Nur huetet euch, dass ihr mir nichts vergiesst!
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(Sie trinken wiederholt.)
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ALLE (singen):
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Uns ist ganz kannibalisch wohl,
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|
Als wie fuenfhundert Saeuen!
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Das Volk ist frei, seht an, wie wohl's ihm geht!
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Ich haette Lust, nun abzufahren.
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Gib nur erst acht, die Bestialitaet
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Wird sich gar herrlich offenbaren.
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SIEBEL (trinkt unvorsichtig, der Wein fliesst auf die Erde und wird zur
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Flamme):
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Helft! Feuer! helft! Die Hoelle brennt!
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MEPHISTOPHELES (die Flamme besprechend):
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Sei ruhig, freundlich Element!
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(Zu den Gesellen.)
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Fuer diesmal war es nur ein Tropfen Fegefeuer.
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Was soll das sein? Wart! Ihr bezahlt es teuer!
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Es scheinet, dass Ihr uns nicht kennt.
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Lass Er uns das zum zweiten Male bleiben!
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Ich daecht, wir hiessen ihn ganz sachte seitwaerts gehn.
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Was, Herr? Er will sich unterstehn,
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Und hier sein Hokuspokus treiben?
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Still, altes Weinfass!
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Besenstiel! Du willst uns gar noch grob begegnen?
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Wart nur, es sollen Schlaege regnen!
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ALTMAYER (zieht einen Pfropf aus dem Tisch, es springt ihm Feuer entgegen):
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Ich brenne! ich brenne!
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Zauberei!
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Stosst zu! der Kerl ist vogelfrei!
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(Sie ziehen die Messer und gehn auf Mephistopheles los.)
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MEPHISTOPHELES (mit ernsthafter Gebaerde):
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Falsch Gebild und Wort
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Veraendern Sinn und Ort!
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Seid hier und dort!
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(Sie stehn erstaunt und sehn einander an.)
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Wo bin ich? Welches schoene Land!
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Weinberge! Seh ich recht?
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Und Trauben gleich zur Hand!
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Hier unter diesem gruenen Laube,
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Seht, welch ein Stock! Seht, welche Traube!
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(Er fasst Siebeln bei der Nase. Die andern tun es wechselseitig und heben
|
|
die Messer.)
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MEPHISTOPHELES (wie oben):
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|
Irrtum, lass los der Augen Band!
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Und merkt euch, wie der Teufel spasse.
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(Er verschwindet mit Faust, die Gesellen fahren auseinander.
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Was gibt s?
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Wie?
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War das deine Nase?
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BRANDER (zu Siebel):
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Und deine hab ich in der Hand!
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Es war ein Schlag, der ging durch alle Glieder!
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Schafft einen Stuhl, ich sinke nieder!
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Nein, sagt mir nur, was ist geschehn?
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Wo ist der Kerl? Wenn ich ihn spuere,
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Er soll mir nicht lebendig gehn!
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Ich hab ihn selbst hinaus zur Kellertuere-
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Auf einem Fasse reiten sehn--
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Es liegt mir bleischwer in den Fuessen.
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(Sich nach dem Tische wendend.)
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Mein! Sollte wohl der Wein noch fliessen?
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Betrug war alles, Lug und Schein.
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Mir deuchte doch, als traenk ich Wein.
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Aber wie war es mit den Trauben?
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Nun sag mir eins, man soll kein Wunder glauben!
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Hexenkueche.
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Auf einem niedrigen Herd steht ein grosser Kessel ueber dem Feuer. In dem
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|
Dampfe, der davon in die Hoehe steigt, zeigen sich verschiedene Gestalten.
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Eine Meerkatze sitzt bei dem Kessel und schaeumt ihn und sorgt, dass er nicht
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ueberlaeuft. Der Meerkater mit den Jungen sitzt darneben und waermt sich.
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Waende und Decke sind mit dem seltsamsten Hexenhausrat geschmueckt.
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Faust. Mephistopheles.
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Mir widersteht das tolle Zauberwesen!
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Versprichst du mir, ich soll genesen
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In diesem Wust von Raserei?
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Verlang ich Rat von einem alten Weibe?
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Und schafft die Sudelkoecherei
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Wohl dreissig Jahre mir vom Leibe?
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Weh mir, wenn du nichts Bessers weisst!
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Schon ist die Hoffnung mir verschwunden.
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Hat die Natur und hat ein edler Geist
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Nicht irgendeinen Balsam ausgefunden?
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Mein Freund, nun sprichst du wieder klug!
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Dich zu verjuengen, gibt's auch ein natuerlich Mittel;
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Allein es steht in einem andern Buch,
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Und ist ein wunderlich Kapitel.
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Ich will es wissen.
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Gut! Ein Mittel, ohne Geld Und Arzt und Zauberei zu haben:
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Begib dich gleich hinaus aufs Feld,
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Fang an zu hacken und zu graben
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Erhalte dich und deinen Sinn
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In einem ganz beschraenkten Kreise,
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Ernaehre dich mit ungemischter Speise,
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Leb mit dem Vieh als Vieh, und acht es nicht fuer Raub,
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Den Acker, den du erntest, selbst zu duengen;
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Das ist das beste Mittel, glaub,
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Auf achtzig Jahr dich zu verjuengen!
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Das bin ich nicht gewoehnt, ich kann mich nicht bequemen,
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Den Spaten in die Hand zu nehmen.
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Das enge Leben steht mir gar nicht an.
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So muss denn doch die Hexe dran.
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Warum denn just das alte Weib!
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Kannst du den Trank nicht selber brauen?
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Das waer ein schoener Zeitvertreib!
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Ich wollt indes wohl tausend Bruecken bauen.
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Nicht Kunst und Wissenschaft allein,
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Geduld will bei dem Werke sein.
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Ein stiller Geist ist jahrelang geschaeftig,
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Die Zeit nur macht die feine Gaerung kraeftig.
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Und alles, was dazu gehoert,
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Es sind gar wunderbare Sachen!
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Der Teufel hat sie's zwar gelehrt;
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Allein der Teufel kann's nicht machen.
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(Die Tiere erblickend.)
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Sieh, welch ein zierliches Geschlecht!
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Das ist die Magd! das ist der Knecht!
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(Zu den Tieren.)
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Es scheint, die Frau ist nicht zu Hause?
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Beim Schmause,
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Aus dem Haus
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Zum Schornstein hinaus!
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Wie lange pflegt sie wohl zu schwaermen?
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So lange wir uns die Pfoten waermen.
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MEPHISTOPHELES. (zu Faust):
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Wie findest du die zarten Tiere?
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So abgeschmackt, als ich nur jemand sah!
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Nein, ein Discours wie dieser da
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Ist grade der, den ich am liebsten fuehre!
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(zu den Tieren.)
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So sagt mir doch, verfluchte Puppen,
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Was quirlt ihr in dem Brei herum?
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Wir kochen breite Bettelsuppen.
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Da habt ihr ein gross Publikum.
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DER KATER (macht sich herbei und schmeichelt dem Mephistopheles):
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O wuerfle nur gleich,
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Und mache mich reich,
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Und lass mich gewinnen!
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Gar schlecht ist's bestellt,
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Und waer ich bei Geld,
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So waer ich bei Sinnen.
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Wie gluecklich wuerde sich der Affe schaetzen,
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Koennt er nur auch ins Lotto setzen!
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(Indessen haben die jungen Meerkaetzchen mit einer grossen Kugel gespielt und
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rollen sie hervor.)
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Das ist die Welt;
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Sie steigt und faellt
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Und rollt bestaendig;
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Sie klingt wie Glas-
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Wie bald bricht das!
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Ist hohl inwendig.
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Hier glaenzt sie sehr,
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Und hier noch mehr:
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"Ich bin lebendig!"
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Mein lieber Sohn,
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Halt dich davon!
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Du musst sterben!
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Sie ist von Ton,
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Es gibt Scherben.
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Was soll das Sieb?
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DER KATER (holt es herunter):
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Waerst du ein Dieb,
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Wollt ich dich gleich erkennen.
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(Er lauft zur Kaetzin und laesst sie durchsehen.)
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Sieh durch das Sieb!
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Erkennst du den Dieb,
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Und darfst ihn nicht nennen?
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MEPHISTOPHELES (sich dem Feuer naehernd):
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Und dieser Topf?
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KATER UND Kae
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Der alberne Tropf!
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Er kennt nicht den Topf,
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Er kennt nicht den Kessel!
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Unhoefliches Tier!
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Den Wedel nimm hier,
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Und setz dich in Sessel!
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(Er noetigt den Mephistopheles zu sitzen.)
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FAUST (welcher diese Zeit ueber vor einem Spiegel gestanden, sich ihm bald
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genaehert, bald sich von ihm entfernt hat):
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Was seh ich? Welch ein himmlisch Bild
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Zeigt sich in diesem Zauberspiegel!
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O Liebe, leihe mir den schnellsten deiner Fluegel,
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Und fuehre mich in ihr Gefild!
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Ach wenn ich nicht auf dieser Stelle bleibe,
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Wenn ich es wage, nah zu gehn,
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Kann ich sie nur als wie im Nebel sehn!-
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Das schoenste Bild von einem Weibe!
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Ist's moeglich, ist das Weib so schoen?
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Muss ich an diesem hingestreckten Leibe
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Den Inbegriff von allen Himmeln sehn?
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So etwas findet sich auf Erden?
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Natuerlich, wenn ein Gott sich erst sechs Tage plagt,
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Und selbst am Ende Bravo sagt,
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Da muss es was Gescheites werden.
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Fuer diesmal sieh dich immer satt;
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Ich weiss dir so ein Schaetzchen auszuspueren,
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Und selig, wer das gute Schicksal hat,
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Als Braeutigam sie heim zu fuehren!
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(Faust sieht immerfort in den Spiegel. Mephistopheles, sich in dem Sessel
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dehnend und mit dem Wedel spielend, faehrt fort zu sprechen.)
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Hier sitz ich wie der Koenig auf dem Throne,
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Den Zepter halt ich hier, es fehlt nur noch die Krone.
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DIE TIERE (welche bisher allerlei wunderliche Bewegungen durcheinander
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gemacht haben, bringen dem Mephistopheles eine Krone mit grossem Geschrei):
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O sei doch so gut,
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Mit Schweiss und mit Blut
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Die Krone zu leimen!
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(Sie gehn ungeschickt mit der Krone um und zerbrechen sie in zwei Stuecke,
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mit welchen sie herumspringen.)
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Nun ist es geschehn!
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Wir reden und sehn,
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Wir hoeren und reimen-
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FAUST (gegen den Spiegel):
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Weh mir! ich werde schier verrueckt.
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MEPHISTOPHELES (auf die Tiere deutend):
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Nun faengt mir an fast selbst der Kopf zu schwanken.
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Und wenn es uns glueckt,
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Und wenn es sich schickt,
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So sind es Gedanken!
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FAUST (wie oben):
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Mein Busen faengt mir an zu brennen!
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Entfernen wir uns nur geschwind!
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MEPHISTOPHELES (in obiger Stellung):
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Nun, wenigstens muss man bekennen,
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Dass es aufrichtige Poeten sind.
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(Der Kessel, welchen die Katzin bisher ausser acht gelassen, faengt an
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ueberzulaufen, es entsteht eine grosse Flamme, welche zum Schornstein hinaus
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schlaegt. Die Hexe kommt durch die Flamme mit entsetzlichem Geschrei
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herunter gefahren.)
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Au! Au! Au! Au!
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Verdammtes Tier! verfluchte Sau!
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Versaeumst den Kessel, versengst die Frau!
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Verfluchtes Tier!
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(Faust und Mephistopheles erblickend.)
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Was ist das hier?
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Wer seid ihr hier?
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Was wollt ihr da?
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Wer schlich sich ein?
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Die Feuerpein
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Euch ins Gebein!
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(Sie fahrt mit dem Schaumloeffel in den Kessel und spritzt Flammen nach
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Faust, Mephistopheles und den Tieren. Die Tiere winseln.)
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MEPHISTOPHELES (welcher den Wedel, den er in der Hand haelt, umkehrt und
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unter die Glaeser und Toepfe schlaegt):
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Entzwei! entzwei!
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Da liegt der Brei!
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Da liegt das Glas!
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Es ist nur Spass,
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Der Takt, du Aas,
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Zu deiner Melodei.
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(Indem die Hexe voll Grimm und Entsetzen zuruecktritt.)
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Erkennst du mich? Gerippe! Scheusal du!
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Erkennst du deinen Herrn und Meister?
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Was haelt mich ab, so schlag ich zu,
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Zerschmettre dich und deine Katzengeister!
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Hast du vorm roten Wams nicht mehr Respekt?
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Kannst du die Hahnenfeder nicht erkennen?
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Hab ich dies Angesicht versteckt?
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Soll ich mich etwa selber nennen?
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O Herr, verzeiht den rohen Gruss!
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Seh ich doch keinen Pferdefuss.
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Wo sind denn Eure beiden Raben?
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Fuer diesmal kommst du so davon;
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Denn freilich ist es eine Weile schon,
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Dass wir uns nicht gesehen haben.
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Auch die Kultur, die alle Welt beleckt,
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Hat auf den Teufel sich erstreckt;
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Das nordische Phantom ist nun nicht mehr zu schauen;
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Wo siehst du Hoerner, Schweif und Klauen?
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Und was den Fuss betrifft, den ich nicht missen kann,
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Der wuerde mir bei Leuten schaden;
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Darum bedien ich mich, wie mancher junge Mann,
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Seit vielen Jahren falscher Waden.
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DIE HEXE (tanzend):
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Sinn und Verstand verlier ich schier,
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Seh ich den Junker Satan wieder hier!
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Den Namen, Weib, verbitt ich mir!
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Warum? Was hat er Euch getan?
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Er ist schon lang ins Fabelbuch geschrieben;
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Allein die Menschen sind nichts besser dran,
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Den Boesen sind sie los, die Boesen sind geblieben.
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Du nennst mich Herr Baron, so ist die Sache gut;
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Ich bin ein Kavalier, wie andre Kavaliere.
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Du zweifelst nicht an meinem edlen Blut;
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Sieh her, das ist das Wappen, das ich fuehre!
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(Er macht eine unanstaendige Gebaerde.)
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DIE HEXE (lacht unmaessig):
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Ha! Ha! Das ist in Eurer Art!
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Ihr seid ein Schelm, wie Ihr nur immer wart!
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MEPHISTOPHELES (zu Faust):
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Mein Freund, das lerne wohl verstehn!
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Dies ist die Art, mit Hexen umzugehn.
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Nun sagt, ihr Herren, was ihr schafft.
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Ein gutes Glas von dem bekannten Saft!
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Doch muss ich Euch ums aeltste bitten;
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Die Jahre doppeln seine Kraft.
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Gar gern! Hier hab ich eine Flasche,
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Aus der ich selbst zuweilen nasche,
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Die auch nicht mehr im mindsten stinkt;
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Ich will euch gern ein Glaeschen geben.
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(Leise.)
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Doch wenn es dieser Mann unvorbereitet trinkt
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So kann er, wisst Ihr wohl, nicht eine Stunde leben.
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Es ist ein guter Freund, dem es gedeihen soll;
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Ich goenn ihm gern das Beste deiner Kueche.
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Zieh deinen Kreis, sprich deine Sprueche,
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Und gib ihm eine Tasse voll!
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(Die Hexe, mit seltsamen Gebaerden, zieht einen Kreis und stellt wunderbare
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Sachen hinein; indessen fangen die Glaeser an zu klingen, die Kessel zu
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toenen, und machen Musik. Zuletzt bringt sie ein grosses Buch, stellt die
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Meerkatzen in den Kreis, die ihr zum Pult dienen und die Fackel halten
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muessen. Sie winkt Fausten, zu ihr zu treten.)
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FAUST (zu Mephistopheles):
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Nein, sage mir, was soll das werden?
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Das tolle Zeug, die rasenden Gebaerden,
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Der abgeschmackteste Betrug,
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Sind mir bekannt, verhasst genug.
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Ei Possen! Das ist nur zum Lachen;
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Sei nur nicht ein so strenger Mann!
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Sie muss als Arzt ein Hokuspokus machen,
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Damit der Saft dir wohl gedeihen kann.
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(Er noetigt Fausten, in den Kreis zu treten.)
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DIE HEXE (mit grosser Emphase faengt an, aus dem Buche zu deklamieren):
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Du musst verstehn!
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Aus Eins mach Zehn,
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Und Zwei lass gehn,
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Und Drei mach gleich,
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So bist du reich.
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Verlier die Vier!
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Aus Fuenf und Sechs,
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So sagt die Hex,
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Mach Sieben und Acht,
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So ist's vollbracht:
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Und Neun ist Eins,
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Und Zehn ist keins.
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Das ist das Hexen-Einmaleins!
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Mich duenkt, die Alte spricht im Fieber.
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Das ist noch lange nicht vorueber,
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Ich kenn es wohl, so klingt das ganze Buch;
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Ich habe manche Zeit damit verloren,
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Denn ein vollkommner Widerspruch
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Bleibt gleich geheimnisvoll fuer Kluge wie fuer Toren.
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Mein Freund, die Kunst ist alt und neu.
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Es war die Art zu allen Zeiten,
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Durch Drei und Eins, und Eins und Drei
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Irrtum statt Wahrheit zu verbreiten.
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So schwaetzt und lehrt man ungestoert;
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Wer will sich mit den Narrn befassen?
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Gewoehnlich glaubt der Mensch, wenn er nur Worte hoert,
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Es muesse sich dabei doch auch was denken lassen.
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DIE HEXE (faehrt fort):
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Die hohe Kraft
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Der Wissenschaft,
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Der ganzen Welt verborgen!
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Und wer nicht denkt,
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Dem wird sie geschenkt,
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Er hat sie ohne Sorgen.
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Was sagt sie uns fuer Unsinn vor?
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Es wird mir gleich der Kopf zerbrechen.
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Mich duenkt, ich hoer ein ganzes Chor
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Von hunderttausend Narren sprechen.
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Genug, genug, o treffliche Sibylle!
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Gib deinen Trank herbei, und fuelle
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Die Schale rasch bis an den Rand hinan;
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Denn meinem Freund wird dieser Trunk nicht schaden:
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Er ist ein Mann von vielen Graden,
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Der manchen guten Schluck getan.
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(Die Hexe, mit vielen Zeremonien, schenkt den Trank in eine Schale,
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wie sie Faust an den Mund bringt, entsteht eine leichte Flamme.)
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Nur frisch hinunter! Immer zu!
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Es wird dir gleich das Herz erfreuen.
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Bist mit dem Teufel du und du,
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Und willst dich vor der Flamme scheuen?
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(Die Hexe loest den Kreis. Faust tritt heraus.)
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Nun frisch hinaus! Du darfst nicht ruhn.
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Moeg Euch das Schlueckchen wohl behagen!
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MEPHISTOPHELES (zur Hexe):
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Und kann ich dir was zu Gefallen tun,
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So darfst du mir's nur auf Walpurgis sagen.
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Hier ist ein Lied! wenn Ihr's zuweilen singt,
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So werdet Ihr besondre Wirkung spueren.
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MEPHISTOPHELES (zu Faust):
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Komm nur geschwind und lass dich fuehren;
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Du musst notwendig transpirieren,
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Damit die Kraft durch Inn- und AEussres dringt.
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Den edlen Muessiggang lehr ich hernach dich schaetzen,
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Und bald empfindest du mit innigem Ergetzen,
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Wie sich Cupido regt und hin und wider springt.
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Lass mich nur schnell noch in den Spiegel schauen!
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Das Frauenbild war gar zu schoen!
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Nein! Nein! Du sollst das Muster aller Frauen
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Nun bald leibhaftig vor dir sehn.
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(Leise.)
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Du siehst, mit diesem Trank im Leibe,
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Bald Helenen in jedem Weibe.
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Strasse (I)
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Faust. Margarete voruebergehend.
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Mein schoenes Fraeulein, darf ich wagen,
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Meinen Arm und Geleit Ihr anzutragen?
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Bin weder Fraeulein, weder schoen,
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Kann ungeleitet nach Hause gehn.
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(Sie macht sich los und ab.)
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Beim Himmel, dieses Kind ist schoen!
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So etwas hab ich nie gesehn.
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Sie ist so sitt- und tugendreich,
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Und etwas schnippisch doch zugleich.
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Der Lippe Rot, der Wange Licht,
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Die Tage der Welt vergess ich's nicht!
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Wie sie die Augen niederschlaegt,
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Hat tief sich in mein Herz gepraegt;
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Wie sie kurz angebunden war,
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Das ist nun zum Entzuecken gar!
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(Mephistopheles tritt auf.)
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Hoer, du musst mir die Dirne schaffen!
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Nun, welche?
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Sie ging just vorbei.
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Da die? Sie kam von ihrem Pfaffen,
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Der sprach sie aller Suenden frei
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Ich schlich mich hart am Stuhl vorbei,
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Es ist ein gar unschuldig Ding,
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Das eben fuer nichts zur Beichte ging;
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UEber die hab ich keine Gewalt!
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Ist ueber vierzehn Jahr doch alt.
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Du sprichst ja wie Hans Liederlich,
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Der begehrt jede liebe Blum fuer sich,
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Und duenkelt ihm, es waer kein Ehr
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Und Gunst, die nicht zu pfluecken waer;
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Geht aber doch nicht immer an.
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Mein Herr Magister Lobesan,
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Lass Er mich mit dem Gesetz in Frieden!
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Und das sag ich Ihm kurz und gut:
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Wenn nicht das suesse junge Blut
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Heut Nacht in meinen Armen ruht,
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So sind wir um Mitternacht geschieden.
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Bedenkt, was gehn und stehen mag!
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Ich brauche wenigstens vierzehn Tag,
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Nur die Gelegenheit auszuspueren.
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Haett ich nur sieben Stunden Ruh,
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Brauchte den Teufel nicht dazu
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So ein Geschoepfchen zu verfuehren.
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Ihr sprecht schon fast wie ein Franzos;
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Doch bitt ich, lasst's Euch nicht verdriessen:
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Was hilft's, nur grade zu geniessen?
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Die Freud ist lange nicht so gross,
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Als wenn Ihr erst herauf, herum
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Durch allerlei Brimborium,
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Das Pueppchen geknetet und zugericht't
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Wie's lehret manche welsche Geschicht.
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Hab Appetit auch ohne das.
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Jetzt ohne Schimpf und ohne Spass:
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Ich sag Euch, mit dem schoenen Kind
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Geht's ein fuer allemal nicht geschwind.
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Mit Sturm ist da nichts einzunehmen;
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Wir muessen uns zur List bequemen.
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Schaff mir etwas vom Engelsschatz!
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Fuehr mich an ihren Ruheplatz!
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Schaff mir ein Halstuch von ihrer Brust,
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Ein Strumpfband meiner Liebeslust!
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Damit Ihr seht, dass ich Eurer Pein
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Will foerderlich und dienstlich sein'
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Wollen wir keinen Augenblick verlieren,
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Will Euch noch heut in ihr Zimmer fuehren.
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Und soll sie sehn? sie haben?
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Nein! Sie wird bei einer Nachbarin sein.
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Indessen koennt Ihr ganz allein
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An aller Hoffnung kuenft'ger Freuden
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In ihrem Dunstkreis satt Euch weiden.
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Koennen wir hin?
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Es ist noch zu frueh.
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Sorg du mir fuer ein Geschenk fuer sie!
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(Ab.)
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Gleich schenken? Das ist brav! Da wird er reuessieren!
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Ich kenne manchen schoenen Platz
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Und manchen altvergrabnen Schatz;
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Ich muss ein bisschen revidieren.
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(Ab.)
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Abend. Ein kleines reinliches Zimmer
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Margarete ihre Zoepfe flechtend und aufbindend.
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Ich gaeb was drum, wenn ich nur wuesst,
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Wer heut der Herr gewesen ist!
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Er sah gewiss recht wacker aus
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Und ist aus einem edlen Haus;
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Das konnt ich ihm an der Stirne lesen-
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Er waer auch sonst nicht so keck gewesen.
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(Ab.)
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Herein, ganz leise, nur herein!
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FAUST (nach einigem Stillschweigen):
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Ich bitte dich, lass mich allein!
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MEPHISTOPHELES (herumspuerend):
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Nicht jedes Maedchen haelt so rein.
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(Ab.)
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FAUST (rings aufschauend):
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Willkommen, suesser Daemmerschein,
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Der du dies Heiligtum durchwebst!
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Ergreif mein Herz, du suesse Liebespein,
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Die du vom Tau der Hoffnung schmachtend lebst!
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Wie atmet rings Gefuehl der Stille,
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Der Ordnung, der Zufriedenheit!
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In dieser Armut welche Fuelle!
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In diesem Kerker welche Seligkeit!
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(Er wirft sich auf den ledernen Sessel am Bette.)
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O nimm mich auf, der du die Vorwelt schon
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Bei Freud und Schmerz im offnen Arm empfangen!
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Wie oft, ach! hat an diesem Vaeterthron
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Schon eine Schar von Kindern rings gehangen!
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Vielleicht hat, dankbar fuer den heil'gen Christ
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Mein Liebchen hier, mit vollen Kinderwangen,
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Dem Ahnherrn fromm die welke Hand gekuesst.
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Ich fuehl o Maedchen, deinen Geist
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Der Fuell und Ordnung um mich saeuseln,
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Der muetterlich dich taeglich unterweist
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Den Teppich auf den Tisch dich reinlich breiten heisst,
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Sogar den Sand zu deinen Fuessen kraeuseln.
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O liebe Hand! so goettergleich!
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Die Huette wird durch dich ein Himmelreich.
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Und hier!
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(Er hebt einen Bettvorhang auf.)
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Was fasst mich fuer ein Wonnegraus! Hier moecht ich volle Stunden saeumen.
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Natur, hier bildetest in leichten Traeumen
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Den eingebornen Engel aus!
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Hier lag das Kind! mit warmem Leben
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Den zarten Busen angefuellt,
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Und hier mit heilig reinem Weben
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Entwirkte sich das Goetterbild!
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Und du! Was hat dich hergefuehrt?
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Wie innig fuehl ich mich geruehrt!
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Was willst du hier? Was wird das Herz dir schwer?
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Armsel'ger Faust! ich kenne dich nicht mehr.
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Umgibt mich hier ein Zauberduft?
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Mich drang's, so grade zu geniessen,
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Und fuehle mich in Liebestraum zerfliessen!
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Sind wir ein Spiel von jedem Druck der Luft?
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Und traete sie den Augenblick herein,
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Wie wuerdest du fuer deinen Frevel buessen!
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Der grosse Hans, ach wie so klein!
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Laeg, hingeschmolzen, ihr zu Fuessen.
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MEPHISTOPHELES (kommt):
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Geschwind! ich seh sie unten kommen.
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Fort! Fort! Ich kehre nimmermehr!
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Hier ist ein Kaestchen leidlich schwer,
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Ich hab's wo anders hergenommen.
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Stellt's hier nur immer in den Schrein,
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Ich schwoer Euch, ihr vergehn die Sinnen;
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Ich tat Euch Saechelchen hinein,
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Um eine andre zu gewinnen.
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Zwar Kind ist Kind, und Spiel ist Spiel.
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Ich weiss nicht, soll ich?
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Fragt Ihr viel? Meint Ihr vielleicht den Schatz zu wahren?
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Dann rat ich Eurer Luesternheit,
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Die liebe schoene Tageszeit
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Und mir die weitre Mueh zu sparen.
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Ich hoff nicht, dass Ihr geizig seid!
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Ich kratz den Kopf, reib an den Haenden-
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(Er stellt das Kaestchen in den Schrein und drueckt das Schloss wieder zu.)
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Nur fort! geschwind!
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Um Euch das suesse junge Kind
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Nach Herzens Wunsch und Will zu wenden;
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Und Ihr seht drein
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Als solltet Ihr in den Hoersaal hinein,
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Als stuenden grau leibhaftig vor Euch da
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Physik und Metaphysika!
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Nur fort!
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(Ab.)
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Margarete mit einer Lampe.
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Es ist so schwuel, so dumpfig hie
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(sie macht das Fenster auf)
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Und ist doch eben so warm nicht drauss.
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Es wird mir so, ich weiss nicht wie-
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Ich wollt, die Mutter kaem nach Haus.
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Mir laeuft ein Schauer uebern ganzen Leib-
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Bin doch ein toericht furchtsam Weib!
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(sie faengt an zu singen, indem sie sich auszieht.)
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Es war ein Koenig in Thule
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Gar treu bis an das Grab,
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Dem sterbend seine Buhle
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Einen goldnen Becher gab.
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Es ging ihm nichts darueber,
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Er leert ihn jeden Schmaus;
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Die Augen gingen ihm ueber,
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Sooft er trank daraus.
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Und als er kam zu sterben,
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Zaehlt er seine Staedt im Reich,
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Goennt alles seinem Erben,
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Den Becher nicht zugleich.
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Er sass beim Koenigsmahle,
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Die Ritter um ihn her,
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Auf hohem Vaetersaale,
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Dort auf dem Schloss am Meer.
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Dort stand der alte Zecher,
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Trank letzte Lebensglut
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Und warf den heiligen Becher
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Hinunter in die Flut.
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Er sah ihn stuerzen, trinken
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Und sinken tief ins Meer,
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Die Augen taeten ihm sinken,
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Trank nie einen Tropfen mehr.
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(Sie eroeffnet den Schrein, ihre Kleider einzuraeumen, und erblickt das
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Schmuckkaestchen.)
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Wie kommt das schoene Kaestchen hier herein?
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Ich schloss doch ganz gewiss den Schrein.
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Es ist doch wunderbar! Was mag wohl drinne sein?
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Vielleicht bracht's jemand als ein Pfand,
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Und meine Mutter lieh darauf.
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Da haengt ein Schluesselchen am Band
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Ich denke wohl, ich mach es auf!
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Was ist das? Gott im Himmel! Schau,
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So was hab ich mein Tage nicht gesehn!
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Ein Schmuck! Mit dem koennt eine Edelfrau
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Am hoechsten Feiertage gehn.
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Wie sollte mir die Kette stehn?
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Wem mag die Herrlichkeit gehoeren?
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(Sie putzt sich damit auf und tritt vor den Spiegel.)
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Wenn nur die Ohrring meine waeren!
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Man sieht doch gleich ganz anders drein.
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Was hilft euch Schoenheit, junges Blut?
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Das ist wohl alles schoen und gut,
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Allein man laesst's auch alles sein;
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Man lobt euch halb mit Erbarmen.
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Nach Golde draengt,
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Am Golde haengt
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Doch alles. Ach wir Armen!
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Spaziergang
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Faust in Gedanken auf und ab gehend. Zu ihm Mephistopheles.
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Bei aller verschmaehten Liebe! Beim hoellischen Elemente!
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Ich wollt, ich wuesste was AErgers, dass ich's fluchen koennte!
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Was hast? was kneipt dich denn so sehr?
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So kein Gesicht sah ich in meinem Leben!
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Ich moecht mich gleich dem Teufel uebergeben,
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Wenn ich nur selbst kein Teufel waer!
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Hat sich dir was im Kopf verschoben?
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Dich kleidet's wie ein Rasender zu toben!
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Denkt nur, den Schmuck, fuer Gretchen angeschafft,
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Den hat ein Pfaff hinweggerafft!
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Die Mutter kriegt das Ding zu schauen
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Gleich faengt's ihr heimlich an zu grauen,
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Die Frau hat gar einen feinen Geruch,
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Schnuffelt immer im Gebetbuch
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Und riecht's einem jeden Moebel an,
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Ob das Ding heilig ist oder profan;
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Und an dem Schmuck da spuert, sie's klar,
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Dass dabei nicht viel Segen war.
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"Mein Kind", rief sie, "ungerechtes Gut
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Befaengt die Seele, zehrt auf das Blut.
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Wollen's der Mutter Gottes weihen,
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Wird uns mit Himmelsmanna erfreuen!"
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Margretlein zog ein schiefes Maul,
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Ist halt, dacht sie, ein geschenkter Gaul,
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Und wahrlich! gottlos ist nicht der,
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Der ihn so fein gebracht hierher.
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Die Mutter liess einen Pfaffen kommen;
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Der hatte kaum den Spass vernommen,
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Liess sich den Anblick wohl behagen.
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Er sprach: "So ist man recht gesinnt!
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Wer ueberwindet, der gewinnt.
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Die Kirche hat einen guten Magen,
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Hat ganze Laender aufgefressen
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Und doch noch nie sich uebergessen;
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Die Kirch allein, meine lieben Frauen,
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Kann ungerechtes Gut verdauen."
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Das ist ein allgemeiner Brauch,
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Ein Jud und Koenig kann es auch.
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Strich drauf ein Spange, Kett und Ring',
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Als waeren's eben Pfifferling',
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Dankt' nicht weniger und nicht mehr,
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Als ob's ein Korb voll Nuesse waer,
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Versprach ihnen allen himmlischen Lohn-
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Und sie waren sehr erbaut davon.
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Und Gretchen?
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Sitzt nun unruhvoll, Weiss weder, was sie will noch soll,
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Denkt ans Geschmeide Tag und Nacht,
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Noch mehr an den, der's ihr gebracht.
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Des Liebchens Kummer tut mir leid.
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Schaff du ihr gleich ein neu Geschmeid!
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Am ersten war ja so nicht viel.
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O ja, dem Herrn ist alles Kinderspiel!
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Und mach, und richt's nach meinem Sinn,
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Haeng dich an ihre Nachbarin!
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Sei, Teufel, doch nur nicht wie Brei,
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Und schaff einen neuen Schmuck herbei!
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Ja, gnaed'ger Herr, von Herzen gerne.
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(Faust ab.)
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So ein verliebter Tor verpufft
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Euch Sonne, Mond und alle Sterne
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Zum Zeitvertreib dem Liebchen in die Luft.
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(Ab.)
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Der Nachbarin Haus
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Marthe allein.
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Gott verzeih's meinem lieben Mann,
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Er hat an mir nicht wohl getan!
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Geht da stracks in die Welt hinein
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Und laesst mich auf dem Stroh allein.
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Taet ihn doch wahrlich nicht betrueben,
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Taet ihn, weiss Gott, recht herzlich lieben.
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(Sie weint.)
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Vielleicht ist er gar tot!- O Pein!-
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Haett ich nur einen Totenschein!
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(Margarete kommt.)
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Frau Marthe!
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Gretelchen, was soll's?
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Fast sinken mir die Kniee nieder!
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Da find ich so ein Kaestchen wieder
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In meinem Schrein, von Ebenholz,
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Und Sachen herrlich ganz und gar,
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Weit reicher, als das erste war.
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Das muss Sie nicht der Mutter sagen;
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Taet's wieder gleich zur Beichte tragen.
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Ach seh Sie nur! ach schau Sie nur!
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MARTHE (putzt sie auf):
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O du gluecksel'ge Kreatur!
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Darf mich, leider, nicht auf der Gassen
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Noch in der Kirche mit sehen lassen.
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Komm du nur oft zu mir herueber,
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Und leg den Schmuck hier heimlich an;
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Spazier ein Stuendchen lang dem Spiegelglas vorueber,
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Wir haben unsre Freude dran;
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Und dann gibt's einen Anlass, gibt's ein Fest,
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Wo man's so nach und nach den Leuten sehen laesst.
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Ein Kettchen erst, die Perle dann ins Ohr;
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Die Mutter sieht's wohl nicht, man macht ihr auch was vor.
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Wer konnte nur die beiden Kaestchen bringen?
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Es geht nicht zu mit rechten Dingen!
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(Es klopft.)
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Ach Gott! mag das meine Mutter sein?
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MARTHE (durchs Vorhaengel guckend):
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Es ist ein fremder Herr- Herein!
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(Mephistopheles tritt auf.)
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Bin so frei, grad hereinzutreten,
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Muss bei den Frauen Verzeihn erbeten.
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(Tritt ehrerbietig vor Margareten zurueck.)
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Wollte nach Frau Marthe Schwerdtlein fragen!
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Ich bin's, was hat der Herr zu sagen?
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MEPHISTOPHELES (leise zu ihr):
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Ich kenne Sie jetzt, mir ist das genug;
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Sie hat da gar vornehmen Besuch.
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Verzeiht die Freiheit, die ich genommen,
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Will Nachmittage wiederkommen.
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MARTHE (lacht):
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Denk, Kind, um alles in der Welt!
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Der Herr dich fuer ein Fraeulein haelt.
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Ich bin ein armes junges Blut;
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Ach Gott! der Herr ist gar zu gut:
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Schmuck und Geschmeide sind nicht mein.
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Ach, es ist nicht der Schmuck allein;
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Sie hat ein Wesen, einen Blick so scharf!
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Wie freut mich's, dass ich bleiben darf.
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Was bringt Er denn? Verlange sehr-
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Ich wollt, ich haett eine frohere Maer!-
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Ich hoffe, Sie laesst mich's drum nicht buessen:
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Ihr Mann ist tot und laesst Sie gruessen.
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Ist tot? das treue Herz! O weh!
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Mein Mann ist tot! Ach ich vergeh!
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Ach! liebe Frau, verzweifelt nicht!
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So hoert die traurige Geschicht!
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Ich moechte drum mein' Tag' nicht lieben,
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Wuerde mich Verlust zu Tode betrueben.
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Freud muss Leid, Leid muss Freude haben.
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Erzaehlt mir seines Lebens Schluss!
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Er liegt in Padua begraben
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Beim heiligen Antonius
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An einer wohlgeweihten Staette
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Zum ewig kuehlen Ruhebette.
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Habt Ihr sonst nichts an mich zu bringen?
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Ja, eine Bitte, gross und schwer:
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Lass Sie doch ja fuer ihn dreihundert Messen singen!
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Im uebrigen sind meine Taschen leer.
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Was! nicht ein Schaustueck? kein Geschmeid?
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Was jeder Handwerksbursch im Grund des Saeckels spart,
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Zum Angedenken aufbewahrt,
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Und lieber hungert, lieber bettelt!
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Madam, es tut mir herzlich leid;
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Allein er hat sein Geld wahrhaftig nicht verzettelt.
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Auch er bereute seine Fehler sehr,
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Ja, und bejammerte sein Unglueck noch viel mehr.
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Ach! dass die Menschen so ungluecklich sind!
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Gewiss, ich will fuer ihn manch Requiem noch beten.
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Ihr waeret wert, gleich in die Eh zu treten:
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Ihr seid ein liebenswuerdig Kind.
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Ach nein, das geht jetzt noch nicht an.
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Ist's nicht ein Mann, sei's derweil ein Galan.
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's ist eine der groessten Himmelsgaben,
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So ein lieb Ding im Arm zu haben.
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Das ist des Landes nicht der Brauch.
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Brauch oder nicht! Es gibt sich auch.
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Erzaehlt mir doch!
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Ich stand an seinem Sterbebette, Es war was besser als von Mist,
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Von halbgefaultem Stroh; allein er starb als Christ
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Und fand, dass er weit mehr noch auf der Zeche haette.
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"Wie", rief er, "muss ich mich von Grund aus hassen,
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So mein Gewerb, mein Weib so zu verlassen!
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Ach, die Erinnrung toetet mich
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Vergaeb sie mir nur noch in diesem Leben!"
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MARTHE (weinend):
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Der gute Mann! ich hab ihm laengst vergeben.
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"Allein, weiss Gott! sie war mehr schuld als ich."
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Das luegt er! Was! am Rand des Grabs zu luegen!
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Er fabelte gewiss in letzten Zuegen,
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Wenn ich nur halb ein Kenner bin.
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"Ich hatte", sprach er, "nicht zum Zeitvertreib zu gaffen
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Erst Kinder, und dann Brot fuer sie zu schaffen,
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Und Brot im allerweitsten Sinn,
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Und konnte nicht einmal mein Teil in Frieden essen."
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Hat er so aller Treu, so aller Lieb vergessen,
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Der Plackerei bei Tag und Nacht!
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Nicht doch, er hat Euch herzlich dran gedacht.
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Er sprach: "Als ich nun weg von Malta ging
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Da betet ich fuer Frau und Kinder bruenstig;
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Uns war denn auch der Himmel guenstig,
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Dass unser Schiff ein tuerkisch Fahrzeug fing,
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Das einen Schatz des grossen Sultans fuehrte.
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Da ward der Tapferkeit ihr Lohn,
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Und ich empfing denn auch, wie sich's gebuehrte,
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Mein wohlgemessnes Teil davon."
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Ei wie? Ei wo? Hat er's vielleicht vergraben?
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Wer weiss, wo nun es die vier Winde haben.
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Ein schoenes Fraeulein nahm sich seiner an,
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Als er in Napel fremd umherspazierte;
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Sie hat an ihm viel Liebs und Treus getan,
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Dass er's bis an sein selig Ende spuerte.
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Der Schelm! der Dieb an seinen Kindern!
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Auch alles Elend, alle Not
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Konnt nicht sein schaendlich Leben hindern!
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Ja seht! dafuer ist er nun tot.
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Waer ich nun jetzt an Eurem Platze,
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Betraurt ich ihn ein zuechtig Jahr,
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Visierte dann unterweil nach einem neuen Schatze.
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Ach Gott! wie doch mein erster war,
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Find ich nicht leicht auf dieser Welt den andern!
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Es konnte kaum ein herziger Naerrchen sein.
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Er liebte nur das allzuviele Wandern
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Und fremde Weiber und fremden Wein
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Und das verfluchte Wuerfelspiel.
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Nun, nun, so konnt es gehn und stehen,
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Wenn er Euch ungefaehr so viel
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Von seiner Seite nachgesehen.
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Ich schwoer Euch zu, mit dem Beding
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Wechselt ich selbst mit Euch den Ring!
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O es beliebt dem Herrn zu scherzen!
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MEPHISTOPHELES (fuer sich):
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Nun mach ich mich beizeiten fort!
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Die hielte wohl den Teufel selbst beim Wort.
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(Zu Gretchen.)
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Wie steht es denn mit Ihrem Herzen?
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Was meint der Herr damit?
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MEPHISTOPHELES (fuer sich):
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Du guts, unschuldigs Kind! (Laut.) Lebt wohl, ihr Fraun!
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Lebt wohl!
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O sagt mir doch geschwind! Ich moechte gern ein Zeugnis haben,
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Wo, wie und wann mein Schatz gestorben und begraben.
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Ich bin von je der Ordnung Freund gewesen,
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Moecht, ihn auch tot im Wochenblaettchen lesen.
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Ja, gute Frau, durch zweier Zeugen Mund
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Wird allerwegs die Wahrheit kund;
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Habe noch gar einen feinen Gesellen,
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Den will ich Euch vor den Richter stellen.
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Ich bring ihn her.
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O tut das ja!
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Und hier die Jungfrau ist auch da?
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Ein braver Knab! ist viel gereist,
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Fraeuleins alle Hoeflichkeit erweist.
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Muesste vor dem Herren schamrot werden.
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Vor keinem Koenige der Erden.
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Da hinterm Haus in meinem Garten
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Wollen wir der Herren heut abend warten.
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Strasse (II)
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Faust. Mephistopheles.
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Wie ist's? Will's foerdern? Will's bald gehn?
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Ah bravo! Find ich Euch in Feuer?
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In kurzer Zeit ist Gretchen Euer.
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Heut abend sollt Ihr sie bei Nachbar' Marthen sehn:
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Das ist ein Weib wie auserlesen
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Zum Kuppler- und Zigeunerwesen!
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So recht!
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Doch wird auch was von uns begehrt.
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Ein Dienst ist wohl des andern wert.
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Wir legen nur ein gueltig Zeugnis nieder,
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Dass ihres Ehherrn ausgereckte Glieder
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In Padua an heil'ger Staette ruhn.
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Sehr klug! Wir werden erst die Reise machen muessen!
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Sancta Simplicitas! darum ist's nicht zu tun;
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Bezeugt nur, ohne viel zu wissen.
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Wenn Er nichts Bessers hat, so ist der Plan zerrissen.
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O heil'ger Mann! Da waert Ihr's nun!
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Ist es das erstemal in eurem Leben,
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Dass Ihr falsch Zeugnis abgelegt?
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Habt Ihr von Gott, der Welt und was sich drin bewegt,
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Vom Menschen, was sich ihm in den Kopf und Herzen regt,
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Definitionen nicht mit grosser Kraft gegeben?
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Mit frecher Stirne, kuehner Brust?
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Und wollt Ihr recht ins Innre gehen,
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Habt Ihr davon, Ihr muesst es grad gestehen,
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So viel als von Herrn Schwerdtleins Tod gewusst!
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Du bist und bleibst ein Luegner, ein Sophiste.
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Ja, wenn man's nicht ein bisschen tiefer wuesste.
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Denn morgen wirst, in allen Ehren,
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Das arme Gretchen nicht betoeren
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Und alle Seelenlieb ihr schwoeren?
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Und zwar von Herzen.
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Gut und schoen! Dann wird von ewiger Treu und Liebe,
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von einzig ueberallmaecht'gem Triebe-
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Wird das auch so von Herzen gehn?
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Lass das! Es wird!- Wenn ich empfinde,
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Fuer das Gefuehl, fuer das Gewuehl
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Nach Namen suche, keinen finde,
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Dann durch die Welt mit allen Sinnen schweife,
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Nach allen hoechsten Worten greife,
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Und diese Glut, von der ich brenne,
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Unendlich, ewig, ewig nenne,
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Ist das ein teuflisch Luegenspiel?
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Ich hab doch recht!
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Hoer! merk dir dies- Ich bitte dich, und schone meine Lunge
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Wer recht behalten will und hat nur eine Zunge,
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Behaelt's gewiss.
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Und komm, ich hab des Schwaetzens UEberdruss,
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Denn du hast recht, vorzueglich weil ich muss.
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Garten
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Margarete an Faustens Arm, Marthe mit Mephistopheles auf und ab spazierend.
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Ich fuehl es wohl, dass mich der Herr nur schont,
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Herab sich laesst, mich zu beschaemen.
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Ein Reisender ist so gewohnt,
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Aus Guetigkeit fuerliebzunehmen;
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Ich weiss zu gut, dass solch erfahrnen Mann
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Mein arm Gespraech nicht unterhalten kann.
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Ein Blick von dir, ein Wort mehr unterhaelt
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Als alle Weisheit dieser Welt.
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(Er kuesst ihre Hand.)
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Inkommodiert Euch nicht! Wie koennt Ihr sie nur kuessen?
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Sie ist so garstig, ist so rauh!
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Was hab ich nicht schon alles schaffen muessen!
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Die Mutter ist gar zu genau.
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(Gehn vorueber.)
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Und Ihr, mein Herr, Ihr reist so immer fort?
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Ach, dass Gewerb und Pflicht uns dazu treiben!
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Mit wieviel Schmerz verlaesst man manchen Ort
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Und darf doch nun einmal nicht bleiben!
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In raschen Jahren geht's wohl an
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So um und um frei durch die Welt zu streifen;
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Doch koemmt die boese Zeit heran,
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Und sich als Hagestolz allein zum Grab zu schleifen,
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Das hat noch keinem wohlgetan.
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Mit Grausen seh ich das von weiten.
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Drum, werter Herr, beratet Euch in Zeiten.
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(Gehn vorueber.)
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Ja, aus den Augen, aus dem Sinn!
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Die Hoeflichkeit ist Euch gelaeufig;
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Allein Ihr habt der Freunde haeufig,
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Sie sind verstaendiger, als ich bin.
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O Beste! glaube, was man so verstaendig nennt,
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Ist oft mehr Eitelkeit und Kurzsinn.
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Wie?
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Ach, dass die Einfalt, dass die Unschuld nie
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Sich selbst und ihren heil'gen Wert erkennt!
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Dass Demut Niedrigkeit, die hoechsten Gaben
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Der liebevoll austeilenden Natur-
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Denkt Ihr an mich ein Augenblickchen nur,
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Ich werde Zeit genug an Euch zu denken haben.
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Ihr seid wohl viel allein?
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Ja, unsre Wirtschaft ist nur klein,
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Und doch will sie versehen sein.
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Wir haben keine Magd; muss kochen, fegen, stricken
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Und naehn und laufen frueh und spat;
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Und meine Mutter ist in allen Stuecken
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So akkurat!
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Nicht dass sie just so sehr sich einzuschraenken hat;
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Wir koennten uns weit eh'r als andre regen:
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Mein Vater hinterliess ein huebsch Vermoegen,
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Ein Haeuschen und ein Gaertchen vor der Stadt.
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Doch hab ich jetzt so ziemlich stille Tage:
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Mein Bruder ist Soldat,
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Mein Schwesterchen ist tot.
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Ich hatte mit dem Kind wohl meine liebe Not;
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Doch uebernaehm ich gern noch einmal alle Plage,
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So lieb war mir das Kind.
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Ein Engel, wenn dir's glich.
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Ich zog es auf, und herzlich liebt es mich.
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Es war nach meines Vaters Tod geboren.
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Die Mutter gaben wir verloren,
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So elend wie sie damals lag,
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Und sie erholte sich sehr langsam, nach und nach.
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Da konnte sie nun nicht dran denken,
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Das arme Wuermchen selbst zu traenken,
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Und so erzog ich's ganz allein,
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Mit Milch und Wasser, so ward's mein
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Auf meinem Arm, in meinem Schoss
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War's freundlich, zappelte, ward gross.
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Du hast gewiss das reinste Glueck empfunden.
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Doch auch gewiss gar manche schwere Stunden.
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Des Kleinen Wiege stand zu Nacht
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An meinem Bett; es durfte kaum sich regen,
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War ich erwacht;
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Bald musst ich's traenken, bald es zu mir legen
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Bald, wenn's nicht schwieg, vom Bett aufstehn
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Und taenzelnd in der Kammer auf und nieder gehn,
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Und frueh am Tage schon am Waschtrog stehn;
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Dann auf dem Markt und an dem Herde sorgen,
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Und immer fort wie heut so morgen.
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Da geht's, mein Herr, nicht immer mutig zu;
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Doch schmeckt dafuer das Essen, schmeckt die Ruh.
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(Gehn vorueber.)
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Die armen Weiber sind doch uebel dran:
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Ein Hagestolz ist schwerlich zu bekehren.
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Es kaeme nur auf Euresgleichen an,
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Mich eines Bessern zu belehren.
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Sagt grad, mein Herr, habt Ihr noch nichts gefunden?
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Hat sich das Herz nicht irgendwo gebunden?
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Das Sprichwort sagt: Ein eigner Herd,
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Ein braves Weib sind Gold und Perlen wert.
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Ich meine: ob Ihr niemals Lust bekommen?
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Man hat mich ueberall recht hoeflich aufgenommen.
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Ich wollte sagen: ward's nie Ernst in Eurem Herzen?
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Mit Frauen soll man sich nie unterstehn zu scherzen.
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Ach, Ihr versteht mich nicht!
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Das tut mir herzlich leid! Doch ich versteh- dass Ihr sehr guetig seid.
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(Gehn vorueber.)
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Du kanntest mich, o kleiner Engel, wieder,
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Gleich als ich in den Garten kam?
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Saht Ihr es nicht, ich schlug die Augen nieder.
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Und du verzeihst die Freiheit, die ich nahm?
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Was sich die Frechheit unterfangen,
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Als du juengst aus dem Dom gegangen?
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Ich war bestuerzt, mir war das nie geschehn;
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Es konnte niemand von mir UEbels sagen.
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Ach, dacht ich, hat er in deinem Betragen
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Was Freches, Unanstaendiges gesehn?
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Es schien ihn gleich nur anzuwandeln,
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Mit dieser Dirne gradehin zu handeln.
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Gesteh ich's doch! Ich wusste nicht, was sich
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Zu Eurem Vorteil hier zu regen gleich begonnte;
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Allein gewiss, ich war recht boes auf mich,
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Dass ich auf Euch nicht boeser werden konnte.
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Suess Liebchen!
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Lasst einmal!
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(Sie pflueckt eine Sternblume und zupft die Blaetter ab, eins nach dem
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andern.)
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Was soll das? Einen Strauss?
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Nein, es soll nur ein Spiel.
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Wie?
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Geht! Ihr lacht mich aus.
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(Sie rupft und murmelt.)
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Was murmelst du?
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MARGARETE (halblaut):
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Er liebt mich- liebt mich nicht.
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Du holdes Himmelsangesicht!
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MARGARETE (faehrt fort):
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Liebt mich- nicht- liebt mich- nicht-
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(Das letzte Blatt ausrupfend, mit holder Freude.)
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Er liebt mich!
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Ja, mein Kind! Lass dieses Blumenwort Dir Goetterausspruch sein. Er liebt
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dich!
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Verstehst du, was das heisst? Er liebt dich!
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(Er fasst ihre beiden Haende.)
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Mich ueberlaeuft's!
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O schaudre nicht! Lass diesen Blick,
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Lass diesen Haendedruck dir sagen
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Was unaussprechlich ist:
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Sich hinzugeben ganz und eine Wonne
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Zu fuehlen, die ewig sein muss!
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Ewig!- Ihr Ende wuerde Verzweiflung sein
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Nein, kein Ende! Kein Ende!
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(Margarete drueckt ihm die Haende, macht sich los und laeuft weg. Er steht
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einen Augenblick in Gedanken, dann folgt er ihr.)
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MARTHE (kommend):
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Die Nacht bricht an.
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Ja, und wir wollen fort.
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Ich baet Euch, laenger hier zu bleiben,
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Allein es ist ein gar zu boeser Ort.
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Es ist, als haette niemand nichts zu treiben
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Und nichts zu schaffen,
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Als auf des Nachbarn Schritt und Tritt zu gaffen,
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Und man kommt ins Gered, wie man sich immer stellt.
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Und unser Paerchen?
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Ist den Gang dort aufgeflogen. Mutwill'ge Sommervoegel!
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Er scheint ihr gewogen.
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Und sie ihm auch. Das ist der Lauf der Welt.
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Ein Gartenhaeuschen
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Margarete springt herein, steckt sich hinter die Tuer, haelt die Fingerspitze
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an die Lippen und guckt durch die Ritze.
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Er kommt!
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FAUST (kommt):
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Ach, Schelm, so neckst du mich! Treff ich dich!
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(Er kuesst sie.)
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MARGARETE (ihn fassend und den Kuss zurueckgebend):
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Bester Mann! von Herzen lieb ich dich!
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(Mephistopheles klopft an.)
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FAUST (stampfend):
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Wer da?
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Gut Freund!
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Ein Tier!
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Es ist wohl Zeit zu scheiden.
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MARTHE (kommt):
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Ja, es ist spaet, mein Herr.
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Darf ich Euch nicht geleiten?
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Die Mutter wuerde mich- Lebt wohl!
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Muss ich denn gehn? Lebt wohl!
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Ade!
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Auf baldig Wiedersehn!
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(Faust und Mephistopheles ab.)
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Du lieber Gott! was so ein Mann
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Nicht alles, alles denken kann!
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Beschaemt nur steh ich vor ihm da
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Und sag zu allen Sachen ja.
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Bin doch ein arm unwissend Kind,
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Begreife nicht, was er an mir findt.
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(Ab.)
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Wald und Hoehle
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Faust allein.
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Erhabner Geist, du gabst mir, gabst mir alles,
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Warum ich bat. Du hast mir nicht umsonst
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Dein Angesicht im Feuer zugewendet.
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Gabst mir die herrliche Natur zum Koenigreich,
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Kraft, sie zu fuehlen, zu geniessen. Nicht
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Kalt staunenden Besuch erlaubst du nur,
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Vergoennest mir, in ihre tiefe Brust
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Wie in den Busen eines Freunds zu schauen.
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Du fuehrst die Reihe der Lebendigen
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Vor mir vorbei und lehrst mich meine Brueder
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Im stillen Busch, in Luft und Wasser kennen.
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Und wenn der Sturm im Walde braust und knarrt,
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Die Riesenfichte stuerzend Nachbaraeste
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Und Nachbarstaemme quetschend niederstreift
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Und ihrem Fall dumpf hohl der Huegel donnert,
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Dann fuehrst du mich zur sichern Hoehle, zeigst
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Mich dann mir selbst, und meiner eignen Brust
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Geheime tiefe Wunder oeffnen sich.
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Und steigt vor meinem Blick der reine Mond
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Besaenftigend herueber, schweben mir
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Von Felsenwaenden, aus dem feuchten Busch
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Der Vorwelt silberne Gestalten auf
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Und lindern der Betrachtung strenge Lust.
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O dass dem Menschen nichts Vollkommnes wird,
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Empfind ich nun. Du gabst zu dieser Wonne,
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Die mich den Goettern nah und naeher bringt,
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Mir den Gefaehrten, den ich schon nicht mehr
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Entbehren kann, wenn er gleich, kalt und frech,
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Mich vor mir selbst erniedrigt und zu Nichts,
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Mit einem Worthauch, deine Gaben wandelt.
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Er facht in meiner Brust ein wildes Feuer
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Nach jenem schoenen Bild geschaeftig an.
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So tauml ich von Begierde zu Genuss,
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Und im Genuss verschmacht ich nach Begierde.
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(Mephistopheles tritt auf.)
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Habt Ihr nun bald das Leben gnug gefuehrt?
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Wie kann's Euch in die Laenge freuen?
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Es ist wohl gut, dass man's einmal probiert
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Dann aber wieder zu was Neuen!
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Ich wollt, du haettest mehr zu tun,
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Als mich am guten Tag zu plagen.
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Nun, nun! ich lass dich gerne ruhn,
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Du darfst mir's nicht im Ernste sagen.
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An dir Gesellen, unhold, barsch und toll,
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Ist wahrlich wenig zu verlieren.
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Den ganzen Tag hat man die Haende voll!
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Was ihm gefaellt und was man lassen soll,
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Kann man dem Herrn nie an der Nase spueren.
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Das ist so just der rechte Ton!
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Er will noch Dank, dass er mich ennuyiert.
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Wie haettst du, armer Erdensohn
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Dein Leben ohne mich gefuehrt?
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Vom Kribskrabs der Imagination
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Hab ich dich doch auf Zeiten lang kuriert;
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Und waer ich nicht, so waerst du schon
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Von diesem Erdball abspaziert.
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Was hast du da in Hoehlen, Felsenritzen
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Dich wie ein Schuhu zu versitzen?
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Was schlurfst aus dumpfem Moos und triefendem Gestein
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Wie eine Kroete Nahrung ein?
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Ein schoener, suesser Zeitvertreib!
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Dir steckt der Doktor noch im Leib.
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Verstehst du, was fuer neue Lebenskraft
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Mir dieser Wandel in der OEde schafft?
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Ja, wuerdest du es ahnen koennen,
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Du waerest Teufel gnug, mein Glueck mir nicht zu goennen.
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Ein ueberirdisches Vergnuegen.
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In Nacht und Tau auf den Gebirgen liegen
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Und Erd und Himmel wonniglich umfassen,
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Zu einer Gottheit sich aufschwellen lassen,
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Der Erde Mark mit Ahnungsdrang durchwuehlen,
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Alle sechs Tagewerk im Busen fuehlen,
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In stolzer Kraft ich weiss nicht was geniessen,
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Bald liebewonniglich in alles ueberfliessen,
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Verschwunden ganz der Erdensohn,
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Und dann die hohe Intuition-
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(mit einer Gebaerde)
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Ich darf nicht sagen, wie- zu schliessen.
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Pfui ueber dich!
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Das will Euch nicht behagen; Ihr habt das Recht, gesittet pfui zu sagen.
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Man darf das nicht vor keuschen Ohren nennen,
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Was keusche Herzen nicht entbehren koennen.
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Und kurz und gut, ich goenn Ihm das Vergnuegen,
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Gelegentlich sich etwas vorzuluegen;
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Doch lange haelt Er das nicht aus.
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Du bist schon wieder abgetrieben
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Und, waehrt es laenger, aufgerieben
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In Tollheit oder Angst und Graus.
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Genug damit! Dein Liebchen sitzt dadrinne,
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Und alles wird ihr eng und trueb.
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Du kommst ihr gar nicht aus dem Sinne,
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Sie hat dich uebermaechtig lieb.
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Erst kam deine Liebeswut uebergeflossen,
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Wie vom geschmolznen Schnee ein Baechlein uebersteigt;
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Du hast sie ihr ins Herz gegossen,
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Nun ist dein Baechlein wieder seicht.
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Mich duenkt, anstatt in Waeldern zu thronen,
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Liess' es dem grossen Herren gut,
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Das arme affenjunge Blut
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Fuer seine Liebe zu belohnen.
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Die Zeit wird ihr erbaermlich lang;
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Sie steht am Fenster, sieht die Wolken ziehn
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UEber die alte Stadtmauer hin.
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"Wenn ich ein Voeglein waer!" so geht ihr Gesang
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Tage lang, halbe Naechte lang.
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Einmal ist sie munter, meist betruebt,
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Einmal recht ausgeweint,
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Dann wieder ruhig, wie's scheint,
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Und immer verliebt.
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Schlange! Schlange!
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MEPHISTOPHELES (fuer sich):
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Gelt! dass ich dich fange!
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Verruchter! hebe dich von hinnen,
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Und nenne nicht das schoene Weib!
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Bring die Begier zu ihrem suessen Leib
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Nicht wieder vor die halb verrueckten Sinnen!
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Was soll es denn? Sie meint, du seist entflohn,
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Und halb und halb bist du es schon.
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Ich bin ihr nah, und waer ich noch so fern,
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Ich kann sie nie vergessen, nie verlieren
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Ja, ich beneide schon den Leib des Herrn,
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Wenn ihre Lippen ihn indes beruehren.
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Gar wohl, mein Freund! Ich hab Euch oft beneidet
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Ums Zwillingspaar, das unter Rosen weidet.
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Entfliehe, Kuppler!
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Schoen! Ihr schimpft, und ich muss lachen. Der Gott, der Bub' und Maedchen
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schuf,
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Erkannte gleich den edelsten Beruf,
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Auch selbst Gelegenheit zu machen.
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Nur fort, es ist ein grosser Jammer!
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Ihr sollt in Eures Liebchens Kammer,
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Nicht etwa in den Tod.
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Was ist die Himmelsfreud in ihren Armen?
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Lass mich an ihrer Brust erwarmen!
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Fuehl ich nicht immer ihre Not?
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Bin ich der Fluechtling nicht? der Unbehauste?
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Der Unmensch ohne Zweck und Ruh,
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Der wie ein Wassersturz von Fels zu Felsen brauste,
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Begierig wuetend nach dem Abgrund zu?
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Und seitwaerts sie, mit kindlich dumpfen Sinnen,
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Im Huettchen auf dem kleinen Alpenfeld,
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Und all ihr haeusliches Beginnen
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Umfangen in der kleinen Welt.
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Und ich, der Gottverhasste,
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Hatte nicht genug,
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Dass ich die Felsen fasste
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Und sie zu Truemmern schlug!
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Sie, ihren Frieden musst ich untergraben!
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Du, Hoelle, musstest dieses Opfer haben.
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Hilf, Teufel, mir die Zeit der Angst verkuerzen.
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Was muss geschehn, mag's gleich geschehn!
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Mag ihr Geschick auf mich zusammenstuerzen
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Und sie mit mir zugrunde gehn!
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Wie's wieder siedet, wieder glueht!
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Geh ein und troeste sie, du Tor!
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Wo so ein Koepfchen keinen Ausgang sieht,
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Stellt er sich gleich das Ende vor.
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Es lebe, wer sich tapfer haelt!
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Du bist doch sonst so ziemlich eingeteufelt.
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Nichts Abgeschmackters find ich auf der Welt
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Als einen Teufel, der verzweifelt.
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Gretchens Stube.
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Gretchen (am Spinnrad, allein).
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Meine Ruh ist hin,
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Mein Herz ist schwer;
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Ich finde sie nimmer
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und nimmermehr.
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Wo ich ihn nicht hab,
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Ist mir das Grab,
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Die ganze Welt
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Ist mir vergaellt.
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Mein armer Kopf
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Ist mir verrueckt,
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Meiner armer Sinn
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Ist mir zerstueckt.
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Meine Ruh ist hin,
|
|
Mein Herz ist schwer,
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Ich finde sie nimmer
|
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und nimmermehr.
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Nach ihm nur schau ich
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Zum Fenster hinaus,
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Nach ihm nur geh ich
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Aus dem Haus.
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Sein hoher Gang,
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Sein edle Gestalt,
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Seines Mundes Laecheln,
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Seiner Augen Gewalt,
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Und seiner Rede
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Zauberfluss,
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Sein Haendedruck,
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Und ach! sein Kuss!
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Meine Ruh ist hin,
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|
Mein Herz ist schwer,
|
|
Ich finde sie nimmer
|
|
und nimmermehr.
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Mein Busen draengt
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Sich nach ihm hin,
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Ach duerft ich fassen
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Und halten ihn,
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Und kuessen ihn,
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So wie ich wollt,
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An seinen Kuessen
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Vergehen sollt!
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Marthens Garten
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Margarete. Faust.
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Versprich mir, Heinrich!
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Was ich kann!
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Nun sag, wie hast du's mit der Religion?
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Du bist ein herzlich guter Mann,
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Allein ich glaub, du haeltst nicht viel davon.
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Lass das, mein Kind! Du fuehlst, ich bin dir gut;
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Fuer meine Lieben liess' ich Leib und Blut,
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Will niemand sein Gefuehl und seine Kirche rauben.
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Das ist nicht recht, man muss dran glauben.
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Muss man?
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Ach! wenn ich etwas auf dich konnte! Du ehrst auch nicht die heil'gen
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Sakramente.
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Ich ehre sie.
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Doch ohne Verlangen. Zur Messe, zur Beichte bist du lange nicht gegangen.
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Glaubst du an Gott?
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Mein Liebchen, wer darf sagen: Ich glaub an Gott?
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Magst Priester oder Weise fragen,
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Und ihre Antwort scheint nur Spott
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UEber den Frager zu sein.
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So glaubst du nicht?
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Misshoer mich nicht, du holdes Angesicht!
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Wer darf ihn nennen?
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Und wer bekennen:
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"Ich glaub ihn!"?
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Wer empfinden,
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Und sich unterwinden
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Zu sagen: "Ich glaub ihn nicht!"?
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Der Allumfasser,
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Der Allerhalter,
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Fasst und erhaelt er nicht
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Dich, mich, sich selbst?
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Woelbt sich der Himmel nicht da droben?
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Liegt die Erde nicht hier unten fest?
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Und steigen freundlich blickend
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Ewige Sterne nicht herauf?
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Schau ich nicht Aug in Auge dir,
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Und draengt nicht alles
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Nach Haupt und Herzen dir,
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Und webt in ewigem Geheimnis
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Unsichtbar sichtbar neben dir?
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Erfuell davon dein Herz, so gross es ist,
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Und wenn du ganz in dem Gefuehle selig bist,
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Nenn es dann, wie du willst,
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Nenn's Glueck! Herz! Liebe! Gott
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Ich habe keinen Namen
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Dafuer! Gefuehl ist alles;
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Name ist Schall und Rauch,
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Umnebelnd Himmelsglut.
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Das ist alles recht schoen und gut;
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Ungefaehr sagt das der Pfarrer auch,
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Nur mit ein bisschen andern Worten.
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Es sagen's allerorten
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Alle Herzen unter dem himmlischen Tage,
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Jedes in seiner Sprache;
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Warum nicht ich in der meinen?
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Wenn man's so hoert, moecht's leidlich scheinen,
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Steht aber doch immer schief darum;
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Denn du hast kein Christentum.
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Liebs Kind!
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Es tut mir lange schon weh, Dass ich dich in der Gesellschaft seh.
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Wieso?
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Der Mensch, den du da bei dir hast, Ist mir in tiefer innrer Seele verhasst;
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Es hat mir in meinem Leben
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So nichts einen Stich ins Herz gegeben
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Als des Menschen widrig Gesicht.
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Liebe Puppe, fuercht ihn nicht!
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Seine Gegenwart bewegt mir das Blut.
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Ich bin sonst allen Menschen gut;
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Aber wie ich mich sehne, dich zu schauen,
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Hab ich vor dem Menschen ein heimlich Grauen,
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Und halt ihn fuer einen Schelm dazu!
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Gott verzeih mir's, wenn ich ihm unrecht tu!
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Es muss auch solche Kaeuze geben.
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Wollte nicht mit seinesgleichen leben!
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Kommt er einmal zur Tuer herein,
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Sieht er immer so spoettisch drein
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Und halb ergrimmt;
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Man sieht, dass er an nichts keinen Anteil nimmt;
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Es steht ihm an der Stirn geschrieben,
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Dass er nicht mag eine Seele lieben.
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Mir wird's so wohl in deinem Arm,
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So frei, so hingegeben warm,
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Und seine Gegenwart schnuert mir das Innre zu.
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Du ahnungsvoller Engel du!
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Das uebermannt mich so sehr,
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Dass, wo er nur mag zu uns treten,
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Mein ich sogar, ich liebte dich nicht mehr.
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Auch, wenn er da ist, koennt ich nimmer beten,
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Und das frisst mir ins Herz hinein;
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Dir, Heinrich, muss es auch so sein.
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Du hast nun die Antipathie!
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Ich muss nun fort.
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Ach kann ich nie Ein Stuendchen ruhig dir am Busen haengen
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Und Brust an Brust und Seel in Seele draengen?
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Ach wenn ich nur alleine schlief!
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Ich liess dir gern heut nacht den Riegel offen;
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Doch meine Mutter schlaeft nicht tief,
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Und wuerden wir von ihr betroffen,
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Ich waer gleich auf der Stelle tot!
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Du Engel, das hat keine Not.
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Hier ist ein Flaeschchen!
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Drei Tropfen nur In ihren Trank umhuellen
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Mit tiefem Schlaf gefaellig die Natur.
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Was tu ich nicht um deinetwillen?
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Es wird ihr hoffentlich nicht schaden!
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Wuerd ich sonst, Liebchen, dir es raten?
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Seh ich dich, bester Mann, nur an,
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Weiss nicht, was mich nach deinem Willen treibt,
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Ich habe schon so viel fuer dich getan,
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Dass mir zu tun fast nichts mehr uebrigbleibt.
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(Ab.)
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(Mephistopheles tritt auf.)
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Der Grasaff! ist er weg?
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Hast wieder spioniert?
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Ich hab's ausfuehrlich wohl vernommen,
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Herr Doktor wurden da katechisiert;
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Hoff, es soll Ihnen wohl bekommen.
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Die Maedels sind doch sehr interessiert,
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Ob einer fromm und schlicht nach altem Brauch.
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Sie denken: duckt er da, folgt er uns eben auch.
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Du Ungeheuer siehst nicht ein,
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Wie diese treue liebe Seele
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Von ihrem Glauben voll,
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Der ganz allein
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Ihr seligmachend ist, sich heilig quaele,
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Dass sie den liebsten Mann verloren halten soll.
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Du uebersinnlicher sinnlicher Freier,
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Ein Maegdelein nasfuehret dich.
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Du Spottgeburt von Dreck und Feuer!
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Und die Physiognomie versteht sie meisterlich:
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In meiner Gegenwart wird's ihr, sie weiss nicht wie,
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Mein Maeskchen da weissagt verborgnen Sinn;
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Sie fuehlt, dass ich ganz sicher ein Genie,
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Vielleicht wohl gar der Teufel bin.
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Nun, heute nacht-?
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Was geht dich's an?
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Hab ich doch meine Freude dran!
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Am Brunnen
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Gretchen und Lieschen mit Kruegen.
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Hast nichts von Baerbelchen gehoert?
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Kein Wort. Ich komm gar wenig unter Leute.
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Gewiss, Sibylle sagt' mir's heute:
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Die hat sich endlich auch betoert.
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Das ist das Vornehmtun!
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Wieso?
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Es stinkt! Sie fuettert zwei, wenn sie nun isst und trinkt.
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Ach!
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So ist's ihr endlich recht ergangen.
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Wie lange hat sie an dem Kerl gehangen!
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Das war ein Spazieren,
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Auf Dorf und Tanzplatz Fuehren,
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Musst ueberall die Erste sein,
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Kurtesiert ihr immer mit Pastetchen und Wein;
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Bildt sich was auf ihre Schoenheit ein,
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War doch so ehrlos, sich nicht zu schaemen,
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Geschenke von ihm anzunehmen.
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War ein Gekos und ein Geschleck;
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Da ist denn auch das Bluemchen weg!
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Das arme Ding!
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Bedauerst sie noch gar! Wenn unsereins am Spinnen war,
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Uns nachts die Mutter nicht hinunterliess,
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Stand sie bei ihrem Buhlen suess;
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Auf der Tuerbank und im dunkeln Gang
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Ward ihnen keine Stunde zu lang.
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Da mag sie denn sich ducken nun,
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Im Suenderhemdchen Kirchbuss tun!
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Er nimmt sie gewiss zu seiner Frau.
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Er waer ein Narr! Ein flinker Jung
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Hat anderwaerts noch Luft genung.
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Er ist auch fort.
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Das ist nicht schoen!
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Kriegt sie ihn, soll's ihr uebel gehn,
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Das Kraenzel reissen die Buben ihr,
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Und Haeckerling streuen wir vor die Tuer!
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(Ab.)
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(nach Hause gehend):
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Wie konnt ich sonst so tapfer schmaelen,
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Wenn taet ein armes Maegdlein fehlen!
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Wie konnt ich ueber andrer Suenden
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Nicht Worte gnug der Zunge finden!
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Wie schien mir's schwarz, und schwaerzt's noch gar,
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Mir's immer doch nicht schwarz gnug war,
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Und segnet mich und tat so gross,
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Und bin nun selbst der Suende bloss!
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Doch- alles, was dazu mich trieb,
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Gott! war so gut! ach, war so lieb!
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Zwinger
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In der Mauerhoehle ein Andachtsbild der Mater dolorosa, Blumenkruge davor.
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Gretchen steckt frische Blumen in die Kruge.
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Ach neige,
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Du Schmerzenreiche,
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Dein Antlitz gnaedig meiner Not!
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Das Schwert im Herzen,
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Mit tausend Schmerzen
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Blickst auf zu deines Sohnes Tod.
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Zum Vater blickst du,
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Und Seufzer schickst du
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Hinauf um sein' und deine Not.
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Wer fuehlet,
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Wie wuehlet
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Der Schmerz mir im Gebein?
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Was mein armes Herz hier banget,
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Was es zittert, was verlanget,
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Weisst nur du, nur du allein!
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Wohin ich immer gehe
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Wie weh, wie weh, wie wehe
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Wird mir im Busen hier!
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Ich bin, ach! kaum alleine,
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Ich wein, ich wein, ich weine,
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Das Herz zerbricht in mir.
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Die Scherben vor meinem Fenster
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Betaut ich mit Traenen, ach!
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Als ich am fruehen Morgen
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Dir diese Blumen brach.
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Schien hell in meine Kammer
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Die Sonne frueh herauf,
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Sass ich in allem Jammer
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In meinem Bett schon auf.
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Hilf! rette mich von Schmach und Tod!
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Ach neige,
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Du Schmerzenreiche,
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Dein Antlitz gnaedig meiner Not!
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Nacht. Strasse vor Gretchens Tuere
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Valentin, Soldat, Gretchens Bruder.
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Wenn ich so sass bei einem Gelag,
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Wo mancher sich beruehmen mag,
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Und die Gesellen mir den Flor
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Der Maegdlein laut gepriesen vor,
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Mit vollem Glas das Lob verschwemmt,
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Den Ellenbogen aufgestemmt,
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Sass ich in meiner sichern Ruh,
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Hoert all dem Schwadronieren zu
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Und streiche laechelnd meinen Bart
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Und kriege das volle Glas zur Hand
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Und sage: "Alles nach seiner Art!
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Aber ist eine im ganzen Land,
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Die meiner trauten Gretel gleicht,
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Die meiner Schwester das Wasser reicht?"
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Topp! Topp! Kling! Klang! das ging herum;
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Die einen schrieen: "Er hat recht,
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Sie ist die Zier vom ganzen Geschlecht."
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Da sassen alle die Lober stumm.
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Und nun!- um's Haar sich auszuraufen
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Und an den Waenden hinaufzulaufen!-
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Mit Stichelreden, Naseruempfen
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Soll jeder Schurke mich beschimpfen!
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Soll wie ein boeser Schuldner sitzen
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Bei jedem Zufallswoertchen schwitzen!
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Und moecht ich sie zusammenschmeissen
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Koennt ich sie doch nicht Luegner heissen.
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Was kommt heran? Was schleicht herbei?
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Irr ich nicht, es sind ihrer zwei.
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Ist er's, gleich pack ich ihn beim Felle
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Soll nicht lebendig von der Stelle!
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Faust. Mephistopheles.
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Wie von dem Fenster dort der Sakristei
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Aufwaerts der Schein des Ew'gen Laempchens flaemmert
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Und schwach und schwaecher seitwaerts daemmert,
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Und Finsternis draengt ringsum bei!
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So sieht's in meinem Busen naechtig.
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Und mir ist's wie dem Kaetzlein schmaechtig,
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Das an den Feuerleitern schleicht,
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Sich leis dann um die Mauern streicht;
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Mir ist's ganz tugendlich dabei,
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Ein bisschen Diebsgeluest, ein bisschen Rammelei.
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So spukt mir schon durch alle Glieder
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Die herrliche Walpurgisnacht.
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Die kommt uns uebermorgen wieder,
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Da weiss man doch, warum man wacht.
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Rueckt wohl der Schatz indessen in die Hoeh,
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Den ich dort hinten flimmern seh?
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Du kannst die Freude bald erleben,
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Das Kesselchen herauszuheben.
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Ich schielte neulich so hinein,
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Sind herrliche Loewentaler drein.
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Nicht ein Geschmeide, nicht ein Ring,
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Meine liebe Buhle damit zu zieren?
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Ich sah dabei wohl so ein Ding,
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Als wie eine Art von Perlenschnueren.
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So ist es recht! Mir tut es weh,
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Wenn ich ohne Geschenke zu ihr geh.
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Es sollt Euch eben nicht verdriessen,
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Umsonst auch etwas zu geniessen.
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Jetzt, da der Himmel voller Sterne glueht,
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Sollt Ihr ein wahres Kunststueck hoeren:
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Ich sing ihr ein moralisch Lied,
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Um sie gewisser zu betoeren. (Singt zur Zither.) Was machst du mir
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Vor Liebchens Tuer,
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Kathrinchen, hier
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Bei fruehem Tagesblicke?
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Lass, lass es sein!
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Er laesst dich ein
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Als Maedchen ein,
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Als Maedchen nicht zuruecke.
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Nehmt euch in acht!
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Ist es vollbracht,
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Dann gute Nacht'
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Ihr armen, armen Dinger!
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Habt ihr euch lieb,
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Tut keinem Dieb
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Nur nichts zulieb
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Als mit dem Ring am Finger.
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VALENTIN (tritt vor):
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Wen lockst du hier? beim Element!
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Vermaledeiter Rattenfaenger!
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Zum Teufel erst das Instrument!
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Zum Teufel hinterdrein den Saenger!
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Die Zither ist entzwei! an der ist nichts zu halten.
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Nun soll es an ein Schaedelspalten!
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MEPHISTOPHELES (zu Faust):
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Herr Doktor, nicht gewichen! Frisch!
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Hart an mich an, wie ich Euch fuehre.
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Heraus mit Eurem Flederwisch!
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Nur zugestossen! ich pariere.
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Pariere den!
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Warum denn nicht?
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Auch den!
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Gewiss!
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Ich glaub, der Teufel ficht! Was ist denn das? Schon wird die Hand mir
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lahm.
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MEPHISTOPHELES (zu Faust):
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Stoss zu!
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VALENTIN (faellt):
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O weh!
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Nun ist der Luemmel zahm! Nun aber fort! Wir muessen gleich verschwinden
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Denn schon entsteht ein moerderlich Geschrei.
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Ich weiss mich trefflich mit der Polizei,
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Doch mit dem Blutbann schlecht mich abzufinden.
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MARTHE (am Fenster):
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Heraus! Heraus!
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GRETCHEN (am Fenster):
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Herbei ein Licht!
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MARTHE (wie oben):
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Man schilt und rauft, man schreit und ficht.
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Da liegt schon einer tot!
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MARTHE (heraustretend):
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Die Moerder, sind sie denn entflohn?
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GRETCHEN (heraustretend):
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Wer liegt hier?
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Deiner Mutter Sohn.
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Allmaechtiger! welche Not!
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Ich sterbe! das ist bald gesagt
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Und balder noch getan.
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Was steht ihr Weiber, heult und klagt?
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Kommt her und hoert mich an!
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(Alle treten um ihn.)
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Mein Gretchen, sieh! du bist noch jung,
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Bist gar noch nicht gescheit genung,
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Machst deine Sachen schlecht.
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Ich sag dir's im Vertrauen nur:
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Du bist doch nun einmal eine Hur,
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So sei's auch eben recht!
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|
Mein Bruder! Gott! Was soll mir das?
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|
Lass unsern Herrgott aus dem Spass!
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Geschehn ist leider nun geschehn
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Und wie es gehn kann, so wird's gehn.
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Du fingst mit einem heimlich an
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Bald kommen ihrer mehre dran,
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Und wenn dich erst ein Dutzend hat,
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|
So hat dich auch die ganze Stadt.
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Wenn erst die Schande wird geboren,
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Wird sie heimlich zur Welt gebracht,
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Und man zieht den Schleier der Nacht
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|
Ihr ueber Kopf und Ohren;
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Ja, man moechte sie gern ermorden.
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Waechst sie aber und macht sich gross,
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|
Dann geht sie auch bei Tage bloss
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Und ist doch nicht schoener geworden.
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|
Je haesslicher wird ihr Gesicht,
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Je mehr sucht sie des Tages Licht.
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Ich seh wahrhaftig schon die Zeit,
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Dass alle brave Buergersleut,
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Wie von einer angesteckten Leichen,
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Von dir, du Metze! seitab weichen.
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Dir soll das Herz im Leib verzagen,
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Wenn sie dir in die Augen sehn!
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Sollst keine goldne Kette mehr tragen!
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In der Kirche nicht mehr am Altar stehn!
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In einem schoenen Spitzenkragen
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Dich nicht beim Tanze wohlbehagen!
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In eine finstre Jammerecken
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Unter Bettler und Krueppel dich verstecken,
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Und, wenn dir dann auch Gott verzeiht,
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Auf Erden sein vermaledeit!
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Befehlt Eure Seele Gott zu Gnaden!
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Wollt Ihr noch Laestrung auf Euch laden?
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Koennt ich dir nur an den duerren Leib,
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Du schaendlich kupplerisches Weib!
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Da hofft ich aller meiner Suenden
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Vergebung reiche Mass zu finden.
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Mein Bruder! Welche Hoellenpein!
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Ich sage, lass die Traenen sein!
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Da du dich sprachst der Ehre los,
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Gabst mir den schwersten Herzensstoss.
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Ich gehe durch den Todesschlaf
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Zu Gott ein als Soldat und brav.
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(Stirbt.)
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Dom
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Amt, Orgel und Gesang. Gretchen unter vielem Volke. Boeser Geist hinter
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Gretchen.
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Wie anders, Gretchen, war dir's,
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Als du noch voll Unschuld
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Hier zum Altar tratst
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Aus dem vergriffnen Buechelchen
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Gebete lalltest,
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|
Halb Kinderspiele,
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Halb Gott im Herzen!
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Gretchen!
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Wo steht dein Kopf?
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In deinem Herzen
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Welche Missetat?
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Betst du fuer deiner Mutter Seele, die
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Durch dich zur langen, langen Pein hinueberschlief?
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Auf deiner Schwelle wessen Blut?
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- Und unter deinem Herzen
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Regt sich's nicht quillend schon
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Und aengstet dich und sich
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Mit ahnungsvoller Gegenwart?
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Weh! Weh!
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Waer ich der Gedanken los,
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Die mir herueber und hinueber gehen
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Wider mich!
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Dies irae, dies illa
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Solvet saeclum in favilla.
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(Orgelton.)
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Grimm fasst dich!
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Die Posaune toent!
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Die Graeber beben!
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Und dein Herz,
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Aus Aschenruh
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Zu Flammenqualen
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Wieder aufgeschaffen,
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Bebt auf!
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Waer ich hier weg!
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Mir ist, als ob die Orgel mir
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Den Atem versetzte,
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Gesang mein Herz
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Im Tiefsten loeste.
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Judex ergo cum sedebit,
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Quidquid latet adparebit,
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Nil inultum remanebit.
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Mir wird so eng!
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Die Mauernpfeiler
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Befangen mich!
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Das Gewoelbe
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Draengt mich!- Luft!
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Verbirg dich! Suend und Schande
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Bleibt nicht verborgen.
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Luft? Licht?
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Weh dir!
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Quid sum miser tunc dicturus?
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Quem patronum rogaturus?
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Cum vix justus sit securus.
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Ihr Antlitz wenden
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Verklaerte von dir ab.
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Die Haende dir zu reichen,
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Schauert's den Reinen.
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Weh!
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Quid sum miser tunc dicturus?
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Nachbarin! Euer Flaeschchen!
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(Sie faellt in Ohnmacht.)
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Walpurgisnacht
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Harzgebirg Gegend von Schierke und Elend
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Faust. Mephistopheles.
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Verlangst du nicht nach einem Besenstiele?
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Ich wuenschte mir den allerderbsten Bock.
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Auf diesem Weg sind wir noch weit vom Ziele.
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Solang ich mich noch frisch auf meinen Beinen fuehle,
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Genuegt mir dieser Knotenstock.
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Was hilft's, dass man den Weg verkuerzt!-
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Im Labyrinth der Taeler hinzuschleichen,
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Dann diesen Felsen zu ersteigen,
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Von dem der Quell sich ewig sprudelnd stuerzt,
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Das ist die Lust, die solche Pfade wuerzt!
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Der Fruehling webt schon in den Birken,
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Und selbst die Fichte fuehlt ihn schon;
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Sollt er nicht auch auf unsre Glieder wirken?
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Fuerwahr, ich spuere nichts davon!
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Mir ist es winterlich im Leibe,
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Ich wuenschte Schnee und Frost auf meiner Bahn.
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Wie traurig steigt die unvollkommne Scheibe
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Des roten Monds mit spaeter Glut heran
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Und leuchtet schlecht, dass man bei jedem Schritte
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Vor einen Baum, vor einen Felsen rennt!
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Erlaub, dass ich ein Irrlicht bitte!
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Dort seh ich eins, das eben lustig brennt.
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Heda! mein Freund! darf ich dich zu uns fodern?
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Was willst du so vergebens lodern?
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Sei doch so gut und leucht uns da hinauf!
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Aus Ehrfurcht, hoff ich, soll es mir gelingen,
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Mein leichtes Naturell zu zwingen;
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Nur zickzack geht gewoehnlich unser Lauf.
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Ei! Ei! Er denkt's den Menschen nachzuahmen.
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Geh Er nur grad, in 's Teufels Namen!
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Sonst blas ich ihm sein Flackerleben aus.
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Ich merke wohl, Ihr seid der Herr vom Haus,
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Und will mich gern nach Euch bequemen.
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Allein bedenkt! der Berg ist heute zaubertoll
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Und wenn ein Irrlicht Euch die Wege weisen soll
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So muesst Ihr's so genau nicht nehmen.
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FAUST, MEPHISTOPHELES, IRRLICHT (im Wechselgesang):
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In die Traum- und Zaubersphaere
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Sind wir, scheint es, eingegangen.
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Fuehr uns gut und mach dir Ehre
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Dass wir vorwaerts bald gelangen
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In den weiten, oeden Raeumen!
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Seh die Baeume hinter Baeumen,
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Wie sie schnell vorueberruecken,
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Und die Klippen, die sich buecken,
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Und die langen Felsennasen,
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Wie sie schnarchen, wie sie blasen!
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Durch die Steine, durch den Rasen
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Eilet Bach und Baechlein nieder.
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Hoer ich Rauschen? hoer ich Lieder?
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Hoer ich holde Liebesklage,
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Stimmen jener Himmelstage?
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Was wir hoffen, was wir lieben!
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Und das Echo, wie die Sage
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Alter Zeiten, hallet wider.
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"Uhu! Schuhu!" toent es naeher,
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Kauz und Kiebitz und der Haeher,
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Sind sie alle wach geblieben?
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Sind das Molche durchs Gestraeuche?
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Lange Beine, dicke Baeuche!
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Und die Wurzeln, wie die Schlangen,
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Winden sich aus Fels und Sande,
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Strecken wunderliche Bande,
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Uns zu schrecken, uns zu fangen;
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Aus belebten derben Masern
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Strecken sie Polypenfasern
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Nach dem Wandrer. Und die Maeuse
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Tausendfaerbig, scharenweise,
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Durch das Moos und durch die Heide!
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Und die Funkenwuermer fliegen
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Mit gedraengten Schwaermezuegen
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Zum verwirrenden Geleite.
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Aber sag mir, ob wir stehen
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Oder ob wir weitergehen?
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Alles, alles scheint zu drehen,
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Fels und Baeume, die Gesichter
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Schneiden, und die irren Lichter,
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Die sich mehren, die sich blaehen.
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Fasse wacker meinen Zipfel!
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Hier ist so ein Mittelgipfel
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Wo man mit Erstaunen sieht,
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Wie im Berg der Mammon glueht.
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Wie seltsam glimmert durch die Gruende
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Ein morgenroetlich trueber Schein!
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Und selbst bis in die tiefen Schluende
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Des Abgrunds wittert er hinein.
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Da steigt ein Dampf, dort ziehen Schwaden,
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Hier leuchtet Glut aus Dunst und Flor
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Dann schleicht sie wie ein zarter Faden
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Dann bricht sie wie ein Quell hervor.
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Hier schlingt sie eine ganze Strecke
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Mit hundert Adern sich durchs Tal,
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Und hier in der gedraengten Ecke
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Vereinzelt sie sich auf einmal.
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Da spruehen Funken in der Naehe
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Wie ausgestreuter goldner Sand.
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Doch schau! in ihrer ganzen Hoehe
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Entzuendet sich die Felsenwand.
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Erleuchtet nicht zu diesem Feste
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Herr Mammon praechtig den Palast?
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Ein Glueck, dass du's gesehen hast,
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Ich spuere schon die ungestuemen Gaeste.
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Wie rast die Windsbraut durch die Luft!
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Mit welchen Schlaegen trifft sie meinen Nacken!
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Du musst des Felsens alte Rippen packen
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Sonst stuerzt sie dich hinab in dieser Schluende Gruft.
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Ein Nebel verdichtet die Nacht.
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Hoere, wie's durch die Waelder kracht!
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Aufgescheucht fliegen die Eulen.
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Hoer, es splittern die Saeulen
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Ewig gruener Palaeste.
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Girren und Brechen der Aste!
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Der Staemme maechtiges Droehnen!
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Der Wurzeln Knarren und Gaehnen!
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Im fuerchterlich verworrenen Falle
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UEbereinander krachen sie alle
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Und durch die uebertruemmerten Kluefte
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Zischen und heulen die Luefte.
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Hoerst du Stimmen in der Hoehe?
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In der Ferne, in der Naehe?
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Ja, den ganzen Berg entlang
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Stroemt ein wuetender Zaubergesang!
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HEXEN (im Chor):
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Die Hexen zu dem Brocken ziehn,
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Die Stoppel ist gelb, die Saat ist gruen.
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Dort sammelt sich der grosse Hauf,
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Herr Urian sitzt oben auf.
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So geht es ueber Stein und Stock,
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Es farzt die Hexe, es stinkt der Bock.
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Die alte Baubo kommt allein,
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Sie reitet auf einem Mutterschwein.
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So Ehre denn, wem Ehre gebuehrt!
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Frau Baubo vor! und angefuehrt!
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Ein tuechtig Schwein und Mutter drauf,
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Da folgt der ganze Hexenhauf.
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Welchen Weg kommst du her?
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UEbern Ilsenstein! Da guckt ich der Eule ins Nest hinein,
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Die macht ein Paar Augen!
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O fahre zur Hoelle! Was reitst du so schnelle!
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Mich hat sie geschunden,
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Da sieh nur die Wunden!
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Der Weg ist breit, der Weg ist lang,
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Was ist das fuer ein toller Drang?
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Die Gabel sticht, der Besen kratzt,
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Das Kind erstickt, die Mutter platzt.
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Wir schleichen wie die Schneck im Haus,
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Die Weiber alle sind voraus.
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Denn, geht es zu des Boesen Haus,
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Das Weib hat tausend Schritt voraus.
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Wir nehmen das nicht so genau,
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Mit tausend Schritten macht's die Frau;
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Doch wie sie sich auch eilen kann,
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Mit einem Sprunge macht's der Mann.
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STIMME (oben):
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Kommt mit, kommt mit, vom Felsensee!
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STIMMEN (von unten):
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Wir moechten gerne mit in die Hoeh.
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Wir waschen, und blank sind wir ganz und gar;
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Aber auch ewig unfruchtbar.
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Es schweigt der Wind, es flieht der Stern,
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Der truebe Mond verbirgt sich gern.
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Im Sausen sprueht das Zauberchor
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Viel tausend Feuerfunken hervor.
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STIMME (von unten):
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Halte! Haltet
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STIMME (oben):
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Wer ruft da aus der Felsenspalte?
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STIMME (von unten):
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Nehmt mich mit! Nehmt mich mit!
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Ich steige schon dreihundert Jahr,
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Und kann den Gipfel nicht erreichen
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Ich waere gern bei meinesgleichen.
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Es traegt der Besen, traegt der Stock
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Die Gabel traegt, es traegt der Bock
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Wer heute sich nicht heben kann
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Ist ewig ein verlorner Mann.
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HALBHEXE (unten):
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Ich tripple nach, so lange Zeit;
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Wie sind die andern schon so weit!
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Ich hab zu Hause keine Ruh
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Und komme hier doch nicht dazu.
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Die Salbe gibt den Hexen Mut,
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Ein Lumpen ist zum Segel gut
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Ein gutes Schiff ist jeder Trog
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Der flieget nie, der heut nicht flog.
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Und wenn wir um den Gipfel ziehn,
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So streichet an dem Boden hin
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Und deckt die Heide weit und breit
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Mit eurem Schwarm der Hexenheit
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(Sie lassen sich nieder.)
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Das draengt und stoesst, das ruscht und klappert!
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Das zischt und quirlt, das zieht und plappert!
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Das leuchtet, sprueht und stinkt und brennt!
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Ein wahres Hexenelement!
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Nur fest an mir! sonst sind wir gleich getrennt.
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Wo bist du?
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FAUST (in der Ferne):
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Hier!
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Was! dort schon hingerissen? Da werd ich Hausrecht brauchen muessen.
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Platz! Junker Voland kommt. Platz! suesser Poebel, Platz!
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Hier, Doktor, fasse mich! und nun in einem Satz
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Lass uns aus dem Gedraeng entweichen;
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Es ist zu toll, sogar fuer meinesgleichen.
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Dortneben leuchtet was mit ganz besondrem Schein,
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Es zieht mich was nach jenen Straeuchen.
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Komm, komm! wir schlupfen da hinein.
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Du Geist des Widerspruchs! Nur zu! du magst mich fuehren.
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Ich denke doch, das war recht klug gemacht:
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Zum Brocken wandeln wir in der Walpurgisnacht,
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Um uns beliebig nun hieselbst zu isolieren.
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Da sieh nur, welche bunten Flammen!
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Es ist ein muntrer Klub beisammen.
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Im Kleinen ist man nicht allein.
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Doch droben moecht ich lieber sein!
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Schon seh ich Glut und Wirbelrauch.
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Dort stroemt die Menge zu dem Boesen;
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Da muss sich manches Raetsel loesen.
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Doch manches Raetsel knuepft sich auch.
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Lass du die grosse Welt nur sausen,
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Wir wollen hier im stillen hausen.
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Es ist doch lange hergebracht,
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Dass in der grossen Welt man kleine Welten macht.
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Da seh ich junge Hexchen, nackt und bloss,
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Und alte, die sich klug verhuellen.
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Seid freundlich, nur um meinetwillen;
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Die Mueh ist klein, der Spass ist gross.
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Ich hoere was von Instrumenten toenen!
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Verflucht Geschnarr! Man muss sich dran gewohnen.
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Komm mit! Komm mit! Es kann nicht anders sein,
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Ich tret heran und fuehre dich herein,
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Und ich verbinde dich aufs neue.
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Was sagst du, Freund? das ist kein kleiner Raum.
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Da sieh nur hin! du siehst das Ende kaum.
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Ein Hundert Feuer brennen in der Reihe
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Man tanzt, man schwatzt, man kocht, man trinkt, man liebt
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Nun sage mir, wo es was Bessers gibt?
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Willst du dich nun, um uns hier einzufuehren,
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Als Zaubrer oder Teufel produzieren?
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Zwar bin ich sehr gewohnt, inkognito zu gehn,
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Doch laesst am Galatag man seinen Orden sehn.
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Ein Knieband zeichnet mich nicht aus,
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Doch ist der Pferdefuss hier ehrenvoll zu Haus.
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Siehst du die Schnecke da? sie kommt herangekrochen;
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Mit ihrem tastenden Gesicht
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Hat sie mir schon was abgerochen.
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Wenn ich auch will, verleugn ich hier mich nicht.
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Komm nur! von Feuer gehen wir zu Feuer,
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Ich bin der Werber, und du bist der Freier.
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(Zu einigen, die um verglimmende Kohlen sitzen:)
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Ihr alten Herrn, was macht ihr hier am Ende?
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Ich lobt euch, wenn ich euch huebsch in der Mitte faende,
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Von Saus umzirkt und Jugendbraus;
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Genug allein ist jeder ja zu Haus.
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Wer mag auf Nationen trauen!
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Man habe noch so viel fuer sie getan;
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Denn bei dem Volk wie bei den Frauen
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Steht immerfort die Jugend oben an.
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Jetzt ist man von dem Rechten allzu weit,
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Ich lobe mir die guten Alten;
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Denn freilich, da wir alles galten,
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Da war die rechte goldne Zeit.
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Wir waren wahrlich auch nicht dumm
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Und taten oft, was wir nicht sollten;
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Doch jetzo kehrt sich alles um und um,
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Und eben da wir's fest erhalten wollten.
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Wer mag wohl ueberhaupt jetzt eine Schrift
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Von maessig klugem Inhalt lesen!
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Und was das liebe junge Volk betrifft,
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Das ist noch nie so naseweis gewesen.
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MEPHISTOPHELES (der auf einmal sehr alt erscheint):
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Zum Juengsten Tag fuehl ich das Volk gereift,
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Da ich zum letztenmal den Hexenberg ersteige,
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Und weil mein Faesschen truebe laeuft,
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So ist die Welt auch auf der Neige.
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Ihr Herren, geht nicht so vorbei!
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Lasst die Gelegenheit nicht fahren!
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Aufmerksam blickt nach meinen Waren,
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Es steht dahier gar mancherlei.
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Und doch ist nichts in meinem Laden,
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Dem keiner auf der Erde gleicht,
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Das nicht einmal zum tuecht'gen Schaden
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Der Menschen und der Welt gereicht.
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Kein Dolch ist hier, von dem nicht Blut geflossen,
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Kein Kelch, aus dem sich nicht in ganz gesunden Leib
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Verzehrend heisses Gift ergossen,
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Kein Schmuck, der nicht ein liebenswuerdig Weib
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Verfuehrt, kein Schwert, das nicht den Bund gebrochen,
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Nicht etwa hinterruecks den Gegenmann durchstochen.
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Frau Muhme! Sie versteht mir schlecht die Zeiten.
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Getan, geschehn! Geschehn, getan!
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Verleg Sie sich auf Neuigkeiten!
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Nur Neuigkeiten ziehn uns an.
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Dass ich mich nur nicht selbst vergesse!
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Heiss ich mir das doch eine Messe!
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Der ganze Strudel strebt nach oben;
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Du glaubst zu schieben, und du wirst geschoben.
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Wer ist denn das?
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Betrachte sie genau! Lilith ist das.
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Wer?
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Adams erste Frau. Nimm dich in acht vor ihren schoenen Haaren,
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Vor diesem Schmuck, mit dem sie einzig prangt.
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Wenn sie damit den jungen Mann erlangt,
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So laesst sie ihn so bald nicht wieder fahren.
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Da sitzen zwei, die Alte mit der Jungen;
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Die haben schon was Rechts gesprungen!
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Das hat nun heute keine Ruh.
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Es geht zum neuen Tanz, nun komm! wir greifen zu.
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FAUST (mit der Jungen tanzend):
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Einst hatt ich einen schoenen Traum
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Da sah ich einen Apfelbaum,
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Zwei schoene AEpfel glaenzten dran,
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Sie reizten mich, ich stieg hinan.
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Der AEpfelchen begehrt ihr sehr,
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Und schon vom Paradiese her.
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Von Freuden fuehl ich mich bewegt,
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Dass auch mein Garten solche traegt.
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MEPHISTOPHELES (mit der Alten):
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Einst hatt ich einen wuesten Traum
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Da sah ich einen gespaltnen Baum,
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Der hatt ein ungeheures Loch;
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So gross es war, gefiel mir's doch.
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Ich biete meinen besten Gruss
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Dem Ritter mit dem Pferdefuss!
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Halt Er einen rechten Pfropf bereit,
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Wenn Er das grosse Loch nicht scheut.
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Verfluchtes Volk! was untersteht ihr euch?
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Hat man euch lange nicht bewiesen:
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Ein Geist steht nie auf ordentlichen Fuessen?
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Nun tanzt ihr gar, uns andern Menschen gleich!
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DIE SCHOENE (tanzend):
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Was will denn der auf unserm Ball?
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FAUST (tanzend):
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Ei! der ist eben ueberall.
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Was andre tanzen, muss er schaetzen.
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Kann er nicht jeden Schritt beschwaetzen,
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So ist der Schritt so gut als nicht geschehn.
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Am meisten aergert ihn, sobald wir vorwaerts gehn.
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Wenn ihr euch so im Kreise drehen wolltet,
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Wie er's in seiner alten Muehle tut
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Das hiess' er allenfalls noch gut
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Besonders wenn ihr ihn darum begruessen solltet.
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Ihr seid noch immer da! nein, das ist unerhoert.
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Verschwindet doch! Wir haben ja aufgeklaert!
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Das Teufelspack, es fragt nach keiner Regel
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Wir sind so klug, und dennoch spukt's in Tegel.
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Wie lange hab ich nicht am Wahn hinausgekehrt,
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Und nie wird's rein; das ist doch unerhoert!
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So hoert doch auf, uns hier zu ennuyieren!
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Ich sag's euch Geistern ins Gesicht:
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Den Geistesdespotismus leid ich nicht;
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Mein Geist kann ihn nicht exerzieren.
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(Es wird fortgetanzt.)
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Heut, seh ich, will mir nichts gelingen;
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Doch eine Reise nehm ich immer mit
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Und hoffe noch vor meinem letzten Schritt
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Die Teufel und die Dichter zu bezwingen.
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Er wird sich gleich in eine Pfuetze setzen,
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Das ist die Art, wie er sich soulagiert,
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Und wenn Blutegel sich an seinem Steiss ergetzen,
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Ist er von Geistern und von Geist kuriert.
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(Zu Faust, der aus dem Tanz getreten ist.)
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Was laessest du das schoene Maedchen fahren,
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Das dir zum Tanz so lieblich sang?
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Ach! mitten im Gesange sprang
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Ein rotes Maeuschen ihr aus dem Munde.
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Das ist was Rechts! das nimmt man nicht genau;
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Genug, die Maus war doch nicht grau.
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Wer fragt darnach in einer Schaeferstunde?
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Dann sah ich-
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Was?
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Mephisto, siehst du dort Ein blasses, schoenes Kind allein und ferne stehen?
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Sie schiebt sich langsam nur vom Ort,
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Sie scheint mit geschlossnen Fuessen zu gehen.
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Ich muss bekennen, dass mir deucht,
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Dass sie dem guten Gretchen gleicht.
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Lass das nur stehn! dabei wird's niemand wohl.
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Es ist ein Zauberbild, ist leblos, ein Idol.
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Ihm zu begegnen, ist nicht gut:
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Vom starren Blick erstarrt des Menschen Blut,
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Und er wird fast in Stein verkehrt;
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Von der Meduse hast du ja gehoert.
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Fuerwahr, es sind die Augen einer Toten,
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Die eine liebende Hand nicht schloss.
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Das ist die Brust, die Gretchen mir geboten,
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Das ist der suesse Leib, den ich genoss.
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Das ist die Zauberei, du leicht verfuehrter Tor!
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Denn jedem kommt sie wie sein Liebchen vor.
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Welch eine Wonne! welch ein Leiden!
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Ich kann von diesem Blick nicht scheiden.
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Wie sonderbar muss diesen schoenen Hals
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Ein einzig rotes Schnuerchen schmuecken,
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Nicht breiter als ein Messerruecken!
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Ganz recht! ich seh es ebenfalls.
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Sie kann das Haupt auch unterm Arme tragen,
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Denn Perseus hat's ihr abgeschlagen.
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Nur immer diese Lust zum Wahn!
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Komm doch das Huegelchen heran,
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Hier ist's so lustig wie im Prater
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Und hat man mir's nicht angetan,
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So seh ich wahrlich ein Theater.
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Was gibt's denn da?
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Gleich faengt man wieder an. Ein neues Stueck, das letzte Stueck von sieben.
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So viel zu geben ist allhier der Brauch,
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Ein Dilettant hat es geschrieben
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Und Dilettanten spielen's auch.
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Verzeiht, ihr Herrn, wenn ich verschwinde
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Mich dilettiert's, den Vorhang aufzuziehn.
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Wenn ich euch auf dem Blocksberg finde,
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Das find ich gut; denn da gehoert ihr hin.
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Walpurgisnachtstraum
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oder Oberons und Titanias goldne Hochzeit Intermezzo
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Heute ruhen wir einmal,
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Miedings wackre Soehne.
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Alter Berg und feuchtes Tal,
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Das ist die ganze Szene!
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Dass die Hochzeit golden sei,
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Solln funfzig Jahr sein vorueber;
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Aber ist der Streit vorbei,
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Das golden ist mir lieber.
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Seid ihr Geister, wo ich bin,
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So zeigt's in diesen Stunden;
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Koenig und die Koenigin,
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Sie sind aufs neu verbunden.
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Kommt der Puck und dreht sich quer
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Und schleift den Fuss im Reihen;
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Hundert kommen hinterher,
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Sich auch mit ihm zu freuen.
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Ariel bewegt den Sang
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In himmlisch reinen Toenen;
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Viele Fratzen lockt sein Klang,
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Doch lockt er auch die Schoenen.
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Gatten, die sich vertragen wollen,
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Lernen's von uns beiden!
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Wenn sich zweie lieben sollen,
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Braucht man sie nur zu scheiden.
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Schmollt der Mann und grillt die Frau,
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So fasst sie nur behende,
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Fuehrt mir nach dem Mittag sie,
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Und ihn an Nordens Ende.
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ORCHESTER TUTTI (Fortissimo):
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Fliegenschnauz und Mueckennas
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Mit ihren Anverwandten,
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Frosch im Laub und Grill im Gras,
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Das sind die Musikanten!
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Seht, da kommt der Dudelsack!
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Es ist die Seifenblase.
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Hoert den Schneckeschnickeschnack
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Durch seine stumpfe Nase
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Spinnenfuss und Kroetenbauch
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Und Fluegelchen dem Wichtchen!
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Zwar ein Tierchen gibt es nicht,
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Doch gibt es ein Gedichtchen.
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Kleiner Schritt und hoher Sprung
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Durch Honigtau und Duefte
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Zwar du trippelst mir genung,
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Doch geh's nicht in die Luefte.
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Ist das nicht Maskeradenspott?
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Soll ich den Augen trauen,
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Oberon, den schoenen Gott,
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Auch heute hier zu schauen?
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Keine Klauen, keinen Schwanz!
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Doch bleibt es ausser Zweifel:
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So wie die Goetter Griechenlands,
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So ist auch er ein Teufel.
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Was ich ergreife, das ist heut
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Fuerwahr nur skizzenweise;
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Doch ich bereite mich beizeit
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Zur italien'schen Reise.
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Ach! mein Unglueck fuehrt mich her:
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Wie wird nicht hier geludert!
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Und von dem ganzen Hexenheer
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Sind zweie nur gepudert.
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JUNGE HEXE
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Der Puder ist so wie der Rock
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Fuer alt' und graue Weibchen,
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Drum sitz ich nackt auf meinem Bock
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Und zeig ein derbes Leibchen.
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Wir haben zu viel Lebensart
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Um hier mit euch zu maulen!
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Doch hoff ich, sollt ihr jung und zart
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So wie ihr seid, verfaulen.
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Fliegenschnauz und Mueckennas
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Umschwaermt mir nicht die Nackte!
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Frosch im Laub und Grill im Gras,
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So bleibt doch auch im Takte!
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WINDFAHNE (nach der einen Seite):
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Gesellschaft, wie man wuenschen kann:
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Wahrhaftig lauter Braeute!
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Und Junggesellen, Mann fuer Mann,
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Die hoffnungsvollsten Leute!
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WINDFAHNE (nach der andern Seite):
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Und tut sich nicht der Boden auf,
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Sie alle zu verschlingen,
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So will ich mit behendem Lauf
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Gleich in die Hoelle springen.
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Als Insekten sind wir da,
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Mit kleinen scharfen Scheren,
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Satan, unsern Herrn Papa,
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Nach Wuerden zu verehren.
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Seht, wie sie in gedraengter Schar
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Naiv zusammen scherzen!
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Am Ende sagen sie noch gar,
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Sie haetten gute Herzen.
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Ich mag in diesem Hexenheer
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Mich gar zu gern verlieren;
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Denn freilich diese wuesst ich eh'r
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Als Musen anzufuehren.
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Mit rechten Leuten wird man was.
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Komm, fasse meinen Zipfel!
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Der Blocksberg, wie der deutsche Parnass,
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Hat gar einen breiten Gipfel.
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Sagt, wie heisst der steife Mann?
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Er geht mit stolzen Schritten.
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Er schnopert, was er schnopern kann.
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"Er spuert nach Jesuiten."
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In dem klaren mag ich gern
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Und auch im trueben fischen;
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Darum seht ihr den frommen Herrn
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Sich auch mit Teufeln mischen.
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Ja, fuer die Frommen, glaubet mir,
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Ist alles ein Vehikel,
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Sie bilden auf dem Blocksberg hier
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Gar manches Konventikel.
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Da kommt ja wohl ein neues Chor?
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Ich hoere ferne Trommeln.
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"Nur ungestoert! es sind im Rohr
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Die unisonen Dommeln."
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Wie jeder doch die Beine lupft!
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Sich, wie er kann, herauszieht!
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Der Krumme springt, der Plumpe hupft
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Und fragt nicht, wie es aussieht.
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Das hasst sich schwer, das Lumpenpack,
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Und gaeb sich gern das Restchen;
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Es eint sie hier der Dudelsack,
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Wie Orpheus' Leier die Bestjen.
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Ich lasse mich nicht irre schrein,
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Nicht durch Kritik noch Zweifel.
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Der Teufel muss doch etwas sein;
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Wie gaeb's denn sonst auch Teufel?
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Die Phantasie in meinem Sinn
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Ist diesmal gar zu herrisch.
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Fuerwahr, wenn ich das alles bin,
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So bin ich heute naerrisch.
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Das Wesen ist mir recht zur Qual
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Und muss mich bass verdriessen;
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Ich stehe hier zum erstenmal
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Nicht fest auf meinen Fuessen.
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Mit viel Vergnuegen bin ich da
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Und freue mich mit diesen;
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Denn von den Teufeln kann ich ja
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Auf gute Geister schliessen.
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Sie gehn den Flaemmchen auf der Spur
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Und glaubn sich nah dem Schatze.
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Auf Teufel reimt der Zweifel nur;
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Da bin ich recht am Platze.
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Frosch im Laub und Grill im Gras,
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Verfluchte Dilettanten!
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Fliegenschnauz und Mueckennas,
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Ihr seid doch Musikanten!
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Sanssouci, so heisst das Heer
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Von lustigen Geschoepfen;
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Auf den Fuessen geht's nicht mehr,
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Drum gehn wir auf den Koepfen.
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Sonst haben wir manchen Bissen erschranzt,
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Nun aber Gott befohlen!
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Unsere Schuhe sind durchgetanzt,
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Wir laufen auf nackten Sohlen.
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Von dem Sumpfe kommen wir,
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Woraus wir erst entstanden;
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Doch sind wir gleich im Reihen hier
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Die glaenzenden Galanten.
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Aus der Hoehe schoss ich her
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Im Stern- und Feuerscheine,
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Liege nun im Grase quer-
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Wer hilft mir auf die Beine?
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Platz und Platz! und ringsherum!
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So gehn die Graeschen nieder.
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Geister kommen, Geister auch,
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Sie haben plumpe Glieder.
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Tretet nicht so mastig auf
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Wie Elefantenkaelber,
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Und der plumpst' an diesem Tag
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Sei Puck, der derbe, selber.
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Gab die liebende Natur,
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Gab der Geist euch Fluegel,
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Folget meiner leichten Spur,
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Auf zum Rosenhuegel!
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ORCHESTER (Pianissimo):
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Wolkenzug und Nebelflor
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Erhellen sich von oben.
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Luft im Laub und Wind im Rohr,
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Und alles ist zerstoben.
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Trueber Tag. Feld
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Faust. Mephistopheles.
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Im Elend! Verzweifelnd! Erbaermlich auf der Erde lange verirrt und nun
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gefangen! Als Missetaeterin Im Kerker zu entsetzlichen Qualen eingesperrt,
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das holde unselige Geschoepf! Bis dahin! dahin!- Verraeterischer,
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nichtswuerdiger Geist, und das hast du mir verheimlicht!- Steh nur, steh!
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waelze die teuflischen Augen ingrimmend im Kopf herum! Steh und trutze mir
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durch deine unertraegliche Gegenwart! Gefangen! Im unwiederbringlichen
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Elend! Boesen Geistern uebergeben und der richtenden gefuehllosen Menschheit!
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Und mich wiegst du indes in abgeschmackten Zerstreuungen, verbirgst mir
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ihren wachsenden Jammer und laessest sie hilflos verderben!
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Sie ist die erste nicht.
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Hund! abscheuliches Untier!- Wandle ihn, du unendlicher Geist! wandle den
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Wurm wieder in seine Hundsgestalt, wie er sich oft naechtlicherweile gefiel,
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vor mir herzutrotten, dem harmlosen Wandrer vor die Fuesse zu kollern und
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sich dem niederstuerzenden auf die Schultern zu haengen. Wandl' ihn wieder in
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seine Lieblingsbildung, dass er vor mir im Sand auf dem Bauch krieche, ich
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ihn mit Fuessen trete, den Verworfnen!- "Die erste nicht!"- Jammer! Jammer!
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von keiner Menschenseele zu fassen, dass mehr als ein Geschoepf in die Tiefe
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dieses Elendes versank, dass nicht das erste genugtat fuer die Schuld aller
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uebrigen in seiner windenden Todesnot vor den Augen des ewig Verzeihenden!
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Mir wuehlt es Mark und Leben durch, das Elend dieser einzigen- du grinsest
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gelassen ueber das Schicksal von Tausenden hin!
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Nun sind wir schon wieder an der Grenze unsres Witzes, da, wo euch Menschen
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der Sinn ueberschnappt. Warum machst du Gemeinschaft mit uns wenn du sie
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nicht durchfuehren kannst? Willst fliegen und bist vorm Schwindel nicht
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sicher? Drangen wir uns dir auf, oder du dich uns?
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Fletsche deine gefraessigen Zaehne mir nicht so entgegen! Mir ekelt's!-
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Grosser, herrlicher Geist, der du mir zu erscheinen wuerdigtest, der du mein
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Herz kennest und meine Seele, warum an den Schandgesellen mich schmieden,
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der sich am Schaden weidet und am Verderben sich letzt?
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Endigst du?
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Rette sie! oder weh dir! Den graesslichsten Fluch ueber dich auf Jahrtausende!
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Ich kann die Bande des Raechers nicht loesen, seine Riegel nicht oeffnen.-
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"Rette sie!"- Wer war's, der sie ins Verderben stuerzte? Ich oder du?
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(Faust blickt wild umher.)
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Greifst du nach dem Donner? Wohl, dass er euch elenden Sterblichen nicht
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gegeben ward! Den unschuldig Entgegnenden zu zerschmettern, das ist so
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Tyrannenart, sich in Verlegenheiten Luft zu machen.
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Bringe mich hin! Sie soll frei sein!
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Und die Gefahr, der du dich aussetzest? Wisse, noch liegt auf der Stadt
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Blutschuld von deiner Hand. UEber des Erschlagenen Staette schweben raechende
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Geister und lauern auf den wiederkehrenden Moerder.
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Noch das von dir? Mord und Tod einer Welt ueber dich Ungeheuer! Fuehre mich
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hin, sag ich, und befrei sie.
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Ich fuehre dich, und was ich tun kann, hoere! Habe ich alle Macht im Himmel
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und auf Erden? Des Tuerners Sinne will ich umnebeln, bemaechtige dich der
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Schluessel und fuehre sie heraus mit Menschenhand! Ich wache, die
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Zauberpferde sind bereit, ich entfuehre euch. Das vermag ich.
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Auf und davon!
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Nacht, offen Feld
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Faust, Mephistopheles, auf schwarzen Pferden daherbrausend.
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Was weben die dort um den Rabenstein?
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Weiss nicht, was sie kochen und schaffen.
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Schweben auf, schweben ab, neigen sich, beugen sich.
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Eine Hexenzunft.
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Sie streuen und weihen.
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Vorbei! Vorbei!
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Kerker
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Faust mit einem Bund Schluessel und einer Lampe, vor einem eisernen Tuerchen.
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Mich fasst ein laengst entwohnter Schauer,
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Der Menschheit ganzer Jammer fasst mich an
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Hier wohnt sie hinter dieser feuchten Mauer
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Und ihr Verbrechen war ein guter Wahn
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Du zauderst, zu ihr zu gehen!
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Du fuerchtest, sie wiederzusehen!
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Fort! dein Zagen zoegert den Tod heran.
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(Er ergreift das Schloss. Es singt inwendig.)
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Meine Mutter, die Hur
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Die mich umgebracht hat!
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Mein Vater, der Schelm
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Der mich gessen hat!
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Mein Schwesterlein klein
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Hub auf die Bein
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An einem kuehlen Ort;
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Da ward ich ein schoenes Waldvoegelein;
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Fliege fort, fliege fort!
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FAUST (aufschliessend):
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Sie ahnet nicht, dass der Geliebte lauscht,
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Die Ketten klirren hoert, das Stroh, das rauscht.
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(Er tritt ein.)
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MARGARETE (sich auf dem Lager verbergend):
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Weh! Weh! Sie kommen. Bittrer Tod!
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FAUST (leise):
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Still! Still! ich komme, dich zu befreien.
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MARGARETE (sich vor ihn hinwaelzend):
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Bist du ein Mensch, so fuehle meine Not.
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Du wirst die Waechter aus dem Schlafe schreien!
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(Er fasst die Ketten, sie aufzuschliessen.)
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MARGARETE (auf den Knien):
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Wer hat dir Henker diese Macht
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UEber mich gegeben!
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Du holst mich schon um Mitternacht.
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Erbarme dich und lass mich leben!
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Ist's morgen frueh nicht zeitig genung?
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(Sie steht auf.)
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Bin ich doch noch so jung, so jung!
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Und soll schon sterben!
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Schoen war ich auch, und das war mein Verderben.
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Nah war der Freund, nun ist er weit;
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Zerrissen liegt der Kranz, die Blumen zerstreut.
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Fasse mich nicht so gewaltsam an!
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Schone mich! Was hab ich dir getan?
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Lass mich nicht vergebens flehen,
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Hab ich dich doch mein Tage nicht gesehen!
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Werd ich den Jammer ueberstehen!
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Ich bin nun ganz in deiner Macht.
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Lass mich nur erst das Kind noch traenken.
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Ich herzt es diese ganze Nacht;
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Sie nahmen mir's, um mich zu kraenken,
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Und sagen nun, ich haett es umgebracht.
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Und niemals werd ich wieder froh..
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Sie singen Lieder auf mich! Es ist boes von den Leuten!
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Ein altes Maerchen endigt so,
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Wer heisst sie's deuten?
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FAUST (wirft sich nieder):
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Ein Liebender liegt dir zu Fuessen,
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Die Jammerknechtschaft aufzuschliessen.
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MARGARETE (wirft sich zu ihm):
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O lass uns knien, die Heil'gen anzurufen!
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|
Sieh! unter diesen Stufen,
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Unter der Schwelle
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Siedet die Hoelle!
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Der Boese,
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Mit furchtbarem Grimme,
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Macht ein Getoese!
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FAUST (laut):
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Gretchen! Gretchen!
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MARGARETE (aufmerksam):
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Das war des Freundes Stimme!
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(Sie springt auf. Die Ketten fallen ab.)
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Wo ist er? ich hab ihn rufen hoeren.
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|
Ich bin frei! mir soll niemand wehren.
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|
An seinen Hals will ich fliegen,
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An seinem Busen liegen!
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Er rief Gretchen! Er stand auf der Schwelle.
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Mitten durchs Heulen und Klappen der Hoelle,
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Durch den grimmigen, teuflischen Hohn
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Erkannt ich den suessen, den liebenden Ton.
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Ich bin's!
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Du bist's! O sag es noch einmal!
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(Ihn fassend.)
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Er ist's! Er ist's! Wohin ist alle Qual?
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Wohin die Angst des Kerkers? der Ketten?
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Du bist's! Kommst, mich zu retten.
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Ich bin gerettet!
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Schon ist die Strasse wieder da
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Auf der ich dich zum ersten Male sah
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Und der heitere Garten'
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Wo ich und Marthe deiner warten
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FAUST (fortstrebend):
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Komm mit! Komm mit!
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O weile Weil ich doch so gern, wo du weilest.
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(Liebkosend.)
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Eile!
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Wenn du nicht eilest
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Werden wir's teuer buessen muessen.
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Wie? du kannst nicht mehr kuessen?
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Mein Freund, so kurz von mir entfernt
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Und hast's Kuessen verlernt?
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Warum wird mir an deinem Halse so bang?
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Wenn sonst von deinen Worten, deinen Blicken
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Ein ganzer Himmel mich ueberdrang
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Und du mich kuesstest, als wolltest du mich ersticken.
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Kuesse mich!
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Sonst kuess ich dich! (Sie umfasst ihn.)
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O weh! deine Lippen sind kalt,
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Sind stumm.
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Wo ist dein Lieben
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Geblieben?
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Wer brachte mich drum? (Sie wendet sich von ihm.)
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Komm! Folge mir! Liebchen, fasse Mut!
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Ich herze dich mit tausendfacher Glut
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Nur folge mir! Ich bitte dich nur dies!
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MARGARETE (zu ihm gewendet):
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Und bist du's denn? Und bist du's auch gewiss?
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Ich bin's! Komm mit!
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Du machst die Fesseln los, Nimmst wieder mich in deinen Schoss.
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Wie kommt es, dass du dich vor mir nicht scheust?
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Und weisst du denn, mein Freund, wen du befreist?
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Komm! komm! schon weicht die tiefe Nacht.
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Meine Mutter hab ich umgebracht,
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Mein Kind hab ich ertraenkt.
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War es nicht dir und mir geschenkt?
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Dir auch.- Du bist's! ich glaub es kaum.
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Gib deine Hand! Es ist kein Traum!
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Deine liebe Hand!- Ach, aber sie ist feucht!
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Wische sie ab! Wie mich deucht,
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Ist Blut dran.
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Ach Gott! was hast du getan!
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Stecke den Degen ein,
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Ich bitte dich drum!
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Lass das Vergangne vergangen sein,
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Du bringst mich um.
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Nein, du musst uebrigbleiben!
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Ich will dir die Graeber beschreiben,
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Fuer die musst du sorgen
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Gleich morgen;
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Der Mutter den besten Platz geben,
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Meinen Bruder sogleich darneben,
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Mich ein wenig beiseit',
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Nur nicht gar zu weit!
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Und das Kleine mir an die rechte Brust.
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Niemand wird sonst bei mir liegen!-
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Mich an deine Seite zu schmiegen,
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Das war ein suesses, ein holdes Glueck!
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Aber es will mir nicht mehr gelingen;
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Mir ist's, als muesst ich mich zu dir zwingen,
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Als stiessest du mich von dir zurueck;
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Und doch bist du's und blickst so gut, so fromm.
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Fuehlst du, dass ich es bin, so komm!
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Dahinaus?
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Ins Freie.
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Ist das Grab drauss, Lauert der Tod, so komm!
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Von hier ins ewige Ruhebett
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Und weiter keinen Schritt
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Du gehst nun fort? O Heinrich, koennt ich mit!
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Du kannst! So wolle nur! Die Tuer steht offen!
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Ich darf nicht fort; fuer mich ist nichts zu hoffen.
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Was hilft es, fliehn? Sie lauern doch mir auf.
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Es ist so elend, betteln zu muessen
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Und noch dazu mit boesem Gewissen!
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Es ist so elend, in der Fremde schweifen
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Und sie werden mich doch ergreifen!
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Ich bleibe bei dir
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Geschwind! Geschwind!
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Rette dein armes Kind!
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Fort! immer den Weg
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Am Bach hinauf,
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UEber den Steg,
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In den Wald hinein,
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Links, wo die Planke steht,
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Im Teich.
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Fass es nur gleich!
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Es will sich heben,
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Es zappelt noch!
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Rette! rette!
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Besinne dich doch!
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Nur einen Schritt, so bist du frei!
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Waeren wir nur den Berg vorbei!
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Da sitzt meine Mutter auf einem Stein,
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Es fasst mich kalt beim Schopfe!
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Da sitzt meine Mutter auf einem Stein
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Und wackelt mit dem Kopfe
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Sie winkt nicht, sie nickt nicht, der Kopf ist ihr schwer,
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Sie schlief so lange, sie wacht nicht mehr.
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Sie schlief, damit wir uns freuten.
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Es waren glueckliche Zeiten!
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Hilft hier kein Flehen, hilft kein Sagen,
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So wag ich's, dich hinwegzutragen.
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Lass mich! Nein, ich leide keine Gewalt!
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Fasse mich nicht so moerderisch an!
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Sonst hab ich dir ja alles zulieb getan.
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Der Tag graut! Liebchen! Liebchen!
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Tag! Ja, es wird Tag! der letzte Tag dringt herein;
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Mein Hochzeittag sollt es sein!
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Sag niemand, dass du schon bei Gretchen warst.
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Weh meinem Kranze!
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Es ist eben geschehn!
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Wir werden uns wiedersehn;
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Aber nicht beim Tanze.
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Die Menge draengt sich, man hoert sie nicht.
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Der Platz, die Gassen
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Koennen sie nicht fassen.
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Die Glocke ruft, das Staebchen bricht.
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Wie sie mich binden und packen!
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Zum Blutstuhl bin ich schon entrueckt.
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Schon zuckt nach jedem Nacken
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Die Schaerfe, die nach meinem zueckt.
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Stumm liegt die Welt wie das Grab!
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O waer ich nie geboren!
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MEPHISTOPHELES (erscheint draussen):
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Auf! oder ihr seid verloren.
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Unnuetzes Zagen! Zaudern und Plaudern!
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Mein Pferde schaudern,
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Der Morgen daemmert auf.
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Was steigt aus dem Boden herauf?
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Der! der! Schick ihn fort!
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Was will der an dem heiligen Ort?
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Er will mich!
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Du sollst leben!
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Gericht Gottes! dir hab ich mich uebergeben!
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MEPHISTOPHELES (zu Faust):
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Komm! komm! Ich lasse dich mit ihr im Stich.
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Dein bin ich, Vater! Rette mich!
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Ihr Engel! Ihr heiligen Scharen,
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Lagert euch umher, mich zu bewahren!
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Heinrich! Mir graut's vor dir.
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Sie ist gerichtet!
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STIMME (von oben):
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Ist gerettet!
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MEPHISTOPHELES (zu Faust):
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Her zu mir!
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(Verschwindet mit Faust.)
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STIMME (von innen, verhallend):
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Heinrich! Heinrich!
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Was ist verwuenscht und stets willkommen?
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Was ist ersehnt und stets verjagt?
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Was immerfort in Schutz genommen?
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Was hart gescholten und verklagt?
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Wen darfst du nicht herbeiberufen?
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Wen hoeret jeder gern genannt?
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Was naht sich deines Thrones Stufen?
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Was hat sich selbst hinweggebannt?
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Fuer diesmal spare deine Worte!
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Hier sind die Raetsel nicht am Orte,
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Das ist die Sache dieser Herrn.--
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Da loese du! das hoert' ich gern.
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Mein alter Narr ging, fuercht' ich, weit ins Weite;
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Nimm seinen Platz und komm an meine Seite.
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Ein neuer Narr--Zu neuer Pein--
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Wo kommt er her?--Wie kam er ein?--
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Der alte fiel--Der hat vertan--
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Es war ein Fass--Nun ist's ein Span--
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Und also, ihr Getreuen, Lieben,
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Willkommen aus der Naeh' und Ferne!
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Ihr sammelt euch mit guenstigem Sterne,
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Da droben ist uns Glueck und Heil geschrieben.
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Doch sagt, warum in diesen Tagen,
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Wo wir der Sorgen uns entschlagen,
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Schoenbaerte mummenschaenzlich tragen
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Und Heitres nur geniessen wollten,
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Warum wir uns ratschlagend quaelen sollten?
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Doch weil ihr meint, es ging' nicht anders an,
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Geschehen ist's, so sei's getan.
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Die hoechste Tugend, wie ein Heiligenschein,
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Umgibt des Kaisers Haupt; nur er allein
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Vermag sie gueltig auszuueben:
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Gerechtigkeit!--Was alle Menschen lieben,
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Was alle fordern, wuenschen, schwer entbehren,
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Es liegt an ihm, dem Volk es zu gewaehren.
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Doch ach! Was hilft dem Menschengeist Verstand,
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Dem Herzen Guete, Willigkeit der Hand,
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Wenn's fieberhaft durchaus im Staate wuetet
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Und uebel sich in uebeln ueberbruetet?
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Wer schaut hinab von diesem hohen Raum
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Ins weite Reich, ihm scheint's ein schwerer Traum,
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Wo Missgestalt in Missgestalten schaltet,
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Das Ungesetz gesetzlich ueberwaltet
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Und eine Welt des Irrtums sich entfaltet.
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Der raubt sich Herden, der ein Weib,
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Kelch, Kreuz und Leuchter vom Altare,
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Beruehmt sich dessen manche Jahre
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Mit heiler Haut, mit unverletztem Leib.
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Jetzt draengen Klaeger sich zur Halle,
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Der Richter prunkt auf hohem Pfuehl,
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Indessen wogt in grimmigem Schwalle
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Des Aufruhrs wachsendes Gewuehl.
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Der darf auf Schand' und Frevel pochen,
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Der auf Mitschuldigste sich stuetzt,
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Und: Schuldig! hoerst du ausgesprochen,
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Wo Unschuld nur sich selber schuetzt.
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So will sich alle Welt zerstueckeln,
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Vernichtigen, was sich gebuehrt;
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Wie soll sich da der Sinn entwickeln,
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Der einzig uns zum Rechten fuehrt?
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Zuletzt ein wohlgesinnter Mann
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Neigt sich dem Schmeichler, dem Bestecher,
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Ein Richter, der nicht strafen kann,
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Gesellt sich endlich zum Verbrecher.
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Ich malte schwarz, doch dichtern Flor
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Zoeg' ich dem Bilde lieber vor.
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Entschluesse sind nicht zu vermeiden;
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Wenn alle schaedigen, alle leiden,
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Geht selbst die Majestaet zu Raub.
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Wie tobt's in diesen wilden Tagen!
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Ein jeder schlaegt und wird erschlagen,
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Und fuers Kommando bleibt man taub.
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Der Buerger hinter seinen Mauern,
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Der Ritter auf dem Felsennest
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Verschwuren sich, uns auszudauern,
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Und halten ihre Kraefte fest.
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Der Mietsoldat wird ungeduldig,
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Mit Ungestuem verlangt er seinen Lohn,
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Und waeren wir ihm nichts mehr schuldig,
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Er liefe ganz und gar davon.
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Verbiete wer, was alle wollten,
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Der hat ins Wespennest gestoert;
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Das Reich, das sie beschuetzen sollten,
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Es liegt gepluendert und verheert.
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Man laesst ihr Toben wuetend hausen,
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Schon ist die halbe Welt vertan;
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Es sind noch Koenige da draussen,
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Doch keiner denkt, es ging' ihn irgend an.
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Wer wird auf Bundsgenossen pochen!
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Subsidien, die man uns versprochen,
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Wie Roehrenwasser bleiben aus.
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Auch, Herr, in deinen weiten Staaten
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An wen ist der Besitz geraten?
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Wohin man kommt, da haelt ein Neuer Haus,
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Und unabhaengig will er leben,
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Zusehen muss man, wie er's treibt;
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Wir haben so viel Rechte hingegeben,
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Dass uns auf nichts ein Recht mehr uebrigbleibt.
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Auch auf Parteien, wie sie heissen,
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Ist heutzutage kein Verlass;
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Sie moegen schelten oder preisen,
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Gleichgueltig wurden Lieb' und Hass.
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Die Ghibellinen wie die Guelfen
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Verbergen sich, um auszuruhn;
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Wer jetzt will seinem Nachbar helfen?
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Ein jeder hat fuer sich zu tun.
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Die Goldespforten sind verrammelt,
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Ein jeder kratzt und scharrt und sammelt,
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Und unsre Kassen bleiben leer.
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Welch Unheil muss auch ich erfahren!
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Wir wollen alle Tage sparen
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Und brauchen alle Tage mehr,
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Und taeglich waechst mir neue Pein.
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Den Koechen tut kein Mangel wehe;
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Wildschweine, Hirsche, Hasen, Rehe,
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Welschhuehner, Huehner, Gaens' und Enten,
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Die Deputate, sichre Renten,
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Sie gehen noch so ziemlich ein.
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Jedoch am Ende fehlt's an Wein.
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Wenn sonst im Keller Fass an Fass sich haeufte,
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Der besten Berg' und Jahreslaeufte,
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So schluerft unendliches Gesaeufte
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Der edlen Herrn den letzten Tropfen aus.
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Der Stadtrat muss sein Lager auch verzapfen,
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Man greift zu Humpen, greift zu Napfen,
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Und unterm Tische liegt der Schmaus.
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Nun soll ich zahlen, alle lohnen;
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Der Jude wird mich nicht verschonen,
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Der schafft Antizipationen,
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Die speisen Jahr um Jahr voraus.
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Die Schweine kommen nicht zu Fette,
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Verpfaendet ist der Pfuehl im Bette,
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Und auf den Tisch kommt vorgegessen Brot.
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Sag, weisst du Narr nicht auch noch eine Not?
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Ich? Keineswegs. Den Glanz umher zu schauen,
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Dich und die Deinen!--Mangelte Vertrauen,
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Wo Majestaet unweigerlich gebeut,
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Bereite Macht Feindseliges zerstreut?
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Wo guter Wille, kraeftig durch Verstand,
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Und Taetigkeit, vielfaeltige, zur Hand?
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Was koennte da zum Unheil sich vereinen,
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Zur Finsternis, wo solche Sterne scheinen?
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Das ist ein Schalk--Der's wohl versteht--
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Er luegt sich ein--So lang' es geht--
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Ich weiss schon--Was dahinter steckt--
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Und was denn weiter?--Ein Projekt--
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Wo fehlt's nicht irgendwo auf dieser Welt?
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Dem dies, dem das, hier aber fehlt das Geld.
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Vom Estrich zwar ist es nicht aufzuraffen;
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Doch Weisheit weiss das Tiefste herzuschaffen.
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In Bergesadern, Mauergruenden
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Ist Gold gemuenzt und ungemuenzt zu finden,
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Und fragt ihr mich, wer es zutage schafft:
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Begabten Manns Natur--und Geisteskraft.
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Natur und Geist--so spricht man nicht zu Christen.
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Deshalb verbrennt man Atheisten,
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Weil solche Reden hoechst gefaehrlich sind.
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Natur ist Suende, Geist ist Teufel,
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Sie hegen zwischen sich den Zweifel,
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Ihr missgestaltet Zwitterkind.
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Uns nicht so!--Kaisers alten Landen
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Sind zwei Geschlechter nur entstanden,
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Sie stuetzen wuerdig seinen Thron:
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Die Heiligen sind es und die Ritter;
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Sie stehen jedem Ungewitter
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Und nehmen Kirch' und Staat zum Lohn.
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Dem Poebelsinn verworrner Geister
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Entwickelt sich ein Widerstand:
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Die Ketzer sind's! die Hexenmeister!
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Und sie verderben Stadt und Land.
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Die willst du nun mit frechen Scherzen
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In diese hohen Kreise schwaerzen;
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Ihr hegt euch an verderbtem Herzen,
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Dem Narren sind sie nah verwandt.
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Daran erkenn' ich den gelehrten Herrn!
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Was ihr nicht tastet, steht euch meilenfern,
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Was ihr nicht fasst, das fehlt euch ganz und gar,
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Was ihr nicht rechnet, glaubt ihr, sei nicht wahr,
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Was ihr nicht waegt, hat fuer euch kein Gewicht,
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Was ihr nicht muenzt, das, meint ihr, gelte nicht.
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Dadurch sind unsre Maengel nicht erledigt,
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Was willst du jetzt mit deiner Fastenpredigt?
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Ich habe satt das ewige Wie und Wenn;
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Es fehlt an Geld, nun gut, so schaff es denn.
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Ich schaffe, was ihr wollt, und schaffe mehr;
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Zwar ist es leicht, doch ist das Leichte schwer;
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Es liegt schon da, doch um es zu erlangen,
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Das ist die Kunst, wer weiss es anzufangen?
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Bedenkt doch nur: in jenen Schreckenslaeuften,
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Wo Menschenfluten Land und Volk ersaeuften,
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Wie der und der, so sehr es ihn erschreckte,
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Sein Liebstes da--und dortwohin versteckte.
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So war's von je in maechtiger Roemer Zeit,
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Und so fortan, bis gestern, ja bis heut.
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Das alles liegt im Boden still begraben,
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Der Boden ist des Kaisers, der soll's haben.
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Fuer einen Narren spricht er gar nicht schlecht,
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Das ist fuerwahr des alten Kaisers Recht.
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Der Satan legt euch goldgewirkte Schlingen:
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Es geht nicht zu mit frommen rechten Dingen.
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Schafft' er uns nur zu Hof willkommne Gaben,
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Ich wollte gern ein bisschen Unrecht haben.
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Der Narr ist klug, verspricht, was jedem frommt;
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Fragt der Soldat doch nicht, woher es kommt.
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Und glaubt ihr euch vielleicht durch mich betrogen,
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Hier steht ein Mann! da, fragt den Astrologen!
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In Kreis' um Kreise kennt er Stund' und Haus;
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So sage denn: wie sieht's am Himmel aus?
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Zwei Schelme sind's--Verstehn sich schon--
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Narr und Phantast--So nah dem Thron--
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Ein mattgesungen--Alt Gedicht--
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Der Tor blaest ein--Der Weise spricht--
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Die Sonne selbst, sie ist ein lautres Gold,
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Merkur, der Bote, dient um Gunst und Sold,
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Frau Venus hat's euch allen angetan,
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So frueh als spat blickt sie euch lieblich an;
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Die keusche Luna launet grillenhaft;
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Mars, trifft er nicht, so draeut euch seine Kraft.
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Und Jupiter bleibt doch der schoenste Schein,
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Saturn ist gross, dem Auge fern und klein.
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Ihn als Metall verehren wir nicht sehr,
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An Wert gering, doch im Gewichte schwer.
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Ja! wenn zu Sol sich Luna fein gesellt,
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Zum Silber Gold, dann ist es heitre Welt;
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Das uebrige ist alles zu erlangen:
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Palaeste, Gaerten, bruestlein, rote Wangen,
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Das alles schafft der hochgelahrte Mann,
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Der das vermag, was unser keiner kann.
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Ich hoere doppelt, was er spricht,
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Und dennoch ueberzeugt's mich nicht.
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Was soll uns das?--Gedroschner Spass--
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Kalenderei--Chymisterei--
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Das hoert' ich oft--Und falsch gehofft--
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Und kommt er auch--So ist's ein Gauch--
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Da stehen sie umher und staunen,
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Vertrauen nicht dem hohen Fund,
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Der eine faselt von Alraunen,
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Der andre von dem schwarzen Hund.
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Was soll es, dass der eine witzelt,
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Ein andrer Zauberei verklagt,
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Wenn ihm doch auch einmal die Sohle kitzelt,
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Wenn ihm der sichre Schritt versagt.
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Ihr alle fuehlt geheimes Wirken
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Der ewig waltenden Natur,
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Und aus den untersten Bezirken
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Schmiegt sich herauf lebend'ge Spur.
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Wenn es in allen Gliedern zwackt,
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Wenn es unheimlich wird am Platz,
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Nur gleich entschlossen grabt und hackt,
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Da liegt der Spielmann, liegt der Schatz!
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Mir liegt's im Fuss wie Bleigewicht--
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Mir krampft's im Arme--Das ist Gicht--
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Mir krabbelt's an der grossen Zeh'--
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Mir tut der ganze Ruecken weh--
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Nach solchen Zeichen waere hier
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Das allerreichste Schatzrevier.
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Nur eilig! du entschluepfst nicht wieder,
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Erprobe deine Luegenschaeume
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Und zeig uns gleich die edlen Raeume.
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Ich lege Schwert und Zepter nieder
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Und will mit eignen hohen Haenden,
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Wenn du nicht luegst, das Werk vollenden,
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Dich, wenn du luegst, zur Hoelle senden!
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Den Weg dahin wuesst' allenfalls zu finden--
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Doch kann ich nicht genug verkuenden,
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Was ueberall besitzlos harrend liegt.
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Der Bauer, der die Furche pfluegt,
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Hebt einen Goldtopf mit der Scholle,
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Salpeter hofft er von der Leimenwand
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Und findet golden-goldne Rolle
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Erschreckt, erfreut in kuemmerlicher Hand.
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Was fuer Gewoelbe sind zu sprengen,
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In welchen Klueften, welchen Gaengen
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Muss sich der Schatzbewusste draengen,
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Zur Nachbarschaft der Unterwelt!
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In weiten, altverwahrten Kellern
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Von goldnen Humpen, Schuesseln, Tellern
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Sieht er sich Reihen aufgestellt;
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Pokale stehen aus Rubinen,
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Und will er deren sich bedienen,
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Daneben liegt uraltes Nass.
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Doch--werdet ihr dem Kundigen glauben--
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Verfault ist laengst das Holz der Dauben,
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Der Weinstein schuf dem Wein ein Fass.
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Essenzen solcher edlen Weine,
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Gold und Juwelen nicht alleine
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Umhuellen sich mit Nacht und Graus.
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Der Weise forscht hier unverdrossen;
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Am Tag erkennen, das sind Possen,
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Im Finstern sind Mysterien zu Haus.
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Die lass' ich dir! Was will das Duestre frommen?
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Hat etwas Wert, es muss zu Tage kommen.
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Wer kennt den Schelm in tiefer Nacht genau?
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Schwarz sind die Kuehe, so die Katzen grau.
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Die Toepfe drunten, voll von Goldgewicht--
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Zieh deinen Pflug und ackre sie ans Licht.
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Nimm Hack' und Spaten, grabe selber,
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Die Bauernarbeit macht dich gross,
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Und eine Herde goldner Kaelber,
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Sie reissen sich vom Boden los.
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Dann ohne Zaudern, mit Entzuecken
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Kannst du dich selbst, wirst die Geliebte schmuecken;
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Ein leuchtend Farb--und Glanzgestein erhoeht
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Die Schoenheit wie die Majestaet.
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Nur gleich, nur gleich! Wie lange soll es waehren!
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Herr, maessige solch dringendes Begehren,
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Lass erst vorbei das bunte Freudenspiel;
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Zerstreutes Wesen fuehrt uns nicht zum Ziel.
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Erst muessen wir in Fassung uns versuehnen,
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Das Untre durch das Obere berdienen.
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Wer Gutes will, der sei erst gut;
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Wer Freude will, besaenftige sein Blut;
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Wer Wein verlangt, der keltre reife Trauben;
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Wer Wunder hofft, der staerke seinen Glauben.
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So sei die Zeit in Froehlichkeit vertan!
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Und ganz erwuenscht kommt Aschermittwoch an.
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Indessen feiern wir, auf jeden Fall,
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Nur lustiger das wilde Karneval.
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Wie sich Verdienst und Glueck verketten,
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Das faellt den Toren niemals ein;
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Wenn sie den Stein der Weisen haetten,
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Der Weise mangelte dem Stein.
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Weitlaeufiger Saal mit Nebengemaechern
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Denkt nicht, ihr seid in deutschen Grenzen
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Von Teufels-, Narren- und Totentaenzen;
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Ein heitres Fest erwartet euch.
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Der Herr, auf seinen Roemerzuegen,
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Hat, sich zu Nutz, euch zum Vergnuegen,
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Die hohen Alpen ueberstiegen,
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Gewonnen sich ein heitres Reich.
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Der Kaiser, er, an heiligen Sohlen
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Erbat sich erst das Recht zur Macht,
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Und als er ging, die Krone sich zu holen,
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Hat er uns auch die Kappe mitgebracht.
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Nun sind wir alle neugeboren;
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Ein jeder weltgewandte Mann
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Zieht sie behaglich ueber Kopf und Ohren;
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Sie aehnelt ihn verrueckten Toren,
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Er ist darunter weise, wie er kann.
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Ich sehe schon, wie sie sich scharen,
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Sich schwankend sondern, traulich paaren;
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Zudringlich schliesst sich Chor an Chor.
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Herein, hinaus, nur unverdrossen;
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Es bleibt doch endlich nach wie vor
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Mit ihren hunderttausend Possen
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Die Welt ein einzig grosser Tor.
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Euren Beifall zu gewinnen,
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Schmueckten wir uns diese Nacht,
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Junge Florentinerinnen
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Folgten deutschen Hofes Pracht;
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Tragen wir in braunen Locken
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Mancher heitern Blume Zier;
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Seidenfaeden, Seidenflocken
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Spielen ihre Rolle hier.
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Denn wir halten es verdienstlich,
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Lobenswuerdig ganz und gar,
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Unsere Blumen, glaenzend kuenstlich,
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Bluehen fort das ganze Jahr.
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Allerlei gefaerbten Schnitzeln
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Ward symmetrisch Recht getan;
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Moegt ihr Stueck fuer Stueck bewitzeln,
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Doch das Ganze zieht euch an.
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Niedlich sind wir anzuschauen,
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Gaertnerinnen und galant;
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Denn das Naturell der Frauen
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Ist so nah mit Kunst verwandt.
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Lasst die reichen Koerbe sehen,
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Die ihr auf den Haeupten traget,
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Die sich bunt am Arme blaehen,
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Jeder waehle, was behaget.
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Eilig, dass in Laub und Gaengen
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Sich ein Garten offenbare!
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Wuerdig sind sie zu umdraengen,
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Kraemerinnen wie die Ware.
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Feilschet nun am heitern Orte,
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Doch kein Markten finde statt!
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Und mit sinnig kurzem Worte
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Wisse jeder, was er hat.
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Keinen Blumenflor beneid' ich,
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Allen Widerstreit vermeid' ich;
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Mir ist's gegen die Natur:
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Bin ich doch das Mark der Lande
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Und, zum sichern Unterpfande,
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Friedenszeichen jeder Flur.
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Heute, hoff' ich, soll mir's gluecken,
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Wuerdig schoenes Haupt zu schmuecken.
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Ceres' Gaben, euch zu putzen,
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Werden hold und lieblich stehn:
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Das Erwuenschteste dem Nutzen
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Sei als eure Zierde schoen.
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Bunte Blumen, Malven aehnlich,
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Aus dem Moos ein Wunderflor!
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Der Natur ist's nicht gewoehnlich,
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Doch die Mode bringt's hervor.
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Meinen Namen euch zu sagen,
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Wuerde Theophrast nicht wagen;
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Und doch hoff' ich, wo nicht allen,
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Aber mancher zu gefallen,
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Der ich mich wohl eignen moechte,
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Wenn sie mich ins Haar verfloechte,
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Wenn sie sich entschliessen koennte,
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Mir am Herzen Platz vergoennte.
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Moegen bunte Phantasieen
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Fuer des Tages Mode bluehen,
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Wunderseltsam sein gestaltet,
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Wie Natur sich nie entfaltet;
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Gruene Stiele, goldne Glocken,
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Blickt hervor aus reichen Locken!--
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Doch wir--halten uns versteckt:
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Gluecklich, wer uns frisch entdeckt.
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Wenn der Sommer sich verkuendet,
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Rosenknospe sich entzuendet,
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Wer mag solches Glueck entbehren?
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Das Versprechen, das Gewaehren,
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Das beherrscht in Florens Reich
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Blick und Sinn und Herz zugleich.
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Blumen sehet ruhig spriessen,
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Reizend euer Haupt umzieren;
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Fruechte wollen nicht verfuehren,
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Kostend mag man sie geniessen.
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Bieten braeunliche Gesichter
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Kirschen, Pfirschen, Koenigspflaumen,
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Kauft! denn gegen Zung' und Gaumen
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Haelt sich Auge schlecht als Richter.
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Kommt, von allerreifsten Fruechten
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Mit Geschmack und Lust zu speisen!
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ueber Rosen laesst sich dichten,
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In die aepfel muss man beissen.
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Sei's erlaubt, uns anzupaaren
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Eurem reichen Jugendflor,
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Und wir putzen reifer Waren
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Fuelle nachbarlich empor.
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Unter lustigen Gewinden,
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In geschmueckter Lauben Bucht,
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Alles ist zugleich zu finden:
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Knospe, Blaetter, Blume, Frucht.
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Maedchen, als du kamst ans Licht,
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Schmueckt' ich dich im Haeubchen;
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Warst so lieblich von Gesicht
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Und so zart am Leibchen.
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Dachte dich sogleich als Braut,
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Gleich dem Reichsten angetraut,
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Dachte dich als Weibchen.
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Ach! Nun ist schon manches Jahr
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Ungenuetzt verflogen,
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Der Sponsierer bunte Schar
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Schnell vorbeigezogen;
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Tanztest mit dem einen flink,
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Gabst dem andern feinen Wink
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Mit dem Ellenbogen.
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Welches Fest man auch ersann,
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Ward umsonst begangen,
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Pfaenderspiel und dritter Mann
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Wollten nicht verfangen;
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Heute sind die Narren los,
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Liebchen, oeffne deinen Schoss,
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Bleibt wohl einer hangen.
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Nur Platz! nur Bloesse!
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Wir brauchen Raeume,
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Wir faellen Baeume,
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Die krachen, schlagen;
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Und wenn wir tragen,
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Da gibt es Stoesse.
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Zu unserm Lobe
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Bringt dies ins reine;
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Denn wirkten Grobe
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Nicht auch im Lande,
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Wie kaemen Feine
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Fuer sich zustande,
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So sehr sie witzten?
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Des seid belehret!
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Denn ihr erfroeret,
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Wenn wir nicht schwitzten.
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Ihr seid die Toren,
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Gebueckt geboren.
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Wir sind die Klugen,
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Die nie was trugen;
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Denn unsre Kappen,
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Jacken und Lappen
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Sind leicht zu tragen;
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Und mit Behagen
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Wir immer muessig,
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Pantoffelfuessig,
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Durch Markt und Haufen
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Einherzulaufen,
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Gaffend zu stehen,
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Uns anzukraehen;
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Auf solche Klaenge
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Durch Drang und Menge
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Aalgleich zu schluepfen,
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Gesamt zu huepfen,
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Vereint zu toben.
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Ihr moegt uns loben,
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Ihr moegt uns schelten,
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Wir lassen's gelten.
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Ihr wackern Traeger
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Und eure Schwaeger,
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Die Kohlenbrenner,
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Sind unsre Maenner.
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Denn alles Buecken,
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Bejahndes Nicken,
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Gewundne Phrasen,
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Das Doppelblasen,
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Das waermt und kuehlet,
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Wie's einer fuehlet,
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Was koennt' es frommen?
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Es moechte Feuer
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Selbst ungeheuer
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Vom Himmel kommen,
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Gaeb' es nicht Scheite
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Und Kohlentrachten,
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Die Herdesbreite
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Zur Glut entfachten.
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Da braet's und prudelt's,
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Da kocht's und strudelt's.
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Der wahre Schmecker,
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Der Tellerlecker,
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Er riecht den Braten,
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Er ahnet Fische;
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Das regt zu Taten
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An Goenners Tische.
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Sei mir heute nichts zuwider!
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Fuehle mich so frank und frei;
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Frische Lust und heitre Lieder,
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Holt' ich selbst sie doch herbei.
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Und so trink' ich! Trinke, trinke!
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Stosset an, ihr! Tinke, Tinke!
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Du dorthinten, komm heran!
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Stosset an, so ist's getan.
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Schrie mein Weibchen doch entruestet,
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Ruempfte diesem bunten Rock,
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Und, wie sehr ich mich gebruestet,
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Schalt mich einen Maskenstock.
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Doch ich trinke! Trinke, trinke!
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Angeklungen! Tinke, Tinke!
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Maskenstoecke, stosset an!
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Wenn es klingt, so ist's getan.
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Saget nicht, dass ich verirrt bin,
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Bin ich doch, wo mir's behagt.
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Borgt der Wirt nicht, borgt die Wirtin,
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Und am Ende borgt die Magd.
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Immer trink' ich! Trinke, trinke!
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Auf, ihr andern! Tinke, Tinke!
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Jeder jedem! so fortan!
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Duenkt mich's doch, es sei getan.
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Wie und wo ich mich vergnuege,
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Mag es immerhin geschehn;
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Lass mich liegen, wo ich liege,
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Denn ich mag nicht laenger stehn.
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Jeder Bruder trinke, trinke!
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Toastet frisch ein Tinke, Tinke!
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Sitzet fest auf Bank und Span!
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Unterm Tisch dem ist's getan.
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Wisst ihr, was mich Poeten
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Erst recht erfreuen sollte?
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Duerft' ich singen und reden,
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Was niemand hoeren wollte.
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Anmut bringen wir ins Leben;
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Leget Anmut in das Geben.
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Leget Anmut ins Empfangen,
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Lieblich ist's, den Wunsch erlangen.
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Und in stiller Tage Schranken
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Hoechst anmutig sei das Danken.
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Mich, die aelteste, zum Spinnen
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Hat man diesmal eingeladen;
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Viel zu denken, viel zu sinnen
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Gibt's beim zarten Lebensfaden.
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Dass er euch gelenk und weich sei,
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Wusst' ich feinsten Flachs zu sichten;
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Dass er glatt und schlank und gleich sei,
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Wird der kluge Finger schlichten.
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Wolltet ihr bei Lust und Taenzen
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Allzu ueppig euch erweisen,
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Denkt an dieses Fadens Grenzen,
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Huetet euch! Er moechte reissen.
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Wisst, in diesen letzten Tagen
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Ward die Schere mir vertraut;
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Denn man war von dem Betragen
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Unsrer Alten nicht erbaut.
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Zerrt unnuetzeste Gespinste
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Lange sie an Licht und Luft,
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Hoffnung herrlichster Gewinste
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Schleppt sie schneidend zu der Gruft.
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Doch auch ich im Jugendwalten
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Irrte mich schon hundertmal;
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Heute mich im Zaum zu halten,
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Schere steckt im Futteral.
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Und so bin ich gern gebunden,
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Blicke freundlich diesem Ort;
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Ihr in diesen freien Stunden
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Schwaermt nur immer fort und fort.
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Mir, die ich allein verstaendig,
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Blieb das Ordnen zugeteilt;
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Meine Weife, stets lebendig,
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Hat noch nie sich uebereilt.
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Faeden kommen, Faeden weifen,
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Jeden lenk' ich seine Bahn,
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Keinen lass' ich ueberschweifen,
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Fueg' er sich im Kreis heran.
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Koennt' ich einmal mich vergessen,
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Waer' es um die Welt mir bang;
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Stunden zaehlen, Jahre messen,
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Und der Weber nimmt den Strang.
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Die jetzo kommen, werdet ihr nicht kennen,
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Waert ihr noch so gelehrt in alten Schriften;
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Sie anzusehn, die so viel uebel stiften,
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Ihr wuerdet sie willkommne Gaeste nennen.
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Die Furien sind es, niemand wird uns glauben,
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Huebsch, wohlgestaltet, freundlich, jung von Jahren;
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Lasst euch mit ihnen ein, ihr sollt erfahren,
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Wie schlangenhaft verletzen solche Tauben.
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Zwar sind sie tueckisch, doch am heutigen Tage,
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Wo jeder Narr sich ruehmet seiner Maengel,
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Auch sie verlangen nicht den Ruhm als Engel,
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Bekennen sich als Stadt- und Landesplage.
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Was hilft es euch? ihr werdet uns vertrauen,
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Denn wir sind huebsch und jung und Schmeichelkaetzchen;
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Hat einer unter euch ein Liebeschaetzchen,
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Wir werden ihm so lang die Ohren krauen,
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Bis wir ihm sagen duerfen, Aug' in Auge:
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Dass sie zugleich auch dem und jenem winke,
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Im Kopfe dumm, im Ruecken krumm, und hinke
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Und, wenn sie seine Braut ist, gar nichts tauge.
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So wissen wir die Braut auch zu bedraengen:
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Es hat sogar der Freund, vor wenig Wochen,
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Veraechtliches von ihr zu der gesprochen!--
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Versoehnt man sich, so bleibt doch etwas haengen.
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Das ist nur Spass! denn, sind sie erst verbunden,
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Ich nehm' es auf und weiss; in allen Faellen,
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Das schoenste Glueck durch Grille zu vergaellen;
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Der Mensch ist ungleich, ungleich sind die Stunden.
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Und niemand hat Erwuenschtes fest in Armen,
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Der sich nicht nach Erwuenschterem toerig sehnte,
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Vom hoechsten Glueck, woran er sich gewoehnte;
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Die Sonne flieht er, will den Frost erwarmen.
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Mit diesem allen weiss ich zu gebaren
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Und fuehre her Asmodi, den Getreuen,
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Zu rechter Zeit Unseliges auszustreuen,
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Verderbe so das Menschenvolk in Paaren.
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Gift und Dolch statt boeser Zungen
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Misch' ich, schaerf' ich dem Verraeter;
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Liebst du andre, frueher, spaeter
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Hat Verderben dich durchdrungen.
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Muss der Augenblicke Suesstes
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Sich zu Gischt und Galle wandeln!
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Hier kein Markten, hier kein Handeln--
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Wie er es beging', er buesst es.
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Singe keiner vom Vergeben!
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Felsen klag' ich meine Sache,
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Echo! horch! erwidert: Rache!
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Und wer wechselt, soll nicht leben.
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Belieb' es euch, zur Seite wegzuweichen,
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Denn was jetzt kommt, ist nicht von euresgleichen.
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Ihr seht, wie sich ein Berg herangedraengt,
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Mit bunten Teppichen die Weichen stolz behaengt,
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Ein Haupt mit langen Zaehnen, Schlangenruessel,
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Geheimnisvoll, doch zeig' ich euch den Schluessel.
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Im Nacken sitzt ihm zierlich-zarte Frau,
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Mit feinem Staebchen lenkt sie ihn genau;
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Die andre, droben stehend herrlich-hehr,
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Umgibt ein Glanz, der blendet mich zu sehr.
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Zur Seite gehn gekettet edle Frauen,
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Die eine bang, die andre froh zu schauen;
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Die eine wuenscht, die andre fuehlt sich frei.
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Verkuende jede, wer sie sei.
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Dunstige Fackeln, Lampen, Lichter
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Daemmern durchs verworrne Fest;
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Zwischen diese Truggesichter
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Bannt mich, ach! die Kette fest.
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Fort, ihr laecherlichen Lacher!
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Euer Grinsen gibt Verdacht;
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Alle meine Widersacher
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Draengen mich in dieser Nacht.
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Hier! ein Freund ist Feind geworden,
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Seine Maske kenn' ich schon;
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Jener wollte mich ermorden,
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Nun entdeckt schleicht er davon.
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Ach wie gern in jeder Richtung
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Floeh' ich zu der Welt hinaus;
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Doch von drueben droht Vernichtung,
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Haelt mich zwischen Dunst und Graus.
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Seid gegruesst, ihr lieben Schwestern!
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Habt ihr euch schon heut' und gestern
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In Vermummungen gefallen,
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Weiss ich doch gewiss von allen:
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Morgen wollt ihr euch enthuellen.
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Und wenn wir bei Fackelscheine
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Uns nicht sonderlich behagen,
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Werden wir in heitern Tagen
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Ganz nach unserm eignen Willen
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Bald gesellig, bald alleine
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Frei durch schoene Fluren wandeln,
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Nach Belieben ruhn und handeln
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Und in sorgenfreiem Leben
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Nie entbehren, stets erstreben;
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ueberall willkommne Gaeste,
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Treten wir getrost hinein:
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Sicherlich, es muss das Beste
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Irgendwo zu finden sein.
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Zwei der groessten Menschenfeinde,
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Furcht und Hoffnung, angekettet,
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Halt' ich ab von der Gemeinde;
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Platz gemacht! ihr seid gerettet.
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Den lebendigen Kolossen
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Fuehr' ich, seht ihr, turmbeladen,
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Und er wandelt unverdrossen
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Schritt vor Schritt auf steilen Pfaden.
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Droben aber auf der Zinne
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Jene Goettin, mit behenden
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|
Breiten Fluegeln, zum Gewinne
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Allerseits sich hinzuwenden.
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Rings umgibt sie Glanz und Glorie,
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Leuchtend fern nach allen Seiten;
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Und sie nennet sich Viktorie,
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Goettin aller Taetigkeiten.
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Hu! Hu! da komm' ich eben recht,
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|
Ich schelt' euch allzusammen schlecht!
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Doch was ich mir zum Ziel ersah,
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Ist oben Frau Viktoria.
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|
Mit ihrem weissen Fluegelpaar
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Sie duenkt sich wohl, sie sei ein Aar,
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Und wo sie sich nur hingewandt,
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Gehoer' ihr alles Volk und Land;
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Doch, wo was Ruehmliches gelingt,
|
|
Es mich sogleich in Harnisch bringt.
|
|
Das Tiefe hoch, das Hohe tief,
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|
Das Schiefe grad, das Grade schief,
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|
Das ganz allein macht mich gesund,
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So will ich's auf dem Erdenrund.
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So treffe dich, du Lumpenhund,
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Des frommen Stabes Meisterstreich!
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Da kruemm und winde dich sogleich!--
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Wie sich die Doppelzwerggestalt
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So schnell zum eklen Klumpen ballt!--
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--Doch Wunder!--Klumpen wird zum Ei,
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Das blaeht sich auf und platzt entzwei.
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Nun faellt ein Zwillingspaar heraus,
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Die Otter und die Fledermaus;
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Die eine fort im Staube kriecht,
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Die andre schwarz zur Decke fliegt.
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Sie eilen draussen zum Verein;
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Da moecht' ich nicht der dritte sein.
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Frisch! dahinten tanzt man schon--
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Nein! Ich wollt', ich waer' davon--
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Fuehlst du, wie uns das umflicht,
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Das gespenstische Gezuecht?--
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Saust es mir doch uebers Haar--
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Ward ich's doch am Fuss gewahr--
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Keiner ist von uns verletzt--
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Alle doch in Furcht gesetzt--
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Ganz verdorben ist der Spass--
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Und die Bestien wollten das.
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Seit mir sind bei Maskeraden
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Heroldspflichten aufgeladen,
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Wach' ich ernstlich an der Pforte,
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Dass euch hier am lustigen Orte
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Nichts Verderbliches erschleiche,
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Weder wanke, weder weiche.
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Doch ich fuerchte, durch die Fenster
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Ziehen luftige Gespenster,
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Und von Spuk und Zaubereien
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Wuesst' ich euch nicht zu befreien.
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Machte sich der Zwerg verdaechtig,
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Nun! dort hinten stroemt es maechtig.
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|
Die Bedeutung der Gestalten
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Moecht' ich amtsgemaess entfalten.
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Aber was nicht zu begreifen,
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Wuesst' ich auch nicht zu erklaeren;
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Helfet alle mich belehren!--
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Seht ihr's durch die Menge schweifen?
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Vierbespannt ein praechtiger Wagen
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Wird durch alles durchgetragen;
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Doch er teilet nicht die Menge,
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Nirgend seh' ich ein Gedraenge.
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Farbig glitzert's in der Ferne,
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Irrend leuchten bunte Sterne
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Wie von magischer Laterne,
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Schnaubt heran mit Sturmgewalt.
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Platz gemacht! Mich schaudert's!
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Halt!
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Rosse, hemmet eure Fluegel,
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Fuehlet den gewohnten Zuegel,
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Meistert euch, wie ich euch meistre,
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Rauschet hin, wenn ich begeistre--
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Diese Raeume lasst uns ehren!
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Schaut umher, wie sie sich mehren,
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Die Bewundrer, Kreis um Kreise.
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Herold auf! nach deiner Weise,
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Ehe wir von euch entfliehen,
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Uns zu schildern, uns zu nennen;
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Denn wir sind Allegorien,
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Und so solltest du uns kennen.
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Wuesste nicht, dich zu benennen;
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Eher koennt' ich dich beschreiben.
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So probier's!
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Man muss gestehn:
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Erstlich bist du jung und schoen.
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Halbwuechsiger Knabe bist du; doch die Frauen,
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Sie moechten dich ganz ausgewachsen schauen.
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Du scheinest mir ein kuenftiger Sponsierer,
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Recht so von Haus aus ein Verfuehrer.
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Das laesst sich hoeren! fahre fort,
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Erfinde dir des Raetsels heitres Wort.
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Der Augen schwarzer Blitz, die Nacht der Locken,
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Erheitert von juwelnem Band!
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Und welch ein zierliches Gewand
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Fliesst dir von Schultern zu den Socken,
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Mit Purpursaum und Glitzertand!
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Man koennte dich ein Maedchen schelten;
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Doch wuerdest du, zu Wohl und Weh,
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Auch jetzo schon bei Maedchen gelten,
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Sie lehrten dich das ABC.
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Und dieser, der als Prachtgebilde
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Hier auf dem Wagenthrone prangt?
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Er scheint ein Koenig reich und milde,
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Wohl dem, der seine Gunst erlangt!
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Er hat nichts weiter zu erstreben,
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Wo's irgend fehlte, spaeht sein Blick,
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Und seine reine Lust zu geben
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Ist groesser als Besitz und Glueck.
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Hiebei darfst du nicht stehen bleiben,
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Du musst ihn recht genau beschreiben.
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Das Wuerdige beschreibt sich nicht.
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Doch das gesunde Mondgesicht,
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Ein voller Mund, erbluehte Wangen,
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Die unterm Schmuck des Turbans prangen;
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Im Faltenkleid ein reich Behagen!
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Was soll ich von dem Anstand sagen?
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Als Herrscher scheint er mir bekannt.
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Plutus, des Reichtums Gott genannt!
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Derselbe kommt in Prunk daher,
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Der hohe Kaiser wuenscht ihn sehr.
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Sag von dir selber auch das Was und Wie!
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Bin die Verschwendung, bin die Poesie;
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Bin der Poet, der sich vollendet,
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Wenn er sein eigenst Gut verschwendet.
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Auch ich bin unermesslich reich
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Und schaetze mich dem Plutus gleich,
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Beleb' und schmueck' ihm Tanz und Schmaus,
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Das, was ihm fehlt, das teil' ich aus.
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Das Prahlen steht dir gar zu schoen,
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Doch lass uns deine Kuenste sehn.
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Hier seht mich nur ein Schnippchen schlagen,
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Schon glaenzt's und glitzert's um den Wagen.
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Da springt eine Perlenschnur hervor!
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Nehmt goldne Spange fuer Hals und Ohr;
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Auch Kamm und Kroenchen ohne Fehl,
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In Ringen koestlichstes Juwel;
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Auch Flaemmchen spend' ich dann und wann,
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Erwartend, wo es zuenden kann.
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Wie greift und hascht die liebe Menge!
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Fast kommt der Geber ins Gedraenge.
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Kleinode schnippt er wie ein Traum,
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Und alles hascht im weiten Raum.
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Doch da erleb' ich neue Pfiffe:
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Was einer noch so emsig griffe,
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Des hat er wirklich schlechten Lohn,
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Die Gabe flattert ihm davon.
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Es loest sich auf das Perlenband,
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Ihm krabbeln Kaefer in der Hand,
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Er wirft sie weg, der arme Tropf,
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Und sie umsummen ihm den Kopf.
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Die andern statt solider Dinge
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Erhaschen frevle Schmetterlinge.
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Wie doch der Schelm so viel verheisst
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Und nur verleiht, was golden gleisst!
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Zwar Masken, merk' ich, weisst du zu verkuenden,
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Allein der Schale Wesen zu ergruenden,
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Sind Herolds Hofgeschaefte nicht;
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Das fordert schaerferes Gesicht.
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Doch huet' ich mich vor jeder Fehde;
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An dich, Gebieter, wend' ich Frag' und Rede.
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Hast du mir nicht die Windesbraut
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Des Viergespannes anvertraut?
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Lenk' ich nicht gluecklich, wie du leitest?
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Bin ich nicht da, wohin du deutest?
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Und wusst' ich nicht auf kuehnen Schwingen
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Fuer dich die Palme zu erringen?
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Wie oft ich auch fuer dich gefochten,
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Mir ist es jederzeit geglueckt:
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Wenn Lorbeer deine Stirne schmueckt,
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Hab' ich ihn nicht mit Sinn und Hand geflochten?
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Wenn's noetig ist, dass ich dir Zeugnis leiste,
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So sag' ich gern: Bist Geist von meinem Geiste.
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Du handelst stets nach meinem Sinn,
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Bist reicher, als ich selber bin.
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Ich schaetze, deinen Dienst zu lohnen,
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Den gruenen Zweig vor allen meinen Kronen.
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Ein wahres Wort verkuend' ich allen:
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Mein lieber Sohn, an dir hab' ich Gefallen.
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Die groessten Gaben meiner Hand,
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Seht! hab' ich rings umher gesandt.
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Auf dem und jenem Kopfe glueht
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Ein Flaemmchen, das ich angesprueht;
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Von einem zu dem andern huepft's,
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An diesem haelt sich's, dem entschluepft's,
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Gar selten aber flammt's empor,
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Und leuchtet rasch in kurzem Flor;
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Doch vielen, eh' man's noch erkannt,
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Verlischt es, traurig ausgebrannt.
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Da droben auf dem Viergespann
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Das ist gewiss ein Scharlatan;
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Gekauzt da hintendrauf Hanswurst,
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Doch abgezehrt von Hunger und Durst,
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Wie man ihn niemals noch erblickt;
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Er fuehlt wohl nicht, wenn man ihn zwickt.
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Vom Leibe mir, ekles Weibsgeschlecht!
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Ich weiss, dir komm' ich niemals recht.--
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Wie noch die Frau den Herd versah,
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Da hiess ich Avaritia;
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Da stand es gut um unser Haus:
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Nur viel herein und nichts hinaus!
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Ich eiferte fuer Kist' und Schrein;
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Das sollte wohl gar ein Laster sein.
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Doch als in allerneusten Jahren
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Das Weib nicht mehr gewohnt zu sparen,
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Und, wie ein jeder boeser Zahler,
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Weit mehr Begierden hat als Taler,
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Da bleibt dem Manne viel zu dulden,
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Wo er nur hinsieht, da sind Schulden.
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Sie wendet's, kann sie was erspulen,
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An ihren Leib, an ihren Buhlen;
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Auch speist sie besser, trinkt noch mehr
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Mit der Sponsierer leidigem Heer;
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Das steigert mir des Goldes Reiz:
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Bin maennlichen Geschlechts, der Geiz!
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Mit Drachen mag der Drache geizen;
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Ist's doch am Ende Lug und Trug!
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Er kommt, die Maenner aufzureizen,
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Sie sind schon unbequem genug.
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Der Strohmann! Reich ihm eine Schlappe!
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Was will das Marterholz uns draeun?
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Wir sollen seine Fratze scheun!
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Die Drachen sind von Holz und Pappe,
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Frisch an und dringt auf ihn hinein!
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Bei meinem Stabe! Ruh gehalten!--
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Doch braucht es meiner Huelfe kaum;
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Seht, wie die grimmen Ungestalten,
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Bewegt im rasch gewonnenen Raum,
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Das Doppel-Fluegelpaar entfalten.
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Entruestet schuetteln sich der Drachen
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Umschuppte, feuerspeiende Rachen;
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Die Menge flieht, rein ist der Platz.
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Er tritt herab, wie koeniglich!
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Er winkt, die Drachen ruehren sich,
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Die Kiste haben sie vom Wagen
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Mit Gold und Geiz herangetragen,
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Sie steht zu seinen Fuessen da:
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Ein Wunder ist es, wie's geschah.
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Nun bist du los der allzulaestigen Schwere,
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Bist frei und frank, nun frisch zu deiner Sphaere!
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Hier ist sie nicht! Verworren, scheckig, wild
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Umdraengt uns hier ein fratzenhaft Gebild.
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Nur wo du klar ins holde Klare schaust,
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Dir angehoerst und dir allein vertraust,
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Dorthin, wo Schoenes, Gutes nur gefaellt,
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Zur Einsamkeit!--Da schaffe deine Welt.
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So acht' ich mich als werten Abgesandten,
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So lieb' ich dich als naechsten Anverwandten.
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Wo du verweilst, ist Fuelle; wo ich bin,
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Fuehlt jeder sich im herrlichsten Gewinn.
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Auch schwankt er oft im widersinnigen Leben:
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Soll er sich dir? soll er sich mir ergeben?
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Die Deinen freilich koennen muessig ruhn,
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Doch wer mir folgt, hat immer was zu tun.
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Nicht insgeheim vollfuehr' ich meine Taten,
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Ich atme nur, und schon bin ich verraten.
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So lebe wohl! Du goennst mir ja mein Glueck;
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Doch lisple leis', und gleich bin ich zurueck.
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Nun ist es Zeit, die Schaetze zu entfesseln!
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Die Schloesser treff' ich mit des Herolds Rute.
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Es tut sich auf! schaut her! in ehrnen Kesseln
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Entwickelt sich's und wallt von goldnem Blute,
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Zunaechst der Schmuck von Kronen, Ketten, Ringen;
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Es schwillt und droht, ihn schmelzend zu verschlingen.
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Seht hier, o hin! wie's reichlich quillt,
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Die Kiste bis zum Rande fuellt.--
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Gefaesse, goldne, schmelzen sich,
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Gemuenzte Rollen waelzen sich.--
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Dukaten huepfen wie gepraegt,
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O wie mir das den Busen regt--
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Wie schau' ich alle mein Begehr!
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Da kollern sie am Boden her.--
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Man bietet's euch, benutzt's nur gleich
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Und bueckt euch nur und werdet reich.--
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Wir andern, ruestig wie der Blitz,
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Wir nehmen den Koffer in Besitz.
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Was soll's, ihr Toren? soll mir das?
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Es ist ja nur ein Maskenspass.
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Heut abend wird nicht mehr begehrt;
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Glaubt ihr, man geb' euch Gold und Wert?
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Sind doch fuer euch in diesem Spiel
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Selbst Rechenpfennige zuviel.
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Ihr Taeppischen! ein artiger Schein
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Soll gleich die plumpe Wahrheit sein.
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Was soll euch Wahrheit?--Dumpfen Wahn
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Packt ihr an allen Zipfeln an.--
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Vermummter Plutus, Maskenheld,
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Schlag dieses Volk mir aus dem Feld.
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Dein Stab ist wohl dazu bereit,
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Verleih ihn mir auf kurze Zeit.--
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Ich tauch' ihn rasch in Sud und Glut.--
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Nun, Masken, seid auf eurer Hut!
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Wie's blitzt und platzt, in Funken sprueht!
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Der Stab, schon ist er angeglueht.
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Wer sich zu nah herangedraengt,
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Ist unbarmherzig gleich versengt.--
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Jetzt fang' ich meinen Umgang an.
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O weh! Es ist um uns getan.--
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Entfliehe, wer entfliehen kann!--
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Zurueck, zurueck, du Hintermann!--
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Mir sprueht er heiss ins Angesicht.--
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Mich drueckt des gluehenden Stabs Gewicht--
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Verloren sind wir all' und all'.--
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Zurueck, zurueck, du Maskenschwall!
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Zurueck, zurueck, unsinniger Hauf'!--
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O haett' ich Fluegel, floeg' ich auf.--
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Schon ist der Kreis zurueckgedraengt,
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Und niemand, glaub' ich, ist versengt.
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Die Menge weicht,
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Sie ist verscheucht.--
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Doch solcher Ordnung Unterpfand
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Zieh' ich ein unsichtbares Band.
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Du hast ein herrlich Werk vollbracht,
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Wie dank' ich deiner klugen Macht!
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Noch braucht es, edler Freund, Geduld:
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Es droht noch mancherlei Tumult.
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So kann man doch, wenn es beliebt,
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Vergnueglich diesen Kreis beschauen;
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Denn immerfort sind vornenan die Frauen,
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Wo's was zu gaffen, was zu naschen gibt.
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Noch bin ich nicht so voellig eingerostet!
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Ein schoenes Weib ist immer schoen;
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Und heute, weil es mich nichts kostet,
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So wollen wir getrost sponsieren gehn.
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Doch weil am ueberfuellten Orte
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Nicht jedem Ohr vernehmlich alle Worte,
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Versuch' ich klug und hoff', es soll mir gluecken,
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Mich pantomimisch deutlich auszudruecken.
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Hand, Fuss, Gebaerde reicht mir da nicht hin,
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Da muss ich mich um einen Schwank bemuehn.
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Wie feuchten Ton will ich das Gold behandeln,
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Denn dies Metall laesst sich in alles wandeln.
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Was faengt der an, der magre Tor!
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Hat so ein Hungermann Humor?
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Er knetet alles Gold zu Teig,
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Ihm wird es untern Haenden weich;
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Wie er es drueckt und wie es ballt,
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Bleibt's immer doch nur ungestalt.
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Er wendet sich zu den Weibern dort,
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Sie schreien alle, moechten fort,
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Gebaerden sich gar widerwaertig;
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Der Schalk erweist sich uebelfertig.
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Ich fuerchte, dass er sich ergetzt,
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Wenn er die Sittlichkeit verletzt.
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Dazu darf ich nicht schweigsam bleiben,
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Gib meinen Stab, ihn zu vertreiben.
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Er ahnet nicht, was uns von aussen droht;
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Lass ihn die Narrenteidung treiben!
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Ihm wird kein Raum fuer seine Possen bleiben;
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Gesetz ist maechtig, maechtiger ist die Not.
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Das wilde Heer, es kommt zumal
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Von Bergeshoeh' und Waldestal,
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Unwiderstehlich schreitet's an:
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Sie feiren ihren grossen Pan.
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Sie wissen doch, was keiner weiss,
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Und draengen in den leeren Kreis.
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Ich kenn' euch wohl und euren grossen Pan!
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Zusammen habt ihr kuehnen Schritt getan.
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Ich weiss recht gut, was nicht ein jeder weiss,
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Und oeffne schuldig diesen engen Kreis.
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Mag sie ein gut Geschick begleiten!
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Das Wunderlichste kann geschehn;
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Sie wissen nicht, wohin sie schreiten,
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Sie haben sich nicht vorgesehn.
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Geputztes Volk du, Flitterschau!
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Sie kommen roh, sie kommen rauh,
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In hohem Sprung, in raschem Lauf,
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Sie treten derb und tuechtig auf.
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Die Faunenschar
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Im lustigen Tanz,
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Den Eichenkranz
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Im krausen Haar,
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Ein feines zugespitztes Ohr
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Dringt an dem Lockenkopf hervor,
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Ein stumpfes Naeschen, ein breit Gesicht,
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Das schadet alles bei Frauen nicht:
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Dem Faun, wenn er die Patsche reicht,
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Versagt die Schoenste den Tanz nicht leicht.
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Der Satyr huepft nun hinterdrein
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Mit Ziegenfuss und duerrem Bein,
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Ihm sollen sie mager und sehnig sein,
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Und gemsenartig auf Bergeshoehn
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Belustigt er sich, umherzusehn.
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In Freiheitsluft erquickt alsdann,
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Verhoehnt er Kind und Weib und Mann,
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Die tief in Tales Dampf und Rauch
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Behaglich meinen, sie lebten auch,
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Da ihm doch rein und ungestoert
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Die Welt dort oben allein gehoert.
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Da trippelt ein die kleine Schar,
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Sie haelt nicht gern sich Paar und Paar;
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Im moosigen Kleid mit Laemplein hell
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Bewegt sich's durcheinander schnell,
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Wo jedes fuer sich selber schafft,
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Wie Leucht-Ameisen wimmelhaft;
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Und wuselt emsig hin und her,
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Beschaeftigt in die Kreuz und Quer.
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Den frommen Guetchen nah verwandt,
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Als Felschirurgen wohlbekannt;
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Die hohen Berge schroepfen wir,
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Aus vollen Adern schoepfen wir;
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Metalle stuerzen wir zuhauf,
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Mit Gruss getrost: Glueck auf! Glueck auf!
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Das ist von Grund aus wohlgemeint:
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Wir sind der guten Menschen Freund.
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Doch bringen wir das Gold zu Tag,
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Damit man stehlen und kuppeln mag,
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Nicht Eisen fehle dem stolzen Mann,
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Der allgemeinen Mord ersann.
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Und wer die drei Gebot' veracht't,
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Sich auch nichts aus den andern macht.
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Das alles ist nicht unsre Schuld;
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Drum habt so fort, wie wir, Geduld.
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Die wilden Maenner sind s' genannt,
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Am Harzgebirge wohlbekannt;
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Natuerlich nackt in aller Kraft,
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Sie kommen saemtlich riesenhaft.
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Den Fichtenstamm in rechter Hand
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Und um den Leib ein wulstig Band,
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Den derbsten Schurz von Zweig und Blatt,
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Leibwacht, wie der Papst nicht hat.
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Auch kommt er an!--
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Das All der Welt
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Wird vorgestellt
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Im grossen Pan.
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Ihr Heitersten, umgebet ihn,
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Im Gaukeltanz umschwebet ihn:
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Denn weil er ernst und gut dabei,
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So will er, dass man froehlich sei.
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Auch unterm blauen Woelbedach
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Verhielt' er sich bestaendig wach;
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Doch rieseln ihm die Baeche zu,
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Und Lueftlein wiegen ihn mild in Ruh.
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Und wenn er zu Mittage schlaeft,
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Sich nicht das Blatt am Zweige regt;
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Gesunder Pflanzen Balsamduft
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Erfuellt die schweigsam stille Luft;
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Die Nymphe darf nicht munter sein,
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Und wo sie stand, da schlaeft sie ein.
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Wenn unerwartet mit Gewalt
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Dann aber seine Stimm' erschallt,
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Wie Blitzes Knattern, Meergebraus,
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Dann niemand weiss, wo ein noch aus,
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Zerstreut sich tapfres Heer im Feld,
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Und im Getuemmel bebt der Held.
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So Ehre dem, dem Ehre gebuehrt,
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Und Heil ihm, der uns hergefuehrt!
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Wenn das glaenzend reiche Gute
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Fadenweis durch Kluefte streicht,
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Nur der klugen Wuenschelrute
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Seine Labyrinthe zeigt,
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Woelben wir in dunklen Grueften
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Troglodytisch unser Haus,
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Und an reinen Tageslueften
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Teilst du Schaetze gnaedig aus.
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Nun entdecken wir hieneben
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Eine Quelle wunderbar,
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Die bequem verspricht zu geben,
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Was kaum zu erreichen war.
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Dies vermagst du zu vollenden,
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Nimm es, Herr, in deine Hut:
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Jeder Schatz in deinen Haenden
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Kommt der ganzen Welt zugut.
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Wir muessen uns im hohen Sinne fassen
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Und, was geschieht, getrost geschehen lassen,
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Du bist ja sonst des staerksten Mutes voll.
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Nun wird sich gleich ein Greulichstes eraeugnen,
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Hartnaeckig wird es Welt und Nachwelt leugnen:
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Du schreib es treulich in dein Protokoll.
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Die Zwerge fuehren den grossen Pan
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Zur Feuerquelle sacht heran;
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Sie siedet auf vom tiefsten Schlund,
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Dann sinkt sie wieder hinab zum Grund,
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Und finster steht der offne Mund;
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Wallt wieder auf in Glut und Sud,
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Der grosse Pan steht wohlgemut,
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Freut sich des wundersamen Dings,
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Und Perlenschaum sprueht rechts und links.
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Wie mag er solchem Wesen traun?
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Er bueckt sich tief hineinzuschaun.--
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Nun aber faellt sein Bart hinein!--
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Wer mag das glatte Kinn wohl sein?
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Die Hand verbirgt es unserm Blick.--
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Nun folgt ein grosses Ungeschick:
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Der Bart entflammt und fliegt zurueck,
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Entzuendet Kranz und Haupt und Brust,
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Zu Leiden wandelt sich die Lust.--
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Zu loeschen laeuft die Schar herbei,
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Doch keiner bleibt von Flammen frei,
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Und wie es patscht und wie es schlaegt,
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Wird neues Flammen aufgeregt;
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Verflochten in das Element,
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Ein ganzer Maskenklump verbrennt.
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Was aber, hoer' ich wird uns kund
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Von Ohr zu Ohr, von Mund zu Mund!
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O ewig ungluecksel'ge Nacht,
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Was hast du uns fuer Leid gebracht!
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Verkuenden wird der naechste Tag,
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Was niemand willig hoeren mag;
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Doch hoer' ich aller Orten schrein:
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"Der Kaiser leidet solche Pein."
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O waere doch ein andres wahr!
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Der Kaiser brennt und seine Schar.
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Sie sei verflucht, die ihn verfuehrt,
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In harzig Reis sich eingeschnuert,
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Zu toben her mit Bruellgesang
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Zu allerseitigem Untergang.
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O Jugend, Jugend, wirst du nie
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Der Freude reines Mass bezirken?
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O Hoheit, Hoheit, wirst du nie
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Vernuenftig wie allmaechtig wirken?
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Schon geht der Wald in Flammen auf,
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Sie zuengeln leckend spitz hinauf
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Zum holzverschraenkten Deckenband;
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Uns droht ein allgemeiner Brand.
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Des Jammers Mass ist uebervoll,
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Ich weiss nicht, wer uns retten soll.
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Ein Aschenhaufen einer Nacht
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Liegt morgen reiche Kaiserpracht.
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Schrecken ist genug verbreitet,
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Hilfe sei nun eingeleitet!--
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Schlage, heil'gen Stabs Gewalt,
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Dass der Boden bebt und schallt!
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Du, geraeumig weite Luft,
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Fuelle dich mit kuehlem Duft!
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Zieht heran, umherzuschweifen,
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Nebelduenste, schwangre Streifen,
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Deckt ein flammendes Gewuehl!
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Rieselt, saeuselt, Woelkchen kraeuselt,
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Schluepfet wallend, leise daempfet,
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Loeschend ueberall bekaempfet,
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Ihr, die lindernden, die feuchten,
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Wandelt in ein Wetterleuchten
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Solcher eitlen Flamme Spiel!--
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Drohen Geister, uns zu schaedigen,
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Soll sich die Magie betaetigen.
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Lustgarten
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Verzeihst du, Herr, das Flammengaukelspiel?
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Ich wuensche mir dergleichen Scherze viel.--
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Auf einmal sah ich mich in gluehnder Sphaere,
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Es schien mir fast, als ob ich Pluto waere.
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Aus Nacht und Kohlen lag ein Felsengrund,
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Von Flaemmchen gluehend. Dem und jenem Schlund
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Aufwirbelten viel tausend wilde Flammen
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Und flackerten in ein Gewoelb' zusammen.
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Zum hoechsten Dome zuengelt' es empor,
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Der immer ward und immer sich verlor.
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Durch fernen Raum gewundner Feuersaeulen
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Sah ich bewegt der Voelker lange Zeilen,
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Sie draengten sich im weiten Kreis heran
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Und huldigten, wie sie es stets getan.
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Vom meinem Hof erkannt' ich ein und andern,
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Ich schien ein Fuerst von tausend Salamandern.
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Das bist du, Herr! weil jedes Element
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Die Majestaet als unbedingt erkennt.
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Gehorsam Feuer hast du nun erprobt;
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Wirf dich ins Meer, wo es am wildsten tobt,
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Und kaum betrittst du perlenreichen Grund,
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So bildet wallend sich ein herrlich Rund;
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Siehst auf und ab lichtgruene schwanke Wellen,
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Mit Purpursaum, zur schoensten Wohnung schwellen
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Um dich, den Mittelpunkt. Bei jedem Schritt,
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Wohin du gehst, gehn die Palaeste mit.
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Die Waende selbst erfreuen sich des Lebens,
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Pfeilschnellen Wimmlens, Hin- und Widerstrebens.
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Meerwunder draengen sich zum neuen milden Schein,
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Sie schiessen an, und keines darf herein.
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Da spielen farbig goldbeschuppte Drachen,
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Der Haifisch klafft, du lachst ihm in den Rachen.
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Wie sich auch jetzt der Hof um dich entzueckt,
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Hast du doch nie ein solch Gedraeng' erblickt.
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Doch bleibst du nicht vom Lieblichsten geschieden:
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Es nahen sich neugierige Nereiden
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Der praecht'gen Wohnung in der ew'gen Frische,
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Die juengsten scheu und luestern wie die Fische,
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Die spaetern klug. Schon wird es Thetis kund,
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Dem zweiten Peleus reicht sie Hand und Mund.--
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Den Sitz alsdann auf des Olymps Revier...
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Die luft'gen Raeume, die erlass' ich dir:
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Noch frueh genug besteigt man jenen Thron.
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Und, hoechster Herr! die Erde hast du schon.
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Welch gut Geschick hat dich hieher gebracht,
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Unmittelbar aus Tausend Einer Nacht?
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Gleichst du an Fruchtbarkeit Scheherazaden,
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Versichr' ich dich der hoechsten aller Gnaden.
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Sei stets bereit, wenn eure Tageswelt,
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Wie's oft geschieht, mir widerlichst missfaellt.
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Durchlauchtigster, ich dacht' in meinem Leben
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Vom schoensten Glueck Verkuendung nicht zu geben
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Als diese, die mich hoch beglueckt,
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In deiner Gegenwart entzueckt:
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Rechnung fuer Rechnung ist berichtigt,
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Die Wucherklauen sind beschwichtigt,
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Los bin ich solcher Hoellenpein;
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Im Himmel kann's nicht heitrer sein.
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Abschlaeglich ist der Sold entrichtet,
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Das ganze Heer aufs neu' verpflichtet,
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Der Landsknecht fuehlt sich frisches Blut,
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Und Wirt und Dirnen haben's gut.
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Wie atmet eure Brust erweitert!
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Das faltige Gesicht erheitert!
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Wie eilig tretet ihr heran!
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Befrage diese, die das Werk getan.
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Dem Kanzler ziemt's, die Sache vorzutragen.
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Beglueckt genug in meinen alten Tagen.--
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So hoert und schaut das schicksalschwere Blatt,
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Das alles Weh in Wohl verwandelt hat.
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"Zu wissen sei es jedem, der's begehrt:
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Der Zettel hier ist tausend Kronen wert.
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Ihm liegt gesichert, als gewisses Pfand,
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Unzahl vergrabnen Guts im Kaiserland.
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Nun ist gesorgt, damit der reiche Schatz,
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Sogleich gehoben, diene zum Ersatz."
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Ich ahne Frevel, ungeheuren Trug!
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Wer faelschte hier des Kaisers Namenszug?
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Ist solch Verbrechen ungestraft geblieben?
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Erinnre dich! hast selbst es unterschrieben;
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Erst heute nacht. Du standst als grosser Pan,
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Der Kanzler sprach mit uns zu dir heran:
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"Gewaehre dir das hohe Festvergnuegen,
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Des Volkes Heil, mit wenig Federzuegen."
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Du zogst sie rein, dann ward's in dieser Nacht
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Durch Tausendkuenstler schnell vertausendfacht.
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Damit die Wohltat allen gleich gedeihe,
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So stempelten wir gleich die ganze Reihe,
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Zehn, Dreissig, Funfzig, Hundert sind parat.
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Ihr denkt euch nicht, wie wohl's dem Volke tat.
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Seht eure Stadt, sonst halb im Tod verschimmelt,
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Wie alles lebt und lustgeniessend wimmelt!
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Obschon dein Name laengst die Welt beglueckt,
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Man hat ihn nie so freundlich angeblickt.
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Das Alphabet ist nun erst ueberzaehlig,
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In diesem Zeichen wird nun jeder selig.
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Und meinen Leuten gilt's fuer gutes Gold?
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Dem Heer, dem Hofe gnuegt's zu vollem Sold?
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So sehr mich's wundert, muss ich's gelten lassen.
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Unmoeglich waer's, die Fluechtigen einzufassen;
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Mit Blitzeswink zerstreute sich's im Lauf.
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Die Wechslerbaenke stehen sperrig auf:
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Man honoriert daselbst ein jedes Blatt
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Durch Gold und Silber, freilich mit Rabatt.
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Nun geht's von da zum Fleischer, Baecker, Schenken;
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Die halbe Welt scheint nur an Schmaus zu denken,
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Wenn sich die andre neu in Kleidern blaeht.
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Der Kraemer schneidet aus, der Schneider naeht.
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Bei "Hoch dem Kaiser!" sprudelt's in den Kellern,
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Dort kocht's und braet's und klappert mit den Tellern.
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Wer die Terrassen einsam abspaziert,
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Gewahrt die Schoenste, herrlich aufgeziert,
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Ein Aug' verdeckt vom stolzen Pfauenwedel,
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Sie schmunzelt uns und blickt nach solcher Schedel;
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Und hurt'ger als durch Witz und Redekunst
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Vermittelt sich die reichste Liebesgunst.
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Man wird sich nicht mit Boers' und Beutel plagen,
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Ein Blaettchen ist im Busen leicht zu tragen,
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Mit Liebesbrieflein paart's bequem sich hier.
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Der Priester traegt's andaechtig im Brevier,
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Und der Soldat, um rascher sich zu wenden,
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Erleichtert schnell den Guertel seiner Lenden.
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Die Majestaet verzeihe, wenn ins Kleine
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Das hohe Werk ich zu erniedern scheine.
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Das uebermass der Schaetze, das, erstarrt,
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In deinen Landen tief im Boden harrt,
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Liegt ungenutzt. Der weiteste Gedanke
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Ist solchen Reichtums kuemmerlichste Schranke;
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Die Phantasie, in ihrem hoechsten Flug,
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Sie strengt sich an und tut sich nie genug.
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Doch fassen Geister, wuerdig, tief zu schauen,
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Zum Grenzenlosen grenzenlos Vertrauen.
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Ein solch Papier, an Gold und Perlen Statt,
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Ist so bequem, man weiss doch, was man hat;
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Man braucht nicht erst zu markten, noch zu tauschen,
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Kann sich nach Lust in Lieb' und Wein berauschen.
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Will man Metall, ein Wechsler ist bereit,
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Und fehlt es da, so graebt man eine Zeit.
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Pokal und Kette wird verauktioniert,
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Und das Papier, sogleich amortisiert,
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Beschaemt den Zweifler, der uns frech verhoehnt.
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Man will nichts anders, ist daran gewoehnt.
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So bleibt von nun an allen Kaiserlanden
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An Kleinod, Gold, Papier genug vorhanden.
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Das hohe Wohl verdankt euch unser Reich;
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Wo moeglich sei der Lohn dem Dienste gleich.
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Vertraut sei euch des Reiches innrer Boden,
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Ihr seid der Schaetze wuerdigste Kustoden.
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Ihr kennt den weiten, wohlverwahrten Hort,
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Und wenn man graebt, so sei's auf euer Wort.
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Vereint euch nun, ihr Meister unsres Schatzes,
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Erfuellt mit Lust die Wuerden eures Platzes,
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Wo mit der obern sich die Unterwelt,
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In Einigkeit beglueckt, zusammenstellt.
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Soll zwischen uns kein fernster Zwist sich regen,
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Ich liebe mir den Zaubrer zum Kollegen.
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Beschenk' ich nun bei Hofe Mann fuer Mann,
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Gesteh' er mir, wozu er's brauchen kann.
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Ich lebe lustig, heiter, guter Dinge.
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Ich schaffe gleich dem Liebchen Kett' und Ringe.
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Von nun an trink' ich doppelt bessre Flasche.
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Die Wuerfel jucken mich schon in der Tasche.
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Mein Schloss und Feld, ich mach' es schuldenfrei.
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Es ist ein Schatz, den leg' ich Schaetzen bei.
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Ich hoffte Lust und Mut zu neuen Taten;
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Doch wer euch kennt, der wird euch leicht erraten.
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Ich merk' es wohl: bei aller Schaetze Flor,
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Wie ihr gewesen, bleibt ihr nach wie vor.
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Ihr spendet Gnaden, goennt auch mir davon!
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Und lebst du wieder, du vertrinkst sie schon.
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Die Zauberblaetter! ich versteh's nicht recht.
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Das glaub' ich wohl, denn du gebrauchst sie schlecht.
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Da fallen andere; weiss nicht, was ich tu'.
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Nimm sie nur hin, sie fielen dir ja zu.
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Fuenftausend Kronen waeren mir zu Handen!
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Zweibeiniger Schlauch, bist wieder auferstanden?
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Geschieht mir oft, doch nicht so gut als jetzt.
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Du freust dich so, dass dich's in Schweiss versetzt.
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Da seht nur her, ist das wohl Geldes wert?
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Du hast dafuer, was Schlund und Bauch begehrt.
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Und kaufen kann ich Acker, Haus und Vieh?
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Versteht sich! Biete nur, das fehlt dir nie.
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Und Schloss, mit Wald und Jagd und Fischbach?
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Traun!
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Ich moechte dich gestrengen Herrn wohl schaun!
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Heut abend wieg' ich mich im Grundbesitz!--
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Wer zweifelt noch an unsres Narren Witz!
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Finstere Galerie
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Was ziehst du mich in diese duestern Gaenge?
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Ist nicht da drinnen Lust genug,
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Im dichten, bunten Hofgedraenge
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Gelegenheit zu Spass und Trug?
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Sag mir das nicht, du hast's in alten Tagen
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Laengst an den Sohlen abgetragen;
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Doch jetzt dein Hin- und Widergehn
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Ist nur, um mir nicht Wort zu stehn.
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Ich aber bin gequaelt zu tun:
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Der Marschalk und der Kaemmrer treibt mich nun.
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Der Kaiser will, es muss sogleich geschehn,
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Will Helena und Paris vor sich sehn;
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Das Musterbild der Maenner so der Frauen
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In deutlichen Gestalten will er schauen.
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Geschwind ans Werk! ich darf mein Wort nicht brechen.
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Unsinnig war's, leichtsinnig zu versprechen.
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Du hast, Geselle, nicht bedacht,
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Wohin uns deine Kuenste fuehren;
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Erst haben wir ihn reich gemacht,
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Nun sollen wir ihn amuesieren.
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Du waehnst, es fuege sich sogleich;
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Hier stehen wir vor steilern Stufen,
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Greifst in ein fremdestes Bereich,
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Machst frevelhaft am Ende neue Schulden,
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Denkst Helenen so leicht hervorzurufen
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Wie das Papiergespenst der Gulden.--
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Mit Hexen-Fexen, mit Gespenst-Gespinsten,
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Kielkroepfigen Zwergen steh' ich gleich zu Diensten;
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Doch Teufels-Liebchen, wenn auch nicht zu schelten,
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Sie koennen nicht fuer Heroinen gelten.
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Da haben wir den alten Leierton!
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Bei dir geraet man stets ins Ungewisse.
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Der Vater bist du aller Hindernisse,
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Fuer jedes Mittel willst du neuen Lohn.
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Mit wenig Murmeln, weiss ich, ist's getan;
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Wie man sich umschaut, bringst du sie zur Stelle.
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Das Heidenvolk geht mich nichts an,
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Es haust in seiner eignen Hoelle;
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Doch gibt's ein Mittel.
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Sprich, und ohne Saeumnis!
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Ungern entdeck' ich hoeheres Geheimnis.
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Goettinnen thronen hehr in Einsamkeit,
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Um sie kein Ort, noch weniger eine Zeit;
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Von ihnen sprechen ist Verlegenheit.
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Die Muetter sind es!
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Muetter!
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Schaudert's dich?
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Die Muetter! Muetter!--'s klingt so wunderlich!
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Das ist es auch. Goettinnen, ungekannt
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Euch Sterblichen, von uns nicht gern genannt.
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Nach ihrer Wohnung magst ins Tiefste schuerfen;
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Du selbst bist schuld, dass ihrer wir beduerfen.
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Wohin der Weg?
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Kein Weg! Ins Unbetretene,
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Nicht zu Betretende; ein Weg ans Unerbetene,
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Nicht zu Erbittende. Bist du bereit?--
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Nicht Schloesser sind, nicht Riegel wegzuschieben,
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Von Einsamkeiten wirst umhergetrieben.
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Hast du Begriff von oed' und Einsamkeit?
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Du spartest, daecht' ich, solche Sprueche;
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Hier wittert's nach der Hexenkueche,
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Nach einer laengst vergangnen Zeit.
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Musst' ich nicht mit der Welt verkehren?
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Das Leere lernen, Leeres lehren?--
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Sprach ich vernuenftig, wie ich's angeschaut,
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Erklang der Widerspruch gedoppelt laut;
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Musst' ich sogar vor widerwaertigen Streichen
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Zur Einsamkeit, zur Wildernis entweichen
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Und, um nicht ganz versaeumt, allein zu leben,
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Mich doch zuletzt dem Teufel uebergeben.
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Und haettest du den Ozean durchschwommen,
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Das Grenzenlose dort geschaut,
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So saehst du dort doch Well' auf Welle kommen,
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Selbst wenn es dir vorm Untergange graut.
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Du saehst doch etwas. Saehst wohl in der Gruene
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Gestillter Meere streichende Delphine;
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Saehst Wolken ziehen, Sonne, Mond und Sterne--
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Nichts wirst du sehn in ewig leerer Ferne,
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Den Schritt nicht hoeren, den du tust,
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Nichts Festes finden, wo du ruhst.
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Du sprichst als erster aller Mystagogen,
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Die treue Neophyten je betrogen;
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Nur umgekehrt. Du sendest mich ins Leere,
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Damit ich dort so Kunst als Kraft vermehre;
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Behandelst mich, dass ich, wie jene Katze,
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Dir die Kastanien aus den Gluten kratze.
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Nur immer zu! wir wollen es ergruenden,
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In deinem Nichts hoff' ich das All zu finden.
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Ich ruehme dich, eh' du dich von mir trennst,
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Und sehe wohl, dass du den Teufel kennst;
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Hier diesen Schluessel nimm.
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Das kleine Ding!
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Erst fass ihn an und schaetz ihn nicht gering.
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Er waechst in meiner Hand! er leuchtet, blitzt!
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Merkst du nun bald, was man an ihm besitzt?
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Der Schluessel wird die rechte Stelle wittern,
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Folg ihm hinab, er fuehrt dich zu den Muettern.
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Den Muettern! Trifft's mich immer wie ein Schlag!
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Was ist das Wort, das ich nicht hoeren mag?
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Bist du beschraenkt, dass neues Wort dich stoert?
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Willst du nur hoeren, was du schon gehoert?
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Dich stoere nichts, wie es auch weiter klinge,
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Schon laengst gewohnt der wunderbarsten Dinge.
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Doch im Erstarren such' ich nicht mein Heil,
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Das Schaudern ist der Menschheit bestes Teil;
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Wie auch die Welt ihm das Gefuehl verteure,
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Ergriffen, fuehlt er tief das Ungeheure.
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Versinke denn! Ich koennt' auch sagen: steige!
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's ist einerlei. Entfliehe dem Entstandnen
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In der Gebilde losgebundne Reiche!
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Ergetze dich am laengst nicht mehr Vorhandnen;
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Wie Wolkenzuege schlingt sich das Getreibe,
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Den Schluessel schwinge, halte sie vom Leibe!
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Wohl! fest ihn fassend fuehl' ich neue Staerke,
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Die Brust erweitert, hin zum grossen Werke.
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Ein gluehnder Dreifuss tut dir endlich kund,
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Du seist im tiefsten, allertiefsten Grund.
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Bei seinem Schein wirst du die Muetter sehn,
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Die einen sitzen, andre stehn und gehn,
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Wie's eben kommt. Gestaltung, Umgestaltung,
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Des ewigen Sinnes ewige Unterhaltung.
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Umschwebt von Bildern aller Kreatur;
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Sie sehn dich nicht, denn Schemen sehn sie nur.
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Da fass ein Herz, denn die Gefahr ist gross,
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Und gehe grad' auf jenen Dreifuss los,
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Beruehr ihn mit dem Schluessel!
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So ist's recht!
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Er schliesst sich an, er folgt als treuer Knecht;
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Gelassen steigst du, dich erhebt das Glueck,
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Und eh' sie's merken, bist mit ihm zurueck.
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Und hast du ihn einmal hierher gebracht,
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So rufst du Held und Heldin aus der Nacht,
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Der erste, der sich jener Tat erdreistet;
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Sie ist getan, und du hast es geleistet.
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Dann muss fortan, nach magischem Behandeln,
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Der Weihrauchsnebel sich in Goetter wandeln.
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Und nun was jetzt?
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Dein Wesen strebe nieder;
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Versinke stampfend, stampfend steigst du wieder.
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Wenn ihm der Schluessel nur zum besten frommt!
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Neugierig bin ich, ob er wiederkommt.
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Hell erleuchtete Saele
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Ihr seid uns noch die Geisterszene schuldig;
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Macht Euch daran! der Herr ist ungeduldig.
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Soeben fragt der Gnaedigste darnach;
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Ihr! zaudert nicht der Majestaet zur Schmach.
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Ist mein Kumpan doch deshalb weggegangen;
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Er weiss schon, wie es anzufangen,
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Und laboriert verschlossen still,
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Muss ganz besonders sich befleissen;
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Denn wer den Schatz, das Schoene, heben will,
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Bedarf der hoechsten Kunst, Magie der Weisen.
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Was ihr fuer Kuenste braucht, ist einerlei:
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Der Kaiser will, dass alles fertig sei.
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Ein Wort, mein Herr! Ihr seht ein klar Gesicht,
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Jedoch so ist's im leidigen Sommer nicht!
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Da sprossen hundert braeunlich rote Flecken,
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Die zum Verdruss die weisse Haut bedecken.
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Ein Mittel!
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Schade! so ein leuchtend Schaetzchen
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Im Mai getupft wie eure Pantherkaetzchen.
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Nehmt Froschlaich, Kroetenzungen, kohobiert,
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Im vollsten Mondlicht sorglich distilliert
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Und, wenn er abnimmt, reinlich aufgestrichen,
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Der Fruehling kommt, die Tupfen sind entwichen.
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Die Menge draengt heran, Euch zu umschranzen.
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Ich bitt' um Mittel! Ein erfrorner Fuss
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Verhindert mich am Wandeln wie am Tanzen,
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Selbst ungeschickt beweg' ich mich zum Gruss.
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Erlaubet einen Tritt von meinem Fuss.
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Nun, das geschieht wohl unter Liebesleuten.
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Mein Fusstritt, Kind! hat Groessres zu bedeuten.
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Zu Gleichem Gleiches, was auch einer litt;
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Fuss heilet Fuss, so ist's mit allen Gliedern.
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Heran! Gebt acht! Ihr sollt es nicht erwidern.
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Weh! Weh! das brennt! das war ein harter Tritt,
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Wie Pferdehuf.
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Die Heilung nehmt Ihr mit.
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Du kannst nunmehr den Tanz nach Lust verueben,
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Bei Tafel schwelgend fuessle mit dem Lieben.
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Lasst mich hindurch! Zu gross sind meine Schmerzen,
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Sie wuehlen siedend mir im tiefsten Herzen;
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Bis gestern sucht' Er Heil in meinen Blicken,
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Er schwatzt mit ihr und wendet mir den Ruecken.
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Bedenklich ist es, aber hoere mich.
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An ihn heran musst du dich leise druechen;
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Nimm diese Kohle, streich ihm einen Strich
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Auf aermel, Mantel, Schulter, wie sich's macht;
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Er fuehlt im Herzen holden Reuestich.
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Die Kohle doch musst du sogleich verschlingen,
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Nicht Wein, nicht Wasser an die Lippen bringen;
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Er seufzt vor deiner Tuer noch heute nacht.
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Ist doch kein Gift?
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Respekt, wo sich's gebuehrt!
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Weit muesstet Ihr nach solcher Kohle laufen;
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Sie kommt von einem Scheiterhaufen,
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Den wir sonst emsiger angeschuert.
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Ich bin verliebt, man haelt mich nicht fuer voll.
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Ich weiss nicht mehr, wohin ich hoeren soll.
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Muesst Euer Glueck nicht auf die Juengste setzen.
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Die Angejahrten wissen Euch zu schaetzen.--
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Schon wieder Neue! Welch ein harter Strauss!
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Ich helfe mir zuletzt mit Wahrheit aus;
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Der schlechteste Behelf! Die Not ist gross.--
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O Muetter, Muetter! Lasst nur Fausten los!
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Die Lichter brennen truebe schon im Saal,
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Der ganze Hof bewegt sich auf einmal.
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Anstaendig seh' ich sie in Folge ziehn
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Durch lange Gaenge, ferne Galerien.
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Nun! sie versammeln sich im weiten Raum
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Des alten Rittersaals, er fasst sie kaum.
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Auf breite Waende Teppiche spendiert,
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Mit Ruestung Eck' und Nischen ausgeziert.
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Hier braucht es, daecht' ich, keine Zauberworte;
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Die Geister finden sich von selbst zum Orte.
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Rittersaal
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Mein alt Geschaeft, das Schauspiel anzukuenden,
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Verkuemmert mir der Geister heimlich Walten;
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Vergebens wagt man, aus verstaendigen Gruenden
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Sich zu erklaeren das verworrene Schalten.
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Die Sessel sind, die Stuehle schon zur Hand;
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Den Kaiser setzt man grade vor die Wand;
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Auf den Tapeten mag er da die Schlachten
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Der grossen Zeit bequemlichstens betrachten.
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Hier sitzt nun alles, Herr und Hof im Runde,
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Die Baenke draengen sich im Hintergrunde;
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Auch Liebchen hat, in duestern Geisterstunden,
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Zur Seite Liebchens lieblich Raum gefunden.
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Und so, da alle schicklich Platz genommen,
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Sind wir bereit; die Geister moegen kommen!
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Beginne gleich das Drama seinen Lauf,
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Der Herr befiehlt's, ihr Waende tut euch auf!
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Nichts hindert mehr, hier ist Magie zur Hand:
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Die Teppiche schwinden, wie gerollt vom Brand;
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Die Mauer spaltet sich, sie kehrt sich um,
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Ein tief Theater scheint sich aufzustellen,
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Geheimnisvoll ein Schein uns zu erhellen,
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Und ich besteige das Proszenium.
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Von hier aus hoff' ich allgemeine Gunst,
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Einblaesereien sind des Teufels Redekunst.
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Du kennst den Takt, in dem die Sterne gehn,
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Und wirst mein Fluestern meisterlich verstehn.
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Durch Wunderkraft erscheint allhier zur Schau,
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Massiv genug, ein alter Tempelbau.
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Dem Atlas gleich, der einst den Himmel trug,
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Stehn reihenweis der Saeulen hier genug;
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Sie moegen wohl der Felsenlast genuegen,
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Da zweie schon ein gross Gebaeude truegen.
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Das waer' antik! Ich wuesst' es nicht zu preisen,
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Es sollte plump und ueberlaestig heissen.
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Roh nennt man edel, unbehuelflich gross.
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Schmalpfeiler lieb' ich, strebend, grenzenlos;
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Spitzboegiger Zenit erhebt den Geist;
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Solch ein Gebaeu erbaut uns allermeist.
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Empfangt mit Ehrfurcht sterngegoennte Stunden;
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Durch magisch Wort sei die Vernunft gebunden;
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Dagegen weit heran bewege frei
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Sich herrliche verwegne Phantasei.
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Mit Augen schaut nun, was ihr kuehn begehrt,
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Unmoeglich ist's, drum eben glaubenswert.
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Im Priesterkleid, bekraenzt, ein Wundermann,
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Der nun vollbringt, was er getrost begann.
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Ein Dreifuss steigt mit ihm aus hohler Gruft,
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Schon ahn' ich aus der Schale Weihrauchduft.
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Er ruestet sich, das hohe Werk zu segnen;
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Es kann fortan nur Glueckliches begegnen.
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In eurem Namen, Muetter, die ihr thront
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Im Grenzenlosen, ewig einsam wohnt,
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Und doch gesellig. Euer Haupt umschweben
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Des Lebens Bilder, regsam, ohne Leben.
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Was einmal war, in allem Glanz und Schein,
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Es regt sich dort; denn es will ewig sein.
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Und ihr verteilt es, allgewaltige Maechte,
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Zum Zelt des Tages, zum Gewoelb der Naechte.
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Die einen fasst des Lebens holder Lauf,
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Die andern sucht der kuehne Magier auf;
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In reicher Spende laesst er, voll Vertrauen,
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Was jeder wuenscht, das Wunderwuerdige schauen.
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Der gluehnde Schluessel ruehrt die Schale kaum,
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Ein dunstiger Nebel deckt sogleich den Raum;
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Er schleicht sich ein, er wogt nach Wolkenart,
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Gedehnt, geballt, verschraenkt, geteilt, gepaart.
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Und nun erkennt ein Geister-Meisterstueck!
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So wie sie wandeln, machen sie Musik.
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Aus luft'gen Toenen quillt ein Weissnichtwie,
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Indem sie ziehn, wird alles Melodie.
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Der Saeulenschaft, auch die Triglyphe klingt,
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Ich glaube gar, der ganze Tempel singt.
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Das Dunstige senkt sich; aus dem leichten Flor
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Ein schoener Juengling tritt im Takt hervor.
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Hier schweigt mein Amt, ich brauch' ihn nicht zu nennen,
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Wer sollte nicht den holden Paris kennen!
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O! welch ein Glanz aufbluehender Jugendkraft!
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Wie eine Pfirsche frisch und voller Saft!
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Die fein gezognen, suess geschwollnen Lippen!
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Du moechtest wohl an solchem Becher nippen?
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Er ist gar huebsch, wenn auch nicht eben fein.
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Ein bisschen koennt' er doch gewandter sein.
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Den Schaeferknecht glaub' ich allhier zu spueren,
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Vom Prinzen nichts und nichts von Hofmanieren.
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Eh nun! halb nackt ist wohl der Junge schoen,
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Doch muessten wir ihn erst im Harnisch sehn!
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Er setzt sich nieder, weichlich, angenehm.
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ritter
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Auf seinem Schosse waer' Euch wohl bequem?
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Er lehnt den Arm so zierlich uebers Haupt.
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Die Flegelei! Das find' ich unerlaubt!
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Ihr Herren wisst an allem was zu maekeln.
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In Kaisers Gegenwart sich hinzuraekeln!
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Er stellt's nur vor! Er glaubt sich ganz allein.
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Das Schauspiel selbst, hier sollt' es hoeflich sein.
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Sanft hat der Schlaf den Holden uebernommen.
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Er schnarcht nun gleich; natuerlich ist's, vollkommen!
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Zum Weihrauchsdampf was duftet so gemischt,
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Das mir das Herz zum innigsten erfrischt?
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Fuerwahr! Es dringt ein Hauch tief ins Gemuete,
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Er kommt von ihm!
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Es ist des Wachstums Bluete,
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Im Juengling als Ambrosia bereitet
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Und atmosphaerisch ringsumher verbreitet.
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Das waer' sie denn! Vor dieser haett' ich Ruh';
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Huebsch ist sie wohl, doch sagt sie mir nicht zu.
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Fuer mich ist diesmal weiter nichts zu tun,
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Als Ehrenmann gesteh', bekenn' ich's nun.
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Die Schoene kommt, und haett' ich Feuerzungen!--
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Von Schoenheit ward von jeher viel gesungen--
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Wem sie erscheint, wird aus sich selbst entrueckt,
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Wem sie gehoerte, ward zu hoch beglueckt.
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Hab' ich noch Augen? Zeigt sich tief im Sinn
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Der Schoenheit Quelle reichlichstens ergossen?
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Mein Schreckensgang bringt seligsten Gewinn.
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Wie war die Welt mir nichtig, unerschlossen!
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Was ist sie nun seit meiner Priesterschaft?
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Erst wuenschenswert, gegruendet, dauerhaft!
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Verschwinde mir des Lebens Atemkraft,
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Wenn ich mich je von dir zurueckgewoehne!--
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Die Wohlgestalt, die mich voreinst entzueckte,
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In Zauberspiegelung beglueckte,
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War nur ein Schaumbild solcher Schoene!--
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Du bist's, der ich die Regung aller Kraft,
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Den Inbegriff der Leidenschaft,
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Dir Neigung, Lieb', Anbetung, Wahnsinn zolle.
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So fasst Euch doch und fallt nicht aus der Rolle!
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Gross, wohlgestaltet, nur der Kopf zu klein.
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Seht nur den Fuss! Wie koennt' er plumper sein!
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Fuerstinnen hab' ich dieser Art gesehn,
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Mich deucht, sie ist vom Kopf zum Fusse schoen.
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Sie naehert sich dem Schlaefer listig mild.
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Wie haesslich neben jugendreinem Bild!
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Von ihrer Schoenheit ist er angestrahlt.
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Endymion und Luna! wie gemalt!
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Ganz recht! Die Goettin scheint herabzusinken,
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Sie neigt sich ueber, seinen Hauch zu trinken;
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Beneidenswert!--Ein Kuss!--Das Mass ist voll.
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Vor allen Leuten! Das ist doch zu toll!
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Furchtbare Gunst dem Knaben!--
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Ruhig! still!
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Lass das Gespenst doch machen was es will.
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Sie schleicht sich weg, leichtfuessig; er erwacht.
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Sie sieht sich um! Das hab' ich wohl gedacht.
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Er staunt! Ein Wunder ist's, was ihm geschieht.
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Ihr ist kein Wunder, was sie vor sich sieht.
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Mit Anstand kehrt sie sich zu ihm herum.
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Ich merke schon, sie nimmt ihn in die Lehre;
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In solchem Fall sind alle Maenner dumm,
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Er glaubt wohl auch, dass er der erste waere.
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Lasst mir sie gelten! Majestaetisch fein!--
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Die Buhlerin! Das nenn' ich doch gemein!
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Ich moechte wohl an seiner Stelle sein!
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Wer wuerde nicht in solchem Netz gefangen?
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Das Kleinod ist durch manche Hand gegangen,
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Auch die Verguldung ziemlich abgebraucht.
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Vom zehnten Jahr an hat sie nichts getaugt.
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Gelegentlich nimmt jeder sich das Beste;
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Ich hielte mich an diese schoenen Reste.
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Ich seh' sie deutlich, doch gesteh' ich frei:
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Zu zweiflen ist, ob sie die rechte sei.
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Die Gegenwart verfuehrt ins uebertriebne,
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Ich halte mich vor allem ans Geschriebne.
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Da les' ich denn, sie habe wirklich allen
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Graubaerten Trojas sonderlich gefallen;
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Und wie mich duenkt, vollkommen passt das hier:
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Ich bin nicht jung, und doch gefaellt sie mir.
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Nicht Knabe mehr! Ein kuehner Heldenmann,
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Umfasst er sie, die kaum sich wehren kann.
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Gestaerkten Arms hebt er sie hoch empor,
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Entfuehrt er sie wohl gar?
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Verwegner Tor!
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Du wagst! Du hoerst nicht! halt! das ist zu viel!
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Machst du's doch selbst, das Fratzengeisterspiel!
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Nur noch ein Wort! Nach allem, was geschah,
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Nenn' ich das Stueck den Raub der Helena.
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Was Raub! Bin ich fuer nichts an dieser Stelle!
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Ist dieser Schluessel nicht in meiner Hand!
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Er fuehrte mich, durch Graus und Wog' und Welle
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Der Einsamkeiten, her zum festen Strand.
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Hier fass' ich Fuss! Hier sind es Wirklichkeiten,
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Von hier aus darf der Geist mit Geistern streiten,
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Das Doppelreich, das grosse, sich bereiten.
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So fern sie war, wie kann sie naeher sein!
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Ich rette sie, und sie ist doppelt mein.
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Gewagt! Ihr Muetter! Muetter! muesst's gewaehren!
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Wer sie erkannt, der darf sie nicht entbehren.
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Was tust du, Fauste! Fauste!--Mit Gewalt
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Fasst er sie an, schon truebt sich die Gestalt.
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Den Schluessel kehrt er nach dem Juengling zu,
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Beruehrt ihn!--Weh uns, Wehe! Nu! im Nu!
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Da habt ihr's nun! mit Narren sich beladen,
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Das kommt zuletzt dem Teufel selbst zu Schaden.
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2. Akt--Hochgewoelbtes enges gotisches Zimmer
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Hier lieg, Unseliger! verfuehrt
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Zu schwergeloestem Liebesbande!
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Wen Helena paralysiert,
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Der kommt so leicht nicht zu Verstande.
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Blick' ich hinauf, hierher, hinueber,
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Allunveraendert ist es, unversehrt;
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Die bunten Scheiben sind, so duenkt mich, trueber,
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Die Spinneweben haben sich vermehrt;
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Die Tinte starrt, vergilbt ist das Papier;
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Doch alles ist am Platz geblieben;
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Sogar die Feder liegt noch hier,
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Mit welcher Faust dem Teufel sich verschrieben.
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Ja! tiefer in dem Rohre stockt
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Ein Troepflein Blut, wie ich's ihm abgelockt.
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Zu einem solchen einzigen Stueck
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Wuenscht' ich dem groessten Sammler Glueck.
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Auch haengt der alte Pelz am alten Haken,
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Erinnert mich an jene Schnaken,
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Wie ich den Knaben einst belehrt,
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Woran er noch vielleicht als Juengling zehrt.
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Es kommt mir wahrlich das Geluesten,
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Rauchwarme Huelle, dir vereint
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Mich als Dozent noch einmal zu erbruesten,
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Wie man so voellig recht zu haben meint.
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Gelehrte wissen's zu erlangen,
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Dem Teufel ist es laengst vergangen.
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Willkommen! willkommen,
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Du alter Patron!
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Wir schweben und summen
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Und kennen dich schon.
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Nur einzeln im stillen
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Du hast uns gepflanzt;
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Zu Tausenden kommen wir,
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Vater, getanzt.
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Der Schalk in dem Busen
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Verbirgt sich so sehr,
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Vom Pelze die Laeuschen
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Enthuellen sich eh'r.
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Wie ueberraschend mich die junge Schoepfung freut!
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Man saee nur, man erntet mit der Zeit.
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Ich schuettle noch einmal den alten Flaus,
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Noch eines flattert hier und dort hinaus.--
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Hinauf! umher! in hunderttausend Ecken
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Eilt euch, ihr Liebchen, zu verstecken.
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Dort, wo die alten Schachteln stehn,
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Hier im bebraeunten Pergamen,
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In staubigen Scherben alter Toepfe,
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Dem Hohlaug' jener Totenkoepfe.
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In solchem Wust und Moderleben
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Muss es fuer ewig Grillen geben.
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Komm, decke mir die Schultern noch einmal!
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Heut bin ich wieder Prinzipal.
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Doch hilft es nichts, mich so zu nennen;
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Wo sind die Leute, die mich anerkennen?
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Welch ein Toenen! welch ein Schauer!
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Treppe schwankt, es bebt die Mauer;
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Durch der Fenster buntes Zittern
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Seh' ich wetterleuchtend Wittern.
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Springt das Estrich, und von oben
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Rieselt Kalk und Schutt verschoben.
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Und die Tuere, fest verriegelt,
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Ist durch Wunderkraft entsiegelt.--
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Dort! Wie fuerchterlich! Ein Riese
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Steht in Faustens altem Vliese!
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Seinen Blicken, seinem Winken
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Moecht' ich in die Kniee sinken.
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Soll ich fliehen? Soll ich stehn?
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Ach, wie wird es mir ergehn!
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Heran, mein Freund!--Ihr heisset Nikodemus.
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Hochwuerdiger Herr! so ist mein Nam'--Oremus.
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Das lassen wir!
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Wie froh, dass Ihr mich kennt!
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Ich weiss es wohl, bejahrt und noch Student,
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Bemooster Herr! Auch ein gelehrter Mann
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Studiert so fort, weil er nicht anders kann.
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So baut man sich ein maessig Kartenhaus,
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Der groesste Geist baut's doch nicht voellig aus.
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Doch Euer Meister, das ist ein Beschlagner:
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Wer kennt ihn nicht, den edlen Doktor Wagner,
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Den Ersten jetzt in der gelehrten Welt!
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Er ist's allein, der sie zusammenhaelt,
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Der Weisheit taeglicher Vermehrer.
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Allwissbegierige Horcher, Hoerer
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Versammeln sich um ihn zuhauf.
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Er leuchtet einzig vom Katheder;
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Die Schluessel uebt er wie Sankt Peter,
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Das Untre so das Obre schliesst er auf.
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Wie er vor allen glueht und funkelt,
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Kein Ruf, kein Ruhm haelt weiter stand;
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Selbst Faustus' Name wird verdunkelt,
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Er ist es, der allein erfand.
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Verzeiht, hochwuerdiger Herr! wenn ich Euch sage,
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Wenn ich zu widersprechen wage:
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Von allem dem ist nicht die Frage;
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Bescheidenheit ist sein beschieden Teil.
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Ins unbegreifliche Verschwinden
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Des hohen Manns weiss er sich nicht zu finden;
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Von dessen Wiederkunft erfleht er Trost und Heil.
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Das Zimmer, wie zu Doktor Faustus' Tagen,
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Noch unberuehrt seitdem er fern,
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Erwartet seinen alten Herrn.
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Kaum wag' ich's, mich hereinzuwagen.
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Was muss die Sternenstunde sein?--
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Gemaeuer scheint mir zu erbangen;
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Tuerpfosten bebten, Riegel sprangen,
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Sonst kamt Ihr selber nicht herein.
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Wo hat der Mann sich hingetan?
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Fuehrt mich zu ihm, bringt ihn heran!
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Ach! sein Verbot ist gar zu scharf,
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Ich weiss nicht, ob ich's wagen darf.
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Monatelang, des grossen Werkes willen,
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Lebt' er im allerstillsten Stillen.
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Der zarteste gelehrter Maenner,
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Er sieht aus wie ein Kohlenbrenner,
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Geschwaerzt vom Ohre bis zur Nasen,
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Die Augen rot vom Feuerblasen,
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So lechzt er jedem Augenblick;
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Geklirr der Zange gibt Musik.
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Sollt' er den Zutritt mir verneinen?
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Ich bin der Mann, das Glueck ihm zu beschleunen.
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Kaum hab' ich Posto hier gefasst,
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Regt sich dort hinten, mir bekannt, ein Gast.
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Doch diesmal ist er von den Neusten,
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Er wird sich grenzenlos erdreusten.
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Tor und Tuere find' ich offen!
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Nun, da laesst sich endlich hoffen,
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Dass nicht, wie bisher, im Moder
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Der Lebendige wie ein Toter
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Sich verkuemmere, sich verderbe
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Und am Leben selber sterbe.
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Diese Mauern, diese Waende
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Neigen, senken sich zum Ende,
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Und wenn wir nicht bald entweichen,
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Wird uns Fall und Sturz erreichen.
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Bin verwegen, wie nicht einer,
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Aber weiter bringt mich keiner.
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Doch was soll ich heut erfahren!
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War's nicht hier, vor so viel Jahren,
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Wo ich, aengstlich und beklommen,
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War als guter Fuchs gekommen?
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Wo ich diesen Baertigen traute,
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Mich an ihrem Schnack erbaute?
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Aus den alten Buecherkrusten
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Logen sie mir, was sie wussten,
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Was sie wussten, selbst nicht glaubten,
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Sich und mir das Leben raubten.
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Wie?--Dort hinten in der Zelle
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Sitzt noch einer dunkel-helle!
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Nahend seh' ich's mit Erstaunen,
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Sitzt er noch im Pelz, dem braunen,
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Wahrlich, wie ich ihn verliess,
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Noch gehuellt im rauhen Vlies!
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Damals schien er zwar gewandt,
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Als ich ihn noch nicht verstand.
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Heute wird es nichts verfangen,
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Frisch an ihn herangegangen!
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Wenn, alter Herr, nicht Lethes truebe Fluten
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Das schiefgesenkte, kahle Haupt durchschwommen,
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Seht anerkennend hier den Schueler kommen,
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Entwachsen akademischen Ruten.
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Ich find' Euch noch, wie ich Euch sah;
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Ein anderer bin ich wieder da.
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Mich freut, dass ich Euch hergelaeutet.
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Ich schaetzt' Euch damals nicht gering;
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Die Raupe schon, die Chrysalide deutet
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Den kuenftigen bunten Schmetterling.
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Am Lockenkopf und Spitzenkragen
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Empfandet Ihr ein kindliches Behagen.--
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Ihr trugt wohl niemals einen Zopf?--
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Heut schau' ich Euch im Schwedenkopf.
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Ganz resolut und wacker seht Ihr aus;
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Kommt nur nicht absolut nach Haus.
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Mein alter Herr! Wir sind am alten Orte;
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Bedenkt jedoch erneuter Zeiten Lauf
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Und sparet doppelsinnige Worte;
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Wir passen nun ganz anders auf.
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Ihr haenseltet den guten treuen Jungen;
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Das ist Euch ohne Kunst gelungen,
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Was heutzutage niemand wagt.
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Wenn man der Jugend reine Wahrheit sagt,
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Die gelben Schnaebeln keineswegs behagt,
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Sie aber hinterdrein nach Jahren
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Das alles derb an eigner Haut erfahren,
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Dann duenkeln sie, es kaem' aus eignem Schopf;
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Da heisst es denn: der Meister war ein Tropf.
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Ein Schelm vielleicht!--denn welcher Lehrer spricht
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Die Wahrheit uns direkt ins Angesicht?
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Ein jeder weiss zu mehren wie zu mindern,
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Bald ernst, bald heiter klug zu frommen Kindern.
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Zum Lernen gibt es freilich eine Zeit;
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Zum Lehren seid Ihr, merk' ich, selbst bereit.
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Seit manchen Monden, einigen Sonnen
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Erfahrungsfuelle habt Ihr wohl gewonnen.
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Erfahrungswesen! Schaum und Dust!
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Und mit dem Geist nicht ebenbuertig.
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Gesteht! was man von je gewusst,
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Es ist durchaus nicht wissenswuerdig.
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Mich deucht es laengst. Ich war ein Tor,
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Nun komm' ich mir recht schal und albern vor.
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Das freut mich sehr! Da hoer' ich doch Verstand;
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Der erste Greis, den ich vernuenftig fand!
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Ich suchte nach verborgen-goldnem Schatze,
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Und schauerliche Kohlen trug ich fort.
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Gesteht nur, Euer Schaedel, Eure Glatze
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Ist nicht mehr wert als jene hohlen dort?
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Du weisst wohl nicht, mein Freund, wie grob du bist?
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Im Deutschen luegt man, wenn man hoeflich ist.
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Hier oben wird mir Licht und Luft benommen;
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Ich finde wohl bei euch ein Unterkommen?
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Anmasslich find' ich, dass zur schlechtsten Frist
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Man etwas sein will, wo man nichts mehr ist.
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Des Menschen Leben lebt im Blut, und wo
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Bewegt das Blut sich wie im Juengling so?
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Das ist lebendig Blut in frischer Kraft,
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Das neues Leben sich aus Leben schafft.
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Da regt sich alles, da wird was getan,
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Das Schwache faellt, das Tuechtige tritt heran.
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Indessen wir die halbe Welt gewonnen,
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Was habt Ihr denn getan? genickt, gesonnen,
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Getraeumt, erwogen, Plan und immer Plan.
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Gewiss! das Alter ist ein kaltes Fieber
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Im Frost von grillenhafter Not.
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Hat einer dreissig Jahr vorueber,
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So ist er schon so gut wie tot.
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Am besten waer's, euch zeitig totzuschlagen.
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Der Teufel hat hier weiter nichts zu sagen.
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Wenn ich nicht will, so darf kein Teufel sein.
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Der Teufel stellt dir naechstens doch ein Bein.
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Dies ist der Jugend edelster Beruf!
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Die Welt, sie war nicht, eh' ich sie erschuf;
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Die Sonne fuehrt' ich aus dem Meer herauf;
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Mit mir begann der Mond des Wechsels Lauf;
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Da schmueckte sich der Tag auf meinen Wegen,
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Die Erde gruente, bluehte mir entgegen.
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Auf meinen Wink, in jener ersten Nacht,
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Entfaltete sich aller Sterne Pracht.
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Wer, ausser mir, entband euch aller Schranken
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Philisterhaft einklemmender Gedanken?
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Ich aber frei, wie mir's im Geiste spricht,
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Verfolge froh mein innerliches Licht,
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Und wandle rasch, im eigensten Entzuecken,
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Das Helle vor mir, Finsternis im Ruecken.
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Original, fahr hin in deiner Pracht!--
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Wie wuerde dich die Einsicht kraenken:
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Wer kann was Dummes, wer was Kluges denken,
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Das nicht die Vorwelt schon gedacht?--
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Doch sind wir auch mit diesem nicht gefaehrdet,
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In wenig Jahren wird es anders sein:
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Wenn sich der Most auch ganz absurd gebaerdet,
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Es gibt zuletzt doch noch e' Wein.
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[Ihr bleibt bei meinem Worte kalt,
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[Euch guten Kindern lass ich's gehen;
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Bedenkt: der Teufel, der ist alt,
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So werdet alt, ihn zu verstehen!
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Laboratorium
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Die Glocke toent, die fuerchterliche,
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Durchschauert die berussten Mauern.
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Nicht laenger kann das Ungewisse
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Der ernstesten Erwartung dauern.
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Schon hellen sich die Finsternisse;
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Schon in der innersten Phiole
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Erglueht es wie lebendige Kohle,
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Ja wie der herrlichste Karfunkel,
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Verstrahlend Blitze durch das Dunkel.
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Ein helles weisses Licht erscheint!
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O dass ich's diesmal nicht verliere!--
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Ach Gott! was rasselt an der Tuere?
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Willkommen! es ist gut gemeint.
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Willkommen zu dem Stern der Stunde!
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Doch haltet Wort und Atem fest im Munde,
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Ein herrlich Werk ist gleich zustand gebracht.
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Was gibt es denn?
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Es wird ein Mensch gemacht.
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Ein Mensch? Und welch verliebtes Paar
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Habt ihr ins Rauchloch eingeschlossen?
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Behuete Gott! wie sonst das Zeugen Mode war,
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Erklaeren wir fuer eitel Possen.
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Der zarte Punkt, aus dem das Leben sprang,
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Die holde Kraft, die aus dem Innern drang
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Und nahm und gab, bestimmt sich selbst zu zeichnen,
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Erst Naechstes, dann sich Fremdes anzueignen,
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Die ist von ihrer Wuerde nun entsetzt;
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Wenn sich das Tier noch weiter dran ergetzt,
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So muss der Mensch mit seinen grossen Gaben
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Doch kuenftig hoehern, hoehern Ursprung haben.
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Es leuchtet! seht!--Nun laesst sich wirklich hoffen,
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Dass, wenn wir aus viel hundert Stoffen
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Durch Mischung--denn auf Mischung kommt es an--
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Den Menschenstoff gemaechlich komponieren,
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In einen Kolben verlutieren
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Und ihn gehoerig kohobieren,
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So ist das Werk im stillen abgetan.
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Es wird! die Masse regt sich klarer!
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Die ueberzeugung wahrer, wahrer:
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Was man an der Natur Geheimnisvolles pries,
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Das wagen wir verstaendig zu probieren,
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Und was sie sonst organisieren liess,
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Das lassen wir kristallisieren.
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Wer lange lebt, hat viel erfahren,
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[Nichts Neues kann fuer ihn auf dieser Welt geschehn.
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Ich habe schon in meinen Wanderjahren
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Kristallisiertes Menschenvolk gesehn.
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Es steigt, es blitzt, es haeuft sich an,
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Im Augenblick ist es getan.
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Ein grosser Vorsatz scheint im Anfang toll;
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Doch wollen wir des Zufalls kuenftig lachen,
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Und so ein Hirn, das trefflich denken soll,
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Wird kuenftig auch ein Denker machen.
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Das Glas erklingt von lieblicher Gewalt,
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Es truebt, es klaert sich; also muss es werden!
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Ich seh' in zierlicher Gestalt
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Ein artig Maennlein sich gebaerden.
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Was wollen wir, was will die Welt nun mehr?
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Denn das Geheimnis liegt am Tage.
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Gebt diesem Laute nur Gehoer,
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Er wird zur Stimme, wird zur Sprache.
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Nun Vaeterchen! wie steht's? es war kein Scherz.
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Komm, druecke mich recht zaertlich an dein Herz!
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Doch nicht zu fest, damit das Glas nicht springe.
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Das ist die Eigenschaft der Dinge:
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Natuerlichem genuegt das Weltall kaum,
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Was kuenstlich ist, verlangt geschlossnen Raum.
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Du aber, Schalk, Herr Vetter, bist du hier
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Im rechten Augenblick? ich danke dir.
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Ein gut Geschick fuehrt dich zu uns herein;
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Dieweil ich bin, muss ich auch taetig sein.
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Ich moechte mich sogleich zur Arbeit schuerzen.
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Du bist gewandt, die Wege mir zu kuerzen.
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Nur noch ein Wort! Bisher musst' ich mich schaemen,
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Denn alt und jung bestuermt mich mit Problemen.
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Zum Beispiel nur: noch niemand konnt' es fassen,
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Wie Seel' und Leib so schoen zusammenpassen,
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So fest sich halten, als um nie zu scheiden,
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Und doch den Tag sich immerfort verleiden.
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Sodann--
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Halt ein! ich wollte lieber fragen:
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Warum sich Mann und Frau so schlecht vertragen?
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Du kommst, mein Freund, hierueber nie ins reine.
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Hier gibt's zu tun, das eben will der Kleine.
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Was gibt's zu tun?
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Hier zeige deine Gabe!
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Fuerwahr, du bist ein allerliebster Knabe!
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Bedeutend!--
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Schoen umgeben!--Klar Gewaesser
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Im dichten Haine! Fraun, die sich entkleiden,
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Die allerliebsten!--Das wird immer besser.
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Doch eine laesst sich glaenzend unterscheiden,
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Aus hoechstem Helden-, wohl aus Goetterstamme.
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Sie setzt den Fuss in das durchsichtige Helle;
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Des edlen Koerpers holde Lebensflamme
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Kuehlt sich im schmiegsamen Kristall der Welle.--
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Doch welch Getoese rasch bewegter Fluegel,
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Welch Sausen, Plaetschern wuehlt im glatten Spiegel?
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Die Maedchen fliehn verschuechtert; doch allein
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Die Koenigin, sie blickt gelassen drein
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Und sieht mit stolzem weiblichem Vergnuegen
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Der Schwaene Fuersten ihrem Knie sich schmiegen,
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Zudringlich-zahm. Er scheint sich zu gewoehnen.--
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Auf einmal aber steigt ein Dunst empor
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Und deckt mit dichtgewebtem Flor
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Die lieblichste von allen Szenen.
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Was du nicht alles zu erzaehlen hast!
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So klein du bist, so gross bist du Phantast.
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Ich sehe nichts--
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Das glaub' ich. Du aus Norden,
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Im Nebelalter jung geworden,
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Im Wust von Rittertum und Pfaefferei,
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Wo waere da dein Auge frei!
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Im Duestern bist du nur zu Hause.
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Verbraeunt Gestein, bemodert, widrig,
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Spitzboegig, schnoerkelhaftest, niedrig!--
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Erwacht uns dieser, gibt es neue Not,
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Er bleibt gleich auf der Stelle tot.
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Waldquellen, Schwaene, nackte Schoenen,
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Das war sein ahnungsvoller Traum;
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Wie wollt' er sich hierher gewoehnen!
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Ich, der Bequemste, duld' es kaum.
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Nun fort mit ihm!
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Der Ausweg soll mich freuen.
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Befiehl den Krieger in die Schlacht,
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Das Maedchen fuehre du zum Reihen,
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So ist gleich alles abgemacht.
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Jetzt eben, wie ich schnell bedacht,
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Ist klassische Walpurgisnacht;
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Das Beste, was begegnen koennte.
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Bringt ihn zu seinem Elemente!
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Dergleichen hab' ich nie vernommen.
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Wie wollt' es auch zu euren Ohren kommen?
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Romantische Gespenster kennt ihr nur allein;
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Ein echt Gespenst, auch klassisch hat's zu sein.
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Wohin denn aber soll die Fahrt sich regen?
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Mich widern schon antikische Kollegen.
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Nordwestlich, Satan, ist dein Lustrevier,
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Suedoestlich diesmal aber segeln wir--
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An grosser Flaeche fliesst Peneios frei,
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Umbuscht, umbaumt, in still--und feuchten Buchten;
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Die Ebne dehnt sich zu der Berge Schluchten,
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Und oben liegt Pharsalus, alt und neu.
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O weh! hinweg! und lasst mir jene Streite
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Von Tyrannei und Sklaverei beiseite.
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Mich langeweilt's; denn kaum ist's abgetan,
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So fangen sie von vorne wieder an;
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Und keiner merkt: er ist doch nur geneckt
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Vom Asmodeus, der dahinter steckt.
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Sie streiten sich, so heisst's, um Freiheitsrechte;
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Genau besehn, sind's Knechte gegen Knechte.
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Den Menschen lass ihr widerspenstig Wesen,
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Ein jeder muss sich wehren, wie er kann,
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Vom Knaben auf, so wird's zuletzt ein Mann.
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Hier fragt sich's nur, wie dieser kann genesen.
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Hast du ein Mittel, so erprob' es hier,
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Vermagst du's nicht, so ueberlass es mir.
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Manch Brockenstueckchen waere durchzuproben,
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Doch Heidenriegel find' ich vorgeschoben.
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Das Griechenvolk, es taugte nie recht viel!
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Doch blendet's euch mit freiem Sinnenspiel,
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Verlockt des Menschen Brust zu heitern Suenden;
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Die unsern wird man immer duester finden.
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Und nun, was soll's?
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Du bist ja sonst nicht bloede;
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Und wenn ich von thessalischen Hexen rede,
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So denk' ich, hab' ich was gesagt.
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Thessalische Hexen! Wohl! das sind Personen,
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Nach denen hab' ich lang' gefragt.
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Mit ihnen Nacht fuer Nacht zu wohnen,
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Ich glaube nicht, dass es behagt;
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Doch zum Besuch, Versuch--
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Den Mantel her,
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Und um den Ritter umgeschlagen!
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Der Lappen wird euch, wie bisher,
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Den einen mit dem andern tragen;
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Ich leuchte vor.
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Und ich?
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Eh nun,
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Du bleibst zu Hause, Wichtigstes zu tun.
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Entfalte du die alten Pergamente,
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Nach Vorschrift sammle Lebenselemente
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Und fuege sie mit Vorsicht eins ans andre.
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Das Was bedenke, mehr bedenke Wie.
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Indessen ich ein Stueckchen Welt durchwandre,
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|
Entdeck' ich wohl das Tuepfchen auf das i.
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|
Dann ist der grosse Zweck erreicht;
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Solch einen Lohn verdient ein solches Streben:
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Gold, Ehre, Ruhm, gesundes langes Leben,
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Und Wissenschaft und Tugend--auch vielleicht.
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Leb wohl!
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Leb wohl! Das drueckt das Herz mir nieder.
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Ich fuerchte schon, ich seh' dich niemals wieder.
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Nun zum Peneios frisch hinab!
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Herr Vetter ist nicht zu verachten.
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Am Ende haengen wir doch ab
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Von Kreaturen, die wir machten.
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Klassische Walpurgisnacht. Pharsalische Felder
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Zum Schauderfeste dieser Nacht, wie oefter schon,
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Tret' ich einher, Erichtho, ich, die duestere;
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Nicht so abscheulich, wie die leidigen Dichter mich
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Im uebermass verlaestern... Endigen sie doch nie
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In Lob und Tadel... ueberbleicht erscheint mir schon
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Von grauer Zelten Woge weit das Tal dahin,
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Als Nachgesicht der sorg- und grauenvollsten Nacht.
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Wie oft schon wiederholt' sich's! wird sich immerfort
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Ins Ewige wiederholen... Keiner goennt das Reich
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Dem andern; dem goennt's keiner, der's mit Kraft erwarb
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Und kraeftig herrscht. Denn jeder, der sein innres Selbst
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Nicht zu regieren weiss, regierte gar zu gern
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Des Nachbars Willen, eignem stolzem Sinn gemaess...
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Hier aber ward ein grosses Beispiel durchgekaempft:
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Wie sich Gewalt Gewaltigerem entgegenstellt,
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Der Freiheit holder, tausendblumiger Kranz zerreisst,
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Der starre Lorbeer sich ums Haupt des Herrschers biegt.
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Hier traeumte Magnus frueher Groesse Bluetentag,
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Dem schwanken Zuenglein lauschend wachte Caesar dort!
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Das wird sich messen. Weiss die Welt doch, wem's gelang.
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Wachfeuer gluehen, rote Flammen spendende,
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Der Boden haucht vergossnen Blutes Widerschein,
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Und angelockt von seltnem Wunderglanz der Nacht,
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Versammelt sich hellenischer Sage Legion.
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Um alle Feuer schwankt unsicher oder sitzt
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Behaglich alter Tage fabelhaft Gebild...
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Der Mond, zwar unvollkommen, aber leuchtend hell,
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Erhebt sich, milden Glanz verbreitend ueberall;
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Der Zelten Trug verschwindet, Feuer brennen blau.
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Doch ueber mir! welch unerwartet Meteor?
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Es leuchtet und beleuchtet koerperlichen Ball.
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Ich wittre Leben. Da geziemen will mir's nicht,
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Lebendigem zu nahen, dem ich schaedlich bin;
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Das bringt mir boesen Ruf und frommt mir nicht.
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Schon sinkt es nieder. Weich' ich aus mit Wohlbedacht!
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Schwebe noch einmal die Runde
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ueber Flamm- und Schaudergrauen;
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Ist es doch in Tal und Grunde
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Gar gespenstisch anzuschauen.
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Seh' ich, wie durchs alte Fenster
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In des Nordens Wust und Graus,
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Ganz abscheuliche Gespenster,
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Bin ich hier wie dort zu Haus.
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Sieh! da schreitet eine Lange
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Weiten Schrittes vor uns hin.
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Ist es doch, als waer' ihr bange;
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Sah uns durch die Luefte ziehn.
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Lass sie schreiten! setz ihn nieder,
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Deinen Ritter, und sogleich
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Kehret ihm das Leben wieder,
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Denn er sucht's im Fabelreich.
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Wo ist sie?--
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Wuessten's nicht zu sagen,
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Doch hier wahrscheinlich zu erfragen.
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In Eile magst du, eh' es tagt,
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Von Flamm' zu Flamme spuerend gehen:
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Wer zu den Muettern sich gewagt,
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Hat weiter nichts zu ueberstehen.
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Auch ich bin hier an meinem Teil;
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Doch wuesst' ich Besseres nicht zu unserm Heil,
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Als: jeder moege durch die Feuer
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Versuchen sich sein eigen Abenteuer.
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Dann, um uns wieder zu vereinen,
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Lass deine Leuchte, Kleiner, toenend scheinen.
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So soll es blitzen, soll es klingen.
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Nun frisch zu neuen Wunderdingen!
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Wo ist sie?--Frage jetzt nicht weiter nach...
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Waer's nicht die Scholle, die sie trug,
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Die Welle nicht, die ihr entgegenschlug,
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So ist's die Luft, die ihre Sprache sprach.
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Hier! durch ein Wunder, hier in Griechenland!
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Ich fuehlte gleich den Boden, wo ich stand;
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Wie mich, den Schlaefer, frisch ein Geist durchgluehte,
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So steh' ich, ein Antaeus an Gemuete.
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Und find' ich hier das Seltsamste beisammen,
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Durchforsch' ich ernst dies Labyrinth der Flammen.
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Am oberen Peneios
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Und wie ich diese Feuerchen durchschweife,
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So find' ich mich doch ganz und gar entfremdet,
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Fast alles nackt, nur hie und da behemdet:
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Die Sphinxe schamlos, unverschaemt die Greife,
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Und was nicht alles, lockig und befluegelt,
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Von vorn und hinten sich im Auge spiegelt...
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Zwar sind auch wir von Herzen unanstaendig,
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Doch das Antike find' ich zu lebendig;
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Das muesste man mit neustem Sinn bemeistern
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Und mannigfaltig modisch ueberkleistern...
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Ein widrig Volk! Doch darf mich's nicht verdriessen,
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Als neuer Gast anstaendig sie zu gruessen...
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Gluechzu den schoenen Fraun, den klugen Greisen!
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Nicht Greisen! Greifen!--Niemand hoert es gern,
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Dass man ihn Greis nennt. Jedem Worte klingt
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Der Ursprung nach, wo es sich her bedingt:
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Grau, graemlich, griesgram, greulich, Graeber, grimmig,
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Etymologisch gleicherweise stimmig,
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Verstimmen uns.
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Und doch, nicht abzuschweifen,
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Gefaeallt das Grei im Ehrentitel Greifen.
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Natuerlich! Die Verwandtschaft ist erprobt,
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Zwar oft gescholten, mehr jedoch gelobt;
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Man greife nun nach Maedchen, Kronen, Gold,
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Dem Greifenden ist meist Fortuna hold.
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Ihr sprecht von Gold, wir hatten viel gesammelt,
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In Fels- und Hoehlen heimlich eingerammelt;
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Das Arimaspen-Volk hat's ausgespuert,
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Sie lachen dort, wie weit sie's weggefuehrt.
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Wir wollen sie schon zum Gestaendnis bringen.
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Nur nicht zur freien Jubelnacht.
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Bis morgen ist's alles durchgebracht,
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Es wird uns diesmal wohl gelingen.
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Wie leicht und gern ich mich hierher gewoehne,
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Denn ich verstehe Mann fuer Mann.
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Wir hauchen unsre Geistertoene,
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Und ihr verkoerpert sie alsdann.
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Jetzt nenne dich, bis wir dich weiter kennen.
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Mit vielen Namen glaubt man mich zu nennen--
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Sind Briten hier? Sie reisen sonst so viel,
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Schlachtfeldern nachzuspueren, Wasserfaellen,
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Gestuerzten Mauern, klassisch dumpfen Stellen;
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Das waere hier fuer sie ein wuerdig Ziel.
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Sie zeugten auch: Im alten Buehnenspiel
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Sah man mich dort als old Iniquity.
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Wie kam man drauf?
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Ich weiss es selbst nicht wie.
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Mag sein! Hast du von Sternen einige Kunde?
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Was sagst du zu der gegenwaert'gen Stunde?
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Stern schiesst nach Stern, beschnittner Mond scheint helle,
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Und mir ist wohl an dieser trauten Stelle,
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Ich waerme mich an deinem Loewenfelle.
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Hinauf sich zu versteigen, waer' zum Schaden;
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Gib Raetsel auf, gib allenfalls Scharaden.
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Sprich nur dich selbst aus, wird schon Raetsel sein.
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Versuch einmal, dich innigst aufzuloesen:
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"Dem frommen Manne noetig wie dem boesen,
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Dem ein Plastron, aszetisch zu rapieren,
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Kumpan dem andern, Tolles zu vollfuehren,
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Und beides nur, um Zeus zu amuesieren."
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Den mag ich nicht!
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Was will uns der?
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Der Garstige gehoeret nicht hierher!
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Du glaubst vielleicht, des Gastes Naegel krauen
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Nicht auch so gut wie deine scharfen Klauen?
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Versuch's einmal!
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Du magst nur immer bleiben,
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Wird dich's doch selbst aus unsrer Mitte treiben;
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In deinem Lande tust dir was zugute,
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Doch, irr' ich nicht, hier ist dir schlecht zumute.
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Du bist recht appetitlich oben anzuschauen,
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Doch unten hin die Bestie macht mir Grauen.
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Du Falscher kommst zu deiner bittern Busse,
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Denn unsre Tatzen sind gesund;
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Dir mit verschrumpftem Pferdefusse
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Behagt es nicht in unserem Bund.
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Wer sind die Voegel, in den aesten
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Des Pappelstromes hingewiegt?
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Gewahrt euch nur! Die Allerbesten
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Hat solch ein Singsang schon besiegt.
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Ach was wollt ihr euch verwoehnen
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In dem Haesslich-Wunderbaren!
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Horcht, wir kommen hier zu Scharen
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Und in wohlgestimmten Toenen;
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So geziemet es Sirenen.
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Noetigt sie, herabzusteigen!
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Sie verbergen in den Zweigen
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Ihre garstigen Habichtskrallen,
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Euch verderblich anzufallen,
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Wenn ihr euer Ohr verleiht.
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Weg das Hassen! weg das Neiden!
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Sammeln wir die klarsten Freuden,
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Unterm Himmel ausgestreut!
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Auf dem Wasser, auf der Erde
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Sei's die heiterste Gebaerde,
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Die man dem Willkommnen beut.
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Das sind die saubern Neuigkeiten,
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Wo aus der Kehle, von den Saiten
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Ein Ton sich um den andern flicht.
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Das Trallern ist bei mir verloren:
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Es krabbelt wohl mir um die Ohren,
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Allein zum Herzen dringt es nicht.
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Sprich nicht vom Herzen! das ist eitel;
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Ein lederner verschrumpfter Beutel,
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Das passt dir eher zu Gesicht.
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Wie wunderbar! das Anschaun tut mir Gnuege,
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Im Widerwaertigen grosse, tuechtige Zuege.
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Ich ahne schon ein guenstiges Geschick;
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Wohin versetzt mich dieser ernste Blick?
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Vor solchen hat einst oedipus gestanden;
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Vor solchen kruemmte sich Ulyss in haenfnen Banden;
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Von solchen ward der hoechste Schatz gespart,
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Von diesen treu und ohne Fehl bewahrt.
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Vom frischen Geiste fuehl' ich mich durchdrungen;
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Gestalten gross, gross die Erinnerungen.
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Sonst haettest du dergleichen weggeflucht,
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Doch jetzo scheint es dir zu frommen;
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Denn wo man die Geliebte sucht,
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Sind Ungeheuer selbst willkommen.
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Ihr Frauenbilder muesst mir Rede stehn:
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Hat eins der Euren Helena gesehn?
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Wir reichen nicht hinauf zu ihren Tagen,
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Die letztesten hat Herkules erschlagen.
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Von Chiron koenntest du's erfragen;
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Der sprengt herum in dieser Geisternacht;
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Wenn er dir steht, so hast du's weit gebracht.
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Sollte dir's doch auch nicht fehlen!...
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Wie Ulyss bei uns verweilte,
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Schmaehend nicht voruebereilte,
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Wusst' er vieles zu erzaehlen;
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Wuerden alles dir vertrauen,
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Wolltest du zu unsern Gauen
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Dich ans gruene Meer verfuegen.
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Lass dich, Elder, nicht betruegen.
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Statt dass Ulyss sich binden liess,
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Lass unsern guten Rat dich binden;
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Kannst du den hohen Chiron finden,
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Erfaehrst du, was ich dir verhiess.
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Was kraechzt vorbei mit Fluegelschlag?
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So schnell, dass man's nicht sehen mag,
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Und immer eins dem andern nach,
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Den Jaeger wuerden sie ermueden.
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Dem Sturm des Winterwinds vergleichbar,
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Alcides' Pfeilen kaum erreichbar;
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Es sind die raschen Stymphaliden,
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Und wohlgemeint ihr Kraechzegruss,
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Mit Geierschnabel und Gaensefuss.
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Sie moechten gern in unsern Kreisen
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Als Stammverwandte sich erweisen.
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Noch andres Zeug zischt zwischen drein.
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Vor diesen sei Euch ja nicht bange!
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Es sind die Koepfe der lernaeischen Schlange,
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Vom Rumpf getrennt, und glauben was zu sein.
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Doch sagt, was soll nur aus Euch werden?
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Was fuer unruhige Gebaerden?
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Wo wollt Ihr hin? Begebt Euch fort!...
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Ich sehe, jener Chorus dort
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Macht Euch zum Wendehals. Bezwingt Euch nicht,
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Geht hin! begruesst manch reizendes Gesicht!
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Die Lamien sind's, lustfeine Dirnen,
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Mit Laechelmund und frechen Stirnen,
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Wie sie dem Satyrvolk behagen;
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Ein Bocksfuss darf dort alles wagen.
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Ihr bleibt doch hier? dass ich euch wiederfinde.
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Ja! Mische dich zum luftigen Gesinde.
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Wir, von aegypten her, sind laengst gewohnt,
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Dass unsereins in tausend Jahre thront.
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Und respektiert nur unsre Lage,
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So regeln wir die Mond- und Sonnentage.
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Sitzen vor den Pyramiden,
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Zu der Voelker Hochgericht;
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ueberschwemmung, Krieg und Frieden--
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Und verziehen kein Gesicht.
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Am untern Peneios
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Rege dich, du Schilfgefluester!
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Hauche leise, Rohregeschwister,
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Saeuselt, leichte Weidenstraeuche,
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Lispelt, Pappelzitterzweige,
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Unterbrochnen Traeumen zu!...
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Weckt mich doch ein grauslich Wittern,
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Heimlich allbewegend Zittern
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Aus dem Wallestrom und Ruh'.
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Hoer' ich recht, so muss ich glauben:
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Hinter den verschraenkten Lauben
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Dieser Zweige, dieser Stauden
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Toent ein menschenaehnlichs Lauten.
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Scheint die Welle doch ein Schwaetzen,
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Lueftein wie--ein Scherzergetzen.
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Am besten geschaeh' dir,
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Du legtest dich nieder,
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Erholtest im Kuehlen
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Ermuedete Glieder,
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Genoessest der immer
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Dich meidenden Ruh;
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Wir saeuseln, wir rieseln,
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Wir fluestern dir zu.
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Ich wache ja! O lasst sie walten,
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Die unvergleichlichen Gestalten,
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Wie sie dorthin mein Auge schickt.
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So wunderbar bin ich durchdrungen!
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Sind'd Traeume? Sind's Erinnerungen?
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Schon einmal warst du so beglueckt.
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Gewaesser schleichen durch die Frische
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Der dichten, sanft bewegten Buesche,
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Nicht rauschen sie, sie rieseln kaum;
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Von allen Seiten hundert Quellen
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Vereinen sich im reinlich hellen,
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Zum Bade flach vertieften Raum.
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Gesunde junge Frauenglieder,
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Vom feuchten Spiegel doppelt wieder
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Ergetztem Auge zugebracht!
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Gesellig dann und froehlich badend,
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Erdreistet schwimmend, furchtsam watend;
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Geschrei zuletzt und Wasserschlacht.
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Begnuegen sollt' ich mich an diesen,
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Mein Auge sollte hier geniessen,
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Doch immer weiter strebt mein Sinn.
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Der Blick dringt scharf nach jener Huelle,
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Das reiche Laub der gruenen Fuelle
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Verbirgt die hohe Koenigin.
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Wundersam! auch Schwaene kommen
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Aus den Buchten hergeschwommen,
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Majestaetisch rein bewegt.
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Ruhig schwebend, zart gesellig,
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Aber stolz und selbstgefaellig,
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Wie sich Haupt und Schnabel regt...
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Einer aber scheint vor allen
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Bruestend kuehn sich zu gefallen,
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Segelnd rasch durch alle fort;
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Sein Gefieder blaeht sich schwellend,
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Welle selbst, auf Wogen wellend,
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Dringt er zu dem heiligen Ort....
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Die andern schwimmen hin und wider
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Mit ruhig glaenzendem Gefieder,
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Bald auch in regem praechtigen Streit,
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Die scheuen Maedchen abzulenken,
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Dass sie an ihren Dienst nicht denken,
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Nur an die eigne Sicherheit.
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Leget, Schwestern, euer Ohr
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An des Ufers gruene Stufe;
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Hoer' ich recht, so kommt mir's vor
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Als der Schall von Pferdes Hufe.
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Wuesst' ich nur, wer dieser Nacht
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Schnelle Botschaft zugebracht.
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Ist mir doch, als droehnt' die Erde,
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Schallend unter eiligem Pferde.
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Dorthin mein Blick!
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Ein guenstiges Geschick,
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Soll es mich schon erreichen?
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O Wunder ohnegleichen!
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Ein Reuter kommt herangetrabt,
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Er scheint von Geist und Mut begabt,
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Von blendend-weissem Pferd getragen...
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Ich irre nicht, ich kenn' ihn schon,
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Der Philyra beruehmter Sohn!--
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Halt, Chiron! halt! Ich habe dir zu sagen...
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Was gibt's? Was ist's?
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Bezaehme deinen Schritt!
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Ich raste nicht.
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So bitte! nimm mich mit!
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Sitz auf! so kann ich nach Belieben fragen:
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Wohin des Wegs? Du stehst am Ufer hier,
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Ich bin bereit, dich durch den Fluss zu tragen.
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Wohin du willst. Fuer ewig dank' ich's dir...
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Der grosse Mann, der edle Paedagog,
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Der, sich zum Ruhm, ein Heldenvolk erzog,
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Den schoenen Kreis der edlen Argonauten
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Und alle, die des Dichters Welt erbauten.
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Das lassen wir an seinem Ort!
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Selbst Pallas kommt als Mentor nicht zu Ehren;
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Am Ende treiben sie's nach ihrer Weise fort,
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Als wenn sie nicht erzogen waeren.
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Den Arzt, der jede Pflanze nennt,
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Die Wurzeln bis ins tiefste kennt,
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Dem Kranken Heil, dem Wunden Linderung schafft,
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Umarm' ich hier in Geist- und Koerperkraft!
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Ward neben mir ein Held verletzt,
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Da wusst' ich Huelf' und Rat zu schaffen;
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Doch liess ich meine Kunst zuletzt
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Den Wurzelweibern und den Pfaffen.
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Du bist der wahre grosse Mann,
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Der Lobeswort nicht hoeren kann.
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Er sucht bescheiden auszuweichen
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Und tut, als gaeb' es seinesgleichen.
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Du scheinest mir geschickt zu heucheln,
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Dem Fuersten wie dem Volk zu schmeicheln.
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So wirst du mir denn doch gestehn:
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Du hast die Groessten deiner Zeit gesehn,
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Dem Edelsten in Taten nachgestrebt,
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Halbgoettlich ernst die Tage durchgelebt.
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Doch unter den heroischen Gestalten
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Wen hast du fuer den Tuechtigsten gehalten?
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Im hehren Argonautenkreise
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War jeder brav nach seiner eignen Weise,
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Und nach der Kraft, die ihn beseelte,
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Konnt' er genuegen, wo's den andern fehlte.
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Die Dioskuren haben stets gesiegt,
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Wo Jugendfuell' und Schoenheit ueberwiegt.
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Entschluss und schnelle Tat zu andrer Heil,
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Den Boreaden ward's zum schoensten Teil.
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Nachsinnend, kraeftig, klug, im Rat bequem,
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So herrschte Jason, Frauen angenehm.
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Dann Orpheus: zart und immer still bedaechtig,
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Schlug er die Leier allen uebermaechtig.
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Scharfsichtig Lynceus, der bei Tag und Nacht
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Das heil'ge Schiff durch Klipp' und Strand gebracht...
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Gesellig nur laesst sich Gefahr erproben:
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Wenn einer wirkt, die andern alle loben...
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Von Herkules willst nichts erwaehnen?
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O weh! errege nicht mein Sehnen...
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Ich hatte Phoebus nie gesehn,
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Noch Ares, Hermes, wie sie heissen;
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Da sah ich mir vor Augen stehn,
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Was alle Menschen goettlich preisen.
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So war er ein geborner Koenig,
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Als Juengling herrlichst anzuschaun;
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Dem aeltern Bruder untertaenig
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Und auch den allerliebsten Fraun.
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Den zweiten zeugt nicht Gaea wieder,
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Nicht fuehrt ihn Hebe himmelein;
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Vergebens muehen sich die Lieder,
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Vergebens quaelen sie den Stein.
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So sehr auch Bildner auf ihn pochen,
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So herrlich kam er nie zur Schau.
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Vom schoensten Mann hast du gesprochen,
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Nun sprich auch von der schoensten Frau!
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Was!... Frauenschoenheit will nichts heissen,
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Ist gar zu oft ein starres Bild;
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Nur solch ein Wesen kann ich preisen,
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Das froh und lebenslustig quillt.
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Die Schoene bleibt sich selber selig;
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Die Anmut macht unwiderstehlich,
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Wie Helena, da ich sie trug.
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Du trugst sie?
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Ja, auf diesem Ruecken.
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Bin ich nicht schon verwirrt genug?
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Und solch ein Sitz muss mich begluecken!
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Sie fasste so mich in das Haar,
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Wie du es tust.
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O ganz und gar
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Verlier' ich mich! Erzaehle, wie?
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Sie ist mein einziges Begehren!
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Woher, wohin, ach, trugst du sie?
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Die Frage laesst sich leicht gewaehren.
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Die Dioskuren hatten jener Zeit
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Das Schwesterchen aus Raeuberfaust befreit.
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Doch diese, nicht gewohnt, besiegt zu sein,
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Ermannten sich urd stuermten hintendrein.
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Da hielten der Geschwister eiligen Lauf
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Die Suempfe bei Eleusis auf;
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Die Brueder wateten, ich patschte, schwamm hinueber;
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Da sprang sie ab und streichelte
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Die feuchte Maehne, schmeichelte
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Und dankte lieblich-klug und selbstbewusst.
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Wie war sie reizend! jung, des Alten Lust!
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Erst zehen Jahr!...
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Ich seh', die Philologen,
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Sie haben dich so wie sich selbst betrogen.
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Ganz eigen ist's mit mythologischer Frau,
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Der Dichter bringt sie, wie er's braucht, zur Schau:
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Nie wird sie muendig, wird nicht alt,
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Stets appetitlicher Gestalt,
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Wird jung entfuehrt, im Alter noch umfreit;
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Gnug, den Poeten bindet keine Zeit.
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So sei auch sie durch keine Zeit gebunden!
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Hat doch Achill auf Pherae sie gefunden,
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Selbst ausser aller Zeit. Welch seltnes Glueck:
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Errungen Liebe gegen das Geschick!
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Und sollt' ich nicht, sehnsuechtigster Gewalt,
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Ins Leben ziehn die einzigste Gestalt?
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Das ewige Wesen, Goettern ebenbuertig,
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So gross als zart, so hehr als liebenswuerdig?
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Du sahst sie einst; heut hab' ich sie gesehn,
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So schoen wie reizend, wie ersehnt so schoen.
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Nun ist mein Sinn, mein Wesen streng umfangen;
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Ich lebe nicht, kann ich sie nicht erlangen.
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Mein fremder Mann! als Mensch bist du entzueckt;
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Doch unter Geistern scheinst du wohl verrueckt.
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Nun trifft sich's hier zu deinem Gluecke;
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Denn alle Jahr, nur wenig Augenblicke,
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Pfleg' ich bei Manto vorzutreten,
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Der Tochter aeskulaps; im stillen Beten
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Fleht sie zum Vater, dass, zu seiner Ehre,
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Er endlich doch der aerzte Sinn verklaere
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Und vom verwegnen Totschlag sie bekehre...
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Die liebste mir aus der Sibyllengilde,
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Nicht fratzenhaft bewegt, wohltaetig milde;
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Ihr glueckt es wohl, bei einigem Verweilen,
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Mit Wurzelkraeften dich von Grund zu heilen.
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Geheilt will ich nicht sein, mein Sinn ist maechtig;
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Da waer' ich ja wie andre niedertraechtig.
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Versaeume nicht das Heil der edlen Quelle!
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Geschwind herab! Wir sind zur Stelle.
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Sag an! Wohin hast du, in grauser Nacht,
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Durch Kiesgewaesser mich ans Land gebracht?
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Hier trotzten Rom und Griechenland im Streite,
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Peneios rechts, links den Olymp zur Seite,
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Das groesste Reich, das sich im Sand verliert;
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Der Koenig flieht, der Buerger triumphiert.
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Blick auf! hier steht, bedeutend nah,
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Im Mondenschein der ewige Tempel da.
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Von Pferdes Hufe
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Erklingt die heilige Stufe,
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Halbgoetter treten heran.
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Ganz recht!
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Nur die Augen aufgetan!
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Willkommen! ich seh', du bleibst nicht aus.
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Steht dir doch auch dein Tempelhaus!
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Streiftst du noch immer unermuedet?
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Wohnst du doch immer still umfriedet,
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Indes zu kreisen mich erfreut.
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Ich harre, mich umkreist die Zeit.
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Und dieser?
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Die verrufene Nacht
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Hat strudelnd ihn hierher gebracht.
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Helenen, mit verrueckten Sinnen,
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Helenen will er sich gewinnen
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Und weiss nicht, wie und wo beginnen;
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Asklepischer Kur vor andern wert.
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Den lieb' ich, der Unmoegliches begehrt.
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Tritt ein, Verwegner, sollst dich freuen!
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Der dunkle Gang fuehrt zu Persephoneien.
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In des Olympus hohlem Fuss
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Lauscht sie geheim verbotnem Gruss.
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Hier hab' ich einst den Orpheus eingeschwaerzt;
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Benutz es besser! frisch! beherzt!
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Am obern Peneios
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Stuerzt euch in Peneios' Flut!
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Plaetschernd ziemt es da zu schwimmen,
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Lied um Lieder anzustimmen,
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Dem unseligen Volk zugut.
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Ohne Wasser ist kein Heil!
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Fuehren wir mit hellem Heere
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Eilig zum aegaeischen Meere,
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Wuerd' uns jede Lust zuteil.
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Schaeumend kehrt die Welle wieder,
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Fliesst nicht mehr im Bett darnieder;
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Grund erbebt, das Wasser staucht,
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Kies und Ufer berstend raucht.
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Fluechten wir! Kommt alle, kommt!
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Niemand, dem das Wunder frommt.
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Fort! ihr edlen frohen Gaeste,
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Zu dem seeisch heitern Feste,
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Blinkend, wo die Zitterwellen,
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Ufernetzend, leise schwellen;
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Da, wo Luna doppelt leuchtet,
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Uns mit heil'gem Tau befeuchtet.
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Dort ein freibewegtes Leben,
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Hier ein aengstlich Erdebeben;
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Eile jeder Kluge fort!
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Schauderhaft ist's um den Ort.
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Einmal noch mit Kraft geschoben,
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Mit den Schultern brav gehoben!
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So gelangen wir nach oben,
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Wo uns alles weichen muss.
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Welch ein widerwaertig Zittern,
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Haesslich grausenhaftes Wittern!
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Welch ein Schwanken, welches Beben,
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Schaukelnd Hin- und Widerstreben!
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Welch unleidlicher Verdruss!
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Doch wir aendern nicht die Stelle,
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Braeche los die ganze Hoelle.
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Nun erhebt sich ein Gewoelbe
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Wundersam. Es ist derselbe,
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Jener Alte, laengst Ergraute,
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Der die Insel Delos baute,
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Einer Kreissenden zulieb'
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Aus der Wog' empor sie trieb.
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Er, mit Streben, Draengen, Druecken,
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Arme straff, gekruemmt den Ruecken,
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Wie ein Atlas an Gebaerde,
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Hebt er Boden, Rasen, Erde,
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Kies und Griess und Sand und Letten,
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Unsres Ufers stille Betten.
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So zerreisst er eine Strecke
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Quer des Tales ruhige Decke.
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Angestrengtest, nimmer muede,
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Kolossale Karyatide,
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Traegt ein furchtbar Steingerueste,
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Noch im Boden bis zur Bueste;
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Weiter aber soll's nicht kommen,
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Sphinxe haben Platz genommen.
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Das hab' ich ganz allein vermittelt,
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Man wird mir's endlich zugestehn;
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Und haett' ich nicht geschuettelt und geruettelt,
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Wie waere diese Welt so schoen?--
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Wie staenden eure Berge droben
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In praechtig-reinem aetherblau,
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Haett' ich sie nicht hervorgeschoben
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Zu malerisch-entzueckter Schau?
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Als, angesichts der hoechsten Ahnen,
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Der Nacht, des Chaos, ich mich stark betrug
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Und, in Gesellschaft von Titanen,
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Mit Pelion und Ossa als mit Ballen schlug,
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Wir tollten fort in jugendlicher Hitze,
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Bis ueberdruessig noch zuletzt
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Wir dem Parnass, als eine Doppelmuetze,
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Die beiden Berge frevelnd aufgesetzt...
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Apollen haelt ein froh Verweilen
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Dort nun mit seliger Musen Chor.
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Selbst Jupitern und seinen Donnerkeilen
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Hob ich den Sessel hoch empor.
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Jetzt so, mit ungeheurem Streben,
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Drang aus dem Abgrund ich herauf
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Und fordre laut, zu neuem Leben,
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Mir froehliche Bewohner auf.
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Uralt, muesste man gestehen,
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Sei das hier Emporgebuergte,
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Haetten wir nicht selbst gesehen,
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Wie sich's aus dem Boden wuergte.
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Bebuschter Wald verbreitet sich hinan,
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Noch draengt sich Fels auf Fels bewegt heran;
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Ein Sphinx wird sich daran nicht kehren:
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Wir lassen uns im heiligen Sitz nicht stoeren.
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Gold in Blaettchen, Gold in Flittern
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Durch die Ritzen seh ich zittern.
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Lasst euch solchen Schatz nicht rauben,
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Imsen, auf! es auszuklauben.
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Wie ihn die Riesigen
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Emporgehoben,
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Ihr Zappelfuessigen,
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Geschwind nach oben!
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Behendest aus und ein!
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In solchen Ritzen
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Ist jedes Broeselein
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Wert zu besitzen.
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Das Allermindeste
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Muesst ihr entdecken
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Auf das geschwindeste
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In allen Ecken.
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Allemsig muesst ihr sein,
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Ihr Wimmelscharen;
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Nur mit dem Gold herein!
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Den Berg lasst fahren.
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Herein! Herein! Nur Gold zu Hauf!
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Wir legen unsre Klauen drauf;
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Sind Riegel von der besten Art,
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Der groesste Schatz ist wohlverwahrt.
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Haben wirklich Platz genommen,
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Wissen nicht, wie es geschah.
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Fraget nicht, woher wir kommen,
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Denn wir sind nun einmal da!
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Zu des Lebens lustigem Sitze
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Eignet sich ein jedes Land;
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Zeigt sich eine Felsenritze,
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Ist auch schon der Zwerg zur Hand.
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Zwerg und Zwergin, rasch zum Fleisse,
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Musterhaft ein jedes Paar;
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Weiss nicht, ob es gleicher Weise
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Schon im Paradiese war.
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Doch wir finden's hier zum besten,
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Segnen dankbar unsern Stern;
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Denn im Osten wie im Westen
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Zeugt die Mutter Erde gern.
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Hat sie in einer Nacht
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Die Kleinen hervorgebracht,
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Sie wird die Kleinsten erzeugen;
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Finden auch ihresgleichen.
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Eilet, bequemen
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Sitz einzunehmen!
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Eilig zum Werke!
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Schnelle fuer Staerke!
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Noch ist es Friede;
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Baut euch die Schmiede,
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Harnisch und Waffen
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Dem Heer zu schaffen.
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Ihr Imsen alle,
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Ruehrige im Schwalle,
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Schafft uns Metalle!
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Und ihr Daktyle,
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Kleinste, so viele,
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Euch sei befohlen,
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Hoelzer zu holen!
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Schlichtet zusammen
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Heimliche Flammen,
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Schaffet uns Kohlen.
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Mit Pfeil und Bogen
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Frisch ausgezogen!
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An jenem Weiher
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Schiesst mir die Reiher,
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Unzaehlig nistende,
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Hochmuetig bruestende,
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Auf einen Ruck,
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Alle wie einen!
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Dass wir erscheinen
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Mit Helm und Schmuck.
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Wer wird uns retten!
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Wir schaffen 's Eisen,
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Sie schmieden Ketten.
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Uns loszureissen,
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Ist noch nicht zeitig,
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Drum seid geschmeidig.
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Mordgeschrei und Sterbeklagen!
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aengstlich Fluegelflatterschlagen!
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Welch ein aechzen, welch Gestoehn
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Dringt herauf zu unsern Hoehn!
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Alle sind sie schon ertoetet,
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See von ihrem Blut geroetet,
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Missgestaltete Begierde
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Raubt des Reihers edle Zierde.
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Weht sie doch schon auf dem Helme
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Dieser Fettbauch-Krummbein-Schelme.
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Ihr Genossen unsres Heeres,
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Reihenwanderer des Meeres,
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Euch berufen wir zur Rache
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In so nahverwandter Sache.
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Keiner spare Kraft und Blut!
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Ewige Feindschaft dieser Brut!
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Die nordischen Hexen wusst' ich wohl zu meistern,
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Mir wird's nicht just mit diesen fremden Geistern.
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Der Blocksberg bleibt ein gar bequem Lokal,
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Wo man auch sei, man findet sich zumal.
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Frau Ilse wacht fuer uns auf ihrem Stein,
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Auf seiner Hoeh' wird Heinrich munter sein,
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Die Schnarcher schnauzen zwar das Elend an,
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Doch alles ist fuer tausend Jahr getan.
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Wer weiss denn hier nur, wo er geht und steht,
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Ob unter ihm sich nicht der Boden blaeht?...
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Ich wandle lustig durch ein glattes Tal,
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Und hinter mir erhebt sich auf einmal
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Ein Berg, zwar kaum ein Berg zu nennen,
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Von meinen Sphinxen mich jedoch zu trennen
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Schon hoch genug--hier zuckt noch manches Feuer
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Das Tal hinab und flammt ums Abenteuer...
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Noch tanzt und schwebt mir lockend, weichend vor,
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Spitzbuebisch gaukelnd, der galante Chor.
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Nur sachte drauf! Allzugewohnt ans Naschen,
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Wo es auch sei, man sucht was zu erhaschen.
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Geschwind, geschwinder!
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Und immer weiter!
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Dann wieder zaudernd,
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Geschwaetzig plaudernd.
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Es ist so heiter,
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Den alten Suender
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Uns nachzuziehen,
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Zu schwerer Busse.
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Mit starrem Fusse
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Kommt er geholpert,
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Einhergestolpert;
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Er schleppt das Bein,
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Wie wir ihn fliehen,
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Uns hinterdrein!
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Verflucht Geschick! Betrogne Mannsen!
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Von Adam her verfuehrte Hansen!
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Alt wird man wohl, wer aber klug?
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Warst du nicht schon vernarrt genug!
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Man weiss, das Volk taugt aus dem Grunde nichts,
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Geschnuerten Leibs, geschminkten Angesichts.
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Nichts haben sie Gesundes zu erwidern,
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Wo man sie anfasst, morsch in allen Gliedern.
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Man weiss, man sieht's, man kann es greifen,
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Und dennoch tanzt man, wenn die Luder pfeifen!
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Halt! er besinnt sich, zaudert, steht;
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Entgegnet ihm, dass er euch nicht entgeht!
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Nur zu! und lass dich ins Gewebe
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Der Zweifelei nicht toerig ein;
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Denn wenn es keine Hexen gaebe,
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Wer Teufel moechte Teufel sein!
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Kreisen wir um diesen Helden!
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Liebe wird in seinem Herzen
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Sich gewiss fuer eine melden.
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Zwar bei ungewissem Schimmer
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Scheint ihr huebsche Frauenzimmer,
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Und so moecht' ich euch nicht schelten.
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Auch nicht mich! als eine solche
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Lasst mich ein in eure Folge.
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Die ist in unserm Kreis zuviel,
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Verdirbt doch immer unser Spiel.
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Begruesst von Muehmichen Empuse,
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Der Trauten mit dem Eselsfusse!
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Du hast nur einen Pferdefuss,
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Und doch, Herr Vetter, schoensten Gruss!
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Hier dacht' ich lauter Unbekannte
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Und finde leider Nahverwandte;
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Es ist ein altes Buch zu blaettern:
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Vom Harz bis Hellas immer Vettern!
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Entschieden weiss ich gleich zu handeln,
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In vieles koennt' ich mich verwandeln;
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Doch Euch zu Ehren hab' ich jetzt
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Das Eselskoepfchen aufgesetzt.
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Ich merk', es hat bei diesen Leuten
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Verwandtschaft Grosses zu bedeuten;
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Doch mag sich, was auch will, eraeugnen,
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Den Eselskopf moecht' ich verleugnen.
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Dass diese Garstige, sie verscheucht,
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Was irgend schoen und lieblich deucht;
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Was irgend schoen und lieblich waer'--
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Sie kommt heran, es ist nicht mehr!
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Auch diese Muehmchen zart und schmaechtig,
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Sie sind mir allesamt verdaechtig;
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Und hinter solcher Waenglein Rosen
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Fuercht' ich doch auch Metamorphosen.
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Versuch es doch! sind unsrer viele.
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Greif zu! Und hast du Glueck im Spiele,
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Erhasche dir das beste Los.
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Was soll das luesterne Geleier?
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Du bist ein miserabler Freier,
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Stolzierst einher und tust so gross!--
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Nun mischt er sich in unsre Scharen;
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Lasst nach und nach die Masken fahren
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Und gebt ihm euer Wesen bloss.
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Die Schoenste hab' ich mir erlesen...
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O weh mir! welch ein duerrer Besen!
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Und diese?... Schmaehliches Gesicht!
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Verdienst du's besser? duenkt es nicht.
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Die Kleine moecht' ich mir verpfaenden...
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Lacerte schluepft mir aus den Haenden!
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Und schlangenhaft der glatte Zopf.
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Dagegen fass' ich mir die Lange...
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Da pack' ich eine Thyrsusstange,
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Den Pinienapfel als den Kopf!
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Wo will's hinaus?... Noch eine Dicke,
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An der ich mich vielleicht erquicke;
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Zum letztenmal gewagt! Es sei!
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Recht quammig, quappig, das bezahlen
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Mit hohem Preis Orientalen...
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Doch ach! der Bovist platzt entzwei!
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Fahrt auseinander, schwankt und schwebet
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Blitzartig, schwarzen Flugs umgebet
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Den eingedrungnen Hexensohn!
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Unsichre, schauderhafte Kreise!
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Schweigsamen Fittichs, Fledermaeuse!
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Zu wohlfeil kommt er doch davon.
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Viel klueger, scheint es, bin ich nicht geworden;
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Absurd ist's hier, absurd im Norden,
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Gespenster hier wie dort vertrackt,
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Volk und Poeten abgeschmackt.
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Ist eben hier eine Mummenschanz
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Wie ueberall, ein Sinnentanz.
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Ich griff nach holden Maskenzuegen
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Und fasste Wesen, dass mich's schauerte...
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Ich moechte gerne mich betruegen,
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Wenn es nur laenger dauerte.
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Wo bin ich denn? Wo will's hinaus?
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Das war ein Pfad, nun ist's ein Graus.
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Ich kam daher auf glatten Wegen,
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Und jetzt steht mir Geroell entgegen.
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Vergebens klettr' ich auf und nieder,
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Wo find' ich meine Sphinxe wieder?
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So toll haett' ich mir's nicht gedacht,
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Ein solch Gebirge in einer Nacht!
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Das heiss' ich frischen Hexenritt,
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Die bringen ihren Blocksberg mit.
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Herauf hier! Mein Gebirg ist alt,
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Steht in urspruenglicher Gestalt.
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Verehre schroffe Felsensteige,
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Des Pindus letztgedehnte Zweige!
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Schon stand ich unerschuettert so,
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Als ueber mich Pompejus floh.
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Daneben das Gebild des Wahns
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Verschwindet schon beim Kraehn des Hahns.
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Dergleichen Maerchen seh' ich oft entstehn
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Und ploetzlich wieder untergehn.
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Sei Ehre dir, ehrwuerdiges Haupt,
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Von hoher Eichenkraft umlaubt!
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Der allerklarste Mondenschein
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Dringt nicht zur Finsternis herein.--
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Doch neben am Gebuesche zieht
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Ein Licht, das gar bescheiden glueht.
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Wie sich das alles fuegen muss!
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Fuerwahr, es ist Homunculus!
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Woher des Wegs, du Kleingeselle?
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Ich schwebe so von Stell' zu Stelle
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Und moechte gern im besten Sinn entstehn,
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Voll Ungeduld, mein Glas entzweizuschlagen;
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Allein, was ich bisher gesehn,
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Hinein da moecht' ich mich nicht wagen.
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Nur, um dir's im Vertraun zu sagen:
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Zwei Philosophen bin ich auf der Spur,
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Ich horchte zu, es hiess: Natur, Natur!
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Von diesen will ich mich nicht trennen,
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Sie muessen doch das irdische Wesen kennen;
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Und ich erfahre wohl am Ende,
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Wohin ich mich am allerkluegsten wende.
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Das tu auf deine eigne Hand.
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Denn wo Gespenster Platz genommen,
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Ist auch der Philosoph willkommen.
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Damit man seiner Kunst und Gunst sich freue,
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Erschafft er gleich ein Dutzend neue.
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Wenn du nicht irrst, kommst du nicht zu Verstand.
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Willst du entstehn, entsteh auf eigne Hand!
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Ein guter Rat ist auch nicht zu verschmaehn.
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So fahre hin! Wir wollen's weiter sehn.
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Dein starrer Sinn will sich nicht beugen;
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Bedarf es Weitres, dich zu ueberzeugen?
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Die Welle beugt sich jedem Winde gern,
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Doch haelt sie sich vom schroffen Felsen fern.
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Durch Feuerdunst ist dieser Fels zu Handen.
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Im Feuchten ist Lebendiges erstanden.
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Lasst mich an eurer Seite gehn.
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Mir selbst geluestet's, zu entstehn!
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Hast du, o Thales, je in einer Nacht
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Solch einen Berg aus Schlamm hervorgebracht?
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Nie war Natur und ihr lebendiges Fliessen
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Auf Tag und Nacht und Stunden angewiesen.
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Sie bildet regelnd jegliche Gestalt,
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Und selbst im Grossen ist es nicht Gewalt.
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Hier aber war's! Plutonisch grimmig Feuer,
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aeolischer Duenste Knallkraft, ungeheuer,
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Durchbrach des flachen Bodens alte Kruste,
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Dass neu ein Berg sogleich entstehen musste.
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Was wird dadurch nun weiter fortgesetzt?
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Er ist auch da, und das ist gut zuletzt.
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Mit solchem Streit verliert man Zeit und Weile
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Und fuehrt doch nur geduldig Volk am Seile.
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Schnell quillt der Berg von Myrmidonen,
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Die Felsenspalten zu bewohnen;
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Pygmaeen, Imsen, Daeumerlinge
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Und andre taetig kleine Dinge.
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Nie hast du Grossem nachgestrebt,
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Einsiedlerisch-beschraenkt gelebt;
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Kannst du zur Herrschaft dich gewoehnen,
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So lass ich dich als Koenig kroenen.
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Was sagt mein Thales?
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Will's nicht raten;
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Mit Kleinen tut man kleine Taten,
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Mit Grossen wird der Kleine gross.
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Sieh hin! die schwarze Kranichwolke!
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Sie droht dem aufgeregten Volke
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Und wuerde so dem Koenig drohn.
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Mit scharfen Schnaebeln, krallen Beinen,
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Sie stechen nieder auf die Kleinen;
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Verhaengnis wetterleuchtet schon.
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Ein Frevel toetete die Reiher,
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Umstellend ruhigen Friedensweiher.
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Doch jener Mordgeschosse Regen
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Schafft grausam-blut'gen Rachesegen,
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Erregt der Nahverwandten Wut
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Nach der Pygmaeen frevlem Blut.
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Was nuetzt nun Schild und Helm und Speer?
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Was hilft der Reiherstrahl den Zwergen?
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Wie sich Daktyl und Imse bergen!
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Schon wankt, es flieht, es stuerzt das Heer.
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Konnt' ich bisher die Unterirdischen loben,
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So wend' ich mich in diesem Fall nach oben...
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Du! droben ewig Unveraltete,
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Dreinamig-Dreigestaltete,
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Dich ruf' ich an bei meines Volkes Weh,
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Diana, Luna, Hekate!
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Du Brusterweiternde, im Tiefsten Sinnige,
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Du Ruhigscheinende, Gewaltsam-Innige,
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Eroeffne deiner Schatten grausen Schlund,
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Die alte Macht sei ohne Zauber kund!
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Bin ich zu schnell erhoert?
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Hat mein Flehn
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Nach jenen Hoehn
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Die Ordnung der Natur gestoert?
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Und groesser, immer groesser nahet schon
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Der Goettin rundumschriebner Thron,
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Dem Auge furchtbar, ungeheuer!
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Ins Duestre roetet sich sein Feuer...
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Nicht naeher, drohend-maechtige Runde!
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Du richtest uns und Land und Meer zugrunde!
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So waer' es wahr, dass dich thessalische Frauen
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In frevlend magischem Vertrauen
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Von deinem Pfad herabgesungen,
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Verderblichstes dir abgerungen?...
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Das lichte Schild hat sich umdunkelt,
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Auf einmal reisst's und blitzt und funkelt!
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Welch ein Geprassel! Welch ein Zischen!
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Ein Donnern, Windgetuem dazwischen!--
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Demuetig zu des Thrones Stufen!--
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Verzeiht! Ich hab' es hergerufen.
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Was dieser Mann nicht alles hoert' und sah!
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Ich weiss nicht recht, wie uns geschah,
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Auch hab' ich's nicht mit ihm empfunden.
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Gestehen wir, es sind verrueckte Stunden,
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Und Luna wiegt sich ganz bequem
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An ihrem Platz, so wie vordem.
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Schaut hin nach der Pygmaeen Sitz!
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Der Berg war rund, jetzt ist er spitz.
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Ich spuert' ein ungeheures Prallen,
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Der Fels war aus dem Mond gefallen;
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Gleich hat er, ohne nachzufragen,
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So Freund als Feind gequetscht, erschlagen.
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Doch muss ich solche Kuenste loben,
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Die schoepferisch, in einer Nacht,
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Zugleich von unten und von oben,
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Dies Berggebaeu zustand gebracht.
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Sei ruhig! Es war nur gedacht.
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Sie fahre hin, die garstige Brut!
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Dass du nicht Koenig warst, ist gut.
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Nun fort zum heitern Meeresfeste,
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Dort hofft und ehrt man Wundergaeste.
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Da muss ich mich durch steile Felsentreppen,
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Durch alter Eichen starre Wurzeln schleppen!
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Auf meinem Harz der harzige Dunst
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Hat was vom Pech, und das hat meine Gunst,
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Zunaechst dem Schwefel... Hier, bei diesen Griechen
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Ist von dergleichen kaum die Spur zu riechen;
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Neugierig aber waer' ich, nachzuspueren,
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Womit sie Hoellenqual und--flamme schueren.
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In deinem Lande sei einheimisch klug,
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Im fremden bist du nicht gewandt genug.
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Du solltest nicht den Sinn zur Heimat kehren,
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Der heiligen Eichen Wuerde hier verehren.
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Man denkt an das, was man verliess;
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Was man gewohnt war, bleibt ein Paradies.
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Doch sagt: was in der Hoehle dort,
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Bei schwachem Licht, sich dreifach hingekauert?
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Die Phorkyaden! Wage dich zum Ort
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Und sprich sie sie an, wenn dich nicht schauert.
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Warum denn nicht!--Ich sehe was, und staune!
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So stolz ich bin, muss ich mir selbst gestehn:
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Dergleichen hab' ich nie gesehn,
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Die sind ja schlimmer als Alraune...
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Wird man die urverworfnen Suenden
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Im mindesten noch haesslich finden,
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Wenn man dies Dreigetuem erblickt?
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Wir litten sie nicht auf den Schwellen
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Der grauenvollsten unsrer Hoellen.
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Hier wurzelt's in der Schoenheit Land,
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Das wird mit Ruhm antik genannt...
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Sie regen sich, sie scheinen mich zu spueren,
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Sie zwitschern pfeifend, Fledermaus-Vampyren.
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Gebt mir das Auge, Schwestern, dass es frage,
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Wer sich so nah an unsre Tempel wage.
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Verehrteste! Erlaubt mir, euch zu nahen
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Und euren Segen dreifach zu empfahen.
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Ich trete vor, zwar noch als Unbekannter,
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Doch, irr' ich nicht, weitlaeufiger Verwandter.
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Altwuerdige Goetter hab' ich schon erblickt,
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Vor Ops und Rhea tiefstens mich gebueckt;
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Die Parzen selbst, des Chaos, eure Schwestern,
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Ich sah sie gestern--oder ehegestern;
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Doch euresgleichen hab' ich nie erblickt.
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Ich schweige nun und fuehle mich entzueckt.
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Er scheint Verstand zu haben, dieser Geist.
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Nur wundert's mich, dass euch kein Dichter preist.
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Und sagt: wie kam's, wie konnte das geschehn?
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Im Bilde hab' ich nie euch Wuerdigste gesehn;
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Versuch's der Meissel doch, euch zu erreichen,
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Nicht Juno, Pallas, Venus und dergleichen.
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Versenkt in Einsamkeit und stillste Nacht,
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Hat unser Drei noch nie daran gedacht!
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Wie sollt' es auch? da ihr, der Welt entrueckt,
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Hier niemand seht und niemand euch erblickt.
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Da muesstet ihr an solchen Orten wohnen,
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Wo Pracht und Kunst auf gleichem Sitze thronen,
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Wo jeden Tag, behend, im Doppelschritt,
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Ein Marmorblock als Held ins Leben tritt.
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Wo--
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Schweige still und gib uns kein Geluesten!
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Was huelf' es uns, und wenn wir's besser wuessten?
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In Nacht geboren, Naechtlichem verwandt,
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Beinah uns selbst, ganz allen unbekannt.
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In solchem Fall hat es nicht viel zu sagen,
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Man kann sich selbst auch andern uebertragen.
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Euch dreien gnuegt ein Auge, gnuegt ein Zahn;
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Da ging' es wohl auch mythologisch an,
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In zwei die Wesenheit der drei zu fassen,
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Der Dritten Bildnis mir zu ueberlassen,
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Auf kurze Zeit.
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Wie duenkt's euch? ging' es an?
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Versuchen wir's!--doch ohne Aug' und Zahn.
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Nun habt ihr grad das Beste weggenommen;
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Wie wuerde da das strengste Bild vollkommen!
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Drueck du ein Auge zu, 's ist leicht geschehn,
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Lass alsofort den einen Raffzahn sehn,
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Und im Profil wirst du sogleich erreichen,
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Geschwisterlich vollkommen uns zu gleichen.
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Viel Ehr'! Es sei!
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Es sei!
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Da steh' ich schon,
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Des Chaos vielgeliebter Sohn!
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Des Chaos Toechter sind wir unbestritten.
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Man schilt mich nun, o Schmach, Hermaphroditen.
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Im neuen Drei der Schwestern welche Schoene!
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Wir haben zwei der Augen, zwei der Zaehne.
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Vor aller Augen muss ich mich verstecken,
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Im Hoellenpfuhl die Teufel zu erschrecken.
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Felsbuchten des aegaeischen Meers
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Haben sonst bei naechtigem Grauen
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Dich thessalische Zauberfrauen
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Frevelhaft herabgezogen,
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Blicke ruhig von dem Bogen
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Deiner Nacht auf Zitterwogen
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Mildeblitzend Glanzgewimmel
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Und erleuchte das Getuemmel,
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Das sich aus den Wogen hebt!
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Dir zu jedem Dienst erboetig,
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Schoene Luna, sei uns gnaedig!
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Toenet laut in schaerfern Toenen,
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Die das breite Meer durchdroehnen,
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Volk der Tiefe ruft fortan!
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Vor des Sturmes grausen Schluenden
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Wichen wir zu stillsten Gruenden,
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Holder Sang zieht uns heran.
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Seht, wie wir im Hochentzuecken
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Uns mit goldenen Ketten schmuecken,
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Auch zu Kron' und Edelsteinen
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Spang- und Guertelschmuck vereinen!
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Alles das ist eure Frucht.
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Schaetze, scheiternd hier verschlungen,
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Habt ihr uns herangesungen,
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Ihr Daemonen unsrer Bucht.
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Wissen's wohl, in Meeresfrische
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Glatt behagen sich die Fische,
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Schwanken Lebens ohne Leid;
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Doch, ihr festlich regen Scharen,
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Heute moechten wir erfahren,
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Dass ihr mehr als Fische seid.
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Ehe wir hieher gekommen,
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Haben wir's zu Sinn genommen;
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Schwestern, Bur*der, jetzt geschwind!
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Heut bedarf's der kleinsten Reise
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Zum vollgueltigsten Beweise,
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Dass wir mehr als Fische sind.
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Fort sind sie im Nu!
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Nach Samothrace grade zu,
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Verschwunden mit guenstigem Wind.
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Was denken sie zu vollfuehren
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Im Reiche der hohen Kabiren?
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Sind Goetter! Wundersam eigen,
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Die sich immerfort selbst erzeugen
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Und niemals wissen, was sie sind.
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Bleibe auf deinen Hoehn,
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Holde Luna, gnaedig stehn,
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Dass es naechtig verbleibe,
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Uns der Tag nicht vertreibe!
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Ich fuehrte dich zum alten Nereus gern;
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Zwar sind wir nicht von seiner Hoehle fern,
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Doch hat er einen harten Kopf,
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Der widerwaertige Sauertopf.
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Das ganze menschliche Geschlecht
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Macht's ihm, dem Griesgram, nimmer recht.
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Doch ist die Zukunft ihm entdeckt,
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Dafuer hat jedermann Respekt
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Und ehret ihn auf seinem Posten;
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Auch hat er manchem wohlgetan.
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Probieren wir's und klopfen an!
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Nicht gleich wird's Glas und Flamme kosten.
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Sind's Menschenstimmen, die mein Ohr vernimmt?
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Wie es mir gleich im tiefsten Herzen grimmt!
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Gebilde, strebsam, Goetter zu erreichen,
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Und doch verdammt, sich immer selbst zu gleichen.
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Seit alten Jahren konnt' ich goettlich ruhn,
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Doch trieb mich's an, den Besten wohlzutun;
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Und schaut' ich dann zuletzt vollbrachte Taten,
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So war es ganz, als haett' ich nicht geraten.
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Und doch, o Greis des Meers, vertraut man dir;
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Du bist der Weise, treib uns nicht von hier!
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Schau diese Flamme, menschenaehnlich zwar,
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Sie deinem Rat ergibt sich ganz und gar.
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Was Rat! Hat Rat bei Menschen je gegolten?
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Ein kluges Wort erstarrt im harten Ohr.
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So oft auch Tat sich grimmig selbst gescholten,
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Bleibt doch das Volk selbstwillig wie zuvor.
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Wie hab' ich Paris vaeterlich gewarnt,
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Eh sein Geluest ein fremdes Weib umgarnt.
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Am griechischen Ufer stand er kuehnlich da,
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Ihm kuendet' ich, was ich im Geiste sah:
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Die Luefte qualmend, ueberstroemend Rot,
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Gebaelke gluehend, unten Mord und Tod:
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Trojas Gerichtstag, rhythmisch festgebannt,
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Jahrtausenden so schrecklich als gekannt.
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Des Alten Wort, dem Frechen schien's ein Spiel,
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Er folgte seiner Lust, und Ilios fiel--
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Ein Riesenleichnam, starr nach langer Qual,
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Des Pindus Adlern gar willkommnes Mahl.
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Ulyssen auch! sagt' ich ihm nicht voraus
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Der Circe Listen, des Zyklopen Graus?
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Das Zaudern sein, der Seinen leichten Sinn,
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Und was nicht alles! Bracht' ihm das Gewinn?
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Bis vielgeschaukelt ihn, doch spaet genug,
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Der Woge Gunst an gastlich Ufer trug.
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Dem weisen Mann gibt solch Betragen Qual;
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Der gute doch versucht es noch einmal.
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Ein Quentchen Danks wird, hoch ihn zu vergnuegen,
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Die Zentner Undanks voellig ueberwiegen.
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Denn nichts Geringes haben wir zu flehn:
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Der Knabe da wuenscht weislich zu entstehn.
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Verderbt mir nicht den seltensten Humor!
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Ganz andres steht mir heute noch bevor:
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Die Toechter hab' ich alle herbeschieden,
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Die Grazien des Meeres, die Doriden.
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Nicht der Olymp, nicht euer Boden traegt
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Ein schoen Gebild, das sich so zierlich regt.
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Sie werfen sich, anmutigster Gebaerde,
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Vom Wasserdrachen auf Neptunus' Pferde,
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Dem Element aufs zarteste vereint,
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Dass selbst der Schaum sie noch zu heben scheint.
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Im Farbenspiel von Venus' Muschelwagen
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Kommt Galatee, die Schoenste, nun getragen,
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Die, seit sich Kypris von uns abgekehrt,
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In Paphos wird als Goettin selbst verehrt.
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Und so besitzt die Holde lange schon,
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Als Erbin, Tempelstadt und Wagenthron.
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Hinweg! Es ziemt in Vaterfreudenstunde
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Nicht Hass dem Herzen, Scheltwort nicht dem Munde.
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Hinweg zu Proteus! Fragt den Wundermann:
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Wie man entstehn und sich verwandlen kann.
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Wir haben nichts durch siesen Schritt gewonnen,
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Trifft man auch Proteus, gleich ist er zerronnen;
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Und steht er euch, so sagt er nur zuletzt,
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Was staunen macht und in Verwirrung setzt.
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Du bist einmal beduerftig solchen Rats,
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Versuchen wir's und wandlen unsres Pfads!
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Was sehen wir von weiten
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Das Wellenreich durchgleiten?
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Als wie nach Windes Regel
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Anzoegen weisse Segel,
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So hell sind sie zu schauen,
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Verklaerte Meeresfrauen.
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Lasst uns herunterklimmen,
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Vernehmt ihr doch die Stimmen.
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Was wir auf Haenden tragen,
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Soll allen euch behagen.
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Chelonens Riesenschilde
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Entglaenzt ein streng Gebilde:
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Sind Goetter, die wir bringen;
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Muesst hohe Lieder singen.
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Klein von Gestalt,
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Gross von Gewalt,
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Der Scheiternden Retter,
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Uralt verehrte Goetter.
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Wir bringen die Kabiren,
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Ein friedlich Fest zu fuehren;
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Denn wo sie heilig walten,
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Neptun wird freundlich schalten.
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Wir stehen euch nach;
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Wenn ein Schiff zerbrach,
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Unwiderstehbar an Kraft
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Schuetzt ihr die Mannschaft.
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Drei haben wir mitgenommen,
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Der vierte wollte nicht kommen;
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Er sagte, er sei der Rechte,
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Der fuer sie alle daechte.
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Ein Gott den andern Gott
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Macht wohl zu Spott.
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Ehrt ihr alle Gnaden,
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Fuerchtet jeden Schaden.
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Sind eigentlich ihrer sieben.
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Wo sind die drei geblieben?
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Wir wuessten's nicht zu sagen,
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Sind im Olymp zu erfragen;
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Dort west auch wohl der achte,
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An den noch niemand dachte!
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In Gnaden uns gewaertig,
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Doch alle noch nicht fertig.
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Diese Unvergleichlichen
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Wollen immer weiter,
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Sehnsuchtsvolle Hungerleider
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Nach dem Unerreichlichen.
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Wir sind gewohnt,
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Wo es auch thront,
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In Sonn' und Mond
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Hinzubeten; es lohnt.
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Wie unser Ruhm zum hoechsten prangt,
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Dieses Fest anzufuehren!
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Die Helden des Altertums
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Ermangeln des Ruhms,
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Wo und wie er auch prangt,
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Wenn sie das goldne Vlies erlangt,
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Ihr die Kabiren.
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Wenn sie das goldne Vlies erlangt,
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Wir die Kabiren.
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Ihr
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Die Ungestalten seh' ich an
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Als irden-schlechte Toepfe,
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Nun stossen sich die Weisen dran
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Und brechen harte Koepfe.
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Das ist es ja, was man begehrt:
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Der rost macht erst die Muenze wert.
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So etwas freut mich alten Fabler!
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Je wunderlicher, desto respektabler.
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Wo bist du, Proteus?
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Hier! und hier!
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Den alten Scherz verzeih' ich dir;
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Doch einem Freund nicht eitle Worte!
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Ich weiss, du sprichst vom falschen Orte.
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Leb' wohl!
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Er ist ganz nah. Nun leuchte frisch!
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Er ist neugierig wie ein Fisch;
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Und wo er auch gestaltet stockt,
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Durch Flammen wird er hergelockt.
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Ergiess'ich gleich des Lichtes Menge,
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Bescheiden doch, dass ich das Glas nicht sprenge.
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Was leuchtet so anmutig schoen?
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Gut! Wenn du Lust hast, kannst du's naeher sehn.
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Die kleine Muehe lass dich nicht verdriessen
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Und zeige dich auf menschlich beiden Fuessen.
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Mit unsern Gunsten sei's, mit unserm Willen,
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Wer schauen will, was wir verhuellen.
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Weltweise Kniffe sind dir noch bewusst.
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Gestalt zu wechseln, bleibt noch deine Lust.
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Ein leuchtend Zwerglein! Niemals noch gesehn!
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Es fragt um Rat und moechte gern entstehn.
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Er ist, wie ich von ihm vernommen,
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Gar wundersam nur halb zur Welt gekommen.
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Ihm fehlt es nicht an geistigen Eigenschaften,
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Doch gar zu sehr am greiflich Tuechtighaften.
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Bis jetzt gibt ihm das Glas allein Gewicht,
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Doch waer' er gern zunaechst verkoerperlicht.
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Du bist ein wahrer Jungfernsohn,
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Eh' du sein solltest, bist du schon!
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Auch scheint es mir von andrer Seite kritisch:
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Er ist, mich duenkt, hermaphroditisch.
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Da muss es desto eher gluecken;
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So wie er anlangt, wird sich's schicken.
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Doch gilt es hier nicht viel Besinnen:
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Im weiten Meere musst du anbeginnen!
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Da faengt man erst im kleinen an
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Und freut sich, Kleinste zu verschlingen,
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Man waechst so nach und nach heran
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Und bildet sich zu hoeherem Vollbringen.
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Hier weht gar eine weiche Luft,
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Es grunelt so, und mir behagt der Duft!
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Das glaub' ich, allerliebster Junge!
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Und weiter hin wird's viel behaeglicher,
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Auf dieser schmalen Strandeszunge
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Der Dunstkreis noch unsaeglicher;
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Da vorne sehen wir den Zug,
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Der eben herschwebt, nah genug.
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Kommt mit dahin!
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Ich gehe mit.
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Dreifach merkwuerd'ger Geisterschritt!
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Wir haben den Dreizack Neptunen geschmiedet,
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Womit er die regesten Wellen beguetet.
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Entfaltet der Donnrer die Wolken, die vollen,
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Entgegnet Neptunus dem greulichen Rollen;
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Und wie auch von oben es zackig erblitzt,
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Wird Woge nach Woge von unten gespritzt;
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Und was auch dazwischen in aengsten gerungen,
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Wird, lange geschleudert, vom Tiefsten verschlungen;
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Weshalb er uns heute den Zepter gereicht--
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Nun schweben wir festlich, beruhigt und leicht.
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Euch, dem Helios Geweihten,
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Heitern Tags Gebenedeiten,
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Gruss zur Stunde, die bewegt
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Lunas Hochverehrung regt!
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Allieblichste Goettin am Bogen da droben!
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Du hoerst mit Entzuecken den Bruder beloben.
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Der seligen Rhodus verleihst du ein Ohr,
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Dort steigt ihm ein ewiger Paean hervor.
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Beginnt er den Tagslauf und ist es getan,
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Er blickt uns mit feurigem Strahlenblick an.
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Die Berge, die Staedte, die Ufer, die Welle
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Gefallen dem Gotte, sind lieblich und helle.
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Kein Nebel umschwebt uns, und schleicht er sich ein,
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Ein Strahl und ein Lueftchen, die Insel ist rein!
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Da schaut sich der Hohe in hundert Gebilden,
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Als Juengling, als Riesen, den grossen, den milden.
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Wir ersten, wir waren's, die Goettergewalt
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Aufstellten in wuerdiger Menschengestalt.
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Lass du sie singen, lass sie prahlen!
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Der Sonne heiligen Lebestrahlen
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Sind tote Werke nur ein Spass.
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Das bildet, schmelzend, unverdrossen;
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Und haben sie's in Erz gegossen,
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Dann denken sie, es waere was.
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Was ist's zuletzt mit diesen Stolzen?
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Die Goetterbilder standen gross--
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Zerstoerte sie ein Erdestoss;
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Laengst sind sie wieder eingeschmolzen.
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Das Erdetreiben, wie's auch sei,
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Ist immer doch nur Plackerei;
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Dem Leben frommt die Welle besser;
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Dich traegt ins ewige Gewaesser
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Schon ist's getan!
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Da soll es dir zum schoensten gluecken:
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Ich nehme dich auf meinen Ruecken,
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Vermaehle dich dem Ozean.
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Gib nach dem loeblichen Verlangen,
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Von vorn die Schoepfung anzufangen!
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Zu raschem Wirken sei bereit!
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Da regst du dich nach ewigen Normen,
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Durch tausend, abertausend Formen,
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Und bis zum Menschen hast du Zeit.
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Komm geistig mit in feuchte Weite,
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Da lebst du gleich in Laeng' und Breite,
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Beliebig regest du dich hier;
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Nur strebe nicht nach hoeheren Orden:
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Denn bist du erst ein Mensch geworden,
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Dann ist es voellig aus mit dir.
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Nachdem es kommt; 's ist auch wohl fein,
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Ein wackrer Mann zu seiner Zeit zu sein.
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So einer wohl von deinem Schlag!
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Das haelt noch eine Weile nach;
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Denn unter bleichen Geisterscharen
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Seh' ich dich schon seit vielen hundret Jahern.
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Welch ein Ring von Woelkchen ruendet
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Um den Mond so reichen Kreis?
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Tauben sind es, liebentzuendet,
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Fittiche, wie Licht so weiss.
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Paphos hat sie hergesendet,
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Ihre bruenstige Vogelschar;
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Unser Fest, es ist vollendet,
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Heitre Wonne voll und klar!
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Nennte wohl ein naechtiger Wanderer
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Diesen Mondhof Lufterscheinung;
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Doch wir Geister sind ganz anderer
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Und der einzig richtigen Meinung:
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Tauben sind es, die begleiten
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Meiner Tochter Muschelfahrt,
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Wunderflugs besondrer Art,
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Angelernt vor alten Zeiten.
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Auch ich halte das fuers Beste,
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Was dem wackern Mann gefaellt,
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Wenn im stillen, warmen Neste
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Sich ein Heiliges lebend haelt.
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In Cyperns rauhen Hoehlegrueften,
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Vom Meergott nicht verschuettet,
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Vom Seismos nicht zerruettet,
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Umweht von ewigen Lueften,
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Und, wie in den aeltesten Tagen,
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In stillbewusstem Behagen
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Bewahren wir Cypriens Wagen
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Und fuehren, beim Saeuseln der Naechte,
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Durch liebliches Wellengeflechte,
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Unsichtbar dem neuen Geschlechte,
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Die lieblichste Tochter heran.
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Wir leise Geschaeftigen scheuen
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Weder Adler noch gefluegelten Leuen,
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Weder Kreuz noch Mond,
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Wie es oben wohnt und thront,
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Sich wechselnd wegt und regt,
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Sich vertreibt und totschlaegt,
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Saaten und Staedte niederlegt.
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Wir, so fortan,
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Bringen die lieblichste Herrin heran.
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Leicht bewegt, in maessiger Eile,
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Um den Wagen, Kreis um Kreis,
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Bald verschlungen Zeil' an Zeile,
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Schlangenartig reihenweis,
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Naht euch, ruestige Nereiden,
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Derbe Fraun, gefaellig wild,
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Bringet, zaertliche Doriden,
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Galateen, der Mutter Bild:
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Ernst, den Goettern gleich zu schauen,
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Wuerdiger Unsterblichkeit,
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Doch wie holde Menschenfrauen
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Lockender Anmutigkeit.
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Leih uns, Luna, Licht und Schatten,
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Klarheit diesem Jugendflor!
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Denn wir zeigen liebe Gatten
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Unserm Vater bittend vor.
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Knaben sind's, die wir gerettet
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Aus der Brandung grimmem Zahn,
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Sie, auf Schilf und Moos gebettet,
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Aufgewaermt zum Licht heran,
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Die es nun mit heissen Kuessen
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Treulich uns verdanken muessen;
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Schau die Holden guenstig an!
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Hoch ist der Doppelgewinn zu schaetzen:
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Barmherzig sein, und sich zugleich ergetzen.
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Lobst du, Vater, unser Walten,
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Goennst uns wohlerworbene Lust,
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Lass uns fest, unsterblich halten
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Sie an ewiger Jungendbrust.
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Moegt euch des schoenen Fanges freuen,
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Den Juengling bildet euch als Mann;
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Allein ich koennte nicht verleihen,
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Was Zeus allein gewaehren kann.
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Die Welle, die euch wogt und schaukelt,
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Laesst auch der Liebe nicht Bestand,
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Und hat die Neigung ausgegaukelt,
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So setzt gemaechlich sie ans Land.
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Ihr, holde Knaben, seid uns wert,
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Doch muessen wir traurig scheiden;
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Wir haben ewige Treue begehrt,
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Die Goetter wollen's nicht leiden.
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Wenn ihr uns nur so ferner labt,
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Uns wackre Schifferknaben;
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Wir haben's nie so gut gehabt
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Und wollen's nicht besser haben.
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Du bist es, mein Liebchen!
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O Vater! das Glueck!
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Delphine, verweilet! mich fesselt der Blick.
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Vorueber schon, sie ziehen vorueber
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In kreisenden Schwunges Bewegung;
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Was kuemmert sie die innre herzliche Regung!
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Ach, naehmen sie mich mit hinueber!
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Doch ein einziger Blick ergetzt,
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Dass er das ganze Jahr ersetzt,
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Heil! Heil! aufs neue!
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Wie ich mich bluehend freue,
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Vom Schoenen, Wahren durchdrungen...
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Alles ist aus dem Wasser entsprungen!!
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Alles wird durch das Wasser erhalten!
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Ozean, goenn uns dein ewiges Walten.
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Wenn du nicht Wolken sendetest,
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Nicht reiche Baeche spendetest,
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Hin und her nicht Fluesse wendetest,
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Die Stroeme nicht vollendetest,
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Was waeren Gebirge, was Ebnen und Welt?
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Du bist's der das frischeste Leben erhaelt.
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Du bist's, dem das frischeste Leben entquellt.
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Sie kehren schwankend fern zurueck,
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Bringen nicht mehr Blick zu Blick;
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In gedehnten Kettenkreisen,
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Sich festgemaess zu erweisen,
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Windet sich die unzaehlige Schar.
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Aber Galateas Muschelthron
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Seh' ich schon und aber schon.
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Er glaenzt wie ein stern
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Durch die Menge.
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Geliebtes leuchtet durchs Gedraenge!
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Auch noch so fern
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Schimmert's hell und klar,
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Immer nah und wahr.
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In dieser holden Feuchte
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Was ich auch hier beleuchte,
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Ist alles reizend schoen.
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In dieser Lebensfeuchte
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Erglaenzt erst deine Leuchte
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Mit herrlichem Getoen.
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Welch neues Geheimnis in Mitte der Scharen
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Will unseren Augen sich offengebaren?
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Was flammt um die Muschel, um Galatees Fuesse?
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Bald lodert es maechtig, bald lieblich, bald suesse,
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Als waer' es von Pulsen der Liebe geruehrt.
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Homunculus ist es, von Proteus verfuehrt...
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Es sind die Symptome des herrischen Sehnens,
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Mir ahnet das aechzen beaengsteten Droehnens;
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Er wird sich zerschellen am glaenzenden Thron;
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Jetzt flammt es, nun blitzt es, ergiesset sich schon.
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Welch feuriges Wunder verklaert uns die Wellen,
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Die gegeneinander sich funkelnd zerschellen?
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So leuchtet's und schwanket und hellet hinan:
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Die Koerper, sie gluehen auf naechtlicher Bahn,
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Und ringsum ist alles vom Feuer umronnen;
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So herrsche denn Eros, der alles begonnen!
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Heil dem Meere! Heil den Wogen,
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Von dem heilgen Feuer umzogen!
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Heil dem Wasser! Heil dem Feuer!
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Heil dem seltnen Abenteuer!
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Heil den mildgewogenen Lueften!
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Heil geheimnisreichen Grueften!
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Hochgefeiert seid allhier,
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Element' ihr alle vier!
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3. Akt--Vor dem Palaste des Menelas zu Sparta
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Bewundert viel und viel gescholten, Helena,
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Vom Strande komm' ich, wo wir erst gelandet sind,
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Noch immer trunken von des Gewoges regsamem
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Geschaukel, das vom phrygischen Blachgefild uns her
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Auf straeubig-hohem Ruecken, durch Poseidons Gunst
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Und Euros' Kraft, in vaterlaendische Buchten trug.
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Dort unten freuet nun der Koenig Menelas
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Der Rueckkehr samt den tapfersten seiner Krieger sich.
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Du aber heisse mich willkommen, hohes Haus,
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Das Tyndareos, mein Vater, nah dem Hange sich
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Von Pallas' Huegel wiederkehrend aufgebaut
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Und, als ich hier mit Klytaemnestren schwesterlich,
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Mit Kastor auch und Pollux froehlich spielend wuchs,
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Vor allen Haeusern Spartas herrlich ausgeschmueckt.
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Gegruesset seid mir, der ehrnen Pforte Fluegel ihr!
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Durch euer gastlich ladendes Weit-Eroeffnen einst
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Geschah's, dass mir, erwaehlt aus vielen, Menelas
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In Braeutigamsgestalt entgegenleuchtete.
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Eroeffnet mir sie wieder, dass ich ein Eilgebot
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Des Koenigs treu erfuelle, wie der Gattin ziemt.
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Lasst mich hinein! und alles bleibe hinter mir,
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Was mich umstruermte bis hieher, verhaengnisvoll.
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Denn seit ich diese Schwelle sorgenlos verliess,
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Cytherens Tempel besuchend, heiliger Pflicht gemaess,
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Mich aber dort ein Raeuber griff, der phrygische,
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Ist viel geschehen, was die Menschen weit und breit
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So gern erzaehlen, aber der nicht gerne hoert,
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Von dem die Sage wachsend sich zum Maerchen spann.
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Verschmaehe nicht, o herrliche Frau,
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Des hoechsten Gutes Ehrenbesitz!
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Denn das groesste Glueck ist dir einzig beschert,
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Der Schoenheit Ruhm, der vor allen sich hebt.
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Dem Helden toent sein Name voran,
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Drum schreitet er stolz;
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Doch beugt sogleich hartnaeckigster Mann
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Vor der allbezwingenden Schoene den Sinn.
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Genug! mit meinem Gatten bin ich hergeschifft
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Und nun von ihm zu seiner Stadt voraugesandt;
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Doch welchen Sinn er hegen mag, errat' ich nicht.
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Komm' ich als Gattin? komm' ich eine Koenigin?
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Komm' ich ein Opfer fuer des Fuersten bittern Schmerz
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Und fuer der Griechen lang' erduldetes Missgeschick?
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Erobert bin ich; ob gefangen, weiss ich nicht!
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Denn Ruf und Schicksal bestimmten fuewahr die Unsterblichen
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Zweideutig mir, der Schoengestalt bedenkliche
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Begleiter, die an dieser Schwelle mir sogar
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Mit duester drohender Gegenwart zur Seite stehn.
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Denn schon im hohlen Schiffe blickte mich der Gemahl
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Nur selten an, auch sprach er kein erquicklich Wort.
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Als wenn er Unheil saenne, sass er gegen mir.
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Nun aber, als des Eurotas tiefem Buchtgestad
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Hinangefahren der vordern Schiffe Schnaebel kaum
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Das Land begruessten, sprach er, wie vom Gott bewegt:
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"Hier steigen meine Krieger nach der Ordnung aus,
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Ich mustere sie, am Strand des Meeres hingereiht;
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Du aber ziehe weiter, ziehe des heiligen
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Eurotas fruchtbegabtem Ufer immer auf,
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Die Rosse lenkend auf der feuchten Wiese Schmuck,
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Bis dass zur schoenen Ebene du gelangen magst,
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Wo Lakedaemon, einst ein fruchtbar weites Feld,
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Von ernsten Bergen nah umgeben, angebaut.
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Betrete dann das hochgetuermte Fuerstenhaus
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Und mustere mir die Maegde, die ich dort zurueck
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Gelassen, samt der klugen alten Schaffnerin.
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Die zeige dir der Schaetze reiche Sammlung vor,
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Wie sie dein Vater hinterliess und die ich selbst
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In Krieg und Frieden, stets vermehrend, aufgehaeuft.
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Du findest alles nach der Ordnung stehen; denn
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Das ist des Fuersten Vorrecht, dass er alles treu
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In seinem Hause, wiederkehrend, finde, noch
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An seinem Platze jedes, wie er's dort verliess.
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Denn nichts zu aendern hat fuer sich der Knecht Gewalt."
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Erquicke nun am herrlichen Schatz,
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Dem stets vermehrten, Augen und Brust!
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Denn der Kette Zier, der Krone Geschmuck,
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Da ruhn sie stolz, und sie duenken sich was;
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Doch tritt nur ein und fordre sie auf,
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Sie ruesten sich schnell.
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Mich freuet, zu sehn Schoenheit in dem Kampf
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Gegen Gold und Perlen und Edelgestein.
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Sodann erfolgte des Herren ferneres Herrscherwort:
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"Wenn du nun alles nach der Ordnung durchgesehn,
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Dann nimm so manchen Dreifuss, als du noetig glaubst,
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Und mancherlei Gefaesse, die der Opfer sich
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Zur Hand verlangt, vollziehend heiligen Festgebrauch.
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Die Kessel, auch die Schalen, wie das flache Rund;
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Das reinste Wasser aus der heiligen Quelle sei
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In hohen Kruegen; ferner auch das trockne Holz,
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Der Flammen schnell empfaenglich, halte da bereit;
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Ein wohlgeschliffnes Messer fehle nicht zuletzt;
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Doch alles andre geb' ich deiner Sorge hin."
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So sprach er, mich zum Scheiden draengend; aber nichts
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Lebendigen Atems zeichnet mir der Ordnende,
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Das er, die Olympier zu verehren, schlachten will.
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Bedenklich ist es; doch ich sorge weiter nicht,
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Und alles bleibe hohen Goettern heimgestellt,
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Die das vollenden, was in ihrem Sinn sie deucht,
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Es moege gut von Menschen oder moege boes
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Geachtet sein; die Sterblichen, wir ertragen das.
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Schon manchmal hob das schwere Beil der Opfernde
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Zu des erdgebeugten Tieres Nacken weihend auf
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Und konnt' es nicht vollbringen, denn ihn hinderte
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Des nahen Feindes oder Gottes Zwischenkunft.
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Was geschehen werde, sinnst du nicht aus;
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Koenigin, schreite dahin
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Guten Muts!
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Gutes und Boeses kommt
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Unerwartet dem Menschen;
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Auch verkuendet, glauben wir's nicht.
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Brannte doch Troja, sahen wir doch
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Tod vor Augen, schmaehlichen Tod;
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Und sind wir nicht hier
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Dir gesellt, dienstbar freudig,
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Schauen des Himmels blendende Sonne
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Und das Schoenste der Erde
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Huldvoll, dich, uns Gluecklichen?
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Sei's wie es sei! Was auch bevorsteht, mir geziemt,
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Hinaufzusteigen ungesaeumt in das Koenigshaus,
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Das, lang' entbehrt und viel ersehnt und fast verscherzt,
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Mir abermals vor Augen steht, ich weiss nicht wie.
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Die Fuesse tragen mich so mutig nicht empor
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Die hohen Stufen, die ich kindisch uebersprang.
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Werfet, o Schwestern, ihr
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Traurig gefangenen,
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Alle Schmerzen ins Weite;
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Teilet der Herrin Glueck,
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Teilet Helenens Glueck,
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Welche zu Vaterhauses Herd,
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Zwar mit spaet zurueckkehrendem,
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Aber mit desto festerem
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Fusse freudig herannaht.
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Preiset die heiligen,
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Gluecklich herstellenden
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Und heimfuehrenden Goetter!
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Schwebt der Entbundene
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Doch wie auf Fittichen
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ueber das Rauhste, wenn umsonst
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Der Gefangene sehnsuchtsvoll
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ueber die Zinne des Kerkers hin
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Armausbreitend sich abhaermt.
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Aber sie ergriff ein Gott,
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Die Entfernte;
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Und aus Ilios' Schutt
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Trug er hierher sie zurueck
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In das alte, das neugeschmueckte
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Vaterhaus,
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Nach unsaeglichen
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Freuden und Qualen,
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Frueher Jugendzeit
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Angefrischt zu gedenken.
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Verlasset nun des Gesanges freudumgebnen Pfad
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Und wendet nach der Tuere Fluegeln euren Blick!
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Was seh' ich, Schwestern? Kehret nicht die Koenigin
|
|
Mit heftigen Schrittes Regung wieder zu uns her?
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|
Was ist es, grosse Koenigin, was konnte dir
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|
In deines Hauses Hallen, statt der Deinen Gruss,
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|
Erschuetterndes begegnen? Du verbirgst es nicht;
|
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Denn Widerwillen seh' ich an der Stirne dir,
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Ein edles Zuernen, das mit ueberraschung kaempft.
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Der Tochter Zeus' geziemet nicht gemeine Furcht,
|
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Und fluechtig-leise Schreckenshand beruehrt sie nicht;
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Doch das Entsetzen, das, dem Schoss der alten Nacht
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Von Urbeginn entsteigend, vielgestaltet noch
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Wie gluehende Wolken aus des Berges Feuerschlund
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Herauf sich waelzt, erschuettert auch des Helden Brust.
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So haben heute grauenvoll die Stygischen
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Ins Haus den Eintritt mir bezeichnet, dass ich gern
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Von oft betretner, langersehnter Schwelle mich,
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Entlassnem Gaste gleich, entfernend scheiden mag.
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Doch nein! gewichen bin ich her ans Licht, und sollt
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Ihr weiter nicht mich treiben, Maechte, wer ihr seid.
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Auf Weihe will ich sinnen, dann gereinigt mag
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|
Des Herdes Glut die Frau begruessen wie den Herrn.
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Entdecke deinen Dienerinnen, edle Frau,
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Die dir verehrend beistehn, was begegnet ist.
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Was ich gesehen, sollt ihr selbst mit Augen sehn,
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Wenn ihr Gebilde nicht die alte Nacht sogleich
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Zurueckgeschlungen in ihrer Tiefe Wunderschoss.
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Doch dass ihr's wisset, sag' ich's euch mit Worten an:
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Als ich des Koenigshauses ernsten Binnenraum,
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Der naechsten Pflicht gedenkend, feierlich betrat,
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|
Erstaunt' ich ob der oeden Gaenge Schweigsamkeit,
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Nicht Schall der emsig Wandelnden begegnete
|
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Dem Ohr, nicht raschgeschaeftiges Eiligtun dem Blick,
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Und keine Magd erschien mir, keine Schaffnerin,
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Die jeden Fremden freundlich sonst begruessenden.
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Als aber ich dem Schosse des Herdes mich genaht,
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Da sah ich, bei verglommner Asche lauem Rest,
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Am Boden sitzen welch verhuelltes grosses Weib,
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Der Schlafenden nicht vergleichbar, wohl der Sinnenden.
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|
Mit Herrscherworten ruf' ich sie zur Arbeit auf,
|
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Die Schaffnerin mir vermutend, die indes vielleicht
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Des Gatten Vorsicht hinterlassend angestellt;
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Doch eingefaltet sitzt die Unbewegliche;
|
|
Nur endlich ruehrt sie auf mein Draeun den rechten Arm,
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Als wiese sie von Herd und Halle mich hinweg.
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Ich wende zuernend mich ab von ihr und eile gleich
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Den Stufen zu, worauf empor der Thalamos
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Geschmueckt sich hebt und nah daran das Schatzgemach;
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Allein das Wunder reisst sich schnell vom Boden auf,
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|
Gebietrisch mir den Weg vertretend, zeigt es sich
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In hagrer Groesse, hohlen, blutig-trueben Blicks,
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|
Seltsamer Bildung, wie sie Aug' und Geist verwirrt.
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Doch red' ich in die Luefte; denn das Wort bemueht
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Sich nur umsonst, Gestalten schoepferisch aufzubaun.
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Da seht sie selbst! sie wagt sogar sich ans Licht hervor!
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Hier sind wir Meister, bis der Herr und Koenig kommt.
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Die grausen Nachtgeburten draengt der Schoenheitsfreund
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Phoebus hinweg in Hoehlen, oder baendigt sie.
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Vieles erlebt' ich, obgleich die Locke
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Jugendlich wallet mir um die Schlaefe!
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Schreckliches hab' ich vieles gesehen,
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Kriegrischen Jammer, Ilios' Nacht,
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Als es fiel.
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Durch das umwoelkte, staubende Tosen
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|
Draengender Krieger hoert' ich die Goetter
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Fuerchterlich rufen, hoert' ich der Zwietracht
|
|
Eherne Stimme schallen durchs Feld,
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Mauerwaerts.
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Ach! sie standen noch, Ilios'
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Mauern, aber die Flammenglut
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Zog vom Nachbar zum Nachbar schon,
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Sich verbreitend von hier und dort
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Mit des eignen Sturmes Wehn
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ueber die naechtliche Stadt hin.
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Fluechtend sah ich durch Rauch und Glut
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Und der zuengelnden Flamme Loh'n
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Graesslich zuernender Goetter Nahn,
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|
Schreitend Wundergestalten
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Riesengross, durch duesteren
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Feuerumleuchteten Qualm hin.
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Sah ich's, oder bildete
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Mir der angstumschlungene Geist
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Solches Verworrene? sagen kann
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Nimmer ich's, doch dass ich dies
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Graessliche hier mit Augen schau',
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Solches gewiss ja weiss ich;
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Koennt' es mit Haenden fassen gar,
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Hielte von dem Gefaehrlichen
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Nicht zuruecke die Furcht mich.
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Welche von Phorkys'
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Toechtern nur bist du?
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Denn ich vergleiche dich
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Diesem Geschlechte.
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Bist du vielleicht der graugebornen,
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Eines Auges und eines Zahns
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Wechselsweis teilhaftigen
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Graien eine gekommen?
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Wagest du Scheusal
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Neben der Schoenheit
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Dich vor dem Kennerblick
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Phoebus' zu zeigen?
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Tritt du dennoch hervor nur immer;
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Denn das Haessliche schaut er nicht,
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Wie sein heilig Auge noch
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Nie erblickte den Schatten.
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Doch uns Sterbliche noetigt, ach,
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Leider trauriges Missgeschick
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Zu dem unsaeglichen Augenschmerz,
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Den das Verwerfliche, Ewig-Unselige
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Schoenheitliebenden rege macht.
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Ja, so hoere denn, wenn du frech
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Uns entgegenest, hoere Fluch,
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Hoere jeglicher Schelte Drohn
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Aus dem verwuenschenden Munde der Gluecklichen,
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Die von Goettern gebildet sind.
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Alt ist das Wort, doch bleibet hoch und wahr der Sinn,
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Dass Scham und Schoenheit nie zusammen, Hand in Hand,
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Den Weg verfolgen ueber der Erde gruenen Pfad.
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Tief eingewurzelt wohnt in beiden alter Hass,
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Dass, wo sie immer irgend auch des Weges sich
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Begegnen, jede der Gernerin den Ruecken kehrt.
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Dann eilet jede wieder heftiger, weiter fort,
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Die Scham betruebt, die Schoenheit aber frech gesinnt,
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Bis sie zuletzt des Orkus hohle Nacht umfaengt,
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Wenn nicht das Alter sie vorher gebaendigt hat.
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Euch find' ich nun, ihr Frechen, aus der Fremde her
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Mit uebermut ergossen, gleich der Kraniche
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Laut-heiser klingendem Zug, der ueber unser Haupt,
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In langer Wolke, kraechzend sein Getoen herab
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Schickt, das den stillen Wandrer ueber sich hinauf
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Zu blicken lockt; doch ziehn sie ihren Weg dahin,
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Er geht den seinen; also wird's mit uns geschehn.
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Wer seid denn ihr, dass ihr des Koeniges Hochpalast
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Maenadisch wild, Betrunknen gleich, umtoben duerft?
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Wer seid ihr denn, dass ihr des Hauses Schaffnerin
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Entgegenheulet, wie dem Mond der Hunde Schar?
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Waehnt ihr, verborgen sei mir, welch Geschlecht ihr seid,
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Du kriegerzeugte, schlachterzogne junge Brut?
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Mannlustige du, so wie verfuehrt verfuehrende,
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Entnervend beide, Kriegers auch und Buergers Kraft!
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Zu Hauf euch sehend, scheint mir ein Zikadenschwarm
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Herabzustuerzen, deckend gruene Feldersaat.
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Verzehrerinnen fremden Fleisses! Naschende
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Vernichterinnen aufgekeimten Wohlstands ihr!
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Erobert', marktverkauft', vertauschte Ware du!
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Wer gegenwarts der Frau die Dienerinnen schilt,
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Der Gebietrin Hausrecht tastet er vermessen an;
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Denn ihr gebuehrt allein, das Lobenswuerdige
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Zu ruehmen, wie zu strafen, was verwerflich ist.
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Auch bin des Dienstes ich wohl zufrieden, den sie mir
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Geleistet, als die hohe Kraft von Ilios
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Umlagert stand und fiel und lag; nicht weniger,
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Als wir der Irrfahrt kummervolle Wechselnot
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Ertrugen, wo sonst jeder sich der Naechste bleibt.
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Auch hier erwart' ich Gleiches von der muntern Schar;
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Nicht, was der Knecht sei, fragt der Herr, nur, wie er dient.
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Drum schweige du und grinse sie nicht laenger an.
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Hast du das Haus des Koenigs wohl verwahrt bisher
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Anstatt der Hausfrau, solches dient zum Ruhme dir;
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Doch jetzo kommt sie selber, tritt nun du zurueck,
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Damit nicht Strafe werde statt verdienten Lohns.
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Den Hausgenossen drohen bleibt ein grosses Recht,
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Das gottbeglueckten Herrschers hohe Gattin sich
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Durch langer Jahre weise Leitung wohl verdient.
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Da du, nun Anerkannte, neu den alten Platz
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Der Koenigin und Hausfrau wiederum betrittst,
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So fasse laengst erschlaffte Zuegel, herrsche nun,
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Nimm in Besitz den Schatz und saemtlich uns dazu.
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Vor allem aber schuetze mich, die aeltere,
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Vor dieser Schar, die neben deiner Schoenheit Schwan
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Nur schlecht befitticht', schnatterhafte Gaense sind.
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Wie haesslich neben Schoenheit zeigt sich Haesslichkeit.
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Wie unverstaendig neben Klugheit Unverstand.
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CHORETIDE 1:
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Von Vater Erebus melde, melde von Mutter Nacht.
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So sprich von Scylla, leiblich dir Geschwisterkind.
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CHORETIDE 2:
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An deinem Stammbaum steigt manch Ungeheur empor.
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Zum Orkus hin! da suche deine Sippschaft auf.
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CHORETIDE 3:
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Die dorten wohnen, sind dir alle viel zu jung.
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Tiresias, den Alten, gehe buhlend an.
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CHORETIDE 4:
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Orions Amme war dir Ur-Urenkelin.
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Harpyen, waehn' ich, fuetterten dich im Unflat auf.
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CHORETIDE 5:
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Mit was ernaehrst du so gepflegte Magerkeit?
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Mit Blute nicht, wonach du allzuluestern bist.
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CHORETIDE 6:
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Begierig du auf Leichen, ekle Leiche selbst!
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Vampyren-Zaehne glaenzen dir im frechen Maul.
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Das deine stopf' ich, wenn ich sage, wer du seist.
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So nenne dich zuerst; das Raetsel hebt sich auf.
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Nicht zuernend, aber traurend schreit' ich zwischen euch,
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Verbietend solchen Wechselstreites Ungestuem!
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Denn Schaedlicheres begegnet nichts dem Herrscherherrn
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Als treuer Diener heimlich unterschworner Zwist.
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Das Echo seiner Befehle kehrt alsdann nicht mehr
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In schnell vollbrachter Tat wohlstimmig ihm zurueck,
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Nein, eigenwillig brausend tost es um ihn her,
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Den selbstverirrten, ins Vergebne scheltenden.
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Dies nicht allein. Ihr habt in sittelosem Zorn
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Unsel'ger Bilder Schreckgestalten hergebannt,
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Die mich umdraengen, dass ich selbst zum Orkus mich
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Gerissen fuehle, vaterlaend'scher Flur zum Trutz.
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Ist's wohl Gedaechtnis? war es Wahn, der mich ergreift?
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War ich das alles? Bin ich's? Werd' ich's kuenftig sein,
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Das Traum- und Schreckbild jener Staedteverwuestenden?
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Die Maedchen schaudern, aber du, die aelteste,
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Du stehst gelassen; rede mir verstaendig Wort.
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Wer langer Jahre mannigfaltigen Gluecks gedenkt,
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Ihm scheint zuletzt die hoechste Goettergunst ein Traum.
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Du aber, hochbeguenstigt sonder Mass und Ziel,
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In Lebensreihe sahst nur Liebesbruenstige,
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Entzuendet rasch zum kuehnsten Wagstueck jeder Art.
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Schon Theseus haschte frueh dich, gierig aufgeregt,
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Wie Herakles stark, ein herrlich schoen geformter Mann.
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Entfuehrte mich, ein zehenjaehrig schlankes Reh,
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Und mich umschloss Aphidnus' Burg in Attika.
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Durch Kastor und durch Pollux aber bald befreit,
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Umworben standst du ausgesuchter Heldenschar.
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Doch stille Gunst vor allen, wie ich gern gesteh',
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Gewann Patroklus, er, des Peliden Ebenbild.
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Doch Vaterwille traute dich an Menelas,
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Den kuehnen Seedurchstreicher, Hausbewahrer auch.
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Die Tochter gab er, gab des Reichs Bestellung ihm.
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Aus ehlichem Beisein sprosste dann Hermione.
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Doch als er fern sich Kretas Erbe kuehn erstritt,
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Dir Einsamen da erschien ein allzuschoener Gast.
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Warum gedenkst du jener halben Witwenschaft,
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Und welch Verderben graesslich mir daraus erwuchs?
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Auch jene Fahrt, mir freigebornen Kreterin
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Gefangenschaft erschuf sie, lange Sklaverei.
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Als Schaffnerin bestellt' er dich sogleich hieher,
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Vertrauend vieles, Burg und kuehn erworbnen Schatz.
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Die du verliessest, Ilios' umtuermter Stadt
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Und unerschoepften Liebesfreuden zugewandt.
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Gedenke nicht der Freuden! allzuherben Leids
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Unendlichkeit ergoss sich ueber Brust und Haupt.
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Doch sagt man, du erschienst ein doppelhaft Gebild,
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In Ilios gesehen und in aegypten auch.
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Verwirre wuesten Sinnes Aberwitz nicht gar.
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Selbst jetzo, welche denn ich sei, ich weiss es nicht.
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Dann sagen sie: aus hohlem Schattenreich herauf
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Gesellte sich inbruenstig noch Achill zu dir!
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Dich frueher liebend gegen allen Geschicks Beschluss.
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Ich als Idol, ihm dem Idol verband ich mich.
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Es war ein Traum, so sagen ja die Worte selbst.
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Ich schwinde hin und werde selbst mir ein Idol.
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Schweige, schweige!
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Missblickende, Missredende du!
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Aus so graesslichen einzahnigen
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Lippen, was enthaucht wohl
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Solchem furchtbaren Greuelschlund!
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Denn der Boesartige, wohltaetig erscheinend,
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Wolfesgrimm unter schafwolligem Vlies,
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Mir ist er weit schrecklicher als des drei-
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koepfigen/ Hundes Rachen.
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aengstlich lauschend stehn wir da:
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Wann? wie? wo nur bricht's hervor,
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Solcher Tuecke
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Tiefauflauerndes Ungetuem?
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Nun denn, statt freundlich mit Trost reich begabten,
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Letheschenkenden, holdmildesten Worts
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Regest du auf aller Vergangenheit
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Boesestes mehr denn Gutes
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Und verduesterst allzugleich
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Mit dem Glanz der Gegenwart
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Auch der Zukunft
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Mild aufschimmerndes Hoffnungslicht.
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Schweige, schweige!
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Dass der Koenigin Seele,
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Schon zu entfliehen bereit,
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Sich noch halte, festhalte
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Die Gestalt aller Gestalten,
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Welche die Sonne jemals beschien.
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Tritt hervor aus fluechtigen Wolken, hohe Sonne dieses Tags,
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Die verschleiert schon entzueckte, blendend nun im Glanze herrscht.
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Wie die Welt sich dir entfaltet, schaust du selbst mit holdem Blick.
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Schelten sie mich auch fuer haesslich, kenn' ich doch das Schoene wohl.
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Tret' ich schwankend aus der oede, die im Schwindel mich umgab,
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Pflegt' ich gern der Ruhe wieder, denn so mued' ist mein Gebein:
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Doch es ziemet Koeniginnen, allen Menschen ziemt es wohl,
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Sich zu fassen, zu ermannen, was auch drohend ueberrascht.
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Stehst du nun in deiner Grossheit, deiner Schoene vor uns da,
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Sagt dein Blick, dass du befiehlest; was befiehlst du? sprich es aus.
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Eures Haders frech Versaeumnis auszugleichen, seid bereit;
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Eilt, ein Opfer zu bestellen, wie der Koenig mir gebot.
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Alles ist bereit im Hause, Schale, Dreifuss, scharfes Beil,
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Zum Besprengen, zum Beraeuchern; das zu Opfernde zeig' an!
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Nicht bezeichnet' es der Koenig.
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Sprach's nicht aus? O Jammerwort!
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Welch ein Jammer ueberfaellt dich?
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Koenigin, du bist gemeint!
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Ich?
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Und diese.
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Weh und Jammer!
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Fallen wirst du durch das Beil.
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Graesslich doch geahnt; ich Arme!
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Unvermeidlich scheint es mir.
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Ach! Und uns? was wird begegnen?
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Sie stirbt einen edlen Tod;
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Doch am hohen Balken drinnen, der des Daches Giebel traegt,
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Wie im Vogelfang die Drosseln, zappelt ihr der Reihe nach.
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Gespenster!--Gleich erstarrten Bildern steht ihr da,
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Geschreckt, vom Tag zu scheiden, der euch nicht gehoert.
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Die Menschen, die Gespenster saemtlich gleich wie ihr,
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Entsagen auch nicht willig hehrem Sonnenschein;
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Doch bittet oder rettet niemand sie vom Schluss;
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Sie wissen's alle, wenigen doch gefaellt es nur.
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Genug, ihr seid verloren! Also frisch ans Werk.
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Herbei, du duestres, kugelrundes Ungetuem!
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Waelzt euch hieher, zu schaden gibt es hier nach Lust.
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Dem Tragaltar, dem goldgehoernten, gebet Platz,
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Das Beil, es liege blinkend ueber dem Silberrand,
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Die Wasserkruege fuellet, abzuwaschen gibt's
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Des schwarzen Blutes greuelvolle Besudelung.
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Den Teppich breitet koestlich hier am Staube hin,
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Damit das Opfer niederkniee koeniglich
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Und eingewickelt, zwar getrennten Haupts sogleich,
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Anstaendig wuerdig aber doch bestattet sei.
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Die Koenigin stehet sinnend an der Seite hier,
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Die Maedchen welken gleich gemaehtem Wiesengras;
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Mir aber deucht, der aeltesten, heiliger Pflicht gemaess,
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Mit dir das Wort zu wechseln, Ur-Uraelteste.
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Du bist erfahren, weise, scheinst uns gut gesinnt,
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Obschon verkennend hirnlos diese Schar dich traf.
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Drum sage, was du moeglich noch von Rettung weisst.
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Ist leicht gesagt: von der Koenigin haengt allein es ab,
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Sich selbst zu erhalten, euch Zugaben auch mit ihr.
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Entschlossenheit ist noetig und die behendeste.
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Ehrenwuerdigste der Parzen, weiseste Sibylle du,
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Halte gesperrt die goldene Schere, dann verkuend' uns Tag und Heil;
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Denn wir fuehlen schon im Schweben, Schwanken, Bammeln unergetzlich
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Unsere Gliederchen, die lieber erst im Tanze sich ergetzten,
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Ruhten drauf an Liebchens Brust.
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Lass diese bangen! Schmerz empfind' ich, keine Furcht;
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Doch kennst du Rettung, dankbar sei sie anerkannt.
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Dem Klungen, Weitumsichtigen zeigt fuerwahr sich oft
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Unmoegliches noch als moeglich. Sprich und sag' es an.
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Sprich und sage, sag uns eilig: wie entrinnen wir den grausen,
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Garstigen Schlingen, die bedrohlich, als die schlechtesten Geschmeide,
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Sich um unsre Haelse ziehen? Vorempfinden wir's, die Armen,
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Zum Entatmen, zum Ersticken, wenn du, Rhea, aller Goetter
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Hohe Mutter, dich nicht erbarmst.
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Habt ihr Geduld, des Vortrags langgedehnten Zug
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Still anzuhoeren? Mancherlei Geschichten sind's.
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Geduld genug! Zuhoerend leben wir indes.
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Dem, der zu Hause verharrend edlen Schatz bewahrt
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Und hoher Wohnung Mauern auszukitten weiss,
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Wie auch das Dach zu sichern vor des Regens Drang,
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Dem wird es wohlgehn lange Lebenstage durch;
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Wer aber seiner Schwelle heilige Richte leicht
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Mit fluechtigen Sohlen ueberschreitet freventlich,
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Der findet wiederkehrend wohl den alten Platz,
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Doch umgeaendert alles, wo nicht gar zerstoert.
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Wozu dergleichen wohlbekannte Sprueche hier?
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Du willst erzaehlen; rege nicht an Verdriessliches.
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Geschichtlich ist es, ist ein Vorwurf keineswegs.
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Raubschiffend ruderte Menelas von Bucht zu Bucht,
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Gestad' und Inseln, alles streift' er feindlich an,
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Mit Beute wiederkehrend, wie sie drinnen starrt.
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Vor Ilios verbracht' er langer Jahre zehn;
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Zur Heimfahrt aber weiss ich nicht wie viel es war.
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Allein wie steht es hier am Platz um Tyndareos'
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Erhabnes Haus? wie stehet es mit dem Reich umher?
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Ist dir denn so das Schelten gaenzlich einverleibt,
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Dass ohne Tadeln du keine Lippe regen kannst?
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So viele Jahre stand verlassen das Talgebrig,
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Das hinter Sparta nordwaerts in die Hoehe steigt,
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Taygetos im Ruecken, wo als muntrer Bach
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Herab Eurotas rollt und dann, durch unser Tal
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An Rohren breit hinfliessend, eure sChwaene naehrt.
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Dort hinten still im Gebirgtal hat ein kuehn Geschlecht
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Sich angesiedelt, dringend aus cimmerischer Nacht,
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Und unersteiglich feste Burg sich aufgetuermt,
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Von da sie Land und Leute placken, wie's behagt.
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Das konnten sie vollfuehren? Ganz unmoeglich scheint's.
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Sie hatten Zeit, vielleicht an zwanzig Jahre sind's.
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Ist einer Herr? sind's Raeuber viel, verbuendete?
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Nicht Raeuber sind es, einer aber ist der Herr.
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Ich schelt' ihn nicht, und wenn er schon mich heimgesucht.
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Wohl konnt' er alles nehmen, doch begnuegt' er sich
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Mit wenigen Freigeschenken, nannt' er's, nicht Tribut.
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Wie sieht er aus?
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Nicht uebel! mir gefaellt er schon.
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Es ist ein munterer, kecker, wohlgebildeter,
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Wie unter Griechen wenig', ein verstaend'ger Mann.
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Man schilt das Volk Barbaren, doch ich daechte nicht,
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Dass grausam einer waere, wie vor Ilios
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Gar mancher Held sich menschenfresserisch erwies.
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Ich acht' auf seine Grossheit, ihm vertraut' ich mich.
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Und seine Burg! die solltet ihr mit Augen sehn!
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Das ist was anderes gegen plumpes Mauerwerk,
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Das eure Vaeter, mir nichts dir nichts, aufgewaelzt,
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Zyklopisch wie Zyklopen, rohen Stein sogleich
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Auf rohe Steine stuerzend; dort hingegen, dort
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Ist alles senk- und waagerecht und regelhaft.
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Von aussen schaut sie! himmelan sie strebt empor,
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So starr, so wohl in Fugen, spiegelglatt wie Stahl.
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Zu klettern hier--ja selbst der Gedanke gleitet ab.
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Und innen grosser Hoefe Raumgelasse, rings
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Mit Baulichkeit umgeben, aller Art und Zweck.
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Da seht ihr Saeulen, Saeulchen, Bogen, Boegelchen,
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Altane, Galerien, zu schauen aus und ein,
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Und Wappen.
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Was sind Wappen?
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Ajax fuehrte ja
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Geschlungene Schlang' im Schilde, wie ihr selbst gesehn.
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Die Sieben dort vor Theben trugen Bildnerein
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Ein jeder auf seinem Schilde, reich bedeutungsvoll.
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Da sah man Mond und Stern' am naechtigen Himmelsraum,
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Auch Goettin, Held und Leiter, Schwerter, Fackeln auch,
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Und was Bedraengliches guten Staedten grimmig droht.
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Ein solch Gebilde fuehrt auch unsre Heldenschar
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Von seinen Ur-Urahnen her in Farbenglanz.
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Da seht ihr Loewen, Adler, Klau' und Schnabel auch,
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Dann Bueffelhoerner, Fluegel, Rosen, Pfauenschweif,
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Auch Streifen, gold und schwarz und silbern, blau und rot.
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Dergleichen haengt in Saelen Reih' an Reihe fort.
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In Saelen, grenzenlosen, wie die Welt so weit;
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Da koennt ihr tanzen!
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Sage, gibt's auch Taenzer da?
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Die besten! goldgelockte, frische Bubenschar.
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Die duften Jugend! Paris duftete einzig so,
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Als er der Koenigin zu nahe kam.
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Du faellst
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Ganz aus der Rolle; sage mir das letzte Wort!
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Du sprichst das letzte, sagst mit Ernst vernehmlich Ja!
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Sogleich umgeb' ich dich mit jener Burg.
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O sprich
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Das kurze Wort und rette dich und uns zugleich!
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Wie? sollt' ich fuerchten, dass der Koenig Menelas
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So grausam sich verginge, mich zu schaedigen?
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Hast du vergessen, wie er deinen Deiphobus,
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Des totgekaempften = paris Bruder, unerhoert
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Verstuemmelte, der starrsinnig Witwe dich erstritt
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Und gluecklich kebste? Nas' und Ohren schnitt er ab
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Und stuemmelte mehr so: Greuel war es anzuschaun.
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Das tat er jenem, meinetwegen tat er das.
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Um jenes willen wird er dir das gleiche tun.
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Unteilbar ist die Schoenheit; der sie ganz besass,
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Zerstoert sie lieber, fluchend jedem Teilbesitz.
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Wie scharf der Trompete Schmettern Ohr und Eingeweid'
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Zerreissend anfasst, also krallt sich Eifersucht
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Im Busen fest des Mannes, der das nie vergisst,
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Was einst er besass und nun verlor, nicht mehr besitzt.
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Hoerst du nicht die Hoerner schallen? siehst der Waffen Blitze nicht?
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Sei willkommen, Herr und Koenig, gerne geb' ich Rechenschaft.
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Aber wir?
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Ihr wisst es deutlich, seht vor Augen ihren Tod,
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Merkt den eurigen da drinne: nein, zu helfen ist euch nicht.
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Ich sann mir aus das Naechste, was ich wagen darf.
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Ein Widerdaemon bist du, das empfind' ich wohl
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Und fuerchte, Gutes wendest du zum Boesen um.
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Vor allem aber folgen will ich dir zur Burg;
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Das andre weiss ich; was die Koenigin dabei
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Im tiefen Busen geheimnisvoll verbergen mag,
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Sei jedem unzugaenglich. Alte, geh voran!
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O wie gern gehen wir hin,
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Eilenden Fusses;
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Hinter uns Tod,
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Vor uns abermals
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Ragender Feste
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Unzugaengliche Mauer.
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Schuetze sie ebenso gut,
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Eben wie Ilios' Burg,
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Die doch endlich nur
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Niedertraechtiger List erlag.
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Wie? aber wie?
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Schwestern, schaut euch um!
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Was es nicht heiterer Tag?
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Nebel schwanken streifig empor
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Aus Eurotas' heil'ger Flut;
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Schon entschwand das liebliche
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Schilfumkraenzte Gestade dem Blick;
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Auch die frei, zierlich-stolz
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Sanfthingleitenden Schwaene
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In gesell'ger Schwimmlust
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Seh' ich, ach, nicht mehr!
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Doch, aber doch
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Toenen hoer' ich sie,
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Toenen fern heiseren Ton!
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Tod verkuendenden, sagen sie.
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Ach dass uns er nur nicht auch,
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Statt verheissener Rettung Heil,
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Untergang verkuende zuletzt;
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Uns, den Schwangleichen, Lang-
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Schoen-Weisshalsigen,/ und ach!
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Unsrer Schwanerzeugten.
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Weh uns, weh, weh!
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Alles deckte sich schon
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Rings mit Nebel umher.
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Sehen wir doch einander nicht!
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Was geschieht? gehen wir?
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Schweben wir nur
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Trippelnden Schrittes am Boden hin?
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Siehst du nichts? Schwebt nicht etwa gar
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Hermes voran? Blinkt nicht der goldne Stab
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Heischend, gebietend uns wieder zurueck
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Zu dem unerfreulichen, grautagenden,
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Ungreifbarer Gebilde vollen,
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ueberfuellten, ewig leeren Hades?
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Ja auf einmal wird es duester, ohne Glanz entschwebt der Nebel
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Dunkelgraeulich, mauerbraeunlich. Mauern stellen sich dem Blicke,
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Freiem Blicke starr entgegen. Ist's ein Hof? ist's tiefe Grube?
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Schauerlich in jedem Falle! Schwestern, ach! wir sind gefangen,
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So gefangen wie nur je.
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Innerer Burghof
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Vorschnell und toericht, echt wahrhaftes Weibsgebild!
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Vom Augenblick abhaengig, Spiel der Witterung,
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Des Gluecks und Ungluecks! Keins von beiden wisst ihr je
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Zu bestehn mit Gleichmut. Eine widerspricht ja stets
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Der andern heftig, ueberquer die andern ihr;
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In Freud' und Schmerz nur heult und lacht ihr gleichen Tons.
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Nun schweigt! und wartet horchend, was die Herrscherin
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Hochsinnig hier beschliessen mag fuer sich und uns.
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Wo bist du, Pythonissa? heisse, wie du magst;
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Aus diesen Gewoelben tritt hervor der duestern Burg.
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Gingst etwa du, dem wunderbaren Heldenherrn
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Mich anzukuendigen, Wohlempfang bereitend mir,
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So habe Dank und fuehre schnell mich ein zu ihm;
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Beschluss der Irrfahrt wuensch' ich. Ruhe wuensch' ich nur.
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Vergebens blickst du, Koenigin, allseits um dich her;
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Verschwunden ist das leidige Bild, verblieb vielleicht
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Im Nebel dort, aus dessen Busen wir hieher,
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Ich weiss nicht wie, gekommen, schnell und sonder Schritt.
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Vielleicht auch irrt sie zweifelhaft im Labyrinth
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Der wundersam aus vielen einsgewordnen Burg,
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Den Herrn erfragend fuerstlicher Hochbegruessung halb.
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Doch sieh, dort oben regt in Menge sich allbereits,
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In Galerien, am Fenster, in Portalen rasch
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Sich hin und her bewegend, viele Dienerschaft;
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Vornehm-willkommnen Gastempfang verkuendet es.
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Aufgeht mir das Herz! o, seht nur dahin,
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Wie so sittig herab mit verweilendem Tritt
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Jungholdeste Schar anstaendig bewegt
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Den geregelten Zug. Wie! auf wessen Befehl
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Nur erscheinen, gereiht und gebildet so frueh,
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Von Juenglingsknaben das herrliche Volk?
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Was bewundr' ich zumeist? Ist es zierlicher Gang,
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Etwa des Haupts Lockhaar um die blendende Stirn,
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Etwa der Waenglein Paar, wie die Pfirsiche rot
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Und eben auch so weichwollig beflaumt?
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Gern biss' ich hinein, doch ich schaudre davor;
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Denn in aehnlichem Fall, da erfuellte der Mund
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Sich, graesslich zu sagen! mit Asche.
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Aber die schoensten,
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Sie kommen daher;
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Was tragen sie nur?
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Stufen zum Thron,
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Teppich und Sitz,
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Umhang und zelt-
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Artigen/ Schmuck;
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ueber ueberwallt er,
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Wolkenkraenze bildend,
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Unsrer Koenigin Haupt;
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Denn schon bestieg sie
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Eingeladen herrlichen Pfuehl.
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Tretet heran,
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Stufe fuer Stufe
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Reihet euch ernst.
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Wuerdig, o wuerdig, dreifach wuerdig
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Sei gesegnet ein solcher Empfang!
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Wenn diesem nicht die Goetter, wie sie oefter tun,
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Fuer wenige Zeit nur wundernswuerdige Gestalt,
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Erhabnen Anstand, liebenswerte Gegenwart
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Voruebergaenglich liehen, wird ihm jedesmal,
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Was er beginnt, gelingen, sei's in Maennerschlacht,
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So auch im kleinen Kriege mit den schoensten Fraun.
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Er ist fuerwahr gar vielen andern vorzuziehn,
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Die ich doch auch als hochgeschaetzt mit Augen sah.
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Mit langsam-ernstem, ehrfurchtsvoll gehaltnem Schritt
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Seh' ich den Fuersten; wende dich, o Koenigin!
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Statt feierlichsten Grusses, wie sich ziemte,
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Statt ehrfurchtsvollem Willkomm bring' ich dir
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In Ketten hart geschlossen solchen Knecht,
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Der, Pflicht verfehlend, mir die Pflicht entwand.
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Hier kniee nieder, dieser hoechsten Frau
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Bekenntnis abzulegen deiner Schuld.
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Dies ist, erhabne Herrscherin, der Mann,
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Mit seltnem Augenblitz vom hohen Turm
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Umherzuschaun bestellt, dort Himmelsraum
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Und Erdenbreite scharf zu ueberspaehn,
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Was etwa da und dort sich melden mag,
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Vom Huegelkreis ins Tal zur festen Burg
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Sich regen mag, der Herden Woge sei's,
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Ein Heereszug vielleicht; wir schuetzen jene,
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Begegnen diesem. Heute, welch Versaeumnis!
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Du kommst heran, er meldet's nicht; verfehlt
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Ist ehrenvoller, schuldigster Empfang
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So hohen Gastes. Freventlich verwirkt
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Das Leben hat er, laege schon im Blut
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Verdienten Todes; doch nur du allein
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Bestrafst, begnadigst, wie dir's wohlgefaellt.
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So hohe Wuerde, wie du sie vergoennst,
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Als Richterin, als Herrscherin, und waer's
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Versuchend nur, wie ich vermuten darf--
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So ueb' nun des Richters erste Pflicht,
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Beschuldigte zu hoeren. Rede denn.
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Lass mich knieen, lass mich schauen,
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Lass mich sterben, lass mich leben,
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Denn schon bin ich hingegeben
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Dieser gottgegebnen Frauen.
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Harrend auf des Morgens Wonne,
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oestlich spaehend ihren Lauf,
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Ging auf einmal mir die Sonne
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Wunderbar im Sueden auf.
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Zog den Blick nach jener Seite,
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Statt der Schluchten, statt der Hoehn,
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Statt der Erd- und Himmelsweite
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Sie, die Einzige, zu spaehn.
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Augenstrahl ist mir verliehen
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Wie dem Luchs auf hoechstem Baum;
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Doch nun musst' ich mich bemuehen
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Wie aus tiefem, duesterm Traum.
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Wuesst' ich irgend mich zu finden?
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Zinne? Turm? geschlossnes Tor?
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Nebel schwanken, Nebel schwinden,
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Solche Goettin tritt hervor!
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Aug' und Brust ihr zugewendet,
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Sog ich an den milden Glanz;
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Diese Schoenheit, wie sie blendet,
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Blendete mich Armen ganz.
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Ich vergass des Waechters Pflichten,
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Voellig das beschworne Horn;
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Drohe nur, mich zu vernichten--
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Schoenheit baendigt allen Zorn.
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Das uebel, das ich brachte, darf ich nicht
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Bestrafen. Wehe mir! Welch streng Geschick
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Verfolgt mich, ueberall der Maenner Busen
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So zu betoeren, dass sie weder sich
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Noch sonst ein Wuerdiges verschonten. Raubend jetzt,
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Verfuehrend, fechtend, hin und her entrueckend,
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Halbgoetter, Helden, Goetter, ja Daemonen,
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Sie fuehrten mich im Irren her und hin.
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Einfach die Welt verwirrt' ich, dopplet mehr;
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Nun dreifach, vierfach bring' ich Not auf Not.
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Entferne diesen Guten, lass ihn frei;
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Den Gottbetoerten treffe keine Schmach.
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Erstaunt, o Koenigin, seh' ich zugleich
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Die sicher Treffende, hier den Getroffnen;
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Ich seh' den Bogen, der den Pfeil entsandt,
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Verwundet jenen. Pfeile folgen Pfeilen,
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Mich treffend. Allwaerts ahn' ich ueberquer
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Gefiedert schwirrend sie in Burg und Raum.
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Was bin ich nun? Auf einmal machst du mir
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Rebellisch die Getreusten, meine Mauern
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Unsicher. Also fuercht' ich schon, mein Heer
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Gehorcht der siegend unbesiegten Frau.
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Was bleibt mir uebrig, als mich selbst und alles,
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Im Wahn des Meine, dir anheimzugeben?
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Zu deinen Fuessen lass mich, frei und treu,
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Dich Herrin anerkennen, die sogleich
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Auftretend sich Besitz und Thron erwarb.
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Du siehst mich, Koenigin, zurueck!
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Der Reiche bettelt einen Blick,
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Er sieht dich an und fuehlt sogleich
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Sich bettelarm und fuerstenreich.
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Was war ich erst? was bin ich nun?
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Was ist zu wollen? was zu tun?
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Was hilft der Augen schaerfster Blitz!
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Er prallt zurueck an deinem Sitz.
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Von Osten kamen wir heran,
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Und um den Westen war's getan;
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Ein lang und breites Volksgewicht,
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Der erste wusste vom letzten nicht.
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Der erste fiel, der zweite stand,
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Des dritten Lanze war zur Hand;
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Ein jeder hundertfach gestaerkt,
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Erschlagne Tausend unbemerkt.
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Wir draengten fort, wir stuermten fort,
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Wir waren Herrn von Ort zu Ort;
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Und wo ich herrisch heut befahl,
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Ein andrer morgen raubt' und stahl.
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Wir schauten--elig war die Schau;
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Der griff die allerschoenste Frau,
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Der griff den Stier von festem Tritt,
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Die Pferde mussten alle mit.
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Ich aber liebte, zu erspaehn
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Das Seltenste, was man gesehn;
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Und was ein andrer auch besass,
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Das war fuer mich gedoerrtes Gras.
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Den Schaetzen war ich auf der Spur,
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Den scharfen Blicken folgt' ich nur,
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In alle Taschen blickt' ich ein,
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Durchsichtig war mir jeder Schrein.
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Und Haufen Goldes waren mein,
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Am herrlichsten der Edelstein:
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Nun der Smaragd allein verdient,
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Dass er an deinem Herzen gruent.
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Nun schwanke zwischen Ohr und Mund
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Das Tropfenei aus Meeresgrund;
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Rubinen werden gar verscheucht,
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Das Wangenrot sie niederbleicht.
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Und so den allergroessten Schatz
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Versetz' ich hier auf deinen Platz;
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Zu deinen Fuessen sei gebracht
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Die Ernte mancher blut'gen Schlacht.
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So viele Kisten schlepp' ich her,
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Der Eisenkisten hab' ich mehr;
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Erlaube mich auf deiner Bahn,
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Und Schatzgewoelbe fuell' ich an.
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Denn du bestiegest kaum den Thron,
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So neigen schon, so beugen schon
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|
Verstand und Reichtum und Gewalt
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|
Sich vor der einzigen Gestalt.
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Das alles hielt ich fest und mein,
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Nun aber, lose, wird es dein.
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Ich glaubt' es wuerdig, hoch und bar,
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Nun seh' ich, dass es nichtig war.
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Verschwunden ist, was ich besass,
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Ein abgemaehtes, welkes Gras.
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O gib mit einem heitern Blick
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Ihm seinen ganzen Wert zurueck!
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Entferne schnell die kuehn erworbne Last,
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Zwar nicht getadelt, aber unbelohnt.
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Schon ist Ihr alles eigen, was die Burg
|
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Im Schoss verbirgt; Besondres Ihr zu bieten,
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Ist unnuetz. Geh und haeufe Schatz auf Schatz
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Geordnet an. Der ungesehnen Pracht
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Erhabnes Bild stell' auf! Lass die Gewoelbe
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Wie frische Himmel blinken, Paradiese
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Von lebelosem Leben richte zu.
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Voreilend ihren Tritten lass bebluemt
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An Teppich Teppiche sich waelzen; ihrem Tritt
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Begegne sanfter Boden; ihrem Blick,
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Nur Goettliche nicht blendend, hoechster Glanz.
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Schwach ist, was der Herr befiehlt,
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Tut's der Diener, es ist gespielt:
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Herrscht doch ueber Gut und Blut
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Dieser Schoenheit uebermut.
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Schon das ganze Heer ist zahm,
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Alle Schwerter stumpf und lahm,
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Vor der herrlichen Gestalt
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Selbst die Sonne matt und kalt,
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Vor dem Reichtum des Gesichts
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Alles leer und alles nichts.
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Ich wuensche dich zu sprechen, doch herauf
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An meine Seite komm! Der leere Platz
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Beruft den Herrn und sichert mir den meinen.
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Erst knieend lass die treue Widmung dir
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Gefallen, hohe Frau; die Hand, die mich
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An deine Seite hebt, lass mich sie kuessen.
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Bestaerke mich als Mitregenten deines
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Grenzunbewussten Reichs, gewinne dir
|
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Verehrer, Diener, Waechter all' in einem!
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Vielfache Wunder seh' ich, hoer' ich an,
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Erstaunen trifft mich, fragen moecht' ich viel.
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Doch wuenscht' ich Unterricht, warum die Rede
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Des Manns mir seltsam klang, seltsam und freundlich.
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Ein Ton scheint sich dem andern zu bequemen,
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Und hat ein Wort zum Ohre sich gesellt,
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Ein andres kommt, dem ersten liebzukosen.
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Gefaellt dir schon die Sprechart unsrer Voelker,
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O so gewiss entzueckt auch der Gesang,
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Befriedigt Ohr und Sinn im tiefsten Grunde.
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Doch ist am sichersten, wir ueben's gleich;
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Die Wechselrede lockt es, ruft's hervor.
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So sage denn, wie sprech' ich auch so schoen?
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Das ist gar leicht, es muss von Herzen gehn.
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Und wenn die Brust von Sehnsucht ueberfliesst,
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Man sieht sich um und fragt--
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Wer mitgeniesst.
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Nun schaut der Geist nicht vorwaerts, nicht zurueck,
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Die Gegenwart allein--
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ist unser Glueck.
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Schatz ist sie, Hochgewinn, Besitz und Pfand;
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Bestaetigung, wer gibt sie?
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Meine Hand.
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Wer verdaecht' es unsrer Fuerstin,
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Goennet sie dem Herrn der Burg
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Freundliches Erzeigen?
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Denn gesteht, saemtliche sind wir
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Ja Gefangene, wie schon oefter
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Seit dem schmaehlichen Untergang
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Ilios' und der aengstlich-
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|
labyrinthischen/ Kummerfahrt.
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Fraun, gewoehnt an Maennerliebe,
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Waehlerinnen sind sie nicht,
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Aber Kennerinnen.
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Und wie goldlockigen Hirten
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Vielleicht schwarzborstigen Faunen,
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Wie es bringt die Gelegenheit,
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|
ueber die schwellenden Glieder
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Vollerteilen sie gleiches Recht.
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Nah und naeher sitzen sie schon
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|
An einander gelehnet,
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|
Schulter an Schulter, Knie an Knie,
|
|
Hand in Hand wiegen sie sich
|
|
ueber des Throns
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Aufgepolsterter Herrlichkeit.
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|
Nicht versagt sich die Majestaet
|
|
Heimlicher Freuden
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Vor den Augen des Volkes
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uebermuetiges Offenbarsein.
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Ich fuehle mich so fern und doch so nah,
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Und sage nur zu gern: Da bin ich! da!
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Ich atme kaum, mir zittert, stockt das Wort;
|
|
Es ist ein Traum, verschwunden Tag und Ort.
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Ich scheine mir verlebt und doch so neu,
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|
In dich verwebt, dem Unbekannten treu.
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Durchgrueble nicht das einzigste Geschick!
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|
Dasein ist Pflicht, und waer's ein Augenblick.
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Buchstabiert in Liebesfibeln,
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|
Taendelnd gruebelt nur am Liebeln,
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|
Muessig liebelt fort im Gruebeln,
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|
Doch dazu ist keine Zeit.
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|
Fuehlt ihr nicht ein dumpfes Wettern?
|
|
Hoert nur die Trompete schmettern,
|
|
Das Verderben ist nicht weit.
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|
Menelas mit Volkeswogen
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|
Kommt auf euch herangezogen;
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|
Ruestet euch zu herbem Streit!
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Von der Siegerschar umwimmelt,
|
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Wie Deiphobus verstuemmelt,
|
|
Buessest du das Fraungeleit.
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Bammelt erst die leichte Ware,
|
|
Dieser gleich ist am Altare
|
|
Neugeschliffnes Beil bereit.
|
|
|
|
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|
Verwegne Stoerung! widerwaertig dringt sie ein;
|
|
Auch nicht in Gefahren mag ich sinnlos Ungestuem.
|
|
Den schoensten Boten, Ungluecksbotschaft haesslicht ihn;
|
|
Du Haesslichste gar, nur schlimme Botschaft bringst du gern.
|
|
Doch diesmal soll dir's nicht geraten: leeren Hauchs
|
|
Erschuettere du die Luefte. Hier ist nicht Gefahr,
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|
Und selbst Gefahr erschiene nur als eitles Draeun.
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|
|
|
|
Nein, gleich sollst du versammelt schauen
|
|
Der Helden ungetrennten Kreis:
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|
Nur der verdient die Gunst der Frauen,
|
|
Der kraeftigst sie zu schuetzen weiss.
|
|
Mit angehaltnem stillen Wueten,
|
|
Das euch gewiss den Sieg verschafft,
|
|
Ihr, Nordens jugendliche Blueten,
|
|
Ihr, Ostens blumenreiche Kraft.
|
|
In Stahl gehuellt, vom Strahl umwittert,
|
|
Die Schar, die Reich um Reich zerbrach,
|
|
Sie treten auf, die Erde schuettert,
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|
Sie schreiten fort, es donnert nach.
|
|
An Pylos traten wir zu Lande,
|
|
Der alte Nestor ist nicht mehr,
|
|
Und alle kleinen Koenigsbande
|
|
Zersprengt das ungebundne Heer.
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|
Draengt ungesaeumt von diesen Mauern
|
|
Jetzt Menelas dem Meer zurueck;
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|
Dort irren mag er, rauben, lauern,
|
|
Ihm war es Neigung und Geschick.
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|
Herzoge soll ich euch begruessen,
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|
Gebietet Spartas Koenigin;
|
|
Nun legt ihr Berg und Tal zu Fuessen,
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|
Und euer sei des Reichs Gewinn.
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|
Germane du! Korinthus' Buchten
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Verteidige mit Wall und Schutz!
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|
Achaia dann mit hundert Schluchten
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Empfehl' ich, Gote, deinem Trutz.
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Nach Elis ziehn der Franken Heere,
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Messene sei der Sachsen Los,
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|
Normanne reinige die Meere
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|
Und Argolis erschaff' er gross.
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|
Dann wird ein jeder haeuslich wohnen,
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|
Nach aussen richten Kraft und Blitz;
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|
Doch Sparta soll euch ueberthronen,
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|
Der Koenigin verjaehrter Sitz.
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|
All-einzeln sieht sie euch geniessen
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Des Landes, dem kein Wohl gebricht;
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|
Ihr sucht getrost zu ihren Fuessen
|
|
Bestaetigung und Recht und Licht.
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|
|
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Wer die Schoenste fuer sich begehrt,
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|
Tuechtig vor allen Dingen
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Seh' er nach Waffen weise sich um;
|
|
Schmeichelnd wohl gewann er sich,
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|
Was auf Erden das Hoechste;
|
|
Aber ruhig besitzt er's nicht:
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|
Schleicher listig entschmeicheln sie ihm,
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|
Raeuber kuehnlich entreissen sie ihm;
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Dieses zu hinderen, sei er bedacht.
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Unsern Fuersten lob' ich drum,
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Schaetz' ihn hoeher vor andern,
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Wie er so tapfer klug sich verband,
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Dass die Starken gehorchend stehn,
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Jedes Winkes gewaertig.
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Seinen Befehl vollziehn sie treu,
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Jeder sich selbst zu eignem Nutz
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Wie dem Herrscher zu lohnendem Dank,
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Beiden zu hoechlichem Ruhmesgewinn.
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Denn wer entreisset sie jetzt
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Dem gewalt'gen Besitzer?
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Ihm gehoert sie, ihm sei sie gegoennt,
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Doppelt von uns gegoennt, die er
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Samt ihr zugleich innen mit sicherster Mauer,
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Aussen mit maechtigstem Heer umgab.
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Die Gaben, diesen hier verliehen--
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An jeglichen ein reiches Land--,
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Sind gross und herrlich; lass sie ziehen!
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Wir halten in der Mitte stand.
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Und sie beschuetzen um die Wette,
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Ringsum von Wellen angehuepft,
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Nichtinsel dich, mit leichter Huegelkette
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Europens letztem Bergast angeknuepft.
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Das Land, vor aller Laender Sonnen,
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Sei ewig jedem Stamm beglueckt,
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Nun meiner Koenigin gewonnen,
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Das frueh an ihr hinaufgeblickt,
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Als mit Eurotas' Schilfgefluester
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Sie leuchtend aus der Schale brach,
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Der hohen Mutter, dem Geschwister
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Das Licht der Augen ueberstach.
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Dies Land, allein zu dir gekehret,
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Entbietet seinen hoechsten Flor;
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Dem Erdkreis, der dir angehoeret,
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Dein Vaterland, o zieh es vor!
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Und duldet auch auf seiner Berge Ruecken
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Das Zackenhaupt der Sonne kalten Pfeil,
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Laesst nun der Fels sich angegruent erblicken,
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Die Ziege nimmt genaeschig kargen Teil.
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Die Quelle springt, vereinigt stuerzen Baeche,
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Und schon sind Schluchten, Haenge, Matten gruen.
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Auf hundert Huegeln unterbrochner Flaeche
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Siehst Wollenherden ausgebreitet ziehn.
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Verteilt, vorsichtig abgemessen schreitet
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Gehoerntes Rind hinan zum jaehen Rand;
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Doch Obdach ist den saemtlichen bereitet,
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Zu hundert Hoehlen woelbt sich Felsenwand.
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Pan schuetzt sie dort, und Lebensnymphen wohnen
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In buschiger Kluefte feucht erfrischtem Raum,
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Und sehnsuchtsvoll nach hoehern Regionen
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Erhebt sich zweighaft Baum gedraengt an Baum.
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Alt-Waelder sind's! Die Eiche starret maechtig,
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Und eigensinnig zackt sich Ast an Ast;
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Der Ahorn mild, von suessem Safte traechtig,
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Steigt rein empor und spielt mit seiner Last.
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Und muetterlich im stillen Schattenkreise
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Quillt laue Milch bereit fuer Kind und Lamm;
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Obst ist nicht weit, der Ebnen reife Speise,
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Und Honig trieft vom ausgehoehlten Stamm.
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Hier ist das Wohlbehagen erblich,
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Die Wange heitert wie der Mund,
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Ein jeder ist an seinem Platz unsterblich:
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Sie sind zufrieden und gesund.
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Und so entwickelt sich am reinen Tage
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Zu Vaterkraft das holde Kind.
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Wir staunen drob; noch immer bleibt die Frage:
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Ob's Goetter, ob es Menschen sind?
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So war Apoll den Hirten zugestaltet,
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Dass ihm der schoensten einer glich;
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Denn wo Natur im reinen Kreise waltet,
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Ergreifen alle Welten sich.
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So ist es mir, so ist es dir gelungen;
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Vergangeheit sei hinter uns getan!
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O fuehle dich vom hoechsten Gott entsprungen,
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Der ersten Welt gehoerst du einzig an.
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Nicht feste Burg soll dich umschreiben!
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Noch zirkt in ewiger Jugendkraft
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Fuer uns, zu wonnevollem Bleiben,
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Arkadien in Spartas Nachbarschaft.
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Gelockt, auf sel'gem Grund zu wohnen,
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Du fluechtetest ins heiterste Geschick!
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Zur Laube wandeln sich die Thronen,
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Arkadisch frei sei unser Glueck!
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Szene 42
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Wie lange Zeit die Maedchen schlafen, weiss ich nicht;
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Ob sie sich traeumen liessen, was ich hell und klar
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Vor Augen sah, ist ebenfalls mir unbekannt.
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Drum weck' ich sie. Erstaunen soll das junge Volk;
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Ihr Baertigen auch, die ihr da drunten sitzend harrt,
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Glaubhafter Wunder Loesung endlich anzuschaun.
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Hervor! hervor! Und schuettelt eure Locken rasch!
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Schlaf aus den Augen! Blinzt nicht so und hoert mich an!
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Rede nur, erzaehl', erzaehle, was sich Wunderlichs begeben!
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Hoeren moechten wir am liebsten, was wir gar nicht glauben koennen;
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Denn wir haben Langeweile, diese Felsen anzusehn.
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Kaum die Augen ausgerieben, Kinder, langeweilt ihr schon?
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So vernehmt: in diesen Hoehlen, diesen Grotten, diesen Lauben
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Schutz und Schirmung war verliehen, wie idyllischem Liebespaare,
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Unserm Herrn und unsrer Frauen.
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Wie, da drinnen?
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Abgesondert
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Von der Welt, nur mich, die eine, riefen sie zu stillem Dienste.
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Hochgeehrt stand ich zur Seite, doch, wie es Vertrauten ziemet,
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Schaut' ich um nach etwas andrem. Wendete mich hier- und dorthin,
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Suchte Wurzeln, Moos und Rinden, kundig aller Wirksamkeiten,
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|
Und so blieben sie allein.
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Tust du doch, als ob da drinnen ganze Weltenraeume waeren,
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|
Wald und Wiese, Baeche, Seen; welche Maerchen spinnst du ab!
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Allerdings, ihr Unerfahrnen! das sind unerforschte Tiefen:
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Saal an Saelen, Hof an Hoefen, diese spuert' ich sinnend aus.
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Doch auf einmal ein Gelaechter echot in den Hoehlenraeumen;
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|
Schau' ich hin, da springt ein Knabe von der Frauen Schoss zum Manne,
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|
Von dem Vater zu der Mutter; das Gekose, das Getaendel,
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|
Toeriger Liebe Neckereien, Scherzgeschrei und Lustgejauchze
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|
Wechselnd uebertaeuben mich.
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Nackt, ein Genius ohne Fluegel, faunenartig ohne Tierheit,
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|
Springt er auf den festen Boden; doch der Boden gegenwirkend
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|
Schnellt ihn zu der luft'gen Hoehe, und im zweiten, dritten Sprunge
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|
Ruehrt er an das Hochgewoelb.
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|
aengstlich ruft die Mutter: Springe wiederholt und nach Belieben,
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|
Aber huete dich, zu fliegen, freier Flug ist dir versagt.
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|
Und so mahnt der treue Vater: In der Erde liegt die Schnellkraft,
|
|
Die dich aufwaerts treibt; beruehre mit der Zehe nur den Boden,
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|
Wie der Erdensohn Antaeus bist du alsobald gestaerkt.
|
|
Und so huepft er auf die Masse dieses Felsens, von der Kante
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Zu dem andern und umher, so wie ein Ball geschlagen springt.
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|
Doch auf einmal in der Spalte rauher Schlucht ist er verschwunden,
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|
Und nun scheint er uns verloren. Mutter jammert, Vater troestet,
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Achselzuckend steh' ich aengstlich. Doch nun wieder welch Erscheinen!
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Liegen Schaetze dort verborgen? Blumenstreifige Gewande
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Hat er wuerdig angetan.
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Quasten schwanken von den Armen, Binden flattern um den Busen,
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In der Hand die goldne Leier, voellig wie ein kleiner Phoebus,
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Tritt er wohlgemut zur Kante, zu dem ueberhang; wir staunen.
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|
Und die Eltern vor Entzuecken werfen wechselnd sich ans Herz.
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Denn wie leuchtet's ihm zu Haupten? Was erglaenzt, ist schwer zu sagen,
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Ist es Goldschmuck, ist es Flamme uebermaechtiger Geisteskraft?
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Und so regt er sich gebaerdend, sich als Knabe schon verkuendend
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Kuenftigen Meister alles Schoenen, dem die ewigen Melodien
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Durch die Glieder sich bewegen; und so werdet ihr ihn hoeren,
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Und so werdet ihr ihn sehn zu einzigster Bewunderung.
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Nennst du ein Wunder dies,
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Kretas Erzeugte?
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Dichtend belehrendem Wort
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Hast du gelauscht wohl nimmer?
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Niemals noch gehoert Ioniens,
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Nie vernommen auch Hellas'
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Urvaeterlicher Sagen
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Goettlich-heldenhaften Reichtum?
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Alles, was je geschieht
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Heutigen Tages,
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Trauriger Nachklang ist's
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Herrlicher Ahnherrntage;
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Nicht vergleicht sich dein Erzaehlen
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Dem, was liebliche Luege,
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Glaubhaftiger als Wahrheit,
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Von dem Sohne sang der Maja.
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Diesen zierlich und kraeftig doch
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Kaum geborenen Saeugling
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Faltet in reinster Windeln Flaum,
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Strenget in koestlicher Wickeln Schmuck
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Klatschender Waerterinnen Schar
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Unvernuenftigen Waehnens.
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Kraeftig und zierlich aber zieht
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Schon der Schalk die geschmeidigen
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Doch elastischen Glieder
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Listig heraus, die purpurne,
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aengstlich drueckende Schale
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Lassend ruhig an seiner Statt;
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Gleich dem fertigen Schmetterling,
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Der aus starrem Puppenzwang
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Fluegel entfaltend behendig schluepft,
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Sonnedurchstrahlten aether kuehn
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Und mutwillig durchflatternd.
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So auch er, der Behendeste,
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Dass er Dieben und Schaelken,
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Vorteilsuchenden allen auch
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Ewig guenstiger Daemon sei,
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Dies betaetigt er alsobald
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Durch gewandteste Kuenste.
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Schnell des Meeres Beherrscher stiehlt
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Er den Trident, ja dem Ares selbst
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Schlau das Schwert aus der Scheide;
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Bogen und Pfeil dem Phoebus auch,
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Wie dem Hephaestos die Zange;
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Selber Zeus', des Vaters, Blitz
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Naehm' er, schreckt' ihn das Feuer nicht;
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Doch dem Eros siegt er ob
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In beinstellendem Ringerspiel;
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Raubt auch Cyprien, wie sie ihm kost,
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Noch vom Busen den Guertel.
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Hoeret allerliebste Klaenge,
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Macht euch schnell von Fabeln frei!
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Eurer Goetter alt Gemenge,
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Lasst es hin, es ist vorbei.
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Niemand will euch mehr verstehen,
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Fordern wir doch hoehern Zoll:
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Denn es muss von Herzen gehen,
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Was auf Herzen wirken soll.
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Bist du, fuerchterliches Wesen,
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Diesem Schmeichelton geneigt,
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Fuehlen wir, als frisch genesen,
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Uns zur Traenenlust erweicht.
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Lass der Sonne Glanz verschwinden,
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Wenn es in der Seele tagt,
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Wir im eignen Herzen finden,
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Was die ganze Welt versagt.
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Hoert ihr Kindeslieder singen,
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Gleich ist's euer eigner Scherz;
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Seht ihr mich im Takte springen,
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Huepft euch elterlich das Herz.
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Liebe, menschlich zu begluecken,
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Naehert sie ein edles Zwei,
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Doch zu goettlichem Entzuecken
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Bildet sie ein koestlich Drei.
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Alles ist sodann gefunden:
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Ich bin dein, und du bist mein;
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Und so stehen wir verbunden,
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Duerft' es doch nicht anders sein!
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Wohlgefallen vieler Jahre
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In des Knaben mildem Schein
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Sammelt sich auf diesem Paare.
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O, wie ruehrt mich der Verein!
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Nun lasst mich huepfen,
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Nun lasst mich springen!
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Zu allen Lueften
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Hinaufzudringen,
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Ist mir Begierde,
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Sie fasst mich schon.
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Nur maessig! maessig!
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Nicht ins Verwegne,
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Dass Sturz und Unfall
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Dir nicht begegne,
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Zugrund uns richte
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Der teure Sohn!
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Ich will nicht laenger
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Am Boden stocken;
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Lasst meine Haende,
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Lasst meine Locken,
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Lasst meine Kleider!
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Sie sind ja mein.
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O denk! o denke,
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Wem du gehoerest!
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Wie es uns kraenke,
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Wie du zerstoerest
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Das schoen errungene
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Mein, Dein und Sein.
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Bald loest, ich fuerchte,
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Sich der Verein!
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Baendige! baendige
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Eltern zuliebe
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ueberlebendige,
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Heftige Triebe!
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Laendlich im stillen
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Ziere den Plan.
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Nur euch zu Willen
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Halt' ich mich an.
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Leichter umschweb' ich hie
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Muntres Geschlecht.
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Ist nun die Melodie,
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Ist die Bewegung recht?
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Ja, das ist wohlgetan;
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Fuehre die Schoenen an
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Kuenstlichem Reihn.
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Waere das doch vorbei!
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Mich kann die Gaukelei
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Gar nicht erfreun.
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Wenn du der Arme Paar
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Lieblich bewegest,
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Im Glanz dein lockig Haar
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Schuettelnd erregest,
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|
Wenn dir der Fuss so leicht
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ueber die Erde schleicht,
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|
Dort und da wieder hin
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Glieder um Glied sich ziehn,
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|
Hast du dein Ziel erreicht,
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Liebliches Kind;
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All' unsre Herzen sind
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All' dir geneigt.
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Ihr seid so viele
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Leichtfuessige Rehe;
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Zu neuem Spiele
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Frisch aus der Naehe!
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Ich bin der Jaeger,
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ihr seid das Wild.
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Willst du uns fangen,
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Sei nicht behende,
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Denn wir verlangen
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Doch nur am Ende,
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Dich zu umarmen,
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Du schoenes Bild!
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Nur durch die Haine!
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Zu Stock und Steine!
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Das leicht Errungene,
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Das widert mir,
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Nur das Erzwungene
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Ergetzt mich schier.
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Welch ein Mutwill'! welch ein Rasen!
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Keine Maessigung ist zu hoffen.
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Klingt es doch wie Hoernerblasen
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ueber Tal und Waelder droehnend;
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Welch ein Unfug! welch Geschrei!
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Uns ist er vorbeigelaufen;
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Mit Verachtung uns verhoehnend,
|
|
schleppt er von dem ganzen Haufen
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Nun die Wildeste herbei.
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Schlepp' ich her die derbe Kleine
|
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Zu erzwungenem Genusse;
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Mir zur Wonne, mir zur Lust
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Drueck' ich widerspenstige Brust,
|
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Kuess' ich widerwaertigen Mund,
|
|
Tue Kraft und Willen kund.
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|
Lass mich los! In dieser Huelle
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Ist auch Geistes Mut und Kraft;
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Deinem gleich ist unser Wille
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Nicht so leicht hinweggerafft.
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|
Glaubst du wohl mich im Gedraenge?
|
|
Deinem Arm vertraust du viel!
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|
Halte fest, und ich versenge
|
|
Dich, den Toren, mir zum Spiel.
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|
Folge mir in leichte Luefte,
|
|
Folge mir in starre Gruefte,
|
|
Hasche das verschwundne Ziel!
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|
|
Felsengedraenge hier
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|
Zwischen dem Waldgebuesch,
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|
Was soll die Enge mir,
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|
Bin ich doch jung und frisch.
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|
Winde, sie sausen ja,
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|
Wellen, sie brausen da;
|
|
Hoer' ich doch beides fern,
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|
Nah waer' ich gern.
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|
|
|
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|
Wolltest du den Gemsen gleichen?
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|
Vor dem Falle muss uns graun.
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|
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|
Immer hoeher muss ich steigen,
|
|
Immer weiter muss ich schaun.
|
|
Weiss ich nun, wo ich bin!
|
|
Mitten der Insel drin,
|
|
Mitten in Pelops' Land,
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|
Erde--wie seeverwandt.
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|
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Magst nicht in Berg und Wald
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|
Friedlich verweilen?
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|
Suchen wir alsobald
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|
Reben in Zeilen,
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|
Reben am Huegelrand,
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Feigen und Apfelgold.
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|
Ach in dem holden Land
|
|
Bleibe du hold!
|
|
|
|
|
|
Traeumt ihr den Friedenstag?
|
|
Traeume, wer traeumen mag.
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|
Krieg! ist das Losungswort.
|
|
Sieg! und so klingt es fort.
|
|
|
|
|
|
Wer im Frieden
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Wuenschet sich Krieg zurueck,
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|
Der ist geschieden
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|
Vom Hoffnungsglueck.
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|
Welche dies Land gebar
|
|
Aus Gefahr in Gefahr,
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Frei, unbegrenzten Muts,
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|
Verschwendrisch eignen Bluts,
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|
Den nicht zu daempfenden
|
|
Heiligen Sinn--
|
|
Alle den Kaempfenden
|
|
Bring' es Gewinn!
|
|
|
|
|
|
Seht hinauf, wie hoch gestiegen!
|
|
Und er scheint uns doch nicht klein:
|
|
Wie im Harnisch, wie zum Siegen,
|
|
Wie von Erz und Stahl der Schein.
|
|
|
|
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|
Keine Waelle, keine Mauern,
|
|
Jeder nur sich selbst bewusst;
|
|
Feste Burg, um auszudauern,
|
|
Ist des Mannes ehrne Brust.
|
|
Wollt ihr unerobert wohnen,
|
|
Leicht bewaffnet rasch ins Feld;
|
|
Frauen werden Amazonen
|
|
Und ein jedes Kind ein Held.
|
|
|
|
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Heilige Poesie,
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Himmelan steige sie!
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Glaenze, der schoenste Stern,
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|
Fern und so weiter fern!
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|
Und sie erreicht uns doch
|
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Immer, man hoert sie noch,
|
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Vernimmt sie gern.
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|
|
|
|
|
Nein, nicht ein Kind bin ich erschienen,
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|
In Waffen kommt der Juengling an;
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|
Gesellt zu Starken, Freien, Kuehnen,
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Hat er im Geiste schon getan.
|
|
Nun fort!
|
|
Nun dort
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|
Eroeffnet sich zum Ruhm die Bahn.
|
|
|
|
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|
Kaum ins Leben eingerufen,
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|
Heitrem Tag gegeben kaum,
|
|
Sehnest du von Schwindelstufen
|
|
Dich zu schmerzenvollem Raum.
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|
Sind denn wir
|
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Gar nichts dir?
|
|
Ist der holde Bund ein Traum?
|
|
|
|
|
|
Und hoert ihr donnern auf dem Meere?
|
|
Dort widerdonnern Tal um Tal,
|
|
In Staub und Wellen, Heer dem Heere,
|
|
In Drang um Drang, zu Schmerz und Qual.
|
|
Und der Tod
|
|
Ist Gebot,
|
|
Das versteht sich nun einmal.
|
|
|
|
|
|
Welch Entsetzen! welches Grauen!
|
|
Ist der Tod denn dir Gebot?
|
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|
|
|
|
Sollt' ich aus der Ferne schauen?
|
|
Nein! ich teile Sorg' und Not.
|
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|
|
|
|
UEbermut und Gefahr,
|
|
Toedliches Los!
|
|
|
|
|
|
Doch!--und ein Fluegelpaar
|
|
Faltet sich los!
|
|
Dorthin! Ich muss! ich muss!
|
|
Goennt mir den Flug!
|
|
|
|
|
|
Ikarus! Ikarus!
|
|
Jammer genug.
|
|
|
|
|
|
Der Freude folgt sogleich
|
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Grimmige Pein.
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|
|
Lass mich im duestern Reich,
|
|
Mutter, mich nicht allein!
|
|
|
|
|
|
Nicht allein!--wo du auch weilest,
|
|
Denn wir glauben dich zu kennen;
|
|
Ach! wenn du dem Tag enteilest,
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|
Wird kein Herz von dir sich trennen.
|
|
Wuessten wir doch kaum zu klagen,
|
|
Neidend singen wir dein Los:
|
|
Dir in klar- und trueben Tagen
|
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Lied und Mut war schoen und gross.
|
|
Ach! zum Erdenglueck geboren,
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Hoher Ahnen, grosser Kraft,
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|
Leider frueh dir selbst verloren,
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|
Jugendbluete weggerafft!
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Scharfer Blick, die Welt zu schauen,
|
|
Mitsinn jedem Herzensdrang,
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|
Liebesglut der besten Frauen
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Und ein eigenster Gesang.
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Doch du ranntest unaufhaltsam
|
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Frei ins willenlose Netz,
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So entzweitest du gewaltsam
|
|
dich mit Sitte, mit Gesetz;
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|
Doch zuletzt das hoechste Sinnen
|
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Gab dem reinen Mut Gewicht,
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|
Wolltest Herrliches gewinnen,
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|
Aber es gelang dir nicht.
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|
Wem gelingt es?--Truebe Frage,
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Der das Schicksal sich vermummt,
|
|
Wenn am unglueckseligsten Tage
|
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Blutend alles Volk verstummt.
|
|
Doch erfrischet neue Lieder,
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Steht nicht laenger tief gebeugt:
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Denn der Boden zeugt sie wieder,
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Wie von je er sie gezeugt.
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Ein altes Wort bewaehrt sich leider auch an mir:
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Dass Glueck und Schoenheit dauerhaft sich nicht vereint.
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Zerrissen ist des Lebens wie der Liebe Band;
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Bejammernd beide, sag' ich schmerzlich Lebewohl
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Und werfe mich noch einmal in die Arme dir.
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Persephoneia, nimm den Knaben auf und mich!
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Halte fest, was dir von allem uebrigblieb.
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Das Kleid, lass es nicht los. Da zupfen schon
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Daemonen an den Zipfeln, moechten gern
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Zur Unterwelt es reissen. Halte fest!
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Die Goettin ist's nicht mehr, die du verlorst,
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Doch goettlich ist's. Bediene dich der hohen,
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Unschaetzbaren Gunst und hebe dich empor:
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Es traegt dich ueber alles Gemeine rasch
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Am aether hin, so lange du dauern kannst.
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Wir sehn uns wieder, weit, gar weit von hier.
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Noch immer gluecklich aufgefunden!
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Die Flamme freilich ist verschwunden,
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Doch ist mir um die Welt nicht leid.
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Hier bleibt genug, Poeten einzuweihen,
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Zu stiften Gild- und Handwerksneid;
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Und kann ich die Talente nicht verleihen,
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Verborg' ich wenigstens das Kleid.
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Nun eilig, Maedchen! Sind wir doch den Zauber los,
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Der alt-thessalischen Vettel wuesten Geisteszwang,
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So des Geklimpers vielverworrner Toene Rausch,
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Das Ohr verwirrend, schlimmer noch den innern Sinn.
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Hinab zum Hades! Eilte doch die Koenigin
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Mit ernstem Gang hinunter. Ihrer Sohle sei
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Unmittelbar getreuer Maegde Schritt gefuegt.
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Wir finden sie am Throne der Unerforschlichen.
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Koeniginnen freilich, ueberall sind sie gern;
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Auch im Hades stehen sie obenan,
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Stolz zu ihresgleichen gesellt,
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Mit Persephonen innigst vertraut;
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Aber wir im Hintergrunde
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Tiefer Asphodelos-Wiesen,
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Langgestreckten Pappeln,
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Unfruchtbaren Weiden zugesellt,
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Welchen Zeitvertreib haben wir?
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Fledermausgleich zu piepsen,
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Gefluester, unerfreulich, gespenstig.
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Wer keinen Namen sich erwarb noch Edles will,
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Gehoert den Elementen an; so fahret hin!
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Mit meiner Koenigin zu sein, verlangt mich heiss;
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Nicht nur Verdienst, auch Treue wahrt uns die Person.
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Zurueckgegeben sind wir dem Tageslicht,
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Zwar Personen nicht mehr,
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Das fuehlen, das wissen wir,
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Aber zum Hades kehren wir nimmer.
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Ewig lebendige Natur
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Macht auf uns Geister,
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Wir auf sie vollgueltigen Anspruch.
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Wir in dieser tausend aeste Fluesterzittern, Saeuselschweben
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Reizen taendelnd, locken leise wurzelauf des Lebens Quellen
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Nach den Zweigen; bald mit Blaettern, bald mit Blueten ueberschwenglich
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Zieren wir die Flatterhaare frei zu luftigem Gedeihn.
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Faellt die Frucht, sogleich versammeln lebenslustig Volk und Herden
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Sich zum Greifen, sich zum Naschen, eilig kommend, emsig draengend;
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Und wie vor den ersten Goettern bueckt sich alles um uns her.
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Wir, an dieser Felsenwaende weithinleuchtend glatten Spiegel
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Schmiegen wir, in sanften Wellen uns bewegend, schmeichelnd an;
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Horchen, lauschen jedem Laute, Vogelsaengen, Roehrigfloeten,
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Sei es Pans furchtbarer Stimme, Antwort ist sogleich bereit;
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Saeuselt's, saeuseln wir erwidernd, donnert's, rollen unsre Donner
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In erschuetterndem Verdoppeln, dreifach, zehnfach hintennach.
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Schwestern! Wir, bewegtern Sinnes, eilen mit den Baechen weiter;
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Denn es reizen jener Ferne reichgeschmueckte Huegelzuege.
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Immer abwaerts, immer tiefer waessern wir, maeandrisch wallend,
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Jetzt die Wiese, dann die Matten, gleich den Garten um das Haus.
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Dort bezeichnen's der Zypressen schlanke Wipfel, ueber Landschaft,
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Uferzug und Wellenspiegel nach dem aether steigende.
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Wallt ihr andern, wo's beliebet; wir umzingeln, wir umrauschen
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Den durchaus bepflanzten Huegel, wo am Stab die Rebe gruent;
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Dort zu aller Tage Stunden laesst die Leidenschaft des Winzers
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Uns des liebevollsten Fleisses zweifelhaft Gelingen sehn.
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Bald mit Hacke, bald mit Spaten, bald mit Haeufeln, Schneiden, Binden
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Betet er zu allen Goettern, foerdersamst zum Sonnengott.
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Bacchus kuemmert sich, der Weichling, wenig um den treuen Diener,
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Ruht in Lauben, lehnt in Hoehlen, faselnd mit dem juengsten Faun.
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Was zu seiner Traeumereien halbem Rausch er je bedurfte,
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Immer bleibt es ihm in Schlaeuchen, ihm in Kruegen und Gefaessen,
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Rechts und links der kuehlen Gruefte, ewige Zeiten aufbewahrt.
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Haben aber alle Goetter, hat nun Helios vor allen,
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Lueftend, feuchtend, waermend, glutend, Beeren-Fuellhorn aufgehaeuft,
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Wo der stille Winzer wirkte, dort auf einmal wird's lebendig,
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Und es rauscht in jedem Laube, raschelt um von Stock zu Stock.
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Koerbe knarren, Eimer klappern, Tragebutten aechzen hin,
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Alles nach der grossen Kufe zu der Keltrer kraeft'gem Tanz;
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Und so wird die heilige Fuelle reingeborner saftiger Beeren
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Frech zertreten, schaeumend, spruehend mischt sich's, widerlich zerquetscht.
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Und nun gellt ins Ohr der Zimbeln mit der Becken Erzgetoene,
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Denn es hat sich Dionysos aus Mysterien enthuellt;
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Kommt hervor mit Ziegenfuesslern, schwenkend Ziegenfuesslerinnen,
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Und dazwischen schreit unbaendig grell Silenus' oehrig Tier.
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Nichts geschont! Gespaltne Klauen treten alle Sitte nieder,
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Alle Sinne wirbeln taumlich, graesslich uebertaeubt das Ohr.
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Nach der Schale tappen Trunkne, ueberfuellt sind Kopf und Waenste,
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Sorglich ist noch ein und andrer, doch vermehrt er die Tumulte,
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Denn um neuen Most zu bergen, leert man rasch den alten Schlauch!
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4. Akt--Hochgebirg
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Der Einsamkeiten tiefste schauend unter meinem Fuss,
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Betret' ich wohlbedaechtig dieser Gipfel Saum,
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Entlassend meiner Wolke Tragewerk, die mich sanft
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An klaren Tagen ueber Land und Meer gefuehrt.
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Sie loest sich langsam, nicht zerstiebend, von mir ab.
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Nach Osten strebt die Masse mit geballtem Zug,
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Ihr strebt das Auge staunend in Bewundrung nach.
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Sie teilt sich wandelnd, wogenhaft, veraenderlich.
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Doch will sich's modeln.--Ja! das Auge truegt mich nicht!--
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Auf sonnbeglaenzten Pfuehlen herrlich hingestreckt,
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Zwar riesenhaft, ein goettergleiches Fraungebild,
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Ich seh's! Junonen aehnlich, Leda'n, Helenen,
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Wie majestaetisch lieblich mir's im Auge schwankt.
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Ach! schon verrueckt sich's! Formlos breit und aufgetuermt
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Ruht es in Osten, fernen Eisgebirgen gleich,
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Und spiegelt blendend fluecht'ger Tage grossen Sinn.
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Doch mir umschwebt ein zarter lichter Nebelstreif
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Noch Brust und Stirn, erheiternd, kuehl und schmeichelhaft.
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Nun steigt es leicht und zaudernd hoch und hoeher auf,
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Fuegt sich zusammen.--Taeuscht mich ein entzueckend Bild,
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Als jugenderstes, laengstentbehrtes hoechstes Gut?
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Des tiefsten Herzens fruehste Schaetze quellen auf:
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Aurorens Liebe, leichten Schwung bezeichnet's mir,
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Den schnellempfundnen, ersten, kaum verstandnen Blick,
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Der, festgehalten, ueberglaenzte jeden Schatz.
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Wie Seelenschoenheit steigert sich die holde Form,
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Loest sich nicht auf, erhebt sich in den aether hin
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Und zieht das Beste meines Innern mit sich fort.
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Das heiss' ich endlich vorgeschritten!
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Nun aber sag, was faellt dir ein?
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Steigst ab in solcher Greuel Mitten,
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Im graesslich gaehnenden Gestein?
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Ich kenn' es wohl, doch nicht an dieser Stelle,
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Denn eigentlich war das der Grund der Hoelle.
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Es fehlt dir nie an naerrischen Legenden;
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Faengst wieder an, dergleichen auszuspenden.
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Als Gott der Herr--ich weiss auch wohl, warum--
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Uns aus der Luft in tiefste Tiefen bannte,
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Da, wo zentralisch gluehend, um und um,
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Ein ewig Feuer flammend sich durchbrannte,
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Wir fanden uns bei allzugrosser Hellung
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In sehr gedraengter, unbequemer Stellung.
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Die Teufel fingen saemtlich an zu husten,
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Von oben und von unten auszupusten;
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Die Hoelle schwoll von Schwefelstank und--saeure,
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Das gab ein Gas! Das ging ins Ungeheure,
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So dass gar bald der Laender flache Kruste,
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So dick sie war, zerkrachend bersten musste.
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Nun haben wir's an einem andern Zipfel,
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Was ehmals Grund war, ist nun Gipfel.
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Sie gruenden auch hierauf die rechten Lehren,
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Das Unterste ins Oberste zu kehren.
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Denn wir entrannen knechtisch-heisser Gruft
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Ins uebermass der Herrschaft freier Luft.
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Ein offenbar Geheimnis, wohl verwahrt,
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Und wird nur spaet den Voelkern offenbart.((ephes. 6,12))
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Gebirgesmasse bleibt mir edel-stumm,
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Ich frage nicht woher und nicht warum.
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Als die Natur sich in sich selbst gegruendet,
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Da hat sie rein den Erdball abgeruendet,
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Der Gipfel sich, der Schluchten sich erfreut
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Und Fels an Fels und Berg an Berg gereiht,
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Die Huegel dann bequem hinabgebildet,
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Mit sanftem Zug sie in das Tal gemildet.
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Da gruent's und waechst's, und um sich zu erfreuen,
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Bedarf sie nicht der tollen Strudeleien.
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Das sprecht Ihr so! Das scheint Euch sonnenklar;
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Doch weiss es anders, der zugegen war.
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Ich war dabei, als noch da drunten siedend
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Der Abgrund schwoll und stroemend Flammen trug;
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Als Molochs Hammer, Fels an Felsen schmiedend,
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Gebirgestruemmer in die Ferne schlug.
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Noch starrt das Land von fremden Zentnermassen;
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Wer gibt Erklaerung solcher Schleudermacht?
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Der Philosoph, er weiss es nicht zu fassen,
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Da liegt der Fels, man muss ihn liegen lassen,
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Zuschanden haben wir uns schon gedacht.--
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Das treu-gemeine Volk allein begreift
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Und laesst sich im Begriff nicht stoeren;
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Ihm ist die Weisheit laengst gereift:
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Ein Wunder ist's, der Satan kommt zu Ehren.
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Mein Wandrer hinkt an seiner Glaubenskruecke
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Zum Teufelsstein, zur Teufelsbruecke.
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Es ist doch auch bemerkenswert zu achten,
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Zu sehn, wie Teufel die Natur betrachten.
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Was geht mich's an! Natur sei, wie sie sei!
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's ist Ehrenpunkt: der Teufel war dabei!
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Wir sind die Leute, Grosses zu erreichen;
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Tumult, Gewalt und Unsinn! sieh das Zeichen!--
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Doch, dass ich endlich ganz verstaendlich spreche,
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Gefiel dir nichts an unsrer Oberflaeche?
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Du uebersahst, in ungemessnen Weiten,
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Die Reiche der Welt und ihre Herrlichkeiten. ((matth. 4))
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Doch, ungenuegsam, wie du bist,
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Empfandest du wohl kein Geluest?
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Und doch! ein Grosses zog mich an.
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Errate!
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Das ist bald getan.
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Ich suchte mir so eine Hauptstadt aus,
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Im Kerne Buerger-Nahrungs-Graus,
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Krummenge Gaesschen, spitze Giebeln,
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Beschraenkten Markt, Kohl, Rueben, Zwiebeln;
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Fleischbaenke, wo die Schmeissen hausen,
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Die fetten Braten anzuschmausen;
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Da findest du zu jeder Zeit
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Gewiss Gestank und Taetigkeit.
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Dann weite Plaetze, breite Strassen,
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Vornehmen Schein sich anzumassen;
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Und endlich, wo kein Tor beschraenkt,
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Vorstaedte grenzenlos verlaengt.
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Da freut' ich mich an Rollekutschen,
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Am laermigen Hin- und Widerrutschen,
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Am ewigen Hin- und Widerlaufen
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Zerstreuter Ameis-Wimmelhaufen.
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Und wenn ich fuehre, wenn ich ritte,
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Erschien' ich immer ihre Mitte,
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Von Hunderttausenden verehrt.
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Das kann mich nicht zufriedenstellen.
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Man freut sich, dass das Volk sich mehrt,
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Nach seiner Art behaglich naehrt,
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Sogar sich bildet, sich belehrt--
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Und man erzieht sich nur Rebellen.
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Dann baut' ich, grandios, mir selbst bewusst,
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Am lustigen Ort ein Schloss zur Lust.
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Wald, Huegel, Flaechen, Wiesen, Feld
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Zum Garten praechtig umbestellt.
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Vor gruenen Waenden Sammetmatten,
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Schnurwege, kunstgerechte Schatten,
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Kaskadensturz, durch Fels zu Fels gepaart,
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Und Wasserstrahlen aller Art;
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Ehrwuerdig steigt es dort, doch an den Seiten
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Da zischt's und pisst's in tausend Kleinigkeiten.
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Dann aber liess ich allerschoensten Frauen
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Vertraut-bequeme Haeuslein bauen;
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Verbraechte da grenzenlose Zeit
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In allerliebst-geselliger Einsamkeit.
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Ich sage Fraun; denn ein fuer allemal
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Denk' ich die Schoenen im Plural.
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Schlecht und modern! Sardanapal!
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Erraet man wohl, wornach du strebtest?
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Es war gewiss erhaben kuehn.
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Der du dem Mond um so viel naeher schwebtest,
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Dich zog wohl deine Sucht dahin?
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Mit nichten! dieser Erdenkreis
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Gewaehrt noch Raum zu grossen Taten.
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Erstaunenswuerdiges soll geraten,
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Ich fuehle Kraft zu kuehnem Fleiss.
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Und also willst du Ruhm verdienen?
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Man merkt's, du kommst von Heroinen.
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Herrschaft gewinn' ich, Eigentum!
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Die Tat ist alles, nichts der Ruhm.
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Doch werden sich Poeten finden,
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Der Nachwelt deinen Glanz zu kuenden,
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Durch Torheit Torheit zu entzuenden.
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Von allem ist dir nichts gewaehrt.
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Was weisst du, was der Mensch begehrt?
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Dein widrig Wesen, bitter, scharf,
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Was weiss es, was der Mensch bedarf?
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Geschehe denn nach deinem Willen!
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Vertraue mir den Umfang deiner Grillen.
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Mein Auge war aufs hohe Meer gezogen;
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Es schwoll empor, sich in sich selbst zu tuermen,
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Dann liess es nach und schuettete die Wogen,
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Des flachen Ufers Breite zu bestuermen.
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Und das verdross mich; wie der uebermut
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Den freien Geist, der alle Rechte schaetzt,
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Durch leidenschaftlich aufgeregtes Blut
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Ins Missbehagen des Gefuehls versetzt.
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Ich hielt's fuer Zufall, schaerfte meinen Blick:
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Die Woge stand und rollte dann zurueck,
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Entfernte sich vom stolz erreichten Ziel;
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Die Stunde kommt, sie wiederholt das Spiel.
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Da ist fuer mich nichts Neues zu erfahren,
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Das kenn' ich schon seit hunderttausend Jahren.
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Sie schleicht heran, an abertausend Enden,
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Unfruchtbar selbst, Unfruchtbarkeit zu spenden;
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Nun schwillt's und waechst und rollt und ueberzieht
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Der wuesten Strecke widerlich Gebiet.
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Da herrschet Well' auf Welle kraftbegeistet,
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Zieht sich zurueck, und es ist nichts geleistet,
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Was zur Verzweiflung mich beaengstigen koennte!
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Zwecklose Kraft unbaendiger Elemente!
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Da wagt mein Geist, sich selbst zu ueberfliegen;
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Hier moecht' ich kaempfen, dies moecht' ich besiegen.
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Und es ist moeglich!--Flutend wie sie sei,
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An jedem Huegel schmiegt sie sich vorbei;
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Sie mag sich noch so uebermuetig regen,
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Geringe Hoehe ragt ihr stolz entgegen,
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Geringe Tiefe zieht sie maechtig an.
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Da fasst' ich schnell im Geiste Plan auf Plan:
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Erlange dir das koestliche Geniessen,
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Das herrische Meer vom Ufer auszuschliessen,
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Der feuchten Breite Grenzen zu verengen
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Und, weit hinein, sie in sich selbst zu draengen.
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Von Schritt zu Schritt wusst' ich mir's zu eroertern;
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Das ist mein Wunsch, den wage zu befoerdern!
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Wie leicht ist das! Hoerst du die Trommeln fern?
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Schon wieder Krieg! der Kluge hoert's nicht gern.
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Krieg oder Frieden. Klug ist das Bemuehen,
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Zu seinem Vorteil etwas auszuziehen.
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Man passt, man merkt auf jedes guenstige Nu.
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Gelegenheit ist da, nun, Fauste, greife zu!
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Mit solchem Raetselkram verschone mich!
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Und kurz und gut, was soll's? Erklaere dich.
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Auf meinem Zuge blieb mir nicht verborgen:
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Der gute Kaiser schwebt in grossen Sorgen.
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Du kennst ihn ja. Als wir ihn unterhielten,
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Ihm falschen Reichtum in die Haende spielten,
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Da war die ganze Welt ihm feil.
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Denn jung ward ihm der Thron zuteil,
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Und ihm beliebt' es, falsch zu schliessen,
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Es koenne wohl zusammengehn
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Und sei recht wuenschenswert und schoen:
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Regieren und zugleich geniessen.
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Ein grosser Irrtum. Wer befehlen soll,
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Muss im Befehlen Seligkeit empfinden.
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Ihm ist die Brust von hohem Willen voll,
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Doch was er will, es darf's kein Mensch ergruenden.
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Was er den Treusten in das Ohr geraunt,
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Es ist getan, und alle Welt erstaunt.
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So wird er stets der Allerhoechste sein,
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Der Wuerdigste--; Geniessen macht gemein.
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So ist er nicht. Er selbst genoss, und wie!
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Indes zerfiel das Reich in Anarchie,
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Wo gross und klein sich kreuz und quer befehdeten
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Und Brueder sich vertrieben, toeteten,
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Burg gegen Burg, Stadt gegen Stadt,
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Zunft gegen Adel Fehde hat,
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Der Bischof mit Kapitel und Gemeinde;
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Was sich nur ansah, waren Feinde.
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In Kirchen Mord und Totschlag, vor den Toren
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Ist jeder Kauf- und Wandersmann verloren.
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Und allen wuchs die Kuehnheit nicht gering;
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Denn leben hiess sich wehren.--Nun, das ging.
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Es ging--es hinkte, fiel, stand wieder auf,
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Dann ueberschlug sich's, rollte plump zuhauf.
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Und solchen Zustand durfte niemand schelten,
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Ein jeder konnte, jeder wollte gelten.
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Der Kleinste selbst, er galt fuer voll.
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Doch war's zuletzt den Besten allzutoll.
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Die Tuechtigen, sie standen auf mit Kraft
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Und sagten: Herr ist, der uns Ruhe schafft.
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Der Kaiser kann's nicht, will's nicht--lasst uns waehlen,
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Den neuen Kaiser neu das Reich beseelen,
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Indem er jeden sicher stellt,
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In einer frisch geschaffnen Welt
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Fried' und Gerechtigkeit vermaehlen.
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Das klingt sehr pfaeffisch.
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Pfaffen waren's auch,
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Sie sicherten den wohlgenaehrten Bauch.
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Sie waren mehr als andere beteiligt.
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Der Aufruhr schwoll, der Aufruhr ward geheiligt;
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Und unser Kaiser, den wir froh gemacht,
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Zieht sich hieher, vielleicht zur letzten Schlacht.
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Er jammert mich; er war so gut und offen.
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Komm, sehn wir zu! der Lebende soll hoffen.
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Befrein wir ihn aus diesem engen Tale!
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Einmal gerettet, ist's fuer tausend Male.
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Wer weiss, wie noch die Wuerfel fallen?
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Und hat er Glueck, so hat er auch Vasallen.
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Die Stellung, seh' ich, gut ist sie genommen;
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Wir treten zu, dann ist der Sieg vollkommen.
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Was kann da zu erwarten sein?
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Trug! Zauberblendwerk! Hohler Schein.
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Kriegslist, um Schlachten zu gewinnen!
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Befestige dich bei grossen Sinnen,
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Indem du deinen Zweck bedenkst.
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Erhalten wir dem Kaiser Thron und Lande,
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So kniest du nieder und empfaengst
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Die Lehn von grenzenlosem Strande.
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Schon manches hast du durchgemacht,
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Nun, so gewinn auch eine Schlacht!
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Nein, du gewinnst sie! Diesesmal
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Bist du der Obergeneral.
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Das waere mir die rechte Hoehe,
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Da zu befehlen, wo ich nichts verstehe!
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Lass du den Generalstab sorgen,
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Und der Feldmarschall ist geborgen.
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Kriegsunrat hab' ich laengst verspuert,
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Den Kriegsrat gleich voraus formiert
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Aus Urgebirgs Urmenschenkraft;
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Wohl dem, der sie zusammenrafft.
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Was seh' ich dort, was Waffen traegt?
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Hast du das Bergvolk aufgeregt?
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Nein! aber, gleich Herrn Peter Squenz,
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Vom ganzen Prass die Quintessenz.
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Da kommen meine Bursche ja!
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Du siehst, von sehr verschiednen Jahren,
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Verschiednem Kleid und Ruestung sind sie da;
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Du wirst nicht schlecht mit ihnen fahren.
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Es liebt sich jetzt ein jedes Kind
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Den Harnisch und den Ritterkragen;
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Und, allegorisch wie die Lumpe sind,
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Sie werden nur um desto mehr behagen.
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Wenn einer mir ins Auge sieht,
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Werd' ich ihm mit der Faust gleich in die Fresse fahren,
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Und eine Memme, wenn sie flieht,
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Fass' ich bei ihren letzten Haaren.
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So leere Haendel, das sind Possen,
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Damit verdirbt man seinen Tag;
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Im Nehmen sei nur unverdrossen,
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Nach allem andern frag' hernach.
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Damit ist auch nicht viel gewonnen!
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Bald ist ein grosses Gut zerronnen,
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Es rauscht im Lebensstrom hinab.
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Zwar nehmen ist recht gut, doch besser ist's, behalten;
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Lass du den grauen Kerl nur walten,
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Und niemand nimmt dir etwas ab.
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Auf dem Vorgebirg
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obergeneral
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Noch immer scheint der Vorsatz wohlerwogen,
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Dass wir in dies gelegene Tal
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Das ganze Heer gedraengt zurueckgezogen;
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Ich hoffe fest, uns glueckt die Wahl.
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Wie es nun geht, es muss sich zeigen;
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Doch mich verdriesst die halbe Flucht, das Weichen.
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Schau hier, mein Fuerst, auf unsre rechte Flanke!
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Solch ein Terrain wuenscht sich der Kriegsgedanke:
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Nicht steil die Huegel, doch nicht allzu gaenglich,
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Den Unsern vorteilhaft, dem Feind verfaenglich;
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Wir, halb versteckt, auf wellenfoermigem Plan;
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Die Reiterei, sie wagt sich nicht heran.
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Mir bleibt nichts uebrig, als zu loben;
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Hier kann sich Arm und Brust erproben.
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Hier, auf der Mittelwiese flachen Raeumlichkeiten,
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Siehst du den Phalanx, wohlgemut zu streiten.
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Die Piken blinken flimmernd in der Luft,
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Im Sonnenglanz, durch Morgennebelduft.
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Wie dunkel wogt das maechtige Quadrat!
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Zu Tausenden glueht's hier auf grosse Tat.
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Du kannst daran die Masse Kraft erkennen,
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Ich trau' ihr zu, der Feinde Kraft zu trennen.
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Den schoenen Blick hab' ich zum erstenmal.
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Ein solches Heer gilt fuer die Doppelzahl.
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Von unsrer Linken hab' ich nichts zu melden,
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Den starren Fels besetzen wackere Helden,
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Das Steingeklipp, das jetzt von Waffen blitzt,
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Den wichtigen Pass der engen Klause schuetzt.
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Ich ahne schon, hier scheitern Feindeskraefte
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Unvorgesehn im blutigen Geschaefte.
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Dort ziehn sie her, die falschen Anverwandten,
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Wie sie mich Oheim, Vetter, Bruder nannten,
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Sich immer mehr und wieder mehr erlaubten,
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Dem Zepter Kraft, dem Thron Verehrung raubten,
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Dann, unter sich entzweit, das Reich verheerten
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Und nun gesamt sich gegen mich empoerten.
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Die Menge schwankt im ungewissen Geist,
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Dann stroemt sie nach, wohin der Strom sie reisst.
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Ein treuer Mann, auf Kundschaft ausgeschickt,
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Kommt eilig felsenab; sei's ihm geglueckt!
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Gluecklich ist sie uns gelungen,
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Listig, mutig, unsre Kunst,
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Dass wir hin und her gedrungen;
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Doch wir bringen wenig Gunst.
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Viele schwoeren reine Huldigung
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Dir, wie manche treue Schar;
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Doch Untaetigkeits-Entschuldigung:
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Innere Gaerung, Volksgefahr.
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Sich selbst erhalten bleibt der Selbstsucht Lehre,
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Nicht Dankbarkeit und Neigung, Pflicht und Ehre.
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Bedenkt ihr nicht, wenn eure Rechnung voll,
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Dass Nachbars Hausbrand euch verzehren soll?
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Der zweite kommt, nur langsam steigt er nieder,
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Dem mueden Manne zittern alle Glieder.
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Erst gewahrten wir vergnueglich
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Wilden Wesens irren Lauf;
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Unerwartet, unverzueglich
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Trat ein neuer Kaiser auf.
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Und auf vorgeschriebnen Bahnen
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Zieht die Menge durch die Flur;
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Den entrollten Luegenfahnen
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Folgen alle.--Schafsnatur!
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Ein Gegenkaiser kommt mir zum Gewinn:
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Nun fuehl' ich erst, dass ich der Kaiser bin.
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Nur als Soldat legt' ich den Harnisch an,
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Zu hoeherm Zweck ist er nun umgetan.
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Bei jedem Fest, wenn's noch so glaenzend war,
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Nichts ward vermisst, mir fehlte die Gefahr.
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Wie ihr auch seid, zum Ringspiel rietet ihr,
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Mir schlug das Herz, ich atmete Turnier;
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Und haettet ihr mir nicht vom Kriegen abgeraten,
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Jetzt glaenzt' ich schon in lichten Heldentaten.
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Selbstaendig fuehlt' ich meine Brust besiegelt,
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Als ich mich dort im Feuerreich bespiegelt;
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Das Element drang graesslich auf mich los,
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Es war nur Schein, allein der Schein war gross.
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Von Sieg und Ruhm hab' ich verwirrt getraeumt;
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Ich bringe nach, was frevelhaft versaeumt.
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Wir treten auf und hoffen, ungescholten;
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Auch ohne Not hat Vorsicht wohl gegolten.
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Du weisst, das Bergvolk denkt und simuliert,
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Ist in Natur- und Felsenschrift studiert.
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Die Geister, laengst dem flachen Land entzogen,
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Sind mehr als sonst dem Felsgebirg gewogen.
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Sie wirken still durch labyrinthische Kluefte
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Im edlen Gas metallisch reicher Duefte;
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In stetem Sondern, Pruefen und Verbinden
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Ihr einziger Trieb ist, Neues zu erfinden.
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Mit leisem Finger geistiger Gewalten
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Erbauen sie durchsichtige Gestalten;
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Dann im Kristall und seiner ewigen Schweignis
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Erblicken sie der Oberwelt Ereignis.
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Vernommen hab' ich's, und ich glaube dir;
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Doch, wackrer Mann, sag an: was soll das hier?
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Der Nekromant von Norcia, der Sabiner,
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Ist dein getreuer, ehrenhafter Diener.
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Welch greulich Schicksal droht' ihm ungeheuer!
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Das Reisig prasselte, schon zuengelte das Feuer;
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Die trocknen Scheite, ringsumher verschraenkt,
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Mit Pech und Schwefelruten untermengt;
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Nicht Mensch, noch Gott, noch Teufel konnte retten,
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Die Majestaet zersprengte gluehende Ketten.
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Dort war's in Rom. Er bleibt dir hoch verpflichtet,
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Auf deinen Gang in Sorge stets gerichtet.
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Von jener Stund' an ganz vergass er sich,
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Er fragt den Stern, die Tiefe nur fuer dich.
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Er trug uns auf, als eiligstes Geschaefte,
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Bei dir zu stehn. Gross sind des Berges Kraefte;
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Da wirkt Natur so uebermaechtig frei,
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Der Pfaffen Stumpfsinn schilt es Zauberei.
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Am Freudentag, wenn wir die Gaeste gruessen,
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Die heiter kommen, heiter zu geniessen,
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Da freut uns jeder, wie er schiebt und draengt
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Und, Mann fuer Mann, der Saele Raum verengt.
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Doch hoechst willkommen muss der Biedre sein,
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Tritt er als Beistand kraeftig zu uns ein
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Zur Morgenstunde, die bedenklich waltet,
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Weil ueber ihr des Schicksals Waage schaltet.
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Doch lenket hier im hohen Augenblick
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Die starke Hand vom willigen Schwert zurueck,
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Ehrt den Moment, wo manche Tausend schreiten,
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Fuer oder wider mich zu streiten.
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Selbst ist der Mann! Wer Thron und Kron' begehrt,
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Persoenlich sei er solcher Ehren wert.
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Sei das Gespenst, das, gegen uns erstanden,
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Sich Kaiser nennt und Herr von unsern Landen,
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Des Heeres Herzog, Lehnherr unsrer Grossen,
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Mit eigner Faust ins Totenreich gestossen!
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Wie es auch sei, das Grosse zu vollenden,
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Du tust nicht wohl, dein Haupt so zu verpfaenden.
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Ist nicht der Helm mit Kamm und Busch geschmueckt?
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Er schuetzt das Haupt, das unsern Mut entzueckt.
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Was, ohne Haupt, was foerderten die Glieder?
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Denn schlaefert jenes, alle sinken nieder;
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Wird es verletzt, gleich alle sind verwundet,
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Erstehen frisch, wenn jenes rasch gesundet.
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Schnell weiss der Arm sein starkes Recht zu nuetzen;
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Er hebt den Schild, den Schaedel zu beschuetzen;
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Das Schwert gewahret seiner Pflicht sogleich,
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Lenkt kraeftig ab und wiederholt den Streich;
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Der tuechtige Fuss nimmt teil an ihrem Glueck,
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Setzt dem Erschlagnen frisch sich ins Genick.
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Das ist mein Zorn, so moecht' ich ihn behandeln,
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Das stolze Haupt in Schemeltritt verwandeln!
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Wenig Ehre, wenig Geltung
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Haben wir daselbst genossen,
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Unsrer kraeftig edlen Meldung
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Lachten sie als schaler Possen:
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"Euer Kaiser ist verschollen,
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Echo dort im engen Tal;
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Wenn wir sein gedenken sollen,
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Maerchen sagt:--Es war einmal."
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Dem Wunsch gemaess der Besten ist's geschehn,
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Die fest und treu an deiner Seite stehn.
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Dort naht der Feind, die Deinen harren bruenstig;
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Befiehl den Angriff, der Moment ist guenstig.
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Auf das Kommando leist' ich hier Verzicht.
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In deinen Haenden, Fuerst, sei deine Pflicht.
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So trete denn der rechte Fluegel an!
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Des Feindes Linke, eben jetzt im Steigen,
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Soll, eh' sie noch den letzten Schritt getan,
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Der Jungendkraft gepruefter Treue weichen.
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Erlaube denn, dass dieser muntre Held
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Sich ungesaeumt in deine Reihen stellt,
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Sich deinen Reihen innigst einverleibt
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Und, so gesellt, sein kraeftig Wesen treibt.
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Wer das Gesicht mir zeigt, der kehrt's nicht ab
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Als mit zerschlagnen Unter- und Oberbacken;
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Wer mir den Ruecken kehrt, gleich liegt ihm schlapp
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Hals, Kopf und Schopf hinschlotternd grass im Nacken.
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Und schlagen deine Maenner dann
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Mit Schwert und Kolben, wie ich wuete,
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So stuerzt der Feind, Mann ueber Mann,
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Ersaeuft im eigenen Gebluete.
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Der Phalanx unsrer Mitte folge sacht,
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Dem Feind begegn' er, klug mit aller Macht;
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Ein wenig rechts, dort hat bereits, erbittert,
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Der Unsern Streitkraft ihren Plan erschuettert.
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So folge denn auch dieser deinem Wort!
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Er ist behend, reisst alles mit sich fort.
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Dem Heldenmut der Kaiserscharen
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Soll sich der Durst nach Beute paaren;
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Und allen sei das Ziel gestellt:
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Des Gegenkaisers reiches Zelt.
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Er prahlt nicht lang auf seinem Sitze,
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Ich ordne mich dem Phalanx an die Spitze.
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Bin ich auch ihm nicht angeweibt,
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Er mir der liebste Buhle bleibt.
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Fuer uns ist solch ein Herbst gereift!
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Die Frau ist grimmig, wenn sie greift,
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Ist ohne Schonung, wenn sie raubt;
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Im Sieg voran! und alles ist erlaubt.
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Auf unsre Linke, wie vorauszusehn,
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Stuerzt ihre Rechte, kraeftig. Widerstehn
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Wird Mann fuer Mann dem wuetenden Beginnen,
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Den engen Pass des Felswegs zu gewinnen.
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So bitte, Herr, auch diesen zu bemerken;
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Es schadet nichts, wenn Starke sich verstaerken.
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Dem linken Fluegel keine Sorgen!
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Da, wo ich bin, ist der Besitz geborgen;
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In ihm bewaehret sich der Alte,
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Kein Strahlblitz spaltet, was ich halte.
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Nun schauet, wie im Hintergrunde
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Aus jedem zackigen Felsenschlunde
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Bewaffnete hervor sich draengen,
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Die schmalen Pfade zu verengen,
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Mit Helm und Harnisch, Schwertern, Schilden
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In unserm Ruecken eine Mauer bilden,
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Den Wink erwartend, zuzuschlagen.
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Woher das kommt, muesst ihr nicht fragen.
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Ich habe freilich nicht gesaeumt,
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Die Waffensaele ringsum ausgeraeumt;
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Da standen sie zu Fuss, zu Pferde,
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Als waeren sie noch Herrn der Erde;
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Sonst waren's Ritter, Koenig, Kaiser,
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Jetzt sind es nichts als leere Schneckenhaeuser;
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Gar manch Gespenst hat sich darein geputzt,
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Das Mittelalter lebhaft aufgestutzt.
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Welch Teufelchen auch drinne steckt,
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Fuer diesmal macht es doch Effekt.
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Hoert, wie sie sich voraus erbosen,
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Blechklappernd aneinander stossen!
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Auch flattern Fahnenfetzen bei Standarten,
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Die frischer Lueftchen ungeduldig harrten.
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Bedenkt, hier ist ein altes Volk bereit
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Und mischte gern sich auch zum neuen Streit.
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Der Horizont hat sich verdunkelt,
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Nur hie und da bedeutend funkelt
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Ein roter ahnungsvoller Schein;
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Schon blutig blinken die Gewehre;
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Der Fels, der Wald, die Atmosphaere,
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Der ganze Himmel mischt sich ein.
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Die rechte Flanke haelt sich kraeftig;
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Doch seh' ich ragend unter diesen
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Hans Raufbold, den behenden Riesen,
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Auf seine Weise rasch geschaeftig.
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Erst sah ich einen Arm erhoben,
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Jetzt seh' ich schon ein Dutzend toben;
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Naturgemaess geschieht es nicht.
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Vernahmst du nichts von Nebelstreifen,
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Die auf Siziliens Kuesten schweifen?
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Dort, schwankend klar, im Tageslicht,
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Erhoben zu den Mittellueften,
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Gespiegelt in besondern Dueften,
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Erscheint ein seltsames Gesicht:
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Da schwanken Staedte hin und wider,
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Da steigen Gaerten auf und nieder,
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Wie Bild um Bild den aether bricht.
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Doch wie bedenklich! Alle Spitzen
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Der hohen Speere seh' ich blitzen;
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Auf unsres Phalanx blanken Lanzen
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Seh' ich behende Flaemmchen tanzen.
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Das scheint mir gar zu geisterhaft.
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Verzeih, o Herr, das sind die Spuren
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Verschollner geistiger Naturen,
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Ein Widerschein der Dioskuren,
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Bei denen alle Schiffer schwuren;
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Sie sammeln hier die letzte Kraft.
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Doch sage: wem sind wir verpflichtet,
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Dass die Natur, auf uns gerichtet,
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Das Seltenste zusammenrafft?
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Wem als dem Meister, jenem hohen,
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Der dein Geschick im Busen traegt?
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Durch deiner Feinde starkes Drohen
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Ist er im Tiefsten aufgeregt.
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Sein Dank will dich gerettet sehen,
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Und sollt' er selbst daran vergehen.
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Sie jubelten, mich pomphaft umzufuehren;
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Ich war nun was, das wollt' ich auch probieren
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Und fand's gelegen, ohne viel zu denken,
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Dem weissen Barte kuehle Luft zu schenken.
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Dem Klerus hab' ich eine Lust verdorben,
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Und ihre Gunst mir freilich nicht erworben.
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Nun sollt' ich, seit so manchen Jahren,
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Die Wirkung frohen Tuns erfahren?
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Freiherzige Wohltat wuchert reich;
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Lass deinen Blick sich aufwaerts wenden!
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Mich deucht, er will ein Zeichen senden,
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Gib acht, es deutet sich sogleich.
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Ein Adler schwebt im Himmelhohen,
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Ein Greif ihm nach mit wildem Drohen.
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Gib acht: gar guenstig scheint es mir.
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Greif ist ein fabelhaftes Tier;
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Wie kann es sich so weit vergessen,
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Mit echtem Adler sich zu messen?
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Nunmehr, in weitgedehnten Kreisen,
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Umziehn sie sich;--in gleichem Nu
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Sie fahren aufeinander zu,
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Sich Brust und Haelse zu zerreissen.
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Nun merke, wie der leidige Greif,
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Zerzerrt, zerzaust, nur Schaden findet
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Und mit gesenktem Loewenschweif,
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Zum Gipfelwald gestuerzt, verschwindet.
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Sei's, wie gedeutet, so getan!
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Ich nehm' es mit Verwundrung an.
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Dringend wiederholten Streichen
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Muessen unsre Feinde weichen,
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Und mit ungewissem Fechten
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Draengen sie nach ihrer Rechten
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Und verwirren so im Streite
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Ihrer Hauptmacht linke Seite.
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Unsers Phalanx feste Spitze
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Zieht sich rechts, und gleich dem Blitze
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Faehrt sie in die schwache Stelle.--
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Nun, wie sturmerregte Welle
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Spruehend, wueten gleiche Maechte
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Wild in doppeltem Gefechte;
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Herrlichers ist nichts ersonnen,
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Uns ist diese Schlacht gewonnen!
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Schau! Mir scheint es dort bedenklich,
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Unser Posten steht verfaenglich.
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Keine Steine seh' ich fliegen,
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Niedre Felsen sind erstiegen,
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Obre stehen schon verlassen.
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Jetzt!--Der Feind, zu ganzen Massen
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Immer naeher angedrungen,
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Hat vielleicht den Pass errungen,
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Schlusserfolg unheiligen Strebens!
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Eure Kuenste sind vergebens.
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Da kommen meine beiden Raben,
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Was moegen die fuer Botschaft haben?
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Ich fuerchte gar, es geht uns schlecht.
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Was sollen diese leidigen Voegel?
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Sie richten ihre schwarzen Segel
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Hierher vom heissen Felsgefecht.
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Setzt euch ganz nah zu meinen Ohren.
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Wen ihr beschuetzt, ist nicht verloren,
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Denn euer Rat ist folgerecht.
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Von Tauben hast du ja vernommen,
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Die aus den fernsten Landen kommen
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Zu ihres Nestes Brut und Kost.
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Hier ist's mit wichtigen Unterschieden:
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Die Taubenpost bedient den Frieden,
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Der Krieg befiehlt die Rabenpost.
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Es meldet sich ein schwer Verhaengnis:
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Seht hin! gewahret die Bedraengnis
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Um unsrer Helden Felsenrand!
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Die naechsten Hoehen sind erstiegen,
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Und wuerden sie den Pass besiegen,
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Wir haetten einen schweren Stand.
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So bin ich endlich doch betrogen!
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Ihr habt mich in das Netz gezogen;
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Mir graut, seitdem es mich umstrickt.
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Nur Mut! Noch ist es nicht missglueckt.
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Geduld und Pfiff zum letzten Knoten!
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Gewoehnlich geht's am Ende scharf.
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Ich habe meine sichern Boten;
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Befehlt, dass ich befehlen darf!
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Mit diesen hast du dich vereinigt,
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Mich hat's die ganze Zeit gepeinigt,
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Das Gaukeln schafft kein festes Glueck.
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Ich weiss nichts an der Schlacht zu wenden;
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Begannen sie's, sie moegen's enden,
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Ich gebe meinen Stab zurueck.
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Behalt ihn bis zu bessern Stunden,
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Die uns vielleicht das Glueck verleiht.
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Mir schaudert vor dem garstigen Kunden
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Und seiner Rabentraulichkeit.
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Den Stab kann ich dir nicht verleihen,
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Du scheinst mir nicht der rechte Mann;
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Befiehl und such uns zu befreien!
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Geschehe, was geschehen kann.
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Mag ihn der stumpfe Stab beschuetzen!
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Uns andern koennt' er wenig nuetzen,
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Es war so was vom Kreuz daran.
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Was ist zu tun?
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Es ist getan!--
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Nun, schwarze Vettern, rasch im Dienen,
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Zum grossen Bergsee! gruesst mir die Undinen
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Und bittet sie um ihrer Fluten Schein.
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Durch Weiberkuenste, schwer zu kennen,
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Verstehen sie vom Sein den Schein zu trennen,
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Und jeder schwoert, das sei das Sein.
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Den Wasserfraeulein muessen unsre Raben
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Recht aus dem Grund geschmeichelt haben;
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Dort faengt es schon zu rieseln an.
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An mancher trocknen, kahlen Felsenstelle
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Entwickelt sich die volle, rasche Quelle;
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Um jener Sieg ist es getan.
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Das ist ein wunderbarer Gruss,
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Die kuehnsten Klettrer sind konfus.
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Schon rauscht ein Bach zu Baechen maechtig nieder,
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Aus Schluchten kehren sie gedoppelt wieder,
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Ein Strom nun wirft den Bogenstrahl;
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Auf einmal legt er sich in flache Felsenbreite
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Und rauscht und schaeumt nach der und jener Seite,
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Und stufenweise wirft er sich ins Tal.
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Was hilft ein tapfres, heldenmaessiges Stemmen?
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Die maechtige Woge stroemt, sie wegzuschwemmen.
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Mir schaudert selbst vor solchem wilden Schwall.
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Ich sehe nichts von diesen Wasserluegen,
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Nur Menschenaugen lassen sich betruegen,
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Und mich ergetzt der wunderliche Fall.
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Sie stuerzen fort zu ganzen Haufen,
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Die Narren waehnen zu ersaufen,
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Indem sie frei auf festem Lande schnaufen
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Und laecherlich mit Schwimmgebaerden laufen.
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Nun ist Verwirrung ueberall.
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Ich werd' euch bei dem hohen Meister loben;
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Wollt ihr euch nun als Meister selbst erproben,
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So eilet zu der gluehnden Schmiede,
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Wo das Gezwergvolk, nimmer muede,
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Metall und Stein zu Funken schlaegt.
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Verlangt, weitlaeufig sie beschwatzend,
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Ein Feuer, leuchtend, blinkend, platzend,
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Wie man's im hohen Sinne hegt.
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Zwar Wetterleuchten in der weiten Ferne,
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Blickschnelles Fallen allerhoechster Sterne
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Mag jede Sommernacht geschehn;
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Doch Wetterleuchten in verworrnen Bueschen
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Und Sterne, die am feuchten Boden zischen,
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Das hat man nicht so leicht gesehn.
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So muesst ihr, ohn' euch viel zu quaelen,
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Zuvoerderst bitten, dann befehlen.
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Den Feinden dichte Finsternisse!
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Und Tritt und Schritt ins Ungewisse!
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Irrfunkenblick an allen Enden,
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Ein Leuchten, ploetzlich zu verblenden!
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Das alles waere wunderschoen,
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Nun aber braucht's noch Schreckgetoen.
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Die hohlen Waffen aus der Saele Grueften
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Empfinden sich erstarkt in freien Lueften;
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Da droben klappert's, rasselt's lange schon,
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Ein wunderbarer falscher Ton.
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Ganz recht! Sie sind nicht mehr zu zuegeln;
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Schon schallt's von ritterlichen Pruegeln,
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Wie in der holden alten Zeit.
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Armschienen wie der Beine Schienen,
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Als Guelfen und als Ghibellinen,
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Erneuen rasch den ewigen Streit.
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Fest, im ererbten Sinne woehnlich,
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Erweisen sie sich unversoehnlich;
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Schon klingt das Tosen weit und breit.
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Zuletzt, bei allen Teufelsfesten,
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Wirkt der Parteihass doch zum besten,
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Bis in den allerletzten Graus;
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Schallt wider-widerwaertig panisch,
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Mitunter grell und scharf satanisch,
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Erschreckend in das Tal hinaus.
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Des Gegenkaisers Zelt
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So sind wir doch die ersten hier!
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Kein Rabe fliegt so schnell als wir.
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O! welch ein Schatz liegt hier zuhauf!
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Wo fang' ich an? Wo hoer' ich auf?
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Steht doch der ganze Raum so voll!
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Weiss nicht, wozu ich greifen soll.
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Der Teppich waer' mir eben recht,
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Mein Lager ist oft gar zu schlecht.
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Hier haengt von Stahl ein Morgenstern,
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Dergleichen haett' ich lange gern.
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Den roten Mantel goldgesaeumt,
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So etwas hatt' ich mir getraeumt.
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Damit ist es gar bald getan,
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Man schlaegt ihn tot und geht voran.
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Du hast so viel schon aufgepackt
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Und doch nichts Rechtes eingesackt.
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Den Plunder lass an seinem Ort,
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Nehm' eines dieser Kistchen fort!
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Dies ist des Heers beschiedner Sold,
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In seinem Bauche lauter Gold.
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Das hat ein moerderisch Gewicht!
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Ich heb' es nicht, ich trag' es nicht.
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Geschwinde duck' dich! Musst dich buecken!
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Ich hucke dir's auf den starken Ruecken.
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O weh! O weh, nun ist's vorbei!
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Die Last bricht mir das Kreuz entzwei.
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Da liegt das rote Gold zuhauf--
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Geschwinde zu und raff es auf!
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Geschwinde nur zum Schoss hinein!
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Noch immer wird's zur Gnuege sein.
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Und so genug! und eile doch!
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O weh, die Schuerze hat ein Loch!
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Wohin du gehst und wo du stehst,
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Verschwenderisch die Schaetze saest.
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Was schafft ihr hier am heiligen Platz?
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Was kramt ihr in dem Kaiserschatz?
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Wir trugen unsre Glieder feil
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Und holen unser Beuteteil.
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In Feindeszelten ist's der Brauch,
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Und wir, Soldaten sind wir auch.
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Das passet nicht in unsern Kreis:
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Zugleich Soldat und Diebsgeschmeiss;
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Und wer sich unserm Kaiser naht,
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Der sei ein redlicher Soldat.
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Die Redlichkeit, die kennt man schon,
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Sie heisset: Kontribution.
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Ihr alle seid auf gleichem Fuss:
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Gib her! das ist der Handwerksgruss.
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Mach fort und schleppe, was du hast,
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Hier sind wir nicht willkommner Gast.
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Sag, warum gabst du nicht sogleich
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Dem frechen Kerl einen Backenstreich?
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Ich weiss nicht, mir verging die Kraft,
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Sie waren so gespensterhaft.
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Mir ward es vor den Augen schlecht,
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Da flimmert' es, ich sah nicht recht.
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Wie ich es nicht zu sagen weiss:
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Es war den ganzen Tag so heiss,
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So baenglich, so beklommen schwuel,
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Der eine stand, der andre fiel,
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Man tappte hin und schlug zugleich,
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Der Gegner fiel vor jedem Streich,
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Vor Augen schwebt' es wie ein Flor,
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Dann summt's und saust's und zischt' im Ohr;
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Das ging so fort, nun sind wir da
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Und wissen selbst nicht, wie's geschah.
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Es sei nun, wie ihm sei! uns ist die Schlacht gewonnen,
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Des Feinds zerstreute Flucht im flachen Feld zerronnen.
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Hier steht der leere Thron, verraeterischer Schatz,
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Von Teppichen umhuellt, verengt umher den Platz.
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Wir, ehrenvoll geschuetzt von eigenen Trabanten,
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Erwarten kaiserlich der Voelker Abgesandten;
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Von allen Seiten her kommt frohe Botschaft an:
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Beruhigt sei das Reich, uns freudig zugetan.
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Hat sich in unsern Kampf auch Gaukelei geflochten,
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Am Ende haben wir uns nur allein gefochten.
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Zufaelle kommen ja dem Streitenden zugut:
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Vom Himmel faellt ein Stein, dem Feinde regnet's Blut,
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Aus Felsenhoehlen toent's von maechtigen Wunderklaengen,
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Die unsre Brust erhoehn, des Feindes Brust verengen.
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Der ueberwundne fiel, zu stets erneutem Spott,
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Der Sieger, wie er prangt, preist den gewognen Gott.
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Und alles stimmt mit ein, er braucht nicht zu befehlen,
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Herr Gott, dich loben wir! aus Millionen Kehlen.
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Jedoch zum hoechsten Preis wend' ich den frommen Blick,
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Das selten sonst geschah, zur eignen Brust zurueck.
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Ein junger, muntrer Fuerst mag seinen Tag vergeuden,
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Die Jahre lehren ihn des Augenblicks Bedeuten.
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Deshalb denn ungesaeumt verbind' ich mich sogleich
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Mit euch vier Wuerdigen, fuer Haus und Hof und Reich.
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Dein war, o Fuerst! des Heers geordnet kluge Schichtung,
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Sodann im Hauptmoment heroisch kuehne Richtung;
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Im Frieden wirke nun, wie es die Zeit begehrt,
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Erzmarschall nenn' ich dich, verleihe dir das Schwert.
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Dein treues Heer, bis jetzt im Inneren beschaeftigt,
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Wenn's an der Grenze dich und deinen Thron bekraeftigt,
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Dann sei es uns vergoennt, bei Festesdrang im Saal
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Geraeumiger Vaeterburg zu ruesten dir das Mahl.
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Blank trag' ich's dir dann vor, blank halt' ich dir's zur Seite,
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Der hoechsten Majestaet zu ewigem Geleite.
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Der sich als tapfrer Mann auch zart gefaellig zeigt,
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Du! sei Erzkaemmerer; der Auftrag ist nicht leicht.
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Du bist der Oberste von allem Hausgesinde,
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Bei deren innerm Streit ich schlechte Diener finde;
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Dein Beispiel sei fortan in Ehren aufgestellt,
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Wie man dem Herrn, dem Hof und allen wohlgefaellt.
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Des Herren grossen Sinn zu foerdern, bringt zu Gnaden:
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Den Besten huelfreich sein, den Schlechten selbst nicht schaden,
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Dann klar sein ohne List und ruhig ohne Trug!
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Wenn du mich, Herr, durchschaust, geschieht mir schon genug.
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Darf sich die Phantasie auf jenes Fest erstrecken?
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Wenn du zur Tafel gehst, reich' ich das goldne Becken,
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Die Ringe halt' ich dir, damit zur Wonnezeit
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Sich deine Hand erfrischt, wie mich dein Blick erfreut.
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Zwar fuehl' ich mich zu ernst, auf Festlichkeit zu sinnen,
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Doch sei's! Es foerdert auch frohmuetiges Beginnen.
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Dich waehl' ich zum Erztruchsess! Also sei fortan
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Dir Jagd, Gefluegelhof und Vorwerk untertan;
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Der Lieblingsspeisen Wahl lass mir zu allen Zeiten,
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Wie sie der Monat bringt, und sorgsam zubereiten.
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Streng Fasten sei fuer mich die angenehmste Pflicht,
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Bis, vor dich hingestellt, dich freut ein Wohlgericht.
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Der Kueche Dienerschaft soll sich mit mir vereinigen,
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Das Ferne beizuziehn, die Jahrszeit zu beschleunigen.
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Dich reizt nicht Fern und Frueh, womit die Tafel prangt,
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Einfach und kraeftig ist's, wornach dein Sinn verlangt.
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Weil unausweichlich hier sich's nur von Festen handelt,
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So sei mir, junger Held, zum Schenken umgewandelt.
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Erzschenke, sorge nun, dass unsre Kellerei
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Aufs reichlichste versorgt mit gutem Weine sei.
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Du selbst sei maessig, lass nicht ueber Heiterkeiten
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Durch der Gelegenheit Verlocken dich verleiten!
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Mein Fuerst, die Jugend selbst, wenn man ihr nur vertraut,
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Steht, eh' man sich's versieht, zu Maennern auferbaut.
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Auch ich versetze mich zu jenem grossen Feste;
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Ein kaiserlich Buefett schmueck' ich aufs allerbeste
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Mit Prachtgefaessen, guelden, silbern allzumal,
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Doch waehl' ich dir voraus den lieblichsten Pokal:
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Ein blank venedisch Glas, worin Behagen lauschet,
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Des Weins Geschmack sich staerkt und nimmermehr berauschet.
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Auf solchen Wunderschatz vertraut man oft zu sehr;
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Doch deine Maessigkeit, du Hoechster, schuetzt noch mehr.
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Was ich euch zugedacht in dieser ernsten Stunde,
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Vernahmt ihr mit Vertraun aus zuverlaessigem Munde.
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Des Kaisers Wort ist gross und sichert jede Gift,
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Doch zur Bekraeftigung bedarf's der edlen Schrift,
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Bedarf's der Signatur. Die foermlich zu bereiten,
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Seh' ich den rechten Mann zu rechter Stunde schreiten.
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Wenn ein Gewoelbe sich dem Schlussstein anvertraut,
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Dann ist's mit Sicherheit fuer ewige Zeit erbaut.
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Du siehst vier Fuersten da! Wir haben erst eroertert,
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Was den Bestand zunaechst von Haus und Hof befoerdert.
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Nun aber, was das Reich in seinem Ganzen hegt,
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Sei, mit Gewicht und Kraft, der Fuenfzahl auferlegt.
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An Laendern sollen sie vor allen andern glaenzen;
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Deshalb erweitr' ich gleich jetzt des Besitztums Grenzen
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Vom Erbteil jener, die sich von uns abgewandt.
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Euch Treuen sprech' ich zu so manches schoene Land,
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Zugleich das hohe Recht, euch nach Gelegenheiten
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Durch Anfall, Kauf und Tausch ins Weitre zu verbreiten;
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Dann sei bestimmt--vergoennt, zu ueben ungestoert--,
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Was von Gerechtsamen euch Landesherrn gehoert.
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Als Richter werdet ihr die Endurteile faellen,
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Berufung gelte nicht von euern hoechsten Stellen.
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Dann Steuer, Zins und Beth', Lehn und Geleit und Zoll,
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Berg-, Salz- und Muenzregal euch angehoeren soll.
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Denn meine Dankbarkeit vollgueltig zu erproben,
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Hab ich euch ganz zunaechst der Majestaet erhoben.
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Im Namen aller sei dir tiefster Dank gebracht!
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Du machst uns stark und fest und staerkest deine Macht.
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Euch fuenfen will ich noch erhoehtere Wuerde geben.
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Noch leb' ich meinem Reich und habe Lust, zu leben;
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Doch hoher Ahnen Kette zieht bedaechtigen Blick
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Aus rascher Strebsamkeit ins Drohende zurueck.
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Auch werd' ich seinerzeit mich von den Teuren trennen,
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Dann sei es eure Pflicht, den Folger zu ernennen.
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Gekroent erhebt ihn hoch auf heiligem Altar,
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Und friedlich ende dann, was jetzt so stuermisch war.
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Mit Stolz in tiefster Brust, mit Demut an Gebaerde,
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Stehn Fuersten dir gebeugt, die ersten auf der Erde.
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Solang das treue Blut die vollen Adern regt,
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Sind wir der Koerper, den dein Wille leicht bewegt.
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Und also sei, zum Schluss, was wir bisher betaetigt,
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Fuer alle Folgezeit durch Schrift und Zug bestaetigt.
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Zwar habt ihr den Besitz als Herren voellig frei,
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Mit dem Beding jedoch, dass er unteilbar sei.
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Und wie ihr auch vermehrt, was ihr von uns empfangen,
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Es soll's der aeltste Sohn in gleichem Mass erlangen.
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Dem Pergament alsbald vertrau' ich wohlgemut,
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Zum Glueck dem Reich und uns, das wichtigste Statut;
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Reinschrift und Sieglung soll die Kanzelei beschaeftigen,
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Mit heiliger Signatur wirst du's, der Herr, bekraeftigen.
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Und so entlass' ich euch, damit den grossen Tag
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Gesammelt jedermann sich ueberlegen mag.
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Der Kanzler ging hinweg, der Bischof ist geblieben,
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Vom ernsten Warnegeist zu deinem Ohr getrieben!
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Sein vaeterliches Herz, von Sorge bangt's um dich.
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Was hast du Baengliches zur frohen Stunde? sprich!
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Mit welchem bittern Schmerz find' ich, in dieser Stunde,
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Dein hochgeheiligt Haupt mit Satanas im Bunde!
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Zwar, wie es scheinen will, gesichert auf dem Thron,
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|
Doch leider! Gott dem Herrn, dem Vater Papst zum Hohn.
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Wenn dieser es erfaehrt, schnell wird er straeflich richten,
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Mit heiligem Strahl dein Reich, das suendige, zu vernichten.
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Denn noch vergass er nicht, wie du, zur hoechsten Zeit,
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An deinem Kroenungstag, den Zauberer befreit.
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Von deinem Diadem, der Christenheit zum Schaden,
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Traf das verfluchte Haupt der erste Strahl der Gnaden.
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Doch schlag an deine Brust und gib vom frevlen Glueck
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Ein maessig Scherflein gleich dem Heiligtum zurueck:
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Den breiten Huegelraum, da, wo dein Zelt gestanden,
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|
Wo boese Geister sich zu deinem Schutz verbanden,
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Dem Luegenfuersten du ein horchsam Ohr geliehn,
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|
Den stifte, fromm belehrt, zu heiligem Bemuehn;
|
|
Mit Berg und dichtem Wald, so weit sie sich erstrecken,
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|
Mit Hoehen, die sich gruen zu fetter Weide decken,
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|
Fischreichen, klaren Seen, dann Baechlein ohne Zahl,
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|
Wie sie sich, eilig schlaengelnd, stuerzen ab zu Tal;
|
|
Das breite Tal dann selbst, mit Wiesen, Gauen, Gruenden:
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|
Die Reue spricht sich aus, und du wirst Gnade finden.
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|
Durch meinen schweren Fehl bin ich so tief erschreckt;
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Die Grenze sei von dir nach eignem Mass gesteckt.
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Erst! der entweihte Raum, wo man sich so versuendigt,
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|
Sei alsobald zum Dienst des Hoechsten angekuendigt.
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Behende steigt im Geist Gemaeuer stark empor,
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|
Der Morgensonne Blick erleuchtet schon das Chor,
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|
Zum Kreuz erweitert sich das wachsende Gebaeude,
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|
Das Schiff erlaengt, erhoeht sich zu der Glaeubigen Freude;
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|
Sie stroemen bruenstig schon durchs wuerdige Portal,
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|
Der erste Glockenruf erscholl durch Berg und Tal,
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|
Von hohen Tuermen toent's, wie sie zum Himmel streben,
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|
Der Buesser kommt heran zu neugeschaffnem Leben.
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Dem hohen Weihetag--er trete bald herein!--
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Wird deine Gegenwart die hoechste Zierde sein.
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Mag ein so grosses Werk den frommen Sinn verkuendigen,
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Zu preisen Gott den Herrn, so wie mich zu entsuendigen.
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Genug! Ich fuehle schon, wie sich mein Sinn erhoeht.
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Als Kanzler foerdr' ich nun Schluss und Formalitaet.
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Ein foermlich Dokument, der Kirche das zu eignen,
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Du legst es vor, ich will's mit Freuden unterzeichnen.
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Dann widmest du zugleich dem Werke, wie's entsteht,
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Gesamte Landsgefaelle: Zehnten, Zinsen, Beth',
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Fuer ewig. Viel bedarf's zu wuerdiger Unterhaltung,
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Und schwere Kosten macht die sorgliche Verwaltung.
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Zum schnellen Aufbau selbst auf solchem wuesten Platz
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Reichst du uns einiges Gold, aus deinem Beuteschatz.
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Daneben braucht man auch, ich kann es nicht verschweigen,
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Entferntes Holz und Kalk und Schiefer und dergleichen.
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Die Fuhren tut das Volk, vom Predigtstuhl belehrt,
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Die Kirche segnet den, der ihr zu Diensten faehrt.
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Die Suend' ist gross und schwer, womit ich mich beladen;
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Das leidige Zaubervolk bringt mich in harten Schaden.
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Verzeih, o Herr! Es ward dem sehr verrufnen Mann
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Des Reiches Strand verliehn; doch diesen trifft der Bann,
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Verleihst du reuig nicht der hohen Kirchenstelle
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Auch dort den Zehnten, Zins und Gaben und Gefaelle.
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Das Land ist noch nicht da, im Meer liegt es breit.
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Wer 's Recht hat und Geduld, fuer den kommt auch die Zeit.
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Fuer uns moeg' Euer Wort in seinen Kraeften bleiben!
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So koennt' ich wohl zunaechst das ganze Reich verschreiben.
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5. Akt--Offene Gegend
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Ja! sie sind's, die dunkeln Linden,
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Dort, in ihres Alters Kraft.
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Und ich soll sie wiederfinden,
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Nach so langer Wanderschaft!
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Ist es doch die alte Stelle,
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Jene Huette, die mich barg,
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Als die sturmerregte Welle
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Mich an jene Duenen warf!
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Meine Wirte moecht' ich segnen,
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Hilfsbereit, ein wackres Paar,
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Das, um heut mir zu begegnen,
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Alt schon jener Tage war.
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Ach! das waren fromme Leute!
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Poch' ich? ruf' ich?--Seid gegruesst,
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Wenn gastfreundlich auch noch heute
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Ihr des Wohltuns Glueck geniesst!
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Lieber Koemmling! Leise! Leise!
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Ruhe! lass den Gatten ruhn!
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Langer Schlaf verleiht dem Greise
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Kurzen Wachens rasches Tun.
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Sage, Mutter: bist du's eben,
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Meinen Dank noch zu empfahn,
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Was du fuer des Juenglings Leben
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Mit dem Gatten einst getan?
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Bist du Baucis, die geschaeftig
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Halberstorbnen Mund erquickt?
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Du Philemon, der so kraeftig
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Meinen Schatz der Flut entrueckt?
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Eure Flammen raschen Feuers,
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Eures Gloeckchens Silberlaut,
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|
Jenes grausen Abenteuers
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Loesung war euch anvertraut.
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Und nun lasst hervor mich treten,
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Schaun das grenzenlose Meer;
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Lasst mich knieen, lasst mich beten,
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Mich bedraengt die Brust so sehr.
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Eile nur, den Tisch zu decken,
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Wo's im Gaertchen munter blueht.
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Lass ihn rennen, ihn erschrecken,
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Denn er glaubt nicht, was er sieht.
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Das Euch grimmig missgehandelt,
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Wog' auf Woge, schaeumend wild,
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Seht als Garten Ihr behandelt,
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Seht ein paradiesisch Bild.
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aelter, war ich nicht zuhanden,
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Huelfreich nicht wie sonst bereit;
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Und wie meine Kraefte schwanden,
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War auch schon die Woge weit.
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Kluger Herren kuehne Knechte
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Gruben Graeben, daemmten ein,
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Schmaelerten des Meeres Rechte,
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Herrn an seiner Statt zu sein.
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Schaue gruenend Wies' an Wiese,
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Anger, Garten, Dorf und Wald.--
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Komm nun aber und geniesse,
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Denn die Sonne scheidet bald.--
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Dort im Fernsten ziehen Segel,
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Suchen naechtlich sichern Port.
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Kennen doch ihr Nest die Voegel;
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Denn jetzt ist der Hafen dort.
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So erblickst du in der Weite
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Erst des Meeres blauen Saum,
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Rechts und links, in aller Breite,
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Dichtgedraengt bewohnten Raum.
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Bleibst du stumm? und keinen Bissen
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Bringst du zum verlechzten Mund?
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Moecht' er doch vom Wunder wissen;
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Sprichst so gerne, tu's ihm kund.
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Wohl! ein Wunder ist's gewesen!
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Laesst mich heut noch nicht in Ruh;
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Denn es ging das ganze Wesen
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Nicht mit rechten Dingen zu.
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Kann der Kaiser sich versuend'gen,
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Der das Ufer ihm verliehn?
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Taet's ein Herold nicht verkuend'gen
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Schmetternd im Vorueberziehn?
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Nicht entfernt von unsern Duenen
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Ward der erste Fuss gefasst,
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Zelte, Huetten!--Doch im Gruenen
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Richtet bald sich ein Palast.
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Tags umsonst die Knechte laermten,
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Hack' und Schaufel, Schlag um Schlag;
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Wo die Flaemmchen naechtig schwaermten,
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Stand ein Damm den andern Tag.
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Menschenopfer mussten bluten,
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Nachts erscholl des Jammers Qual;
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Meerab flossen Feuergluten,
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Morgens war es ein Kanal.
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Gottlos ist er, ihn geluestet
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Unsre Huette, unser Hain;
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Wie er sich als Nachbar bruestet,
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Soll man untertaenig sein.
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Hat er uns doch angeboten
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Schoenes Gut im neuen Land!
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Traue nicht dem Wasserboden,
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Halt auf deiner Hoehe stand!
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Lasst uns zur Kapelle treten,
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Letzten Sonnenblick zu schaun!
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Lasst uns laeuten, knieen, beten
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Und dem alten Gott vertraun!
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Palast
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Die Sonne sinkt, die letzten Schiffe,
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Sie ziehen munter hafenein.
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Ein grosser Kahn ist im Begriffe,
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Auf dem Kanale hier zu sein.
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Die bunten Wimpel wehen froehlich,
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Die starren Masten stehn bereit;
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In dir preist sich der Bootsmann selig,
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Dich gruesst das Glueck zur hoechsten Zeit.
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Verdammtes Laeuten! Allzuschaendlich
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Verwundet's, wie ein tueckischer Schuss;
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Vor Augen ist mein Reich unendlich,
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Im Ruecken neckt mich der Verdruss,
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Erinnert mich durch neidische Laute:
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Mein Hochbesitz, er ist nicht rein,
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Der Lindenraum, die braune Baute,
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Das morsche Kirchlein ist nicht mein.
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Und wuenscht' ich, dort mich zu erholen,
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Vor fremdem Schatten schaudert mir,
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Ist Dorn den Augen, Dorn den Sohlen;
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O! waer' ich weit hinweg von hier!
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Wie segelt froh der bunte Kahn
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Mit frischem Abendwind heran!
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Wie tuermt sich sein behender Lauf
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In Kisten, Kasten, Saecken auf!
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Da landen wir,
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Da sind wir schon.
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Glueckan dem Herren,
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Dem Patron!
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So haben wir uns wohl erprobt,
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Vergnuegt, wenn der Patron es lobt.
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Nur mit zwei Schiffen ging es fort,
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Mit zwanzig sind wir nun im Port.
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Was grosse Dinge wir getan,
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Das sieht man unsrer Ladung an.
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Das freie Meer befreit den Geist,
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Wer weiss da, was Besinnen heisst!
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Da foerdert nur ein rascher Griff,
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Man faengt den Fisch, man faengt ein Schiff,
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Und ist man erst der Herr zu drei,
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Dann hakelt man das vierte bei;
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Da geht es denn dem fuenften schlecht,
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Man hat Gewalt, so hat man Recht.
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Man fragt ums Was, und nicht ums Wie.
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Ich muesste keine Schiffahrt kennen:
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Krieg, Handel und Piraterie,
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Dreieinig sind sie, nicht zu trennen.
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Nicht Dank und Gruss!
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Nicht Gruss und Dank!
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Als braechten wir
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Dem Herrn Gestank.
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Er macht ein
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Widerlich Gesicht;
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Das Koenigsgut
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Gefaellt ihm nicht.
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Erwartet weiter
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Keinen Lohn!
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Nahmt ihr doch
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Euren Teil davon.
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Das ist nur fuer
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Die Langeweil';
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Wir alle fordern
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Gleichen Teil.
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Erst ordnet oben
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Saal an Saal
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Die Kostbarkeiten
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Allzumal!
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Und tritt er zu
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Der reichen Schau,
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Berechnet er alles
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Mehr genau,
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Er sich gewiss
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Nicht lumpen laesst
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Und gibt der Flotte
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Fest nach Fest.
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Die bunten Voegel kommen morgen,
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Fuer die werd' ich zum besten sorgen.
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Mit ernster Stirn, mit duestrem Blick
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Vernimmst du dein erhaben Glueck.
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Die hohe Weisheit wird gekroent,
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Das Ufer ist dem Meer versoehnt;
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Vom Ufer nimmt, zu rascher Bahn,
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Das Meer die Schiffe willig an;
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So sprich, dass hier, hier vom Palast
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Dein Arm die ganze Welt umfasst.
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Von dieser Stelle ging es aus,
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Hier stand das erste Bretterhaus;
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Ein Graebchen ward hinabgeritzt,
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Wo jetzt das Ruder emsig spritzt.
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Dein hoher Sinn, der Deinen Fleiss
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Erwarb des Meers, der Erde Preis.
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Von hier aus--
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Das verfluchte Hier!
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Das eben, leidig lastet's mir.
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Dir Vielgewandtem muss ich's sagen,
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Mir gibt's im Herzen Stich um Stich,
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Mir ist's unmoeglich zu ertragen!
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Und wie ich's sage, schaem' ich mich.
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Die Alten droben sollten weichen,
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Die Linden wuenscht' ich mir zum Sitz,
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Die wenig Baeume, nicht mein eigen,
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Verderben mir den Weltbesitz.
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Dort wollt' ich, weit umherzuschauen,
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Von Ast zu Ast Gerueste bauen,
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Dem Blick eroeffnen weite Bahn,
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Zu sehn, was alles ich getan,
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Zu ueberschaun mit einem Blick
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Des Menschengeistes Meisterstueck,
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Betaetigend mit klugem Sinn
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Der Voelker breiten Wohngewinn.
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So sind am haertsten wir gequaelt,
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Im Reichtum fuehlend, was uns fehlt.
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Des Gloeckchens Klang, der Linden Duft
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Umfaengt mich wie in Kirch' und Gruft.
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Des allgewaltigen Willens Kuer
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Bricht sich an diesem Sande hier.
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Wie schaff' ich mir es vom Gemuete!
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Das Gloecklein laeutet, und ich wuete.
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Natuerlich! dass ein Hauptverdruss
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Das Leben dir vergaellen muss.
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Wer leugnet's! Jedem edlen Ohr
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Kommt das Geklingel widrig vor.
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Und das verfluchte Bim-Baum-Bimmel,
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Umnebelnd heitern Abendhimmel,
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Mischt sich in jegliches Begebnis,
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Vom ersten Bad bis zum Begraebnis,
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Als waere zwischen Bim und Baum
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Das Leben ein verschollner Traum.
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Das Widerstehn, der Eigensinn
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Verkuemmern herrlichsten Gewinn,
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Dass man, zu tiefer, grimmiger Pein,
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Ermueden muss, gerecht zu sein.
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Was willst du dich denn hier genieren?
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Musst du nicht laengst kolonisieren?
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So geht und schafft sie mir zur Seite!--
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Das schoene Guetchen kennst du ja,
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Das ich den Alten ausersah.
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Man traegt sie fort und setzt sie nieder,
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Eh' man sich umsieht, stehn sie wieder;
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Nach ueberstandener Gewalt
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Versoehnt ein schoener Aufenthalt.
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Kommt, wie der Herr gebieten laesst!
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Und morgen gibt's ein Flottenfest.
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Der alte Herr empfing uns schlecht,
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Ein flottes Fest ist uns zu Recht.
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Auch hier geschieht, was laengst geschah,
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Denn Naboths Weinberg war schon da. ((regum i,21))
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Tiefe Nacht
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Zum Sehen geboren,
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Zum Schauen bestellt,
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Dem Turme geschworen,
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Gefaellt mir die Welt.
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Ich blick' in die Ferne,
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Ich seh' in der Naeh'
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Den Mond und die Sterne,
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Den Wald und das Reh.
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So seh' ich in allen
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Die ewige Zier,
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Und wie mir's gefallen,
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Gefall' ich auch mir.
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Ihr gluecklichen Augen,
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Was je ihr gesehn,
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Es sei wie es wolle,
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Es war doch so schoen!
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Nicht allein mich zu ergetzen,
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Bin ich hier so hoch gestellt;
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Welch ein greuliches Entsetzen
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Droht mir aus der finstern Welt!
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Funkenblicke seh' ich spruehen
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Durch der Linden Doppelnacht,
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Immer staerker wuehlt ein Gluehen,
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Von der Zugluft angefacht.
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Ach! die innre Huette lodert,
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Die bemoost und feucht gestanden;
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Schnelle Huelfe wird gefordert,
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Keine Rettung ist vorhanden.
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Ach! die guten alten Leute,
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Sonst so sorglich um das Feuer,
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Werden sie dem Qualm zur Beute!
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Welch ein schrecklich Abenteuer!
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Flamme flammet, rot in Gluten
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Steht das schwarze Moosgestelle;
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Retteten sich nur die Guten
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Aus der wildentbrannten Hoelle!
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Zuengelnd lichte Blitze steigen
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Zwischen Blaettern, zwischen Zweigen;
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aeste duerr, die flackernd brennen,
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Gluehen schnell und stuerzen ein.
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Sollt ihr Augen dies erkennen!
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Muss ich so weitsichtig sein!
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Das Kapellchen bricht zusammen
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Von der aeste Sturz und Last.
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Schlaengelnd sind, mit spitzen Flammen,
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Schon die Gipfel angefasst.
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Bis zur Wurzel gluehn die hohlen
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Staemme, purpurrot im Gluehn.--
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Was sich sonst dem Blick empfohlen,
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Mit Jahrhunderten ist hin.
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Von oben welch ein singend Wimmern?
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Das Wort ist hier, der Ton zu spat.
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Mein Tuermer jammert; mich, im Innern,
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Verdriesst die ungeduld'ge Tat.
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Doch sei der Lindenwuchs vernichtet
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Zu halbverkohlter Staemme Graun,
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Ein Luginsland ist bald errichtet,
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Um ins Unendliche zu schaun.
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Da seh' ich auch die neue Wohnung,
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Die jenes alte Paar umschliesst,
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Das, im Gefuehl grossmuetiger Schonung,
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Der spaeten Tage froh geniesst.
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Da kommen wir mit vollem Trab;
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Verzeiht! es ging nicht guetlich ab.
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Wir klopften an, wir pochten an,
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Und immer ward nicht aufgetan;
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Wir ruettelten, wir pochten fort,
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Da lag die morsche Tuere dort;
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Wir riefen laut und drohten schwer,
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Allein wir fanden kein Gehoer.
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Und wie's in solchem Fall geschicht,
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Sie hoerten nicht, sie wollten nicht;
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Wir aber haben nicht gesaeumt,
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Behende dir sie weggeraeumt.
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Das Paar hat sich nicht viel gequaelt,
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Vor Schrecken fielen sie entseelt.
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Ein Fremder, der sich dort versteckt
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Und fechten wollte, ward gestreckt.
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In wilden Kampfes kurzer Zeit
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Von Kohlen, ringsumher gestreut,
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Entflammte Stroh. Nun lodert's frei,
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Als Scheiterhaufen dieser drei.
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Ward ihr fuer meine Worte taub?
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Tausch wollt' ich, wollte keinen Raub.
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Dem unbesonnenen wilden Streich,
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Ihm fluch' ich; teilt es unter euch!
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Das alte Wort, das Wort erschallt:
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Gehorche willig der Gewalt!
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Und bist du kuehn und haelst du Stich,
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So wage Haus und Hof und--dich.
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Die Sterne bergen Blick und Schein,
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Das Feuer sinkt und lodert klein;
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Ein Schauerwindchen faechelt's an,
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Bringt Rauch und Dunst zu mir heran.
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Geboten schnell, zu schnell getan!--
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Was schwebet schattenhaft heran?
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Mitternacht
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Ich heisse der Mangel.
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Ich heisse die Schuld.
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Ich heisse die Sorge.
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Ich heisse die Not.
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Die Tuer ist verschlossen, wir koennen nicht ein;
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Drin wohnet ein Reicher, wir moegen nicht 'nein.
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Da werd' ich zum Schatten.
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Da werd' ich zunicht.
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Man wendet von mir das verwoehnte Gesicht.
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Ihr Schwestern, ihr koennt nicht und duerft nicht hinein.
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Die Sorge, sie schleicht sich durchs Schluesselloch ein.
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Ihr, graue Geschwister, entfernt euch von hier.
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Ganz nah an der Seite verbind' ich mich dir.
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Ganz nah an der Ferse begleitet die Not.
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Es ziehen die Wolken, es schwinden die Sterne!
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Dahinten, dahinten! von ferne, von ferne,
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Da kommt er, der Bruder, da kommt er, der------Tod.
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Vier sah ich kommen, drei nur gehn;
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Den Sinn der Rede konnt' ich nicht verstehn.
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Es klang so nach, als hiess' es--Not,
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Ein duestres Reimwort folgte--Tod.
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Es toente hohl, gespensterhaft gedaempft.
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Noch hab' ich mich ins Freie nicht gekaempft.
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Koennt' ich Magie von meinem Pfad entfernen,
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Die Zaubersprueche ganz und gar verlernen,
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Stuend' ich, Natur, vor dir ein Mann allein,
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Da waer's der Muehe wert, ein Mensch zu sein.
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Das war ich sonst, eh' ich's im Duestern suchte,
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Mit Frevelwort mich und die Welt verfluchte.
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Nun ist die Luft von solchem Spuk so voll,
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Dass niemand weiss, wie er ihn meiden soll.
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Wenn auch ein Tag uns klar vernuenftig lacht,
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In Traumgespinst verwickelt uns die Nacht;
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Wir kehren froh von junger Flur zurueck,
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Ein Vogel kraechzt; was kraechzt er? Missgeschick.
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Von Aberglauben frueh und spat umgarnt:
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Es eignet sich, es zeigt sich an, es warnt.
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Und so verschuechtert, stehen wir allein.
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Die Pforte knarrt, und niemand kommt herein.
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Ist jemand hier?
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Die Frage fordert Ja!
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Und du, wer bist denn du?
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Bin einmal da.
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Entferne dich!
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Ich bin am rechten Ort.
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Nimm dich in acht und sprich kein Zauberwort.
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Wuerde mich kein Ohr vernehmen,
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Muesst' es doch im Herzen droehnen;
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In verwandelter Gestalt
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ueb' ich grimmige Gewalt.
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Auf den Pfaden, auf der Welle,
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|
Ewig aengstlicher Geselle,
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Stets gefunden, nie gesucht,
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So geschmeichelt wie verflucht.--
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Hast du die Sorge nie gekannt?
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Ich bin nur durch die Welt gerannt;
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Ein jed' Geluest ergriff ich bei den Haaren,
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Was nicht genuegte, liess ich fahren,
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Was mir entwischte, liess ich ziehn.
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Ich habe nur begehrt und nur vollbracht
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Und abermals gewuenscht und so mit Macht
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Mein Leben durchgestuermt; erst gross und maechtig,
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Nun aber geht es weise, geht bedaechtig.
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Der Erdenkreis ist mir genug bekannt,
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Nach drueben ist die Aussicht uns verrannt;
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Tor, wer dorthin die Augen blinzelnd richtet,
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|
Sich ueber Wolken seinesgleichen dichtet!
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Er stehe fest und sehe hier sich um;
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Dem Tuechtigen ist diese Welt nicht stumm.
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Was braucht er in die Ewigkeit zu schweifen!
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Was er erkennt, laesst sich ergreifen.
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Er wandle so den Erdentag entlang;
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Wenn Geister spuken, geh' er seinen Gang,
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Im Weiterschreiten find' er Qual und Glueck,
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Er, unbefriedigt jeden Augenblick!
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Wen ich einmal besitze,
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Dem ist alle Welt nichts nuetze;
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Ewiges Duestre steigt herunter,
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Sonne geht nicht auf noch unter,
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Bei vollkommnen aeussern Sinnen
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Wohnen Finsternisse drinnen,
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Und er weiss von allen Schaetzen
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|
Sich nicht in Besitz zu setzen.
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Glueck und Unglueck wird zur Grille,
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Er verhungert in der Fuelle;
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Sei es Wonne, sei es Plage,
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Schieb er's zu dem andern Tage,
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Ist der Zukunft nur gewaertig,
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Und so wird er niemals fertig.
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Hoer auf! so kommst du mir nicht bei!
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Ich mag nicht solchen Unsinn hoeren.
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Fahr hin! die schlechte Litanei,
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Sie koennte selbst den kluegsten Mann betoeren.
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Soll er gehen, soll er kommen?
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Der Entschluss ist ihm genommen;
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|
Auf gebahnten Weges Mitte
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Wankt er tastend halbe Schritte.
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Er verliert sich immer tiefer,
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Siehet alle Dinge schiefer,
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Sich und andre laestig drueckend;
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Atemholend und erstickend;
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Nicht erstickt und ohne Leben,
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Nicht verzweiflend, nicht ergeben.
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So ein unaufhaltsam Rollen,
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Schmerzlich Lassen, widrig Sollen,
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Bald Befreien, bald Erdruecken,
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Halber Schlaf und schlecht Erquicken
|
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Heftet ihn an seine Stelle
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Und bereitet ihn zur Hoelle.
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Unselige Gespenster! so behandelt ihr
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Das menschliche Geschlecht zu tausend Malen;
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Gleichgueltige Tage selbst verwandelt ihr
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In garstigen Wirrwarr netzumstrickter Qualen.
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Daemonen, weiss ich, wird man schwerlich los,
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Das geistig-strenge Band ist nicht zu trennen;
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Doch deine Macht, Sorge, schleichend gross,
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Ich werde sie nicht anerkennen.
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Erfahre sie, wie ich geschwind
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Mich mit Verwuenschung von dir wende!
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Die Menschen sind im ganzen Leben blind,
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Nun, Fauste, werde du's am Ende!
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Die Nacht scheint tiefer tief hereinzudringen,
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Allein im Innern leuchtet helles Licht;
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Was ich gedacht, ich eil' es zu vollbringen;
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Des Herren Wort, es gibt allein Gewicht.
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Vom Lager auf, ihr Knechte! Mann fuer Mann!
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Lasst gluecklich schauen, was ich kuehn ersann.
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Ergreift das Werkzeug, Schaufel ruehrt und Spaten!
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Das Abgesteckte muss sogleich geraten.
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Auf strenges Ordnen, raschen Fleiss
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Erfolgt der allerschoenste Preis;
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Dass sich das groesste Werk vollende,
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Genuegt ein Geist fuer tausend Haende.
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Grosser Vorhof des Palasts
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Herbei, herbei! Herein, herein!
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Ihr schlotternden Lemuren,
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Aus Baendern, Sehnen und Gebein
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Geflickte Halbnaturen.
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Wir treten dir sogleich zur Hand,
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Und wie wir halb vernommen,
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Es gilt wohl gar ein weites Land,
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Das sollen wir bekommen.
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Gespitzte Pfaehle, die sind da,
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Die Kette lang zum Messen;
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Warum an uns den Ruf geschah,
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Das haben wir vergessen.
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Hier gilt kein kuenstlerisch Bemuehn;
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Verfahret nur nach eignen Massen!
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Der Laengste lege laengelang sich hin,
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Ihr andern lueftet ringsumher den Rasen;
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Wie man's fuer unsre Vaeter tat,
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Vertieft ein laengliches Quadrat!
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Aus dem Palast ins enge Haus,
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So dumm laeuft es am Ende doch hinaus.
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Wie jung ich war und lebt' und liebt',
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Mich deucht, das war wohl suesse;
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Wo's froehlich klang und lustig ging,
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Da ruehrten sich meine Fuesse.
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Nun hat das tueckische Alter mich
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Mit seiner Kruecke getroffen;
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Ich stolpert' ueber Grabes Tuer,
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Warum stand sie just offen!
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Wie das Geklirr der Spaten mich ergetzt!
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Es ist die Menge, die mir froenet,
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Die Erde mit sich selbst versoehnet,
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Den Wellen ihre Grenze setzt,
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Das Meer mit strengem Band umzieht.
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Du bist doch nur fuer uns bemueht
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Mit deinen Daemmen, deinen Buhnen;
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Denn du bereitest schon Neptunen,
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Dem Wasserteufel, grossen Schmaus.
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In jeder Art seid ihr verloren;--
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Die Elemente sind mit uns verschworen,
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Und auf Vernichtung laeuft's hinaus.
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Aufseher!
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Hier!
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Wie es auch moeglich sei,
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Arbeiter schaffe Meng' auf Menge,
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Ermuntere durch Genuss und Strenge,
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Bezahle, locke, presse bei!
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Mit jedem Tage will ich Nachricht haben,
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Wie sich verlaengt der unternommene Graben.
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Man spricht, wie man mir Nachricht gab,
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Von keinem Graben, doch vom Grab.
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Ein Sumpf zieht am Gebirge hin,
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Verpestet alles schon Errungene;
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Den faulen Pfuhl auch abzuziehn,
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Das Letzte waer' das Hoechsterrungene.
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Eroeffn' ich Raeume vielen Millionen,
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Nicht sicher zwar, doch taetig-frei zu wohnen.
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Gruen das Gefilde, fruchtbar; Mensch und Herde
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Sogleich behaglich auf der neusten Erde,
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Gleich angesiedelt an des Huegels Kraft,
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Den aufgewaelzt kuehn-emsige Voelkerschaft.
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Im Innern hier ein paradiesisch Land,
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Da rase draussen Flut bis auf zum Rand,
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Und wie sie nascht, gewaltsam einzuschiessen,
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Gemeindrang eilt, die Luecke zu verschliessen.
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Ja! diesem Sinne bin ich ganz ergeben,
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Das ist der Weisheit letzter Schluss:
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Nur der verdient sich Freiheit wie das Leben,
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Der taeglich sie erobern muss.
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Und so verbringt, umrungen von Gefahr,
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Hier Kindheit, Mann und Greis sein tuechtig Jahr.
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Solch ein Gewimmel moecht' ich sehn,
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Auf freiem Grund mit freiem Volke stehn.
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Zum Augenblicke duerft' ich sagen:
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Verweile doch, du bist so schoen!
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Es kann die Spur von meinen Erdetagen
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Nicht in aeonen untergehn.--
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Im Vorgefuehl von solchem hohen Glueck
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Geniess' ich jetzt den hoechsten Augenblick.
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Ihn saettigt keine Lust, ihm gnuegt kein Glueck,
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So buhlt er fort nach wechselnden Gestalten;
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Den letzten, schlechten, leeren Augenblick,
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Der Arme wuenscht ihn festzuhalten.
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Der mir so kraeftig widerstand,
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Die Zeit wird Herr, der Greis hier liegt im Sand.
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Die Uhr steht still--
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Steht still! Sie schweigt wie Mitternacht.
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Der Zeiger faellt.
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Er faellt, es ist vollbracht.
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Es ist vorbei.
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Vorbei! ein dummes Wort.
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Warum vorbei?
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Vorbei und reines Nicht, vollkommnes Einerlei!
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Was soll uns denn das ew'ge Schaffen!
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Geschaffenes zu nichts hinwegzuraffen!
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"Da ist's vorbei!" Was ist daran zu lesen?
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Es ist so gut, als waer' es nicht gewesen,
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Und treibt sich doch im Kreis, als wenn es waere.
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Ich liebte mir dafuer das Ewig-Leere.
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Grablegung
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Wer hat das Haus so schlecht gebaut,
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Mit Schaufeln und mit Spaten?
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Dir, dumpfer Gast im haenfnen Gewand,
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Ist's viel zu gut geraten.
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Wer hat den Saal so schlecht versorgt?
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Wo blieben Tisch und Stuehle?
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Es war auf kurze Zeit geborgt;
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Der Glaeubiger sind so viele.
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Der Koerper liegt, und will der Geist entfliehn,
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Ich zeig' ihm rasch den blutgeschriebnen Titel;--
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Doch leider hat man jetzt so viele Mittel,
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Dem Teufel Seelen zu entziehn.
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Auf altem Wege stoesst man an,
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Auf neuem sind wir nicht empfohlen;
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Sonst haett' ich es allein getan,
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Jetzt muss ich Helfershelfer holen.
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Uns geht's in allen Dingen schlecht!
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Herkoemmliche Gewohnheit, altes Recht,
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Man kann auf gar nichts mehr vertrauen.
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Sonst mit dem letzten Atem fuhr sie aus,
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Ich passt' ihr auf und, wie die schnellste Maus,
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Schnapps! hielt ich sie in fest verschlossnen Klauen.
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Nun zaudert sie und will den duestern Ort,
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Des schlechten Leichnams ekles Haus nicht lassen;
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Die Elemente, die sich hassen,
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Die treiben sie am Ende schmaehlich fort.
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Und wenn ich Tag' und Stunden mich zerplage,
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Wann? wie? und wo? das ist die leidige Frage;
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Der alte Tod verlor die rasche Kraft,
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Das Ob? sogar ist lange zweifelhaft;
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Oft sah ich luestern auf die starren Glieder--
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Es war nur Schein, das ruehrte, das regte sich wieder.
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Nur frisch heran! verdoppelt euren Schritt,
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Ihr Herrn vom graden, Herrn vom krummen Horne,
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Von altem Teufelsschrot und--korne,
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Bringt ihr zugleich den Hoellenrachen mit.
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Zwar hat die Hoelle Rachen viele! viele!
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Nach Standsgebuehr und Wuerden schlingt sie ein;
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Doch wird man auch bei diesem letzten Spiele
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Ins kuenftige nicht so bedenklich sein.
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Eckzaehne klaffen; dem Gewoelb des Schlundes
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Entquillt der Feuerstrom in Wut,
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Und in dem Siedequalm des Hintergrundes
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Seh' ich die Flammenstadt in ewiger Glut.
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Die rote Brandung schlaegt hervor bis an die Zaehne,
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Verdammte, Rettung hoffend, schwimmen an;
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Doch kolossal zerknirscht sie die Hyaene,
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Und sie erneuen aengstlich heisse Bahn.
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In Winkeln bleibt noch vieles zu entdecken,
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So viel Erschrecklichstes im engsten Raum!
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Ihr tut sehr wohl, die Suender zu erschrecken;
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Sie halten's doch fuer Lug und Trug und Traum.
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Nun, wanstige Schuften mit den Feuerbacken!
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Ihr glueht so recht vom Hoellenschwefel feist;
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Klotzartige, kurze, nie bewegte Nacken!
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Hier unten lauert, ob's wie Phosphor gleisst:
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Das ist das Seelchen, Psyche mit den Fluegeln,
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Die rupft ihr aus, so ist's ein garstiger Wurm;
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Mit meinem Stempel will ich sie besiegeln,
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Dann fort mit ihr im Feuerwirbelsturm!
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Passt auf die niedern Regionen,
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Ihr Schlaeuche, das ist eure Pflicht;
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Ob's ihr beliebte, da zu wohnen,
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So akkurat weiss man das nicht.
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Im Nabel ist sie gern zu Haus--
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Nehmt es in acht, sie wischt euch dort heraus.
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Ihr Firlefanze, fluegelmaennische Riesen,
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Greift in die Luft, versucht euch ohne Rast!
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Die Arme strack, die Klauen scharf gewiesen,
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Dass ihr die Flatternde, die Fluechtige fasst.
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Es ist ihr sicher schlecht im alten Haus,
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Und das Genie, es will gleich obenaus.
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Folget, Gesandte,
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Himmelsverwandte,
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Gemaechlichen Flugs:
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Suendern vergeben,
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Staub zu beleben;
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Allen Naturen
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Freundliche Spuren
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Wirket im Schweben
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Des weilenden Zugs!
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Misstoene hoer' ich, garstiges Geklimper,
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Von oben kommt's mit unwillkommnem Tag;
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Es ist das buebisch-maedchenhafte Gestuemper,
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Wie froemmelnder Geschmack sich's lieben mag.
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Ihr wisst, wie wir in tiefverruchten Stunden
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Vernichtung sannen menschlichem Geschlecht;
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Das Schaendlichste, was wir erfunden,
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Ist ihrer Andacht eben recht.
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Sie kommen gleisnerisch, die Laffen!
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So haben sie uns manchen weggeschnappt,
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Bekriegen uns mit unsern eignen Waffen;
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Es sind auch Teufel, doch verkappt.
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Hier zu verlieren, waer' euch ew'ge Schande;
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Ans Grab heran und haltet fest am Rande!
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Rosen, ihr blendenden,
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Balsam versendenden!
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Flatternde, schwebende,
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Heimlich belebende,
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Zweigleinbefluegelte,
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Knospenentsiegelte,
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Eilet zu bluehn.
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Fruehling entspriesse,
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Purpur und Gruen!
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Tragt Paradiese
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Dem Ruhenden hin.
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Was duckt und zuckt ihr? ist das Hoellenbrauch?
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So haltet stand und lasst sie streuen.
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An seinen Platz ein jeder Gauch!
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Sie denken wohl, mit solchen Bluemeleien
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Die heissen Teufel einzuschneien;
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Das schmilzt und schrumpft vor eurem Hauch.
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Nun pustet, Puestriche!--Genug, genug!
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Vor eurem Broden bleicht der ganze Flug.--
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Nicht so gewaltsam! schliesset Maul und Nasen!
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Fuerwahr, ihr habt zu stark geblasen.
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Dass ihr doch nie die rechten Masse kennt!
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Das schrumpft nicht nur, es braeunt sich, dorrt, es brennt!
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Schon schwebt's heran mit giftig klaren Flammen;
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Stemmt euch dagegen, draengt euch fest zusammen!--
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Die Kraft erlischt! dahin ist aller Mut!
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Die Teufel wittern fremde Schmeichelglut.
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Blueten, die seligen,
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Flammen, die froehlichen,
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Liebe verbreiten sie,
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Wonne bereiten sie,
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Herz wie es mag.
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Worte, die wahren,
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aether im Klaren,
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Ewigen Scharen
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ueberall Tag!
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O Fluch! o Schande solchen Troepfen!
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Satane stehen auf den Koepfen,
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Die Plumpen schlagen Rad auf Rad
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Und stuerzen aerschlings in die Hoelle.
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Gesegn' euch das verdiente heisse Bad!
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Ich aber bleib' auf meiner Stelle.--
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Irrlichter, fort! Du, leuchte noch so stark,
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Du bleibst, gehascht, ein ekler Gallert-Quark.
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Was flatterst du? Willst du dich packen!--
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Es klemmt wie Pech und Schwefel mir im Nacken.
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Was euch nicht angehoert,
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Muesset ihr meiden,
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Was euch das Innre stoert,
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Duerft ihr nicht leiden.
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Dringt es gewaltig ein,
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Muessen wir tuechtig sein.
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Liebe nur Liebende
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Fuehret herein!
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Mir brennt der Kopf, das Herz, die Leber brennt,
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Ein ueberteuflisch Element!
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Weit spitziger als Hoellenfeuer!--
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Drum jammert ihr so ungeheuer,
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Unglueckliche Verliebte! die, verschmaeht,
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Verdrehten Halses nach der Liebsten spaeht.
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Auch mir! Was zieht den Kopf auf jene Seite?
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Bin ich mit ihr doch in geschwornem Streite!
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Der Anblick war mir sonst so feindlich scharf.
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Hat mich ein Fremdes durch und durch gedrungen?
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Ich mag sie gerne sehn, die allerliebsten Jungen;
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Was haelt mich ab, dass ich nicht fluchen darf?--
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Und wenn ich mich betoeren lasse,
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Wer heisst denn kuenftighin der Tor?
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Die Wetterbuben, die ich hasse,
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Sie kommen mir doch gar zu lieblich vor!--
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Ihr schoenen Kinder, lasst mich wissen:
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Seid ihr nicht auch von Luzifers Geschlecht?
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Ihr seid so huebsch, fuerwahr ich moecht' euch kuessen,
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Mir ist's, als kaemt ihr eben recht.
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Es ist mir so behaglich, so natuerlich,
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Als haett' ich euch schon tausendmal gesehn;
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So heimlich-kaetzchenhaft begierlich;
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Mit jedem Blick aufs neue schoener schoen.
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O naehert euch, o goennt mir einen Blick!
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Wir kommen schon, warum weichst du zurueck?
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Wir naehern uns, und wenn du kannst, so bleib!
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Ihr scheltet uns verdammte Geister
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Und seid die wahren Hexenmeister;
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Denn ihr verfuehret Mann und Weib.--
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Welch ein verfluchtes Abenteuer!
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Ist dies das Liebeselement?
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Der ganze Koerper steht in Feuer,
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Ich fuehle kaum, dass es im Nacken brennt.--
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Ihr schwanket hin und her, so senkt euch nieder,
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Ein bisschen weltlicher bewegt die holden Glieder;
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Fuerwahr, der Ernst steht euch recht schoen;
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Doch moecht' ich euch nur einmal laecheln sehn!
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Das waere mir ein ewiges Entzuecken.
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Ich meine so, wie wenn Verliebte blicken:
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Ein kleiner Zug am Mund, so ist's getan.
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Dich, langer Bursche, dich mag ich am liebsten leiden,
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Die Pfaffenmiene will dich gar nicht kleiden,
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So sieh mich doch ein wenig luestern an!
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Auch koenntet ihr anstaendig-nackter gehen,
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Das lange Faltenhemd ist uebersittlich--
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Sie wenden sich--von hinten anzusehen!--
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Die Racker sind doch gar zu appetitlich!
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Wendet zur Klarheit
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Euch, liebende Flammen!
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Die sich verdammen,
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Heile die Wahrheit;
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Dass sie vom Boesen
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Froh sich erloesen,
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Um in dem Allverein
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Selig zu sein.
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Wie wird mir!--Hiobsartig, Beul' an Beule
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Der ganze Kerl, dem's vor sich selber graut,
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Und triumphiert zugleich, wenn er sich ganz durchschaut,
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Wenn er auf sich und seinen Stamm vertraut;
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Gerettet sind die edlen Teufelsteile,
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Der Liebespuk, er wirft sich auf die Haut;
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Schon ausgebrannt sind die verruchten Flammen,
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Und wie es sich gehoert, fluch' ich euch allzusammen!
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Heilige Gluten!
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Wen sie umschweben,
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Fuehlt sich im Leben
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Selig mit Guten.
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Alle vereinigt
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Hebt euch und preist!
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Luft ist gereinigt,
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Atme der Geist!
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Doch wie?--wo sind sie hingezogen?
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Unmuendiges Volk, du hast mich ueberrascht,
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Sind mit der Beute himmelwaerts entflogen;
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Drum haben sie an dieser Gruft genascht!
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Mir ist ein grosser, einziger Schatz entwendet:
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Die hohe Seele, die sich mir verpfaendet,
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Die haben sie mir pfiffig weggepascht.
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Bei wem soll ich mich nun beklagen?
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Wer schafft mir mein erworbenes Recht?
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Du bist getaeuscht in deinen alten Tagen,
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Du hast's verdient, es geht dir grimmig schlecht.
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Ich habe schimpflich missgehandelt,
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Ein grosser Aufwand, schmaehlich! ist vertan;
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Gemein Geluest, absurde Liebschaft wandelt
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Den ausgepichten Teufel an.
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Und hat mit diesem kindisch-tollen Ding
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Der Klugerfahrne sich beschaeftigt,
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So ist fuerwahr die Torheit nicht gering,
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Die seiner sich am Schluss bemaechtigt.
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Bergschluchten
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Waldung, sie schwankt heran,
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Felsen, sie lasten dran,
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Wurzeln, sie klammern an,
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Stamm dicht an Stamm hinan,
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Woge nach Woge spritzt,
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Hoehle, die tiefste, schuetzt.
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Loewen, sie schleichen stumm-
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freundlich/ um uns herum,
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Ehren geweihten Ort,
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Heiligen Liebeshort.
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Ewiger Wonnebrand,
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Gluehendes Liebeband,
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Siedender Schmerz der Brust,
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Schaeumende Gotteslust.
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Pfeile, durchdringet mich,
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Lanzen, bezwinget mich,
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Keulen, zerschmettert mich,
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Blitze, durchwettert mich!
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Dass ja das Nichtige
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Alles verfluechtige,
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Glaenze der Dauerstern,
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Ewiger Liebe Kern.
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Wie Felsenabgrund mir zu Fuessen
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Auf tiefem Abgrund lastend ruht,
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Wie tausend Baeche strahlend fliessen
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Zum grausen Sturz des Schaums der Flut,
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Wie strack mit eignem kraeftigen Triebe
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Der Stamm sich in die Luefte traegt:
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So ist es die allmaechtige Liebe,
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Die alles bildet, alles hegt.
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Ist um mich her ein wildes Brausen,
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Als wogte Wald und Felsengrund,
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Und doch stuerzt, liebevoll im Sausen,
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Die Wasserfuelle sich zum Schlund,
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Berufen, gleich das Tal zu waessern;
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Der Blitz, der flammend niederschlug,
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Die Atmosphaere zu verbessern,
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Die Gift und Dunst im Busen trug--
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Sind Liebesboten, sie verkuenden,
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Was ewig schaffend uns umwallt.
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Mein Innres moeg' es auch entzuenden,
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Wo sich der Geist, verworren, kalt,
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Verquaelt in stumpfer Sinne Schranken,
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Scharfangeschlossnem Kettenschmerz.
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O Gott! beschwichtige die Gedanken,
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Erleuchte mein beduerftig Herz!
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Welch ein Morgenwoelkchen schwebet
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Durch der Tannen schwankend Haar!
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Ahn' ich, was im Innern lebet?
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Es ist junge Geisterschar.
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Sag uns, Vater, wo wir wallen,
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Sag uns, Guter, wer wir sind?
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Gluecklich sind wir: allen, allen
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Ist das Dasein so gelind.
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Knaben! Mitternachts-Geborne,
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Halb erschlossen Geist und Sinn,
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Fuer die Eltern gleich Verlorne,
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Fuer die Engel zum Gewinn.
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Dass ein Liebender zugegen,
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Fuehlt ihr wohl, so naht euch nur;
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Doch von schroffen Erdewegen,
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Glueckliche! habt ihr keine Spur.
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Steigt herab in meiner Augen
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Welt- und erdgemaess Organ,
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Koennt sie als die euren brauchen,
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Schaut euch diese Gegend an!
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Das sind Baeume, das sind Felsen,
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Wasserstrom, der abestuerzt
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Und mit ungeheurem Waelzen
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Sich den steilen Weg verkuerzt.
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Das ist maechtig anzuschauen,
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Doch zu duester ist der Ort,
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Schuettelt uns mit Schreck und Grauen.
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Edler, Guter, lass uns fort!
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Steigt hinan zu hoeherm Kreise,
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Wachset immer unvermerkt,
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Wie, nach ewig reiner Weise,
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Gottes Gegenwart verstaerkt.
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Denn das ist der Geister Nahrung,
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Die im freisten aether waltet:
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Ewigen Liebens Offenbarung,
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Die zur Seligkeit entfaltet.
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Haende verschlinget
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Freudig zum Ringverein,
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Regt euch und singet
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Heil'ge Gefuehle drein!
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Goettlich belehret,
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Duerft ihr vertrauen;
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Den ihr verehret,
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Werdet ihr schauen.
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Gerettet ist das edle Glied
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Der Geisterwelt vom Boesen,
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Wer immer strebend sich bemueht,
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Den koennen wir erloesen.
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Und hat an ihm die Liebe gar
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Von oben teilgenommen,
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Begegnet ihm die selige Schar
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Mit herzlichem Willkommen.
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Jene Rosen aus den Haenden
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Liebend-heiliger Buesserinnen
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Halfen uns den Sieg gewinnen,
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Uns das hohe Werk vollenden,
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Diesen Seelenschatz erbeuten.
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Boese wichen, als wir streuten,
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Teufel flohen, als wir trafen.
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Statt gewohnter Hoellenstrafen
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Fuehlten Liebesqual die Geister;
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Selbst der alte Satansmeister
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War von spitzer Pein durchdrungen.
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Jauchzet auf! es ist gelungen.
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Uns bleibt ein Erdenrest
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Zu tragen peinlich,
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Und waer' er von Asbest,
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Er ist nicht reinlich.
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Wenn starke Geisteskraft
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Die Elemente
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An sich herangerafft,
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Kein Engel trennte
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Geeinte Zwienatur
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Der innigen beiden,
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Die ewige Liebe nur
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Vermag's zu scheiden.
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Nebelnd um Felsenhoeh'
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Spuer' ich soeben,
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Regend sich in der Naeh',
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Ein Geisterleben.
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Die Woelkchen werden klar,
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Ich seh' bewegte Schar
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Seliger Knaben,
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Los von der Erde Druck,
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Im Kreis gesellt,
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Die sich erlaben
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Am neuen Lenz und Schmuck
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Der obern Welt.
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Sei er zum Anbeginn,
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Steigendem Vollgewinn
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Diesen gesellt!
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Freudig empfangen wir
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Diesen im Puppenstand;
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Also erlangen wir
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Englisches Unterpfand.
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Loeset die Flocken los,
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Die ihn umgeben!
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Schon ist er schoen und gross
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Von heiligem Leben.
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Hier ist die Aussicht frei,
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Der Geist erhoben.
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Dort ziehen Fraun vorbei,
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Schwebend nach oben.
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Die Herrliche mitteninn
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Im Sternenkranze,
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Die Himmelskoenigin,
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Ich seh's am Glanze.
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Hoechste Herrscherin der Welt!
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Lasse mich im blauen,
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Ausgespannten Himmelszelt
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Dein Geheimnis schauen.
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Billige, was des Mannes Brust
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Ernst und zart beweget
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Und mit heiliger Liebeslust
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Dir entgegentraeget.
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Unbezwinglich unser Mut,
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Wenn du hehr gebietest;
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Ploetzlich mildert sich die Glut,
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Wie du uns befriedest.
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Jungfrau, rein im schoensten Sinn,
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Mutter, Ehren wuerdig,
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Uns erwaehlte Koenigin,
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Goettern ebenbuertig.
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Um sie verschlingen
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Sich leichte Woelkchen,
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Sind Buesserinnen,
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Ein zartes Voelkchen,
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Um ihre Kniee
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Den aether schluerfend,
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Gnade beduerfend.
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Dir, der Unberuehrbaren,
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Ist es nicht benommen,
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Dass die leicht Verfuehrbaren
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Traulich zu dir kommen.
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In die Schwachheit hingerafft,
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Sind sie schwer zu retten;
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Wer zerreisst aus eigner Kraft
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Der Gelueste Ketten?
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Wie entgleitet schnell der Fuss
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Schiefem, glattem Boden?
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Wen betoert nicht Blick und Gruss,
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Schmeichelhafter Odem?
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Du schwebst zu Hoehen
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Der ewigen Reiche,
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Vernimm das Flehen,
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Du Ohnegleiche,
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Du Gnadenreiche!
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Bei der Liebe, die den Fuessen
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Deines gottverklaerten Sohnes
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Traenen liess zum Balsam fliessen,
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Trotz des Pharisaeerhohnes;
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Beim Gefaesse, das so reichlich
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Tropfte Wohlgeruch hernieder,
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Bei den Locken, die so weichlich
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Trockneten die heil'gen Glieder--
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Bei dem Bronn, zu dem schon weiland
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Abram liess die Herde fuehren,
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Bei dem Eimer, der dem Heiland
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Kuehl die Lippe durft' beruehren;
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Bei der reinen, reichen Quelle,
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Die nun dorther sich ergiesset,
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ueberfluessig, ewig helle
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Rings durch alle Welten fliesset--
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Bei dem hochgeweihten Orte,
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Wo den Herrn man niederliess,
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Bei dem Arm, der von der Pforte
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Warnend mich zuruecke stiess;
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Bei der vierzigjaehrigen Busse,
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Der ich treu in Wuesten blieb,
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Bei dem seligen Scheidegrusse,
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Den im Sand ich niederschrieb--
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Die du grossen Suenderinnen
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Deine Naehe nicht verweigerst
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Und ein buessendes Gewinnen
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In die Ewigkeiten steigerst,
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Goenn auch dieser guten Seele,
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Die sich einmal nur vergessen,
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Die nicht ahnte, dass sie fehlte,
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Dein Verzeihen angemessen!
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Neige, neige,
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Du Ohnegleiche,
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Du Strahlenreiche,
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Dein Antlitz gnaedig meinem Glueck!
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Der frueh Geliebte,
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Nicht mehr Getruebte,
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Er kommt zurueck.
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Er ueberwaechst uns schon
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An maechtigen Gliedern,
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Wird treuer Pflege Lohn
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Reichlich erwidern.
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Wir wurden frueh entfernt
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Von Lebechoeren;
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Doch dieser hat gelernt,
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Er wird uns lehren.
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Vom edlen Geisterchor umgeben,
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Wird sich der Neue kaum gewahr,
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Er ahnet kaum das frische Leben,
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So gleicht er schon der heiligen Schar.
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Sieh, wie er jedem Erdenbande
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Der alten Huelle sich entrafft
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Und aus aetherischem Gewande
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Hervortritt erste Jugendkraft.
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Vergoenne mir, ihn zu belehren,
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Noch blendet ihn der neue Tag.
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Komm! hebe dich zu hoehern Sphaeren!
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Wenn er dich ahnet, folgt er nach.
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Blicket auf zum Retterblick,
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Alle reuig Zarten,
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Euch zu seligem Geschick
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Dankend umzuarten.
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Werde jeder bessre Sinn
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Dir zum Dienst erboetig;
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Jungfrau, Mutter, Koenigin,
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|
Goettin, bleibe gnaedig!
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Alles Vergaengliche
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Ist nur ein Gleichnis;
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Das Unzulaengliche,
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Hier wird's Ereignis;
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Das Unbeschreibliche,
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Hier ist's getan;
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Das Ewig-Weibliche
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Zieht uns hinan.
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